Ansprache von Monsignore Mirosław S. Wachowski, Untersekretär für die Beziehungen zu den Staaten, 11. Europäisches Katholisches China-Kolloquium, 25. August 2024

Liebe Freunde,

sehr verehrte Damen und Herren,

ich danke den Organisatoren der Konferenz aufrichtig für die Einladung zur Teilnahme an diesen Studientagen und an der gemeinsamen Reflektion über das Thema Kirche in China. Es scheint fast unnötig, daran zu erinnern, wie sehr dieses Land und seine katholische Gemeinschaft ein zentrales pastorales Anliegen von Papst Franziskus und des Heiligen Stuhls sind. Ich bin sicher, dass dies auch für Sie alle hier Anwesenden zutrifft.

Da niemand vollständig vorhersehen kann, wie sich die Ereignisse und Situationen über die Zeit hinweg entwickeln werden, ist es schwierig zu sagen, wie die Zukunft der Kirche in China aussehen wird. Dennoch wurde ich gebeten, genau zu diesem Thema zu sprechen. Ich kann jedoch bestätigen, dass das, was für andere kirchliche Situationen gilt, auch auf die Kirche in China zutrifft, nämlich dass einige Dinge eher vorhersehbar sind, andere hingegen dem Wirken des Geistes anvertraut sind, der weht, wo er will.

Um unseren Blick über die gegenwärtige Situation hinaus zu richten, wollen wir einige Einsichten, die Papst Franziskus kürzlich geäußert hat, als Bezugspunkt nehmen: „Der Herr hat in China den Glauben des Volkes Gottes auf diesem Weg bewahrt. Und der Glaube des Volkes Gottes ist der Kompass gewesen, der den Weg durch diese Zeit [...] bis heute gezeigt hat“ (Video-Botschaft Seiner Heiligkeit Papst Franziskus bei der Konferenz „100 Jahre seit dem ‚Concilium Sinense‘“ in Rom, 21. Mai 2024). Meiner Meinung nach können wir hinzufügen, dass dies auch für die Zukunft gilt: So wie der Geist das Leben der Kirche stets erhalten hat, wird er dies auch in Zukunft tun und Klerus wie gläubige Laien auf ihrem Weg erleuchten. Unter den vielen Gesichtspunkten, die berücksichtigt werden müssen, ist es gewiss, dass der Glaube der chinesischen Katholiken, ihre missionarische Offenheit und ihr Wunsch, das Evangelium zu leben, die entscheidenden Ressourcen für ihre Zukunft sind. Heute fehlt es nicht an ermutigenden Zeichen in dieser Hinsicht. Die Kirche in China ist eine Gemeinschaft, die ihren Glauben und ihre Hingabe lebt, einschließlich einer besonderen Liebe zur Muttergottes und dem Heiligsten Herzen Jesu. Sie ist eine Gemeinschaft, die das Evangelium verkündigt, die tauft und Nächstenliebe übt. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die aufbauenden Zeugnisse der Hilfe für die Opfer von Überschwemmungen und Erdbeben, der Unterstützung von Kranken, Waisen und denjenigen, die an den sogenannten „existenziellen Peripherien“ leben, zu erwähnen. In gewissem Maße fordert die chinesische Kirche die derzeitige Denkweise heraus, um auf neue soziale Notlagen zu reagieren, beispielsweise durch die Förderung von sogenannten „Null-Brautpreis-Ehen“. Sie ist eine Gemeinschaft, die ihre eigene Geschichte erforscht und sich ihrer immer mehr bewusst werden will. Gerade wegen ihrer Liebe zu ihrem Land und ihrer Heimat hegen die chinesischen Katholiken den aufrichtigen und weit verbreiteten Wunsch, ihren Glauben in voller Gemeinschaft mit der Universalkirche und dem Nachfolger Petri zu leben. Diese reiche kirchliche Erfahrung ist gewiss ein Schatz, den es zu bewahren gilt, aber sie ist vor allem eine Ressource, aus der man in Zukunft schöpfen kann, ein „Unterpfand des zukünftigen Glücks“, um Paulus‘ Definition des Heiligen Geistes und der Früchte, die er unter den Gläubigen ausstreut, zu verwenden (vgl. Eph 1,13-14; 2 Kor 1,22).

