Monika Gaenssbauer
K.C. Lo 羅貴祥 (Lo Kwai-Cheung), Autor und Professor in Hongkong, zitierte in einem Essay von 2017 (Lo 2017, S. 116) seinen Kollegen Chan Koonchung 陣冠中, Journalist und Autor, der in Hongkong, Taiwan und Beijing gelebt hat: Chan habe vor einigen Jahren das vermutliche Ende von Hongkong-Geschichten erklärt („Xianggang gushi si yi shuowan“ 香港故事似已説完). Der Begriff gushi 故事 (Geschichte, Erzählung) hat, so der Literaturwissenschaftler David Wang Der-wei (2020, S. 2), verschiedene semantische Schattierungen, die auch für diesen Artikel eine Rolle spielen:
It can refer to bygone events and accomplishments in lived memory, literary, and historical allusions, or it can refer to something novel, with a strong connotation or inventiveness and surprise – an imagined narrative, a fictional account.
Ein wenig, so schrieb K.C. Lo, erinnere ihn die Aussage Chans an das Diktum Francis Fukuyamas vom Ende der Geschichte („lishi zhongjie“ 历史终结). Die Erklärung eines Endes, „zhongjie“ 终结, gleiche, so Lo, einer literarischen Technik, mit der in einem raschen Schnitt ein Bild von seiner Umgebung abgetrennt werde. Vor 1997, der Rückgabe Hongkongs an Festlandchina, hätten Hongkonger in den Erinnerungen an die Zeiten der Kronkolonie Sicherheit gesucht. Das symbolische Ende Hongkongs sei aber der Beginn des realen Hongkong, so Lo. Hongkong- Geschichten würden heute neu und um-geschrieben.
Doch wie lässt sich über das Hongkong der letzten Jahre erzählen? Dies ist eine Frage, die viele Literaten und Literaturwissenschaftler innerhalb wie außerhalb Hongkongs beschäftigt.
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