China heute 200 Chronik zu Religion und Kirche in China 29. September bis 26. November 2018

Die „Chronik zu Religion und Kirche in China“ erscheint seit Anfang 2010 regelmäßig in den Informationen von China heute. Da manche Nachrichten (der Redaktion) erst später bekannt werden, kann es zu Überschneidungen zwischen den Chroniken kommen, wobei jeweils in der vorangegangenen Nummer bereits erwähnte Ereignisse nicht noch einmal aufgeführt werden. Alle Chroniken finden sich auch online auf der Website des China-Zentrums (www.china-zentrum.de). 
Der Berichtszeitraum der letzten Chronik (2018, Nr. 3, S. 153-165) reichte bis einschließlich 3. Oktober 2018.

Religionspolitik

21.–23. November 2018:
„Erste Promotion von und wissenschaftliche Konferenz zu chinesischer Prägung religiöser Gebäude“ in Xi’an
Die hochrangig besetze Konferenz diskutierte Fragen des „Systems der religiösen Architektur“, wie dessen Sinisierung, Geschichte und Gegenwart, künstlerische Besonderheiten, soziale Funktion und gesellschaftlichen Wert. Veranstalter waren das Institut für Weltreligionen (IWR) der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften, die ihm unterstehende Chinesische Gesellschaft für Religionswissenschaft 中国宗教学会 sowie deren Fachkommission für religiöse Baukultur. Zhuo Xinping 卓新平, früherer Direktor des IWR und jetzt Leiter der Gesellschaft für Religionswissenschaft, erklärte in seiner Rede, man habe eine erste Liste von 50 religiösen Stätten, die zur Promotion chinesischer Prägung religiöser Gebäude [als Modelle dienen können], aufgestellt, von denen ein Teil zudem in besonderer Weise die „rote Revolutionskultur Chinas“ widerspiegle. Sie seien eine Ermutigung für das Festhalten am kulturellen Selbstvertrauen und die Verwirklichung des Chinesischen Traums. Auf der Konferenz wurde auch ein Promotionsfilm über diese 50 Modellstätten vorgestellt. 40 namhafte Wissenschaftler aus der Chinesischen daoistischen Vereinigung und verschiedenen Akademien und Universitäten des Landes nahmen an der Konferenz teil (Bericht auf der Website des IWR, iwr.cass.cn, 23.11.).

23. November 2018:
Bitter Winter: Parteizentrale führt seit September 2018 die erste, geheim­gehaltene landesweite Inspektion der „Religionsarbeit“ durch
Bitter Winter (BW), die Nachrichtenwebsite des Zentrums für Studien über neue Religionen CESNUR in Turin, berief sich in ihrer Meldung auf ihr zugängliche Behördendokumente und Tonaufnahmen von Sitzungen aus verschiedenen Provinzen. In einem von BW zitierten Dokument aus Gansu heißt es, das Zentralkomitee der KP Chinas habe „zum ersten Mal in der Geschichte Chinas“ die Durchführung einer landesweiten Inspektion der Religionsarbeit beschlossen, „mit dem Ziel, durch diese hochgradige, umfassende und in die Tiefe gehende Supervisionsarbeit zu überprüfen und zu messen, wie die politischen Richtlinien und Vorkehrungen der Zentralregierung verbreitet und in die Praxis umgesetzt werden“. BW zufolge besteht das Programm aus zwei Phasen. In der ersten Phase, genannt „Selbstin­spektion und Korrektur“, wurden Provinz- und Munizipalbehörden aufgerufen, die Durchführung der religionspolitischen Maßnahmen in ihrem Jurisdiktionsbereich zu überprüfen und den festgestellten Stand an die Einheitsfrontabteilung zu melden. Die zweite Phase begann laut BW im Oktober 2018 mit der Entsendung von Teams aus Beamten der Zentralregierung ins ganze Land, um die Ergebnisse der „Selbstinspektion“ zu überprüfen und Probleme zu identifizieren. In einer Stadt in der Provinz Henan seien u.a. folgende religionspolitische Aufgaben als verbesserungsbedürftig identifiziert worden: Online-Propaganda, die Förderung von „patriotischem“ Klerus, Vorgehen gegen die katholische Untergrundkirche und südkoreanische religiöse Stätten sowie Verhinderung von Evangelisierung an Schulen und Universitäten. In Treffen von Behördenvertretern wurde BW zufolge, mit Rücksicht auf die öffentliche Meinung im In- und Ausland, die strenge Vertraulichkeit der Inspektionskampagne betont. Ab Januar 2019, so ein internes Dokument der KPCh laut BW, sollen die Zentralen Inspektionsbehörden, auf den Ergebnissen der Inspektion dieses Jahres basierend, Rektifizierungsaufgaben umsetzen (mehr Details und Teilfotos eines Behördendokuments in der Meldung von BW unter https://bitterwinter.org/ccp-secretly-conducts-religious-inspection-across-china/).

Religionswissenschaft

19. Oktober 2018:
Konferenz zur zehnten Ausgabe der Zeitschrift Renwen zongjiao yanjiu 人文宗教研究 (Journal of Humanistic Religion) diskutiert über eine Religionswissenschaft chinesischer Prägung
Die Konferenz fand an der Peking University statt, denn der Chefredakteur von Renwen zongjiao yanjiu, Li Silong 李四龙, ist zugleich Vizerektor der Fakultät für „humanities“ (renwenxue 人文学) an dieser Hochschule. Auf der Tagung wurde erörtert, wie der Aufbau eines „religionswissenschaftlichen Theoriesystems chinesischer Prägung“ zu bewerkstelligen sei. Dem Begriff renwen 人文 (engl. „humanistic“) wurde dabei eine wichtige Rolle zugeschrieben. Er verweist auf die „humanities“ (Geisteswissenschaften) im Allgemeinen, wird aber offenbar auch zur Charakterisierung einer China eigenen, auf den Menschen zentrierten Religionstradition verwendet, die sich von der westlichen unterscheide. So postulierte Prof. Lou Yulie 楼宇烈 auf der Konferenz den Begriff renwen zongjiao 人文宗教 (im offiziellen englischen Titel der gefeierten Zeitschrift übersetzt mit „humanistic religion“) als „grundlegendste Besonderheit des religiösen Glaubens in der chinesischen Kultur“; die chinesische Religion entspreche am meisten dem Geist der Zeit, so Lou, denn „da gibt es von vornherein keinen wie auch immer gearteten Erlöser der Welt, [man muss] auf sich selbst gestützt sich selbst erlösen, das ist die grundlegende Besonderheit der chinesischen Religion“.
Die Zeitschrift befasst sich bisher v.a. mit dem Buddhismus, künftig sollen dort auch Forschungsartikel über andere Religionen und den Volksglauben erscheinen (siehe den offiziellen Konferenzbericht auf iwr.cass.cn 22.10.). 
Siehe auch den Gebrauch des Begriffs renwen im „Fünfjahres-Arbeitsplan für das Vorantreiben des Festhaltens des Katholizismus unseres Landes an der Ausrichtung auf Sinisierung (2018–2022)“ in der Dokumentation dieser Nummer. Für Hinweise zu dem Begriff danke ich Fachkollegen. (kwt)

20. Oktober 2018:
Forum zu zehn Jahre „Blue Book of Religions“
Das erste „Blue Book of Religions“ (der eigentliche Titel lautet Zhongguo zongjiao baogao 中国宗教报告 Annual Report on Religions in China) wurde im Jahr 2008 von Jin Ze 金泽 und Qiu Yonghui 邱永辉, beide Forscher am Institut für Weltreligionen (IWR) der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften (CASS), herausgegeben. Besonders die ersten Bände des jährlichen Berichts mit Erhebungen und Feldstudien zu den verschiedenen Religionen stießen auch international auf großes Echo. Qiu Yonghui, die ab dem Berichtsjahr 2014 das Blue Book of Religions allein verantwortete, hielt auf dem Forum eine Art Resumée und wünschte ihrem Nachfolger Chen Jinguo 陈进国 – einem IWR-Mitarbeiter, der sich vor allem mit Forschung zum Volksglauben hervorgetan hat – viel Erfolg. Bezüglich der Zukunft des „Blue Book“ vertraten die Forumsteilnehmer dem Bericht zufolge „einhellig“ die Meinung, dass die Autoren 1. in ihrer Forschung auf der „traditionellen geisteswissenschaftlichen (renwen) Forschung“ basieren, die marxistische Religionssicht als Richtschnur nehmen und Methoden aus der Religionsanthropologie, Religionssoziologie und Religionspsychologie miteinander verbinden sollen; 2. nur dann die Denkfabrik-Funktion des Blue Book erfüllen können, wenn sie die Probleme aus Sicht des langfristigen Nutzens von Staat und Nation betrachten; 3. sich nach Kräften bemühen sollen, die Engpässe bei der Erlangung von Datenmaterial zu überwinden, sie sollen qualitative und quantitative Forschung miteinander verbinden und mehr Grafiken und Tabellen mit objektiven, umfassenden Daten nutzen. Der von Chen Jianguo verantwortete Annual Report on Religions in China (2019) soll im Mai 2019 erscheinen (iwr.cass.cn 22.10.).