Der Heilige Stuhl seinerseits ist bemüht und bereit, das geliebte chinesische Volk und die katholischen Gläubigen des Landes auf ihrem Weg zu begleiten. Wenn man über die Zukunft der Kirche in China im Zusammenhang mit dem Handeln und den Perspektiven des Apostolischen Stuhls nachdenkt, so umfassen die Themen, denen gemeinhin die meiste Aufmerksamkeit geschenkt wird, das vorläufige Abkommen über die Ernennung von Bischöfen, seine Umsetzung und Erneuerung; die kirchenrechtliche Anerkennung des Bischofskollegiums; und die Neuordnung der Grenzen der Kirchenbezirke. Dies sind gewiss wichtige Themen, an denen beide Seiten seit einiger Zeit mit Engagement, Hingabe und Aufrichtigkeit arbeiten. Aus kirchlicher Sicht haben diese Elemente allerdings gewissermaßen instrumentalen Charakter. Trotz ihrer großen Bedeutung stellen sie keinen Selbstzweck dar, sondern sind vielmehr Mittel, um das Leben und den kontinuierlichen Fortschritt der katholischen Kirche in China zu fördern. Es ist genau dieser letzte Punkt, der die treibende Kraft hinter der ständigen Fürsorge von Papst Franziskus für China wie auch dem Handeln des Heiligen Stuhls darstellt.

Mit Blick auf die Zukunft drückt sich diese pastorale Fürsorge insbesondere in bestimmten Wünschen oder Prioritäten aus, die als grundlegend angesehen werden, damit die katholische Kirche im Land eine zunehmend lebendige und friedvolle Existenz führen kann, die es erlaubt, das Evangelium in Gänze zu leben und der Welt zu bezeugen. Von diesen Wünschen scheinen drei von zentraler Bedeutung und am dringlichsten zu sein: die Einheit der katholischen Gemeinschaft im Land, eine gute Vorbereitung ihrer Hirten und eine angemessene Ausbildung von Klerus und Laien. Ich glaube, dass diese Themen mit am entscheidendsten für die Zukunft der Kirche in China sein werden.

Die Einheit der katholischen Gemeinschaft

Dieses Erfordernis ergibt sich unmittelbar aus der Gemeinschaft, die das eigentliche Wesen der Kirche verkörpert und offenbart. Indem sie diese Gemeinschaft der Liebe und Einheit verwirklicht, offenbart sich die Kirche als „Sakrament“, das heißt als Zeichen und Werkzeug für die innige Vereinigung mit Gott und der ganzen Menschheit. Dies ist für die Gläubigen in der Volksrepublik China von besonderer Relevanz. In der Tat können wir nicht übersehen, vor welchen Herausforderungen die Kirche seit einiger Zeit steht, wenn es darum geht – sowohl intern als auch in ihren Beziehungen zur Zivilgesellschaft –, Spannungen, Spaltungen und gegenseitige Schuldzuweisungen zu überwinden. In diesem Zusammenhang hat Papst Benedikt XVI. in seinem Brief an die chinesischen Katholiken uns bereits daran erinnert, dass die Kirche auf dem Weg durch die Geschichte viele Dinge braucht, aber wenn die von der Nächstenliebe inspirierte Einheit fehlt, „wäre alles umsonst“ (27. Mai 2007, Nr. 6). 

