„Wir sind Brüder und Schwestern“. Eine Untersuchung (1980–2023) zur Haltung der katholischen Kirche in JSB gegenüber „Ehefrauen von auswärts“ (wailai xifu 外来媳妇)

Kang Zhijie

„Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ Mt 25,40 

Einleitung: Ursprung und Konzeption der Studie
China ist ein Land von beträchtlicher Größe mit unausgewogenen wirtschaftlichen Verhältnissen. Seit der Reform und Öffnung des Landes wurde der Südosten entlang der Meeresküste allmählich zum Schwerpunkt der wirtschaftlichen Entwicklung, während der Westen des Landes ins Hintertreffen geriet. Dazu kam ein Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern durch die Bevorzugung von Söhnen gegenüber Töchtern und die besondere Rücksicht auf den Fortbestand der Familie, wodurch in ärmeren Gebieten Männer, die keine Partnerin finden, gezwungen sind, sich außerhalb des eigenen Gebietes nach Frauen umzusehen, um mit ihnen die Ehe einzugehen. Damit kam es zum Handel (maimai 买卖) mit Frauen aus anderen Gebieten (oder zur Vermittlung über Verwandte und Bekannte) zum Zwecke der Heirat. Ein typisches Beispiel dafür ist die ländliche Region JSB.
Die Frauen sind beim Heiratshandel (maimai hunyin 买卖婚姻) die Leidtragenden. Mit den verstärkten Bemühungen der Regierung, hart [gegen Frauenhandel] durchzugreifen, haben Eheschließungen über Vermittlung (jieshaolei hunyin 介绍类婚姻) zugenommen. Aber in welcher Form auch immer, diese Frauen werden, da sie aus einer anderen Gegend eingeheiratet haben, leicht als „Ehefrauen von auswärts“ (wailai xifu 外来媳妇) abgestempelt.
„Von auswärts“ (wailai 外来) steht im Gegensatz zu „einheimisch“ (bendi 本地): Bei den „Ehefrauen von auswärts“ ist die Heirat die Ursache für den Umzug. Ein Teil von ihnen gerät in Leidenssituationen, aus denen sie sich nur sehr schwer befreien können. Der Kern des katholischen Glaubens ist die „Nächstenliebe“ – „dem geringsten der Brüder“ mit Liebe zu begegnen ist der Maßstab für die Umsetzung des Glaubens. Deshalb legt die katholische Kirche Wert darauf, den von auswärts zugezogenen Ehefrauen behilflich zu sein, sich aus diesen Schwierigkeiten zu lösen. Dies ist Teil der Glaubensverbreitung und Seelsorge in der ländlichen Kirche.
Vor der Besprechung der eigentlichen Frage muss zuerst noch auf die Ausdrücke „kaufen“ (mai 买) und „aufnehmen“ (ling 领) und dergleichen Begrifflichkeiten eingegangen werden.
Das Phänomen der „Ehefrauen von auswärts“ stammt aus dem konkreten sozialen Umfeld. Das Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern, Armut oder Behinderungen bringt heiratsfähige junge Männer in eine schwierige Lage, was häufig dazu führt, dass diese sich auf äußerst ungewöhnliche Weise eine Lebenspartnerin suchen, um sich aus dieser Lage zu befreien. Auch die katholische Kirche hat es mit solchen Situationen zu tun. Dazu äußert sich der Pfarrer aus der Pfarrei SQ folgendermaßen:
Die katholische Kirche nimmt die Ehefrauen auf, sie kauft sie nicht, sie zu kaufen wäre sündhaft.
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