Wohin mit den Toten? Der Friedhof im 21. Jahrhundert und die chinesische Bestattungsreform

Maja Linnemann
Bis ins 20. Jahrhundert hinein waren Grabstellen in China omnipräsent. Gräber, Beerdigungsumzüge und andere Aspekte der Bestattungskultur stellten ein verbreitetes Foto- und Postkartenmotiv für dort lebende oder reisende Ausländer dar. Ein historisches Foto etwa aus dem Jahr 1900, aufgenommen in der Nähe von Tianjin, trägt folgende Beschriftung:
Eines der auffälligsten Merkmale der Chinesen ist ihre Verehrung für die Toten. Das hängt eng mit den Vorstellungen des Ahnenkults zusammen. Rund um die Städte und über das ganze Land sind Gräber verteilt, die die Frage aufwerfen, ob China eigentlich eher ein Land der Lebenden oder der Toten ist. Die Chinesen bevorzugen es, ihre Toten in Familiengräbern zu bestatten. Rund um die Städte ist kaum noch freies Land für Neubauten oder Ackerland zu finden. Die Beerdigungen sind mit viel Aberglauben verbunden, und manchmal kann es Jahre dauern, bis der Fengshui-Meister einen günstigen Tag und Ort für die Beerdigung gefunden hat.
Die Frage „Wohin mit den Toten?“ wird also in China nicht erst heute gestellt, aber angesichts der drastisch gestiegenen Bevölkerungszahl, die sich zwischen 1960 und 2010 mehr als verdoppelt hat, präsentiert sie sich heute noch drängender als in früheren Zeiten. Bei einer Einwohnerzahl von heute rund 1,4 Milliarden sterben in der VR China jährlich knapp 10 Millionen Menschen. Metropolen wie Shanghai und Beijing müssen die entsprechende Infrastruktur für über 100.000 Sterbefälle pro Jahr bereitstellen.
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