In dieser Hinsicht möchte der Heilige Stuhl sein Handeln auf einige grundlegende Kriterien stützen. Das erste ist die Aufmerksamkeit für die Erfahrung der chinesischen Gläubigen und des Klerus, die von sehr komplexen und manchmal schmerzhaften historischen Ereignissen gekennzeichnet ist. Diese Aufmerksamkeit führt zu einem tiefen Respekt vor den pastoralen und spirituellen Bedürfnissen der Einzelnen und der Gemeinschaften, zu einem Verständnis für die Ängste, die bei einigen noch bestehen, und zu einem Respekt für Zeiten und Rhythmen, die nicht beschleunigt werden dürfen. Ein zweites Kriterium, das das soeben beschriebene ergänzt, ist die Notwendigkeit, einen Weg fortschreitender Einheit aufzuzeigen. Auch wenn es Zeit und Mühe bedarf, dies zu erreichen, ist ein solcher Weg unverzichtbar. Wie uns der bereits zitierte Brief von Papst Benedikt XVI. erinnerte: „Die Geschichte der Kirche lehrt uns außerdem, dass echte Gemeinschaft sich nicht ohne mühseliges Ringen um Versöhnung entfaltet. Die Reinigung des Gedächtnisses, die Vergebung für den, der Böses getan hat, das Vergessen erlittenen Unrechts und die Aussöhnung der Herzen in der Liebe, die im Namen des gekreuzigten und auferstandenen Christus zu verwirklichen sind, können in der Tat die Überwindung von persönlichen Standpunkten und Ansichten, die schmerzlichen oder schwierigen Erfahrungen entspringen, erfordern; sie sind aber dringliche Schritte, die gesetzt werden müssen, um die Bande der Gemeinschaft zwischen den Gläubigen und den Hirten der Kirche in China zu vermehren und deutlich zu machen“ (ibid.).

Insbesondere hofft der Heilige Stuhl, dass, da nun die Gemeinschaft aller chinesischen Bischöfe mit dem Heiligen Vater gewährleistet ist, auch die Einheit der Herde, in dem einen Glauben und der brüderlichen Liebe vereint, allmählich Wirklichkeit werden kann. Wir sind uns der Schwierigkeiten bewusst, die es in dieser Hinsicht noch gibt, dennoch scheint dieses Ziel das entscheidende Element zu sein, das es der Kirche ermöglicht, sich in diesem Land zu entfalten und uneingeschränkt Zeugnis für das Evangelium abzulegen, und das es den Gemeinschaften erlaubt, sich gegenseitig zu bereichern und zu unterstützen. Eine solche Einheit wird darüber hinaus auch die Harmonie in der chinesischen Gesellschaft insgesamt fördern. Bei näherer Betrachtung ist dieses Ziel keine Neuheit. Dieselbe Aufforderung zu Einheit und Versöhnung richtete der heilige Johannes Paul II. erstmals anlässlich des Großen Jubiläums im Jahre 2000 an die chinesischen Gläubigen: „Mein sehnlichster Wunsch ist, dass ihr den inneren Eingebungen des Heiligen Geistes nachkommt und euch gegenseitig all das vergebt, was zu vergeben ist, euch einander näherkommt, euch gegenseitig akzeptiert und alle Barrieren überwindet, um all das zu umgehen, was euch trennen kann. Vergesst die Worte Jesu beim Letzten Abendmahl nicht: ‚Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt‘ (Joh 13,35)“ (Botschaft von Johannes Paul II. an die Katholiken Chinas, 8. Dezember 1999, Nr. 6). Der Wunsch und die Fürsorge von Papst Franziskus folgen also eindeutig dem Weg, den seine Vorgänger eingeschlagen haben.

Es versteht sich von selbst, dass jede Diskussion über die Einheit der katholischen Kirche in China immer auch das Thema der Unterscheidung zwischen sogenannten „offiziellen“ und „inoffiziellen“ Gemeinschaften beinhaltet. Der Heilige Stuhl respektiert die besonderen Empfindlichkeiten der Gläubigen und des Klerus, arbeitet dennoch daran zu gewährleisten, dass diese Unterscheidung, die nicht zum Wesen der Kirche gehört, nicht länger ein Grund für Spaltung und Konfrontation ist. Diesbezüglich wird er „den Dialog mit den chinesischen Behörden fortsetzen, um eine entsprechende Form zu finden, bei der im Falle einer Registrierung nicht nur das chinesische Gesetz, sondern auch die katholische Lehre Berücksichtigung findet“ (Pastorale Richtlinien des Heiligen Stuhls zur zivilen Registrierung des Klerus in China, 28. Juni 2019). Mit diesem Thema verbunden ist auch die allgemeinere Frage nach dem Verhältnis zwischen Katholiken und den zivilen Behörden. Es ist bezeichnend, dass Papst Franziskus wiederholt zum Ausdruck gebracht hat, dass die chinesischen Gläubigen „gute Katholiken und gute Bürger“ sein sollen und dass die Kirche im Land „vollkommen katholisch und vollkommen chinesisch“ sein soll. Der Heilige Stuhl seinerseits macht sich die Einladung des Papstes zu eigen und bleibt offen für den Dialog mit den Regierungsbehörden, um Bedingungen zu schaffen, unter denen die katholischen Gemeinschaften in Einheit und friedlicher Koexistenz leben können. In diesem Zusammenhang möchte ich noch wiederholen, wie wichtig es ist, dass „auch auf lokaler Ebene die Beziehungen zwischen den Verantwortlichen der kirchlichen Gemeinschaften und den zivilen Behörden durch einen offenen Dialog und ein vorurteilsloses Zuhören, das es ermöglicht, die gegenseitigen feindseligen Haltungen zu überwinden, immer fruchtbarer werden […] in einer Weise, die den geordneten Ablauf der pastoralen Aktivitäten in harmonischer Abstimmung zwischen den legitimen Erwartungen der Gläubigen und den Entscheidungen, die den Behörden zustehen, gewährleistet (Botschaft von Papst Franziskus an die chinesischen Katholiken und an die universale Kirche, 26. September 2018, Nr. 10).

