Maßnahmen für die Verwaltung religiöser Ausbildungsstätten: Verordnung Nr. 16 des Nationalen Büros für religiöse Angelegenheiten

Vorbemerkung: Religiöse Ausbildungsstätten (zongjiao yuanxiao 院校) sind Einrichtungen zur Ausbildung religiösen Personals – konkret sind dies beispielsweise buddhistische und daoistische Akademien, Koraninstitute sowie protestantische und katholische theologische Seminare, an denen Mönche und Nonnen, Imame, Pastorinnen und Pastoren, Priester, Schwestern und andere religiöse Amtsträger der fünf staatlich anerkannten Religionen in China ausgebildet werden. Die folgenden staatlichen „Maßnahmen für die Verwaltung religiöser Ausbildungsstätten“ (Zongjiao yuanxiao guanli banfa 宗教院校管理办法, kurz „Maßnahmen“) traten bereits am 1. September 2021 in Kraft.
Religiöse Ausbildungsstätten gehören nicht zum staatlichen Erziehungssystem, ihre Abschlüsse gelten religionsintern (vgl § 2 dieser „Maßnahmen“). Sie dürfen nur von den offiziellen religiösen Organisationen auf nationaler oder Provinzebene errichtet werden, wobei in der Regel pro Provinz und Religion nur eine Ausbildungsstätte genehmigt wird (§§ 3, 8). Sie dienen der Heranbildung patriotischer religiöser Nachwuchstalente und der korrekten Auslegung der religiösen Lehren (§ 4), müssen am Prinzip der Unabhängigkeit festhalten und dürfen von keiner ausländischen Kraft beherrscht werden (§ 5). Die „Maßnahmen“ unterscheiden religiöse Ausbildungsstätten auf Mittel- und Hochschulebene, für die Zulassung ist jedoch in beiden Fällen im Allgemeinen ein Mindestalter von 18 Jahren Voraussetzung (§ 34).  Der Anteil des allgemeinen (also nicht religionsbezogenen) Unterrichts muss mindestens 30% der Gesamtstundenzahl betragen, dazu gehören Kurse zur ideologisch-politischen Theorie sowie zur Kultur und Gesellschaft Chinas, wobei das Studium der Xi-Jinping-Gedanken zum Sozialismus chinesischer Prägung im neuen Zeitalter an erster Stelle genannt wird (§ 39). Im Zentrum des religiösen Fachunterrichts steht die Sinisierung der Religion (§ 40).
Das sehr lange Dokument hat offensichtlich eine möglichst umfassende behördliche Regelung der verschiedenen mit dem Betrieb religiöser Ausbildungsstätten zusammenhängenden Aspekte zum Ziel. Kapitel 2 und Kapitel 6 der „Maßnahmen“ ersetzen die bisherigen „Maßnahmen für die Errichtung religiöser Ausbildungsstätten“ von 2007 und „Maßnahmen für die Einstellung ausländischer Fachkräfte an religiösen Ausbildungsstätten“ von 1998. Kapitel 4 (Aktivitäten der Erziehung und Lehre) und Kapitel 5 (Lehrkräfte und Studierende) hingegen sind weitgehend neu formuliert. Kapitel 7 (Aufsicht und Verwaltung) macht durch lange Auflistungen von Pflichten und Befugnissen die Mechanismen deutlich, über die die religiösen Ausbildungsstätten durch die zuständigen religiösen Organisationen und diese wiederum durch die zuständigen Behörden für religiöse Angelegenheiten bis ins Detail kontrolliert werden. Selbst für die Einberufung ihres Vorstands muss eine religiöse Ausbildungsstätte die Zustimmung der zuständigen religiösen Organisation und der Religionsbehörde einholen (§ 73.1).
Die Rechtsvorschrift wurde im Amtsblatt des Staatsrats der VR China (Zhonghua renmin gongheguo guowuyuan gongbao 中华人民共和国国务院公报 2021, Nr. 19, S. 23-32, und online unter www.gov.cn/gongbao/content/2021/content_5623053.htm) veröffentlicht. Der Text wurde von Katharina Wenzel-Teuber aus dem Chinesischen übersetzt und mit Anmerkungen versehen. kwt
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