Behinderung als grundlegende anthropologische Situation — Shi Tieshengs christlich-philosophische Reflexion und ihr evangelistisches Potential

Ma Tianji

Vorbemerkung: Ohne Zweifel gehört Shi Tiesheng zu den bekanntesten Autoren im zeitgenössischen Festlandchina. Zwei zentrale Merkmale ragen bei dieser ungewöhnlichen Persönlichkeit hervor: Shis körperliche Behinderung, die ihn lebenslang begleitete; Shis christlich inspirierte Kontemplation, welche entgegen einer vom Staat vorgegebenen atheistischen Ideologie in seiner schriftstellerischen Tätigkeit auf ein christliches Vokabular zurückgreift. Ziel dieses Beitrags ist es, anhand der Klärung einiger zentraler Konzepte in Shis Werken (Behinderung, Sünde, Gott, Erlösung) den Begründungszusammenhang zwischen diesen beiden Merkmalen zu beleuchten. Des Weiteren wird anhand von Shis bekanntestem Werk, The Temple of Earth and Me, exemplarisch dessen Anschlussfähigkeit für den christlichen Glauben und sein evangelistisches Potential aufgezeigt.

1. Motivation und Einleitendes
„Wenn wir diesen Mann sehen, dann ist zunächst die Grundlage dessen, was wir von ihm wissen, sein Rollstuhl.“ Auf diese Weise wurde er von Pipi 皮皮, seiner langjährigen Freundin und ebenfalls brillanten Schriftstellerin, beschrieben. Mit einer Portion Selbstironie beschrieb er sich selbst als „ein Kranker von Beruf, der in seiner Freizeit schreibt“. Ohne Frage ist Shi Tiesheng 史铁生 (4. Januar 1951 – 31. Dezember 2010) in den Kreis der renommiertesten Romanautoren im zeitgenössischen China einzureihen. Sein Werk The Temple of Earth and Me (chin. Wo yu ditan 我与地坛; 1991), dessen Auszüge durch die Aufnahme in die Pflichtlektüresammlung für den Chinesisch-Unterricht der Sekundarstufe große Bekanntheit erlangten, gilt für viele Literaturkritiker als eine der besten chinesischen prosaischen Schriften des 20. Jahrhunderts überhaupt. Für die breite chinesische Bevölkerung stechen bei Shi zwei allgemeine Eindrücke hervor: Shi als behinderter Schriftsteller – wie Pipi im Eingangszitat andeutet –, der lebenslang mit seiner Krankheit zu kämpfen hatte; und Shi als intellektueller Schriftsteller, der entgegen einer vom Staat vorgegebenen atheistisch-marxistischen Ideologie in seiner schriftstellerischen Tätigkeit bemerkenswerterweise immer wieder auf ein christlich-philosophisches Vokabular zurückgriff. Diese besondere Kombination wirft zwangsläufig die interessante Frage auf, in welchem Zusammenhang Shis körperliche Behinderung mit seinen ungewöhnlichen, eindeutig christlich-inspirierten Betrachtungen steht.
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