Bischöfe: echte Leiter des Gottesvolkes

Der Zusammenhalt und die Harmonie der Gemeinschaften untereinander sind zu einem großen Teil auf die Bemühungen ihrer Bischöfe zurückzuführen. Dies ist ein konstitutives Merkmal der Kirche, nicht nur in China. Die Kirche bekennt sich allgemein nicht nur als „eine, heilige und katholische“, sondern auch als „apostolische“ Kirche und bekräftigt damit die entscheidende und zentrale Rolle, die die Bischöfe als Nachfolger der Apostel innerhalb der kirchlichen Struktur ausüben. Der Bischof ist für die ihm anvertrauten Gläubigen der wichtigste Führer der Ortskirche. Durch die Handauflegung und die Gemeinschaft mit dem Papst wird die apostolische Gabe an die Bischöfe weitergegeben. Ihnen wird das Lehramt übertragen, um das Volk Gottes über den christlichen Glauben und das christliche Leben zu unterrichten, es durch die Sakramente zu heiligen und sein geistliches Leben und alles, was dazugehört, anzuleiten (vgl. Codex des kanonischen Rechtes, Art. 375). 

Aus diesen kurzen Überlegungen wird deutlich, wie sehr die Anwesenheit und gute Vorbereitung der Bischöfe die Zukunft der Kirche in China beeinflussen kann. Deshalb ist es das erste Anliegen des Heiligen Stuhls, dass alle Kirchenbezirke ihren eigenen Hirten haben. In dieser Hinsicht wurden in den letzten Jahren gute Fortschritte erzielt, vor allem durch den jüngsten Anstieg der Zahl an Bischofsernennungen und -weihen. Dies ist auf das Engagement der Gemeinschaften vor Ort und den Dialog zwischen dem Heiligen Stuhl und den Behörden zurückzuführen. Es muss jedoch eingeräumt werden, dass es noch viel Arbeit zu tun gibt, da noch etliche Kirchenbezirke vakant sind.

Der Einsatz für die Identifizierung neuer Diözesanhirten geht einher mit dem ständigen Bemühen, gute Bischöfe zu haben, die ihren Gläubigen als vorbildliche und wirksame Führer dienen. Von allen Eigenschaften, die Bischofskandidaten auszeichnen sollten, sind diejenigen, die für die Kirche in China besonders wichtig sind, ein solides moralisches und geistliches Leben, eine starke Fähigkeit zum Dialog innerhalb und außerhalb der Kirche, eine unermüdliche brüderliche Nächstenliebe gegenüber dem Klerus und den Gläubigen und die Bereitschaft, Beziehungen stets zu verbessern. Wenn man das Leben der katholischen Gemeinden in China betrachtet, ist es tröstlich, die vielen Zeugnisse über den pastoralen Eifer und die persönliche Heiligkeit von Bischöfen zu erhalten, die in einem nicht immer einfachen kirchlichen Umfeld vorbehaltslos wirken.