Religion allgemein

5.–7. November 2018:
Singapur: Zweites christlich-daoistisches Kolloquium
„Christliche und daoistische Ethik im Dialog“ war das Motto des zweiten christlich-daoistischen Kolloquiums in Singapur, an dem 70 Experten und Praktizierende aus Christentum und Daoismus von Singapur, China, Frankreich, Südkorea, Malaysia, der Schweiz, Taiwan und dem Vatikan teilnahmen. Veranstaltet wurde das Kolloquium vom Päpstlichen Rat für den interreligiösen Dialog in Zusammenarbeit mit der Erzdiözese Singapur und der Daoistischen Föderation Singapur. Vertreten waren auch die Föderation der Asiatischen Bischofskonferenzen sowie der Ökumenische Rat der Kirchen. Das erste christlich-daoistische Kolloquium hatte 2014 in Taiwan stattgefunden (Eglises d’Asie 12.11.; Vatican News 7.11.; Zenit 8.11.; https://www.vaticannews.va/de/vatikan/news/2018-11/singapur-zweites-treffen-taoisten-vatikanvertreter.html; s. auch China heute 2017, Nr. 2, S. 72, Informationen).

Buddhismus

11. Oktober 2018:
Die beiden rivalisierenden Inkarnationen des Karmapa geben gemeinsame Absichtserklärung zur Überwindung der Spaltung in der Karma Kagyu-Linie ab
Der Karmapa Lama ist das Oberhaupt der Karma Kagyu, einer der vier Schulen des tibetischen Buddhismus. Für den aktuellen 17. Karmapa Lama wurde von unterschiedlichen hochrangigen Lamas der Linie jeweils ein anderer Knabe als Reinkarnation bestätigt. Der Karmapa Trinley Thaye Dorje, geb. 1983, kam schon als Kind nach Indien und wurde dort ausgebildet. Der Karmapa Ogyen Trinley Dorje, geb. 1985, ist auch vom Dalai Lama (der allerdings das Oberhaupt einer anderen Schule, der Gelugpa, ist) und der chinesischen Regierung anerkannt. Er wurde in der VR China unter Regierungsaufsicht ausgebildet und floh Ende Dezember 1999 nach Indien. In der nun verlautbarten gemeinsamen Erklärung der beiden Karmapas heißt es einleitend, sie hätten sich mehrere Tage an einem ländlichen Ort in Frankreich getroffen, um sich persönlich kennenzulernen. Dort hätten sie zum ersten Mal frei miteinander sprechen und den Anfang für etwas legen können, „von dem wir erwarten, dass es sich zu einer starken Beziehung entwickeln wird“. Sie hätten auch über die unglückliche Spaltung der Karma Kagyu-Linie gesprochen und sähen es als ihre Pflicht an, alles zu tun, um die Linie zusammenzubringen. Dies sei entscheidend für die Zukunft der Linie und des tibetischen Buddhismus. Die beiden Karmapas riefen alle in der Karma Kagyu-Gemeinschaft auf, sie in dieser Bemühung zu unterstützen. Die Erklärung wurde auf Englisch und Tibetisch mit chinesischer Übersetzung auf ihren offiziellen Websites veröffentlicht. 
Laut Buddhistdoor Global erkennt eine Mehrheit der tibetischen Buddhisten Ogyen Trinley Dorje als 17. Karmapa an, eine einflussreiche Minderheit Trinley Thaye Dorje. Ogyen Trinley Dorje wiederum, der sich seit einem Jahr in den USA aufhält, hat im März 2018 in einer Videobotschaft über die Last der an ihn gerichteten Erwartungen und die Verdächtigungen der indischen Regierung, dass er ein chinesischer Spion sei, geklagt (vgl. China heute 2018, Nr. 1, Chronik, Buddhismus, Anfang März 2018). Laut AsiaNews hat er inzwischen wegen der ihm von der indischen Regierung auferlegten Reisebeschränkungen einen Pass des karibischen Inselstaats Dominica erworben. Mitte September meldete Buddhistdoor Global, es gebe Anzeichen, dass Indien seine Haltung gegenüber Ogyen Trinley Dorje lockern werde; es zitiert den Berater für Tibetfragen des indischen Innenministeriums mit den Worten: „Indien zweifelt nicht daran ... [dass der Karmapa] das künftige Gesicht des tibetischen Buddhismus sein wird“ (AsiaNews 2.11.; buddhistdoor.net 12.09.; 11.10.; Statement auf den Websites der beiden Karmapas: www.karmapa.org/joint-statement-of-his-holiness-trinley-thaye-dorje-and-his-holiness-ogyen-trinley-dorje/ und https://kagyuoffice.org/joint-statement-of-his-holiness-ogyen-trinley-dorje-and-his-holiness-trinley-thaye-dorje/).

25. / 30. Oktober 2018:
Global Times und Human Rights Watch berichten, dass die chinesischen Behörden eigens geschulte tibetische Mönche und Nonnen zur Propagierung der Regierungspolitik in die Klöster schicken
Teams aus angesehenen Mönchen, Rechtsexperten und Beamten seien im Autonomen Gebiet Tibet (AGT) in die Tempel geschickt worden, um Mönche über die Gesetzgebung und deren Durchsetzung zu belehren, meldete die semioffizielle chinesische Global Times (GT) am 25. Oktober. Schon früher hatte die GT berichtet, dass „mit der Aufgabe der Verbreitung der Regierungspolitik beauftragte“ Mönche und Nonnen im AGT vom 31. Mai bis 2. Juni 2018 in Lhasa fortgebildet worden seien, „um ihre politischen Überzeugungen zu stärken“. Laut Human Rights Watch ist es unwahrscheinlich, dass die für die Fortbildung ausgewählten Mönche die Teilnahme verweigern konnten. Die GT zitierte Xiong Kunxin von der Minzu University of China mit den Worten, es sei effektiver, die Regierungspolitik durch buddhistische „Fazilitatoren“ unter den Mönchen und Nonnen zu verbreiten, da diese das Denken ihrer eigenen Gruppe besser verstünden. Sie berichtete auch, dass in Tibet nach dem 19. Parteikongress von 2017 „über 20.000 Parteikader in Dörfer und 7.000 in Tempel entsandt“ worden seien, um den Geist des Parteikongresses zu verbreiten. 
Human Rights Watch berichtete ferner, dass die Behörden neuerdings tibetische Mönche, die die höchste akademische Qualifikation des tibetischen Buddhismus, den Geshe, in indischen Exilklöstern erworben haben, nicht mehr als Lehrer in Klöstern in Tibet zulassen würden, seit vor einiger Zeit ein staatliches, von der Chinesischen buddhistischen Vereinigung geleitetes Programm zur Ausbildung von Geshes gegründet worden sei (globaltimes.cn 4.06.; 25.10.; hrw.org 30.10.).

