Kurzer Überblick über den gegenwärtigen Stand der orthodoxen Kirche in China

Dionisy Pozdnyaev

Einleitung
Im Kontext Chinas, wo das Handeln der Kirche durch politische und kulturelle Faktoren eingeschränkt wird, ist es wichtig festzustellen, dass die geistige Tradition der orthodoxen Kirche in erster Linie auf das persönliche und geistige Wachstum der Gläubigen ausgerichtet ist. Die geistliche Praxis, die sich auf Gebet, Gottesdienst und geistliches Studium stützt, bildet die Grundlage des Glaubens und der geistlichen Entwicklung, unabhängig von sozialen Bedingungen oder äußeren Zwängen. Während sich die geistige Praxis auf die innere Welt der Gläubigen konzentriert, ist ihr Ausdruck in Form von religiösen Riten und Traditionen dennoch untrennbar mit der Gesellschaft verbunden. Die Schaffung religiöser Traditionen und Gemeinschaften innerhalb der Kirche ist eine Möglichkeit, geistige Werte in der äußeren Welt zu verkörpern, was wiederum einen Beitrag zur Gesellschaft leistet und sowohl bei den Gläubigen als auch in der Gesellschaft insgesamt Interesse und Nachfrage nach der Entwicklung des geistigen Lebens weckt. Während sich die geistige Tradition der orthodoxen Kirche also auf das innere geistige Wachstum konzentriert, zeigen sich ihr Einfluss und ihre Bedeutung in der Form religiöser Gemeinschaften und Traditionen, die die Entwicklung der Spiritualität unter den eingeschränkten Bedingungen für das Handeln der Kirche in der Gesellschaft fördern.

Gegenwärtiger Stand
Trotz ihrer langen und reichen Geschichte ist die orthodoxe Kirche in China derzeit auf dem Festland nur durch einige wenige Pfarreien mit offiziellem Status vertreten: in Harbin, Xinjiang und der Inneren Mongolei. Diese Gemeinden werden von zwei chinesischen Priestern betreut. Die Gemeinden sind nicht strukturell miteinander vereint, und die Gemeinden in Xinjiang haben keine Priester. Der formale kanonische Status der Kirche in China ist der einer autonomen Kirche, die jedoch eher als Modell denn als die tatsächliche Form der Kirche in China verstanden werden sollte. Neben den offiziellen Pfarreien gibt es aktive inoffizielle orthodoxe Gemeinschaften, die von ausländischen Geistlichen betreut werden. Insbesondere die orthodoxen Gemeinschaften in Beijing und Shanghai stehen vor allem Ausländern offen und werden von ausländischen Priestern geleitet. Die orthodoxe Kirche in China ist zudem mit Gemeinden in Hongkong und Taiwan verbunden.

Herausforderungen für die orthodoxe Kirche im soziopolitischen Kontext Chinas
Die orthodoxe Kirche in China sieht sich aufgrund der staatlichen Kontrolle über die Religionen ernsthaften politischen Einschränkungen ausgesetzt. Eines der Hauptprobleme ist der Mangel an Geistlichen, der die Fähigkeit der Kirche zum Dienst an den Gläubigen schwächt. Auch die schwache institutionelle Struktur stellt eine große Herausforderung dar und behindert die Entwicklung und Koordinierung von Aktivitäten. Die begrenzten Möglichkeiten für kirchliche Veranstaltungen und die Ausbildung von Geistlichen verschärfen die Probleme der Kirche im Land. Kulturelle Unterschiede und unterschiedliche Auffassungen von Religion zwischen China und der orthodoxen Kirche stellen zusätzliche Herausforderungen dar und erschweren die Anpassung und das Wachstum der Kirche in diesem Umfeld.
[mehr…]
 

Ihre Spende

Damit das China-Zentrum auch weiterhin Begegnungen zwischen den Kulturen und Religionen im Westen und in China fördern, sowie die Zeitschrift China heute und das e-Journal Religions & Christianity in Today's China publizieren kann, benötigen wir finanzielle Unterstützung.

Jetzt Spenden
Fördermitgliedschaft

Nach oben