Mit dieser Absicht wurde das vorläufige Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und den Behörden der Volksrepublik China unterzeichnet. Dies geschah in einem Geist des Dialogs. Auch wenn es sich um ein Instrument handelt, das noch vervollkommnet werden kann, wie wiederholt festgestellt wurde, stellt es dennoch einen Schritt nach vorn dar, denn zum ersten Mal gibt es nun stabile Elemente der Zusammenarbeit zwischen staatlichen Behörden und dem Apostolischen Stuhl, die bessere Möglichkeiten bieten, um sicherzustellen, dass die katholische Gemeinschaft gute Hirten hat, die in voller kirchlicher Gemeinschaft stehen. Wie Papst Franziskus bekundete: „In diesem Zusammenhang beabsichtigt der Heilige Stuhl, die ihm zustehende Aufgabe ernsthaft wahrzunehmen, aber auch euch, Bischöfen, Priestern, gottgeweihten Personen und gläubigen Laien fällt eine wichtige Rolle zu: gemeinsam nach guten Kandidaten zu suchen, die fähig sind, in der Kirche den heiklen und wichtigen bischöflichen Dienst zu übernehmen. Es geht nämlich nicht darum, Funktionäre für die Verwaltung der religiösen Angelegenheiten zu ernennen, sondern authentische Hirten nach dem Herzen Jesu zu haben, die mit Eifer und Hochherzigkeit im Dienst am Volk Gottes wirken“ (Botschaft von Papst Franziskus an die chinesischen Katholiken und an die universale Kirche, 26. September 2018, Nr. 5). In dieser Hinsicht ist es offensichtlich, dass ein Abkommen nicht mehr als ein Instrument ist und nicht in der Lage sein wird, alle bestehenden Probleme zu lösen. Es wäre in der Tat unwirksam und unfruchtbar, wenn es nicht von einem tiefgreifenden Einsatz für die Erneuerung sowohl auf persönlicher als auch auf kirchlicher Ebene begleitet würde. Insbesondere müssen die chinesischen Priester und Gläubigen in Wahrheit und Liebe wachsen, um die Spaltungen und Eigeninteressen zu überwinden, die in dieser heiklen Frage immer noch bestehen.

Die Ausbildung von Klerikern, Ordensschwestern und gläubigen Laien

Die letzte der drei Prioritäten, die ich zu Beginn meiner Ansprache genannt habe, betrifft eine gute theologische, intellektuelle und menschliche Ausbildung von Klerikern, Seminaristen, Ordensschwestern und gläubigen Laien.

Die chinesische katholische Gemeinschaft steht vor vielfältigen und wichtigen Herausforderungen, auf die sie durch Nutzung ihrer Gaben und Talente wie auch durch ein erneutes Engagement im Bereich der Ausbildung antworten muss. In der Tat wird die Zukunft der Kirche im Lande gerade vom Erfolg dieser Bemühungen abhängen. So ist es zum Beispiel besonders dringend und wichtig, herauszufinden, wie eine korrekte und wirksame Inkulturation des christlichen Glaubens durchgeführt werden kann, damit die Katholiken in China die Integrität ihres Glaubens bewahren und ihn gleichzeitig in Formen zum Ausdruck bringen können, die die kulturellen Empfindungen des chinesischen Volkes respektieren. Es liegt auf der Hand, dass diese Arbeit nur auf lokaler Ebene auf der Grundlage einer wirklich gründlichen Kenntnis der katholischen Theologie und Ekklesiologie sowie der lokalen Kultur geleistet werden kann. Eine weitere Herausforderung, die sowohl in der Erstausbildung als auch in der Weiterbildung bewältigt werden muss, ist der Dialog zwischen der gläubigen Gemeinschaft und der modernen chinesischen Gesellschaft im weiteren Sinne, damit die katholische Kirche besser integriert und zunehmend als positives Element in der Gesellschaft verstanden wird. In diesem Zusammenhang ist auch die Frage der Säkularisierung von Bedeutung. In einem zunehmend konsumorientierten Zeitalter erleben wir in China wie auch anderswo, wie ein Leben in größerem Komfort zu einer Vernachlässigung des geistlichen Lebens geführt hat. Infolgedessen wenden sich viele junge Menschen von einem Leben im Dienst der Kirche ab, was eine echte Berufungskrise verursacht. Die Kirche ist aufgerufen, weiterhin Berufungen zu fördern und den Klerus und die Ordensleute so auszubilden, dass sie einen missionarischen Geist haben, und gleichzeitig auch ein klares und wirksames Ausbildungsprogramm für die Laien durchzuführen, die eine unverzichtbare Ressource für die Zukunft darstellen. Zugleich besteht die dringende Notwendigkeit, sich in den spezifischen Bereichen der ständigen Weiterbildung zu engagieren, die es ermöglicht, dass die Bemühungen um die Evangelisierung mit den sozialen Veränderungen im Land Schritt halten, insbesondere mit dem Phänomen der Binnenmigration und der Urbanisierung. Die Herausforderung besteht hier nicht nur darin, Katholiken vom Land, die in die Stadt ziehen, dort willkommen zu heißen, sondern auch darin, die Evangelisierungsarbeit an das neue städtische Umfeld anzupassen, was manchmal Methoden erfordert, die über das traditionelle Modell der Pfarreien hinausgehen. Schließlich sollte die Ausbildung des Klerus und der Laien die notwendigen Fähigkeiten vermitteln, um sich um die menschlichen Verletzlichkeiten zu kümmern, die in der gläubigen Gemeinschaft immer mehr zunehmen. Ich möchte insbesondere die Bedürfnisse der jungen und älteren Menschen hervorheben.