28.–30. Oktober 2018:
5. Buddhistisches Weltforum tagt in Putian 
Über tausend Teilnehmer aus 55 Nationen, darunter sowohl Vertreter des Buddhismus als auch Buddhismusforscher, kamen nach Angaben staatlicher chinesischer Medien zu dem Ereignis in die Küstenprovinz Fujian. Wie die vorangegangenen vier Buddhistischen Weltforen (2006, 2009, 2012, 2015) wurde es von der Chinesischen buddhistischen Vereinigung (CBV) und der Chinesischen Vereinigung für religiösen Kulturaustausch organisiert. Das Thema lautete „Austausch mit gegenseitigem Lernen: Mittelweg für perfekte Harmonie“. In einem Hauptforum und sieben Unterforen wurden Themen wie Buddhismus und die maritime Seidenstraße des 21. Jhs., Buddhismus und Umweltschutz sowie Buddhismus und Wohltätigkeit behandelt. Am Ende wurde eine Erklärung verabschiedet. Wang Zuo’an – Vizeminister der Einheitsfrontabteilung der KP Chinas und Leiter des Nationalen Büros für religiöse Angelegenheiten – hielt in seiner Rolle als Leiter der mitveranstaltenden Chinesischen Vereinigung für religiösen Kulturaustausch eine Rede. Darin erklärte er, seine Vereinigung werde zusammen mit der CBV und den buddhistischen Kreisen Taiwans, Hongkongs und Macaus die Buddhistischen Weltforen weiterführen und zum „einflussreichsten multilateralen Dialogmechanismus des Weltbuddhismus machen“ (german.china.org.cn 30.10.; globaltimes.cn 29.10.; xinhuanet.com 30.10.). 
Auf der Website der CBV gibt es eine Unterseite zum 5. Buddhistischen Weltforum: www.chinabuddhism.com.cn/e/action/ShowInfo.php?classid=660&id=40217. Zu den letzten Buddhistischen Weltforen siehe auch Carsten Krause, „Auf Spurensuche 1978–2018: Zur Entwicklung des chinesischen Buddhismus in der Gegenwart“, in China heute 2018, Nr. 3, Themen.

Islam

20.–21. Oktober 2018:
Konferenz zur „Islamforschung im neuen Zeitalter“ in Xi’an
Es handelte sich dabei um die „4. Nationale Konferenz der Islamwissenschaft“. 12 Themen in 3 Panels drehten sich um den „Islam im neuen Zeitalter“ und seine einheimischen Besonderheiten, die Seidenstraßeninitiative, die Schicksalsgemeinschaft der Menschheit, neue Perspektiven der Islamforschung, chinesisch-arabische strategische Partnerschaft, Islam und Konfuzianismus und den Widerstand gegen die Diskurshegemonie des Westens. Veranstalter waren die Forschungsstelle Islam des Instituts für Weltreligionen der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften sowie das Institut für Westchina und Grenzregionen der Shaanxi Normal University; dritte Mitorganisatorin war die im August 2018 gegründete Fachkommission Islam der Chinesischen Gesellschaft für Religionswissenschaft. Diese Kommission hat laut Konferenzbericht zum Zweck, in Befolgung des Kurses „Lasst hundert Blumen blühen, lasst hundert Schulen miteinander wetteifern“ (sic!), interdisziplinär und vielschichtig die Koordination der Forschung von in- und ausländischen Wissenschaftlern zu islambezogenen Themen zu organisieren und die chinesische Islamforschung im neuen Zeitalter auf eine neue Stufe zu heben. Dem Konferenzbericht zufolge befindet sich die chinesische Islamforschung in einer entscheidenden Phase. Das zerstückelte System der wissenschaftlichen Disziplinen entspreche nicht den Bedürfnissen der Zeit, es müsse „große Wissenschaft“ betrieben werden. Die chinesischen Islamwissenschaften müssten Experten für Ethnien und Religionen, für internationale Beziehungen, Sprache und Kultur, Regionen und Staaten, Sicherheit und Antiterrorismus zusammenbringen, um der Entwicklungsstrategie des Staates zu dienen (iwr.cass.cn 2.11.).

Xinjiang / Islam

9. Oktober 2018:
Revision der „Vorschriften für Ent-Extremisierung des Autonomen Gebiets Xinjiang“ „legalisiert“ Umerziehungszentren
In die „Vorschriften für Ent-Extremisierung des Autonomen Gebiets Xinjiang“ 新疆维吾尔自治区去极端化条例 wurden durch die Revision „Fortbildungszentren für Berufsbildung“ (职业技能教育培训中心) als mögliche Maßnahme aufgenommen. § 17 der revidierten Fassung legt fest, dass Volksregierungen ab der Kreisebene „Einrichtungen und Verwaltungsbehörden für Transformation durch Erziehung einrichten können, wie Fortbildungszentren für Berufsbildung, um Personen, die unter dem Einfluss von Extremismus stehen, zu erziehen und zu transformieren“. § 14 nennt als Inhalte der Transformation durch Erziehung „eine Verbindung von Erziehung in Gesetzesherrschaft mit Aktivitäten, die diese Erziehung unterstützen“, ideologische Erziehung, psychologische Betreuung, Verhaltenskorrekturen, das Studium der allgemeinen Sprache und Schrift des Landes [i.e., des Hochchinesischen], der Gesetze und von Fertigkeiten. § 21 erwähnt „Behörden für die Verwaltung von Transformation durch Erziehnung“ (教育转化管理部门) zur Koordinierung der verschiedenen beteiligten Einrichtungen und Organe. Die vom Ständigen Ausschuss des Xinjianger Volkskongresses am 9. Oktober verabschiedete Revision trat am gleichen Tag in Kraft (Text unter www.guancha.cn/politics/2018_10_10_474949.shtml). Zum Inhalt der am 29. März 2017 verabschiedeten „Vorschriften für Ent-Extremisierung“ siehe China heute 2017, Nr. 1, Chronik, Religionspolitik, 29. März 2017
Die Revision der Vorschriften wurde in Kommentaren als nachträgliche „Legalisierung“ der Umerziehungslager in Xinjiang betrachtet, in denen Hunderttausende oder bis zu 1 Mio. Menschen festgehalten werden sollen. Eva Pils vom King’s College London sagte der South China Morning Post (SCMP), die revidierte Fassung mache nicht deutlich, dass in den „Fortbildungszentren“ Menschen gegen ihren Willen festgehalten würden. Das Dokument enthalte weder Möglichkeiten, Berufung einzulegen, noch Angaben, wie lange jemand interniert werden könne. Pils zeigte sich auch besorgt, dass Xinjiang als Versuch für eine künftige landesweite Gesetzgebung dienen könnte. Li Lifan, Zentralasienexpertin an der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften, erklärte laut SCMP, die Revision stelle eine zeitgemäße rechtliche Rückendeckung für Maßnahmen gegen den Terrorismus dar. Sie wies auf die Bedrohung hin, die von chinesischen Staatsbürgern ausgehe, die in Syrien für den IS gekämpft hätten. 
Nachdem zunächst innerhalb Chinas gar nicht über die Umerziehungszentren in Xin­jiang berichtet worden war, gab es ab Mitte Oktober eine Reihe von Berichten in den chinesischen Medien, die ein positives Bild dieser Einrichtungen zeichneten. Shohrat Zakir, der Vorsitzende der Regierung von Xin­jiang, sagte in einem Xinhua-Interview, die Berufsbildungszentren seien „menschenorientiert“, und viele früher vom Extremismus beeinflusste Trainees würden nun feststellen, dass „das Leben so bunt sein kann“. Die öffentliche Sicherheit in Xinjiang habe sich deutlich verbessert (BBC Monitoring 24.10.; SCMP 13.10.; The Washington Post 16.10.; Xinhua 16.10). 

6. November 2018:
China verteidigt vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf die Erziehungszentren in Xinjiang
China hatte in seinem Bericht für die Universelle Periodische Überprüfung Fortschritte bei Bildung und Gesundheitsversorgung im Land genannt. Vertreter nordamerikanischer und europäischer Staaten riefen China auf, die Internierung von Uiguren und anderen Angehörigen von Minderheitengruppen zu beenden sowie Religions-, Meinungs- und Vereinigungsfreiheit zu respektieren. Chinas Vizeaußenminister Le Yucheng, der die chinesische Delegation anführte, wies laut New York Times diese Anschuldigungen zurück und bezeichnete die Erziehungszentren als vorbeugende Maßnahmen gegen den Terrorismus. Laut New York Times kam die Kritik an den Umerziehungslagern fast ausschließlich von westlichen Staaten, während Vertreter aus Afrika oder dem Nahen Osten Chinas wirtschaftlichen Fortschritt priesen. James Leibold von der La Trobe University in Australien sagte der Zeitung, es wäre für China weitaus schädlicher, wenn muslimische Länder anfangen würden, es [das Vorgehen in Xinjiang] für inakzeptabel zu halten (New York Times 6.11.).

