Bibiana Wong
Einleitung
Zum ersten Mal in der Geschichte des katholischen Christentums im modernen China wurde gemäß dem Beschluss des Primum Concilium Sinense (Erstes Chinesisches Konzil) im Jahr 1924, dessen hundertsten Jahrestag wir begehen, eine nationale, ordensübergreifende Organisation, die Commissio Synodalis in Sinis (Synodalkommission in China), gegründet. Ihr Bestehen von 1928 bis 1946 fiel in eine Zeit, in der die Nationalregierung Chinas zunächst ihr Ansehen festigte und die Herrschaft über eine geeinte Nation ausübte, ein Zustand, der dann von der japanischen Aggression gegen China abgelöst wurde. Inmitten der Begeisterung für die Nation erwies sich die Kontrolle über die Bildungseinrichtungen als ein umkämpftes Feld, das die chinesischen Behörden von den christlichen Missionsorganisationen zurückerobern wollten. Der vorliegende Beitrag bietet einen historischen Abriss der Synodalkommission vor diesem Hintergrund und ihrer Rolle bei der Entwicklung des katholischen Bildungswesens unter der Leitung des ersten Apostolischen Delegaten für China, Erzbischof Celso Costantini (1876–1958, Amtszeit 1922–1933).
Loser Sand und starker Wind
In den zwei Jahrzehnten nach dem verheerenden Boxeraufstand von 1900 florierte die christliche Missionstätigkeit in einem relativ friedlichen Umfeld mit weniger Verfolgungen und uneingeschränkter Freiheit. Dank des Zustroms von Missionspriestern und -schwestern und ihrer sorgfältigen Arbeit verdoppelte sich die Zahl der Katholiken bis 1920 auf etwa zwei Millionen, bei einer Bevölkerung von 350 bis 400 Millionen. Viele Taufen wurden Berichten zufolge an Säuglingen vorgenommen, die in Waisenhäusern dem Tod nahe waren.
Nach dem traditionellen System des Heiligen Stuhls waren die ausgedehnten Missionsgebiete in China auf verschiedene religiöse Orden und Missionsgesellschaften verteilt. Die Vikare oder Apostolischen Präfekten waren direkt der Heiligen Kongregation für die Glaubensverbreitung (Propaganda Fide) unterstellt, arbeiteten aber oft unabhängig. Ihre protektionistische Haltung behinderte die Zusammenarbeit und die Förderung einheimischer Priesterberufe, ein zentrales Thema, das in dem Apostolischen Schreiben Maximum illud (1919) von Papst Benedikt XV. thematisiert wurde.
Ebenso mangelte es den Ebenso mangelte es den Missionen an Koordination bei ihren Unternehmungen im Bildungsbereich, die ein wesentlicher Bestandteil ihrer Arbeit waren. Seit dem späten 19. Jahrhundert entwickelten sich die bei den Kirchen errichteten Schulen allmählich zu katechetischen Schulen (jingtang 經堂), die Religionsunterricht und eine einfache Grundschulausbildung mit westlichen Lehrplänen und getrennten Einrichtungen für Jungen und Mädchen anboten. Die Gründung der Republik China und die Einführung eines modernen Schulsystems im Jahr 1912 boten den Missionsschulen – die aufgrund ihrer Abweichung vom kaiserlichen Bildungssystem für nichtchristliche Kinder weniger attraktiv waren – die Möglichkeit, auf den Mangel an öffentlichen Schulen, finanziellen Mitteln und Lehrkräften zu antworten. Das neue gesellschaftspolitische Umfeld stellte sie jedoch vor große Herausforderungen, zumal nach der Wiedervereinigung Chinas die Forderungen nach nationaler Souveränität im Bildungswesen zu weitreichenden Reformen durch die Nationalregierung führten.
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