In den letzten Jahren ist viel getan worden, um die Ausbildung zu verbessern. Zusätzlich zu den regulären Seminarkursen gibt es bereits seit über zwanzig Jahren weitere Programme, darunter vertiefende Kurse für Katecheten und Laien. In letzter Zeit sind viele neue Möglichkeiten entstanden. Zahlreiche Priester und Ordensleute haben an Ausbildungsprogrammen im Ausland teilnehmen können, um ihre theologischen und pastoralen Studien zu vertiefen. Dazu gehören zum Beispiel Italien, die Philippinen, die Vereinigten Staaten, Irland, Deutschland, Frankreich und Taiwan. Der Heilige Stuhl ist seinerseits für einige dieser Initiativen direkt verantwortlich, insbesondere durch die Arbeit des Dikasteriums für die Evangelisierung, und unterstützt nachdrücklich jeglichen Austausch, der eine Bereicherung im Ausbildungsbereich und beim Erwerb von Fertigkeiten zum Nutzen der Kirche in China darzustellen vermag. In diesem Sinne ermutigen wir alle Beteiligten, mit dieser wichtigen Aufgabe fortzufahren und, wenn möglich, weitere Möglichkeiten für Austausch und Ausbildung zu entwickeln.

Fazit

Mit Blick auf die Zukunft der katholischen Kirche in China möchte ich noch einmal einige Worte der Ermutigung wiederholen, die bereits bei mehr als einer Gelegenheit an die Gläubigen in diesem Land gerichtet worden sind: „Katholische Kirche in China, du kleine Herde, die du lebst und tätig bist in der Weite eines riesigen Volkes, das in der Geschichte unterwegs ist, wie ermutigend und auffordernd klingen für dich die Worte Jesu: ‚Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben‘ (Lk 12,32) […] Daher ‚soll euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen‘ (Mt 5,13.14.16)“ (Benedikt XVI., Brief an die chinesischen Katholiken, 27. Mai 2007, Nr. 5; Botschaft von Papst Franziskus an die chinesischen Katholiken und an die universale Kirche, 26. September 2018).

Diese Empfindungen sind sicherlich eine Bestätigung dafür, dass die gelebte Erfahrung der chinesischen Katholiken – die wie eine kleine Herde in einem riesigen Land erscheinen – von der göttlichen Vorsehung wie auch der Brüderlichkeit und Fürsorge der universalen Kirche getragen wird. Mit dieser hoffnungsvollen Gewissheit wollen wir den Weg unserer Brüder und Schwestern im Glauben begleiten und ihre Zukunft dem liebevollen Plan des Vaters anvertrauen.

Aus dem englischen Original übersetzt von Katharina Feith, China-Zentrum.

Monsignore Mirosław S. Wachowski (links), Untersekretär für die Beziehungen zu den Staaten im Staatssekretariat des Heiligen Stuhls, zusammen mit Monsignore Wolfgang Huber (rechts), Präsident von Missio München und Vorstandsvorsitzender des China-Zentrums beim 11. Europäischen Katholischen China-Kolloquium. Foto: China-Zentrum.

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