15. November 2018:
Reuters berichtet über gemeinsamen Brief von Diplomaten 15 westlicher Länder zur Lage in Xinjiang
Reuters zufolge forderten 15 in Beijing stationierte Botschafter in dem Brief ein Gespräch mit Chen Quanguo, dem Parteichef von Xinjiang. Der Nachrichtenagentur lag nach eigenen Angaben ein Entwurf des an Chen gerichteten Briefes vor, es sei unklar, ob er abgeschickt worden sei. Der Brief trage die Namen von 15 Botschaftern westlicher Länder, nämlich Kanada, Großbritannien, Frankreich, die Schweiz, die Europäische Union, Deutschland, die Niederlande und Australien sowie Irland, Schweden, Belgien, Norwegen, Estland, Finnland und Dänemark. Reuters bezeichnete den Brief als ungewöhnlich breite koordinierte Aktion einer Gruppe von Ländern zu einer Menschenrechtsfrage in China. Hua Chunying, Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, sagte laut Reuters, sie habe den Brief nicht gesehen; die Botschafter seien in Xinjiang willkommen, Diplomaten sollten sich jedoch nicht in innere Angelegenheiten des Landes einmischen, in dem sie stationiert sind (Global Times 16.11.; Reuters 15.11.).

26. November 2018:
278 Wissenschaftler aus 26 Ländern fordern China in einem gemeinsamen Statement auf, die massenhafte Internierung von Angehörigen muslimischer Minderheiten in Xinjiang zu beenden
Die Wissenschaftler, die – so das Statement – über China, das Autonome Gebiet Xinjiang, Zentralasien und andere in Bezug stehende Weltregionen forschen, wollen ihre Sorge über die gegenwärtigen massenhaften Menschenrechtsverletzungen und bewussten Angriffe auf indigene Kulturen in Xinjiang zum Ausdruck bringen und die internationale Gemeinschaft zum Handeln aufrufen. Sie beschreiben die massenhafte Internierung ohne Prozess von etwa 1 Mio. Angehörigen muslimischer Turkvölker in Lagern und die starken Einschränkungen persönlicher Freiheiten durch staatliche Überwachungssysteme für 10 Mio. Angehörige ebendieser Völker in Xinjiang. Zeitlich sehen sie einen Zusammenhang dieser Maßnahmen mit Chinas Seidenstraßeninitiative und der Ausweitung des staatlichen „sozialen Managements“ mit dem Social Credit System. Sie sind besorgt, dass solche extremen Maßnahmen künftig auf andere Teile der Bevölkerung Chinas angewendet werden könnten. Sie warnen davor, dass China Methoden und Technologien exportieren und andere autoritäre Staaten diese kopieren könnten, wenn die internationale Gemeinschaft die Lage in Xinjiang jetzt nicht anspreche. Das Statement ruft Staaten und Institutionen auf, China zur sofortigen Abschaffung der „Transformation durch Erziehung“ aufzurufen, Sanktionen gegen beteiligte chinesische Behörden und Firmen zu verhängen, Angehörige der betroffenen Gruppen nicht mehr nach China abzuschieben und das Asyl zu beschleunigen. Akademische Institutionen mit formellen Partnerschaften in China sollen dort ihre Besorgnis ausdrücken und eine Aussetzung der Partnerschaft erwägen. Soweit das Statement. 
Zu den Unterzeichnern gehören auch führende westliche Experten für den Islam in China, wie Dru Gladney und Michael Dillon. Am 9. Dezember 2018 hatten bereits 601 Wissenschaftler aus 39 Ländern das Statement unterzeichnet (Text und Liste der Unterzeichner unter https://concernedscholars.home.blog/).

Christentum

16. November 2018:
AsiaNews: Immer mehr Kirchen müssen Fahnen und sogar Portraits von Mao und Xi Jinping aufhängen
Spätestens seit die offiziellen Organisationen der fünf Religionen am 31. Juli 2018 einen gemeinsamen Appell zum Hissen der Nationalflagge an allen religiösen Stätten veröffentlicht haben (vgl. China heute 2018, Nr. 3, S. 154), häufen sich Berichte aus ganz China, dass die Behörden von den Gemeinden fordern, vor den Kirchen Fahnenstangen aufzustellen und die Fahne zu hissen (das Gleiche geschieht mit Tempeln und Moscheen). In manchen Fällen werden Kirchen und Christen sogar genötigt, Fahnen und Portraits von Mao und Xi Jinping im Altarraum bzw. in ihren Wohnungen aufzuhängen. AsiaNews veröffentlichte dazu am 16. November zwei Fotos: Das eine zeigt den Altarraum einer offensichtlich protestantischen Kirche, in dem an der Seite die Nationalflagge und links und rechts vom zentralen Kreuz die Portraits von Xi Jinping und Mao Zedong aufgehängt sind. Auf dem zweiten hängt über der Anrichte eines vermutlich katholischen Haushalts ein großes Xi-Poster, daneben ein kleineres Christusbild.

Protestantismus

27. / 29. November  2018:
Neue Kirchenordnung für die chinesische protestantische Kirche und neue Leitung von Drei-Selbst-Bewegung und Chinesischem Christenrat
Am 27. November diskutierte und verabschiedete das Arbeitskomitee des Rates von Drei-Selbst-Bewegung und Christenrat die revidierte Fassung der Kirchenordnung für die chinesische protestantische Kirche 中国基督教教会规章. Die bislang gültige Fassung stammt aus dem Jahr 2008. 
Am 29. November wurde auf der Nationalversammlung der Vertreter des chinesischen Protestantismus eine neue Leitung für die beiden offiziellen protestantischen Leitungsgremien gewählt. Neuer Vorsitzender der Drei-Selbst-Bewegung wurde Pastor Xu Xiaohong 徐晓鸿, Pfarrer Kan Baoping 阚保平 bleibt als einer der insgesamt neun stellvertretenden Vorsitzenden in einer wichtigen Funktion. Das Amt des Generalsekretärs wurde Gu Mengfei 顾梦飞 übertragen. Neuer Präsident des Nationalen Christenrates ist Pastor Wu Wei 吴巍. Geschäftsführer und einer von ebenfalls neun stellvertretenden Präsidenten ist Shan Weixiang 单渭祥. Er ist bekannt als Herausgeber der Kirchenzeitschrift Tianfeng. Pastor Dr. Gao Feng 高峰 ist Leiter eines neuen Gremiums geworden, das national und auf Provinzebene tätig wird. Der chinesische Name dieser Abteilung lautet: 监事会 (jianshi hui), englisch widergegeben als „supervisory board“. Als sein Stellvertreter fungiert Wu Jianrong 吴建荣, zeitgleich Leiter des nationalen chinesischen CVJM. 
Zu weiteren Details siehe den Beitrag in den Informationen.
Isabel Friemann, China InfoStelle

Katholische Kirche

29.–30. September 2018:
Bischof Han Zhihai von Lanzhou wird Vorsitzender der örtlichen Patriotischen Vereinigung
Bei einer Tagung von Vertretern der Patriotischen Vereinigung in Lanzhou am 29. und 30. September wurde Bischof Han Zhihai zu deren Vorsitzenden gewählt. Der damalige „Untergrund“-Bischof Han, der 2003 im Geheimen zum Bischof von Lanzhou geweiht wurde, war erst am 10. November 2017 offiziell als Ortsbischof installiert worden. Wie AsiaNews damals berichtete, hatten Religionsbeamte im Vorfeld gegenüber Priestern und Schwestern von Lanzhou die Installation als Ergebnis der Verhandlungen mit dem Vatikan bezeichnet. Bischof Han soll lange an seiner Anerkennung seitens der chinesischen Regierung gewirkt haben. In seiner Rede unmittelbar nach der jetzt erfolgten Wahl zum Vorsitzenden der örtlichen Patriotischen Vereinigung habe Bischof Han, so AsiaNews, betont, die Kirche von Lanzhou „müsse an den Prinzipien von Unabhängigkeit und Autonomie festhalten“, „das Land und die Kirche lieben“, „bewusst die Führung der chinesischen Kommunistischen Partei annehmen“ und „die religiösen Aktivitäten gemäß dem Gesetz durchführen“ (AsiaNews 17.10.; China heute 2017, Nr. 4, Chronik, Sino-vatikanische Beziehung, 10. November 2017; s. auch das Interview mit Bischof Han in China heute 2017, Nr. 4, Dokumentation).

