Die Erfahrungen der frühen Christen mit der Inkulturation des Glaubens als Inspiration für die Christen im heutigen China

Jing Baolu

I. Historischer und kultureller Hintergrund der frühen Kirche

1. Religiöses, politisches und gesellschaftliches Leben

Die christliche Religion entstand im hellenisierten jüdischen Raum unter der Kolonialherrschaft des Römischen Reiches. Die frühe christliche Kirche entwickelte sich in einer polytheistischen kulturellen Umgebung, wobei das Judentum einen wichtigen religiösen und kulturellen Hintergrund bildete. Die stärkste und am weitesten verbreitete Kultur im Römischen Reich in jener Zeit war, neben der römischen Kultur, die philosophische Kultur Griechenlands.
In religiöser Hinsicht waren die Griechen und Römer jener Zeit sowohl in ihrem Glauben als auch in ihrer religiösen Verehrung Polytheisten. Die römischen Kaiser bekleideten sogar gleichzeitig das Amt des pontifex maximus. Die ersten Jünger Christi sahen sich also mit einer Kultur konfrontiert, die sich leidenschaftlich für die Verehrung der Götter einsetzte.1
Außerdem verlangten die Götter der griechisch-römischen Welt im Gegensatz zu JHWH nie von ihren Anhängern, dass sie selbst als der einzige Gott verehrt würden. Obwohl jede griechisch-römische Stadt ihren eigenen Schutzgott oder ihre eigene Hauptgottheit hatte und es auch spezielle Wallfahrtsrituale zu dieser Gottheit gab, wurden die verschiedenen Götter nebeneinander verehrt.
Die Römer waren bezüglich Religion sehr tolerant, sie erlaubten überall den Bau von Tempeln und alle Arten von religiösen Zeremonien und Festen, die öffentlich abgehalten werden durften. Im gesamten Römischen Reich waren die verschiedenen religiösen Überzeugungen in das tägliche Leben der Menschen eingebettet, und selbst das politische Leben war untrennbar mit der Religion verbunden: „Je mehr er [der Bürger] an den Staatsangelegenheiten teilnimmt, je höher er in der Magistratur hinaufsteigt, desto mehr verbündet er sich mit den lokalen Heiligtümern und mit der Nationalreligion.
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