11. Oktober 2018:
Provinz Hebei: Vier Untergrundpriester in Polizeigewahrsam – vergebliche Versuche des Staates, sie zur offiziellen Registrierung zu bewegen
Vier Priester der Diözesen Xiwanzi und Xuanhua in Nord-Hebei wurden im Oktober von der Polizei in Gewahrsam genommen. Die beiden Priester Zhang Guilin und Wang Zhong gehören zur Diözese Xiwanzi, die Priester Su Guipeng und Zhao He zu Xuanhua. Zhang und Wang wurden ab dem 11. Oktober an mehrere Orte gebracht, wo sie – so AsiaNews – „über die Religionspolitik der chinesischen Regierung indoktriniert wurden“, da sie eine Mitgliedschaft in der Patriotischen Vereinigung ablehnten. Laut UCAN wurden sie gezwungen, sich mit Bischöfen der offiziellen Kirche zu treffen, die „versuchten, sie davon zu überzeugen, die Prinzipien von Unabhängigkeit, Autonomie und Selbstverwaltung der Kirche zu akzeptieren, ein Zertifikat für Priester zu beantragen und sich der offiziellen Kirche anzuschließen“. Nur so würden sie von der Regierung als rechtmäßige Kleriker angesehen. Priester Su wurde am 13. Oktober unter Hausarrest gestellt, Priester Zhao am 24. Oktober in ein Hotel gebracht. 
In einer Kampagne versucht die Regierung seit geraumer Zeit – verstärkt nach dem sino-vatikanischen Abkommen – Untergrundpriester in erzwungenen „Studienkursen“ unter Druck zum Eintritt in die Patriotische Vereinigung zu bewegen. Laut AsiaNews seien viele zur Registrierung bei der Regierung bereit, jedoch nicht zu einer Mitgliedschaft in der Patriotischen Vereinigung (AsiaNews 5.,14.11.; UCAN 2.,21.11.). Weiterhin in Haft bzw. verschwunden sind der 86-jährige Untergrundbischof Su Zhimin von Baoding und 47-jährige Untergrundpriester Liu Honggeng, ebenfalls Baoding. Priester Liu wurde vor drei Jahren von den Behörden verschleppt, Bischof Su wurde 1997 verhaftet (UCAN 5.10.).

18. Oktober 2018:
Symposium zu 50 Jahre „Sigao 思高-Bibel“ in Beijing
40 Personen nahmen an dem von der Chinesischen katholischen Patriotischen Vereinigung und der Bischofskonferenz veranstalteten Symposium anlässlich des 50. Jubiläums der Herausgabe der chinesischen Studium Biblicum-Bibelversion („Sigao-Bibel“) teil. Es ist die von chinesischen Katholiken am häufigsten gebrauchte Ausgabe der Bibel. Übersetzt hatte sie der selige P. Gabriele Allegra OFM mit seinem Team vom – zunächst in Beijing, dann in Hongkong angesiedelten – Studium Biblicum Franciscanum. Es war die erste vollständige katholische Übersetzung der Bibel ins Chinesische. Bischof Guo Jincai von Chengde, Generalsekretär der Bischofskonferenz und im September von Papst Franziskus offiziell als Bischof anerkannt, erwähnte in seiner Eröffnungsansprache, dass seit 1993 auf dem chinesischen Festland 4,5 Mio. Kopien verschiedener Ausgaben der Studium Biblicum-Version gedruckt wurden. Auf dem Symposium wurden u.a. der Wunsch nach Errichtung einer Bibelgesellschaft auf dem Festland sowie der größere Gebrauch der sozialen Medien geäußert. Bischof Shen Bin, Vize-Präsident von Patriotischer Vereinigung und Bischofskonferenz, äußerte zum Abschluss die Hoffnung, dass die auf dem Symposium vorgebrachten Vorschläge in Zukunft umgesetzt und die Expertise der über 40 Priester und Schwestern, die im Ausland Bibelwissenschaften studiert haben, eingebracht werden könnten. Unter den Teilnehmern in Beijing waren Vertreter der acht offiziellen Priesterseminare in China sowie des Faith Institute for Cultural Studies wie auch Bischof Yang Xiao­ting von Yan’an. Studium Biblicum nahm nicht an der Feierlichkeit teil. Auf seiner Facebook-Seite hatte das Institut mitgeteilt, dass es aus diesem Anlass selbst keine Feier organisieren und auch nicht an den diesbezüglichen Veranstaltungen in Beijing, Hongkong und Taiwan teilnehmen werde (UCAN 31.10.; s. auch China heute 2007, Nr. 6, Informationen).

26. Oktober 2018:
AsiaNews: Offizieller Priester aus Henan vorübergehend inhaftiert und Priesterlizenz entzogen – vermutlich wegen Jugendarbeit
Priester Liu Jiangdong aus der Diözese Zhengzhou in der Provinz Henan wurde laut AsiaNews Anfang September verhaftet und eine Woche lang in Haft gehalten, angeblich wegen „ungeordneter Finanzkonten“ und des „Nutzens öffentlicher Gelder für private Zwecke“. Er wurde des „Verstoßes gegen die Religionspolitik und gegen Vorschriften bezüglich religiöser Aktivitäten“ bezichtigt. Am letzten Sonntag im September verkündeten Regierungsvertreter in der Kirche, dass Liu von seinem priesterlichen Amt suspendiert werde. Zudem wurde das Kreuz auf dem Glockenturm seiner Pfarrkirche demontiert. 
Priester Liu wurde 2005 zum Priester geweiht und war Gemeindepfarrer der Herz-Jesu-Kirche von Zhengzhou. Er war sehr aktiv in der Jugendarbeit, organisierte Gebetstreffen, Katechismuskurse, Treffen zur Berufungsfindung für junge Leute, animierte diese zu karitativen Tätigkeiten – trotz der jüngsten Verbote religiöser Erziehung für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in der Provinz Henan. Ein Priester von Henan äußerte gegenüber AsiaNews, dass Priester Liu wegen dieser Aktivitäten seinen Status verloren habe: „Er war zu aktiv: er gründete so viele Gemeinschaften für junge Leute und auch für alte Menschen. Weil er nicht den Vorschriften folgte, war die Regierung verärgert“ (AsiaNews 26.10.).

28. Oktober 2018:
„Erstes Gipfeltreffen katholischer Unternehmer“ in Beijing
200 katholische Unternehmer aus 11 Provinzen und regierungsunmittelbaren Städten Chinas, die in Beijing ein Unternehmen gegründet haben, trafen sich in der Niufang-Kirche im Beijinger Bezirk Daxing. Der gemeinsamen Sonntagsmesse folgte eine Jobbörse, bei der sich anwesende Unternehmen vorstellten; viele junge Katholiken nutzten die Gelegenheit, um sich zu informierten und zu bewerben. 
Nachmittags hielten zehn katholische Unternehmer Vorträge über ihre Erfahrungen mit Unternehmen und Glauben, gefolgt von einer Podiumsdiskussion. Das Gipfeltreffen wurde von Liu Zhe, dem Pfarrer der Niu­fang-Kirche, initiiert (fünf weitere Priester aus Beijing und Hebei waren anwesend) und u.a. von den engagierten katholischen Unternehmerinnen Huang Xiuhong und Li Wenxiang organisiert. Mit dem Treffen war – wie es im Bericht auf der Website von Xinde heißt – die Zielsetzung verbunden, dass katholische Unternehmer bei der Führung ihrer Geschäfte immer den Glauben an die erste Stelle setzen, gemeinsame Wertvorstellungen entdecken und sich gegenseitig unterstützen. Am Ende der Veranstaltung wurde ein „Unternehmerverband Pfarrei Niufang Bistum Beijing“ gegründet. Einige teilnehmende Unternehmer lobten im Gespräch mit der Xinde-Journalistin besonders die Jobbörse; das gegenseitige Interesse an katholischen Mitarbeitern bzw. Arbeitgebern sei groß, denn „Menschen, die glauben, halten bei ihrem Tun eine (moralische) Grundlinie ein“. Man müsse den Glauben in den Unternehmens­prozess einbinden, um Licht und Salz zu sein, so ein Manager. Die Treffen sollen fortgesetzt werden (chinacatholic.org 30.10.). 

23./24. November 2018:
Untergrundbischof Peter Shao Zhumin von Wenzhou und Priester Lu Danhua freigelassen
Bischof Shao von Wenzhou in der Provinz Zhejiang war am 9. November 2018 von Regierungsvertretern des Religionsbüros von Yueqing weggebracht und 14 Tage lang festgehalten worden. Grund dafür war vermutlich eine Messfeier am Grab des ersten Bischofs von Wenzhou, Lin Xili, das sich in Yueqing befindet. Dort hatten sich 500 Gläubige versammelt. Am 23. November konnte der 55-jährige Bischof nach Hause zurückkehren. Es war das achte Mal – so UCAN –, dass Shao seit seiner Priesterweihe 1999 verhaftet bzw. weggebracht wurde, teils zu „Studien- bzw. Tourismusreisen“. Das letzte Mal war Bischof Shao vom 18. Mai 2017 bis 3. Januar 2018 zunächst verschwunden und stand anschließend unter Hausarrest außerhalb seiner Diözese. Im Juni 2017 hatten sich nacheinander der deutsche Botschafter in Beijing und der Vatikan in öffentlichen Statements für Bischof Shaos Freilassung eingesetzt. Auf Bischof Shao wurde vergeblich Druck ausgeübt, sich u.a. der Patriotischen Vereinigung anzuschließen. 
Priester Lu war bereits am 29. Dezember 2017 von Beamten der Religionsbehörden aus seiner Pfarrei Qingtian abgeführt und an einen unbekannten Ort gebracht worden. Laut einer Quelle, die UCAN zugänglich war, soll er die ganze Zeit über bis zu seiner Freilassung am 24. November in einem Luxushotel nahe der Kirche untergebracht gewesen sein. Das Hotel diene zur Überwachung von Regierungsbeamten, die gegen Regeln der Kommunistischen Partei verstoßen hätten. Er soll wegen illegaler Messfeiern verhaftet worden sein. Priester Lu – er wurde von Bischof Shao 2016 geweiht – ist der einzige Priester der benachbarten Diözese Lishui, die von Wenzhou mitverwaltet wird (AsiaNews 13.11.; UCAN 13.,30.11.).

Sino-vatikanische Beziehungen

Oktober 2018:
Papst Franziskus und Ostasien – zwei Einladungen und ein Reiseplan
Das Amt des Präsidenten von Südkorea gab am 9. Oktober bekannt, dass beim interkoreanischen Gipfeltreffen in Pjöngjang im September d.J. der südkoreanische Präsident Moon Jae-in dem nordkoreanischen Präsidenten Kim Jong-un vorgeschlagen habe, Papst Franziskus zu treffen, der sehr am Frieden auf der koreanischen Halbinsel interessiert sei. Das berichtete UCAN. Kim habe geantwortet: „Ich werde den Papst herzlich willkommen heißen, wenn er Pjöngjang besucht.“ Während des Gipfeltreffens sprach Kim auch mit dem südkoreanischen Erzbischof Kim Hee-joong, dem Vorsitzenden der Koreanischen Bischofskonferenz. Präsident Moon sagte nach seiner Audienz bei Papst Franziskus am 18. Oktober, der Papst habe sich bereit gezeigt, einer formellen Einladung Kims Folge zu leisten, so die South China Morning Post
Taiwans Vizepräsident Chen Chien-jen, der am 14. Oktober an der Heiligsprechung von Papst Paul VI. teilnahm, lud bei der Gelegenheit Papst Franziskus erneut nach Taiwan ein. Vatikansprecher Greg Burke erklärte jedoch am 18. Oktober, ein solcher Besuch durch den Heiligen Vater sei nicht geplant.  
Am 9. September 2018 hatte Papst Franziskus laut Vatican News gegenüber Vertretern einer japanischen Assoziation erklärt, er wolle nächstes Jahr Japan besuchen (press.vatican.va 18.10.; South China Morning Post 19.10.; UCAN 10.10.; vaticannews.va 12.09.). 
Zur Einladung in die Volksrepublik China durch Bischof Guo Jincai siehe den Eintrag vom 15. Oktober in dieser Rubrik.

Oktober / November 2018:
AsiaNews und UCAN veröffentlichen Stimmen aus der chinesischen Kirche zum sino-vatikanischen Abkommen – Gefühl von „Verwirrung und Verlust“ bei vielen im Untergrund
Untergrundpriester John sagte zu UCAN, die Priester in seinem Umfeld hätten beschlossen, vereint zu bleiben und gemeinsam offiziell zu werden, wenn der Papst dies wünsche. Sie seien aber nun verwirrt. Sie würden dem Papst zustimmen, dass das Abkommen aus pastoraler Notwendigkeit geschlossen worden sei, aber sie verstünden die Anerkennung der 8 illegitimen Bischöfe nicht. Ohne Religionsfreiheit sähen sie keine Vorteile gegenüber der Evangelisierung im Untergrund. John zufolge könnte das Abkommen die Spaltung in der Kirche noch vergrößern. Seit dem Abkommen zögen es einige Priester vor, sich der Patriotischen Vereinigung anzuschließen, weil sie meinen, der Papst sei nicht dagegen; hinwiederum fänden manche Katholiken aus der offiziellen Kirche, die aufgetauchten Untergrundpriester seien zu regierungsnah, und würden in den Untergrund wechseln, weil sie der Ansicht seien, dass Kirchen, in denen die Nationalflagge gehisst und die Nationalhymne gesungen werde, nicht mehr wie Kirchen seien. Mehrere Stimmen berichteten UCAN, dass Untergrundpriester über ihre Eltern bedroht, oder verschleppt und „gehirngewaschen“ worden seien, oder ihnen ihre Pfarrkirchen genommen worden seien. Untergrundpriester Peter fordert in AsiaNews vom Heiligen Stuhl insbesondere, dass er sich um die noch inhaftierten Bischöfe kümmern solle. Ein Priester aus der offiziellen Kirche mit dem Pseudonym „Zaoxu“ erklärte, die weiteren Verhandlungen nach dem Abkommen seien extrem wichtig. Denn da die Untergrundbischöfe nicht an ihr teilnehmen dürften, existiere die Bischofskonferenz nur in einer nominellen und instrumentalen Weise und sei bar jedes Inhalts. Nur wenn alle Bischöfe ohne Ausnahme teilnähmen, existiere sie in einem angemessenen Sinn. Priester Paul Xie schrieb, Papst Franziskus habe einen menschlich gesehen riskanten Schritt getan, aber zum Glück sei die Kirche die Kirche Gottes und sie müsse vom Glauben Abrahams lernen (AsiaNews 10.09.; 19.,28.11.; UCAN 7.,30.11.).

8.–11. Oktober 2018:
Politische Schulung für katholischen Klerus in Hubei: Vertreter der Religionsbehörde warnt vor Störversuchen des Vatikans und Katholiken, die nicht wissen, „welche Fahne sie hochhalten“ sollen
An der politischen Erziehungsmaßnahme der Regierung für das katholische Personal der ganzen Provinz nahmen laut UCAN 80 Priester, Schwestern und Laien teil. Xiong Xiaqi, stellvertretender Direktor der Kommission für ethnische und religiöse Angelegenheiten der Provinz Hubei, hielt einen Vortrag, wovon ein Foto mit einer lesbaren Textfolie seiner PowerPoint-Präsentation in den Netzwerken kursierte. Xiong hebt darin drei Punkte hervor: „Erstens, zwar haben China und der Vatikan das vorläufige Abkommen unterzeichnet, aber die Versuche des Vatikans, sich in die Angelegenheiten des Katholizismus unseres Landes einzumischen und sie zu stören, sind unverändert, ihre Methoden, das System der [kirchlichen] Hierarchie zu propagieren und negative Meinungen zu verbreiten, sind unverändert; künftig werden diese Methoden noch versteckter und noch vielfältiger sein. Zweitens, das Denken eines Teils der Personen in den katholischen Kreisen rutscht ab, es ist ihnen nicht klar bewusst, welche Fahne sie hochhalten und welchen Weg sie gehen [sollen], ihr Denken ist verwirrt, ihr Standpunkt des Prinzips der Unabhängigkeit, Autonomie und Selbstverwaltung wird erschüttert. Drittens, nach der Einteilung der Diözesen haben in einem Teil der Diözesen Dispute über religiöses Eigentum und Interessensbeziehungen zu Widersprüchen geführt“ (UCAN 17.10.; Foto mit der PPT-Folie u.a. bei AsiaNews 11.10.).

14.–16. Oktober 2018:
Drei chinesische Bischöfe nehmen an „Friedensbrücken“ in Bologna teil
Zu der von der Gemeinschaft Sant’Egidio in Kooperation mit der Erzdiözese Bologna organisierten Tagung „Friedensbrücken. Religionen und Kulturen im Dialog“ kamen Vertreter verschiedener Religionen und Kulturen zusammen. Es handelte sich um die „32. Etappe des Geistes von Assisi, den Johannes Paul II. 1986 ins Leben gerufen hat und von der Gemeinschaft Sant’Egidio weitergetragen wurde“, hieß es auf der Website der Gemeinschaft. 
Zu der Konferenz waren auch drei chinesische Bischöfe aus der Volksrepublik China eingeladen: Anthony Dang Mingyan von Xi’an (Shaanxi), Joseph Shen Bin von Haimen (Jiangsu) sowie Joseph Yang Yongqing von Zhoucun (Shandong); die drei wurden von Priester Zhang Qiulin begleitet. Bisho Shen kam zweimal öffentlich zu Wort, zum einen als Sprecher auf einem Podium zum Thema „Solidarität zwischen den Generationen“, zum zweiten vor großem Publikum bei der Abschlusszeremonie auf der Piazza Maggiore in Bologna. Die Delegation war einige Tage zuvor zunächst in Rom eingetroffen, kurz bevor die beiden Bischöfe Yang Xiaoting und Guo Jincai, die die ersten 12 Tage an der Jugendsynode teilgenommen hatten, am 15. Oktober wieder nach China zurückkehrten (AsiaNews 21.10.; santegidio.org 23.09.; siehe auch Eintrag vom 15. Oktober in dieser Rubrik). Die Reden von Bischof Shen sind abrufbar unter: https://preghieraperlapace.santegidio.org/pageID/30660/langID/en/text/2804/Speech-of-Joseph-Shen-Bin.html (Plenumsansprache am 15.10.); https://preghieraperlapace.santegidio.org/pageID/30660/langID/de/text/3000/Rede-von-Bischof-Joseph-Shen-Bin-von-Haimen-China.html (Rede auf der Piazza Maggiore am 16.10.); https://preghieraperlapace.santegidio.org/pageID/30660/langID/en/video/77276/Video-della-Cerimonia-Finale.html (Video der gesamten Abschlusszeremonie).

15. Oktober 2018:
Chinesische Bischöfe kehren von der Synode nach China zurück – haben Papst nach China eingeladen
Bischof Guo Jincai von Chengde und Bischof Yang Xiaoting von Yan’an, die auf Einladung von Papst Franziskus an der XV. Ordentlichen Generalversammlung der katholischen Bischöfe zum Thema Ju­gend (3.–28. Oktober) teilgenommen hatten, sind am 15. Oktober vor Abschluss der Synode wieder nach China zurückgekehrt. Dies sei der zuvor festgelegte Tag ihrer Abreise gewesen, so die Zeitschrift Avvenire vom 16. Oktober. Bischof Guo gehört zu den sieben am 22. September vom Papst legitimierten Bischöfen und ist Generalsekretär der of­fiziellen Chinesischen Bischofskonferenz. Bischof Yang Xiaoting wurde 2010 mit päpstlicher und staatlicher Genehmigung geweiht, er ist einer der Vizevorsitzenden der Bischofskonferenz und Leiter der Kommission für die theologi­sche Forschung. Es waren die ersten chinesischen Bischöfe überhaupt, die an einer Synode in Rom teilgenommen haben. 
In einem Interview mit Avvenire sagte Bischof Guo, dass im Moment der Begrüßung von Papst Franziskus zu Beginn der Synode 70 Jahre Leid in einem Augenblick wie weggeflogen gewesen seien. Zum Papst hätten sie in den gemeinsamen Tagen im Gästehaus Santa Marta eine familiäre Beziehung gehabt. „Er sagte, dass er uns liebt, unser Land liebt und stets sehr viel für die Christen in China betet. … In diesen Tagen haben wir Papst Franziskus nach China eingeladen. Wir warten auf ihn. Den Moment kennt nur der Herr. Aber wir beten dafür, wir beten den Rosenkranz, damit schon bald dieser Moment kommt. Wie auch unsere Präsenz hier unmöglich erschien und jetzt möglich wurde.“ Zudem sagte Bischof Guo, dass die Kirche eine einzige große Familie sei mit derselben Taufe und demselben Glauben, „wir sind Zeugen einer geeinten Kirche in der Verschiedenheit“. Die Jugend sowie damit zusammenhängende Fragen und (auch politische) Probleme wurden in dem Interview nicht thematisiert. 
In Rom feierten die beiden Bischöfe auch eine heilige Messe mit chinesischen Katholiken in der Kirche des Hl. Bernardino von Siena (South China Morning Post 16.10.; Vatican Insider 16.10.; https://www.avvenire.it/chiesa/pagine/i-vescovi-cinesi-al-sinodo-esserci-stato-un-miracolo 16.10.; siehe auch China heute 2018, Nr. 3, S. 164).

29. Oktober 2018:
Semioffizielle chinesische Global Times stellt Überlegungen zur Zukunft der katholischen Untergrundbischöfe nach dem „vorläufigen Abkommen“ an
Wie die Zeitung zutreffend schreibt, wurden zeitgleich mit der Unterzeichnung des Vorläufigen Abkommens über die Bischofsernennungen durch die Außenminister Chinas und des Vatikans am 22. September 2018 die sieben aus kirchlicher Sicht illegitimen chinesischen Bischöfe durch Papst Franziskus anerkannt, doch „was mit den über 30 Untergrundbischöfen in China geschehen wird, ist noch unklar“. Francesco Sisci, Forscher an der Renmin University of China, sagte der Global Times (GT), das Problem sei, „welche Art von Anerkennung“ sowohl für die Regierung als auch für die Bischöfe akzeptabel sei; „das ist es, woran Beijing und Rom jetzt arbeiten“. Wang Meixiu, Katholizismusexpertin an der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften, erklärte, die Verhandlungen über die Untergrundbischöfe seien kompliziert und langwierig, da mögliche Veränderungen bezüglich des kirchlichen Eigentums und der [Einteilung der] Diözesen involviert seien. Wang zufolge könnten Untergrundbischöfe mancher Diözesen zurückgestuft oder in andere Diözesen versetzt oder um Rücktritt gebeten werden. Ein Priester aus Mindong namens Luo Wen wird von der GT mit der Aussage zitiert, die Untergrundgemeinschaft der Diözese Mindong sei darauf vorbereitet, dass Bischof Guo Xijin zum Weihbischof zurückgestuft werden könnte (globaltimes.cn 29.10.). 
Der von der Regierung nicht anerkannte Bischof Guo war bisher der vom Papst eingesetzte Ortsbischof der Diözese Mindong; am 22. September wurde jedoch der bis dahin kirchlich illegitime Bischof Zhan Silu, der aus staatlicher Sicht Ortsbischof ist, vom Papst in die volle kirchliche Gemeinschaft aufgenommen. Zum zunehmenden Druck auf die katholischen Gemeinschaften im „Untergrund“ siehe die Einträge vom 11. Oktober 2018 und 23./24. November 2018 in der Rubrik „Katholische Kirche“.

Hongkong

19. November 2018:
Hongkong: Prozessbeginn gegen Führer von „Regenschirm-Bewegung“ von 2014
Wegen Anstiftung und Verschwörung zur Störung der öffentlichen Ordnung durch Organisation von Blockaden und Sit-ins in verschiedenen Stadtteilen stehen neun führende Mitglieder der pro-demokratischen Demonstrationsbewegung von 2014 in Hongkong vor Gericht. Unter ihnen sind die führenden Köpfe der 2011 von ihnen gegründeten Protestbewegung „Occupy Central“, der Juraprofessor Benny Tai, der Sozialwissenschaftler Chan Kin-man sowie der Baptistenpastor Chu Yiu-ming. Zwei der sechs anderen Angeklagten sind die Abgeordneten Tanya Chan und Shiu Ka-chun. Allen Angeklagten drohen hohe Haftstrafen. 79 Tage lang legten Hunderttausende Demonstranten, darunter viele Schüler und Studenten, im Herbst 2014 die Stadt quasi lahm. Hintergrund der Proteste waren Forderungen nach mehr Demokratie und freien Wahlen in Hongkong. 
„Ich habe Vertrauen, dass die Gerichte in Hongkong noch unabhängig und gerecht sind. Aber ich habe mich auf das Schlimmste vorbereitet“, sagte Tai der Deutschen Presse-Agentur laut Der Tagesspiegel vom 19. November. Als sie damals zivilen Ungehorsam vorgeschlagen hätten, seien sie darauf vorbereitet gewesen, vor Gericht zu kommen, so der Der Tagesspiegel weiter. Tai habe sich pessimistisch gegenüber der Entwicklung in Hongkong geäußert, das immer „autoritärer“ werde. Zum Prozessauftakt haben alle neun ihre Unschuld beteuert (AsiaNews 19.11.; Der Tagesspiegel 19.11.; South China Morning Post 20.11.; s. auch China heute 2014, Nr. 3, Informationen).

Taiwan

14.–18. Oktober 2018:
Erstes interreligiöses Treffen christlicher und buddhistischer Nonnen
„Kontemplative Aktion und aktive Kontemplation: Buddhistische und christliche Nonnen im Dialog“ war das Thema der ersten gemeinsamen internationalen Konferenz von Nonnen beider Religionen, die am Foguangshan bei Kaohsiung, Taiwan, stattfand. Veranstalter waren der Päpstliche Rat für den interreligiösen Dialog, die taiwanische katholische Ordensoberinnenvereinigung, das buddhistische Foguangshan-Kloster sowie der Dialogue Interreligieux Monastique/Monastic Interreligious Dialogue (DIM·MID). 70 buddhistische und katholische Nonnen vor allem von Taiwan, aber auch aus Südkorea, Japan, Indien, Sri Lanka, Myanmar, Thailand, Singapur, Hongkong, Kambodscha, den Philippinen, Brasilien, Italien, Deutschland, Norwegen und den USA nahmen an dem Dialog teil. Anwesend war auch eine Delegation des Ökumenischen Rates der Kirchen von Genf. Die Konferenz endete mit einem Abschlussdokument, in dem u.a. zur Fortsetzung des interreligiösen Dialogs aufgerufen wurde (AsiaNews 24.10.; Vatican Insider 17.10.).

24. Oktober 2018:
Proteste ziviler Gruppen gegen den Entwurf eines Religionsgesetzes
Um die 50 zivile Gruppen forderten am 24. Oktober 2018 den Rückruf der Vorlage zu einem neuen „Religionsgrundgesetz“ (宗教基本法), das nach ihrer Meinung der Religion einen Status über der Verfassung verliehen hätte. Kurz zuvor hatte der Ausschuss der Legislative eine Lesung des Entwurfs infolge des öffentlichen Unwillens abgesagt. 
Nach Ansicht des Vorsitzenden der Taiwan Association for Human Rights, Wang Kuo-yan (翁國彥), beruht der Entwurf auf einer Fehlinterpretation der Verfassung. Artikel 490 garantiere den Schutz der Religionsfreiheit, nämlich das Recht, die Konfession oder Religion zu wählen, er stelle aber weder die Religionsfreiheit über andere Menschenrechte noch gewähre er religiösen Gruppen Privilegien, die andere Organisationen nicht haben. Der Gesetzentwurf sieht „religiöse Autonomie“ (宗教自主權) vor, was religiöse Organisationen laut Taipei Times von der Regierungsaufsicht in vielen Bereichen wie Landnutzung, Bildung, Verwaltung von Personal und Finanzen ausnehmen würde. Viele Menschen seien besorgt, dass dies zu Korruption, Umweltschäden, religiöser Diskriminierung und anderen Menschenrechtsverletzungen im Namen der Religion führen könnte. Da der Entwurf religiöse Organisationen von dem Verbot der beruflichen Diskriminierung ausnimmt, könnten sie sich weigern, Menschen anzustellen, die nicht ihren Lehren entsprächen, wie Schwule und Lesben oder Frauen, die abgetrieben haben, sagte der Manager der Gender Equality Education Platform Chang Ming-hsu (張明旭). Der Gesetzentwurf könne sogar zu illegaler Landnutzung ermutigen, da er religiösen Gemeinschaften die legale Nutzung öffentlichen Landes gewähre, das sie zuvor fünf Jahre lang illegal in Beschlag genommen hätten, so eine weitere Kritik. Diese Vorlage sei lächerlich, da sie viele andere Gesetze untergrabe oder übergehe, spottete die DDP-Abgeordnete Yu Mei-nu (尤美女). 
Der Entwurf war ursprünglich von drei KMT-Abgeordneten und einem DDP-Abgeordneten eingebracht und von über 30 Abgeordneten unterstützt worden. Auf Grund des anschwellenden Volkszorns zogen 17 Mitglieder der regierenden Fortschritts-Partei DPP am 24. Oktober ihre Unterstützung zurück. Ob der Entwurf noch einmal aufgenommen wird, steht momentan in den Sternen (Taipei Times 25.10.).
Willi Boehi

24. November 2018:
Taiwaner lehnen in einem Referendum die gleichgeschlechtliche Ehe ab
In einem Referendum, das zeitgleich mit Kommunalwahlen abgehalten wurde, stimmten die Taiwaner über mehrere Vorlagen verschiedener Aktivistengruppen ab. Das taiwanische Verfassungsgericht hatte im Mai 2017 entschieden, dass die derzeitige gesetzliche Ausgestaltung der Eheschließung – sprich die Ehe ausschließlich zwischen Mann und Frau – gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße. Es gab der Regierung zwei Jahre Zeit, ein entsprechendes Gesetz umzuarbeiten, mit den beiden Möglichkeiten der Öffnung der Ehe für alle oder der Schaffung einer eingetragenen Partnerschaft. Sollte der Gesetzgeber dem nicht nachkommen, „erklärt das Gericht Eheschließungen zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern dennoch für gültig“, so die Frankfurter Rundschau vom 25.05.2017. 
Nach den offiziellen Referendumsergebnissen haben sich – laut EDA – 67,26% gegen eine Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare entschieden, 72,48% haben sich dafür ausgesprochen, die Definition der Ehe auf die Verbindung zwischen Mann zu Frau zu begrenzen. Die Wähler stimmten auch gegen die Einführung von LGBT in Schullehrplänen. Das Ergebnis der Volksbefragung ist zwar nicht bindend, zwingt die Regierung aber zum Handeln. 
Anfang November hatte sich Erzbischof John Hung Shan-chuan von Taipei gegen eine Diskriminierung von Gleichgeschlechtlichen ausgesprochen, aber gleichzeitig eindeutig gegen die gleichgeschlechtliche Ehe positioniert. Das Referendum war auf Druck von Gegnern der Homo-Ehe zustande gekommen, darunter Christen und Buddhisten (CNA Deutsch 28.11.; EDA 26.11.;  Frankfurter Rundschau 25.05.2017; SRF 24.11.; UCAN 22.11.).

Katharina Feith
Katharina Wenzel-Teuber

mit je einem Beitrag von Willi Boehi und Isabel Friemann

Alle Quellen angaben in der Chronik beziehen sich, wenn nicht anders angegeben, auf das Jahr 2018.

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