Sommer / Herbst 2016:
Berichte über Ausweisungen und Zerstörung von Behausungen in der buddhistischen Akademie Larung Gar
Die Akademie von Larung Gar, 1980 von Khenpo Jigme Phuntsok gegründet, ist nach Angaben westlicher Medien eine der größten Ausbildungsstätten des tibetischen Buddhismus weltweit; dort sollen (Stand vor den unten geschilderten Ereignissen) rund 10.000 Anhänger studieren und leben, darunter auch zahlreiche Han-Chinesen sowie Ausländer. Sie liegt im Kreis Sertar im Autonomen tibetischen Bezirk Kardze in der Provinz Sichuan. Am 9. Juni 2016 veröffentlichte Human Rights Watch (HRW, New York) die Teilübersetzung eines offenbar internen Behördendokuments, das Maßnahmen zur „Korrektur und Rektifizierung“ von Larung Gar enthält. Es ordnet an, die Bevölkerung von Kloster und Akademie bis 30. September 2017 auf 5.000 Personen (darunter nicht mehr als 1.000 aus anderen Provinzen) zu reduzieren und Behausungen entsprechend der Zahl der ausgewiesenen Bewohner zu zerstören. Außerdem sollen Kloster und Akademie getrennt werden. Das Dokument schreibt die Ausweisung von zunächst 1.200 Personen bis 20. Oktober 2016 vor. Laut HRW wurden ab Ende Juli rund 2.000 Behausungen (meist von Nonnen) abgerissen. Danach sei mit den Ausweisungen begonnen worden. Drei Nonnen in Larung Gar sollen sich Ende Juli oder Anfang August das Leben genommen haben, zwei von ihnen bezogen sich in Abschiedsbriefen auf die Zerstörungen oder Behördenschikanen, so HRW.
Die parteinahe chinesische Global Times zitierte in einem Artikel mit der Überschrift „Buddhist school renovated. Rights, exile groups criticize evictions, demolitions“ einen anonymen Regierungsbeamten von Kardze, der Brandschutz als einen Grund für die Maßnahmen nannte und erklärte, es sei ein Wunsch der Leiter des Studienzentrums, die Zahl unregistrierter Mönche und Nonnen zu reduzieren. Global Times zufolge sind künftig bis zu 8.000 Bewohner in Larung Gar erlaubt, auch Ausländer, wenn sie vom Kloster registriert werden.
Laut HRW sind seit April 2016 in Yachen Gar, einer anderen großen monastischen Ansiedlung im Kreis Pelyul, ebenfalls im Bezirk Kardze, bis zu 1.000 Nonnen ausgewiesen und zur Rückkehr in ihre Heimatorte im Autonomen Gebiet Tibet gezwungen worden. Yachen Gar soll rund 10.000 Bewohner haben, die meisten von ihnen Nonnen (Global Times 26.07.; hrw.org 9.06.; 14.09.; New York Times 27.07.; Übersetzung des o.g. Dokuments unter www.hrw.org/news/2016/06/09/serta-county-order-larung-gar-monastery).
1. Juli 2016:
Jahrestag der Übergabe Hongkongs
Am 19. Jahrestag der Übergabe Hongkongs an die Volksrepublik China nahmen laut Veranstalter 110.000 Personen an Protesten teil, die Polizei sprach von knapp 20.000.
Dem Protestmarsch ging wieder ein ökumenischer Gebetsgottesdienst voraus, an dem 300 Personen teilnahmen. Kardinal Zen war dieses Jahr aufgrund von Krankheit verhindert, ließ jedoch eine Botschaft verlesen. Wie einem Bericht des Sunday Examiner zu entnehmen ist, war die Atmosphäre geprägt von dem Wissen um „zunehmende politische Unterdrückung“ (Hong Kong Sunday Examiner 9.07.).
10. Juli 2016:
Parteizeitung Renmin ribao veröffentlicht Kommentare zur Religions-Rede von Präsident Xi Jinping
Auf der Nationalen Konferenz zur Religionsarbeit der chinesischen Führung am 22./23. April 2016 hatte Parteichef Xi Jinping eine programmatische Rede gehalten, die seither in chinesischen Medien und Organen viel besprochen und als Richtschnur zitiert wird. Renmin ribao brachte am 10. Juli drei Analysen von einflussreichen Religionsexperten – den Religionswissenschaftlern Zhuo Xinping (Chinesische Akademie der Sozialwissenschaften), Mou Zhongjian (Minzu University of China) sowie von Ye Xiaowen, dem früheren Direktor des Staatlichen Büros für religiöse Angelegenheiten. Hervorgehoben wurden darin u.a. die von Xi betonte Aufgabe von Partei und Staat, die Religionen „anzuleiten“, sowie die Sinisierung der Religionen. Bei Mou war Letztere das Hauptthema; um sie zu erreichen, müsse der „Aufbau der theologischen Sinisierung“ (shenxue Zhongguohua jianshe 神学中国化建设) der Religionen vorangetrieben und die „theologischen Seminare aller großen Religionen“ müssten dazu angeleitet werden, die Sinisierung theoretisch zu untermauern.
UCAN hob hervor, dass erstmals in der offiziellen Propaganda der Begriff „ausländische Religionen des gleichen Ursprungs“ gefallen sei. Zhuo Xinping hatte in seinem Beitrag für Renmin ribao geschrieben, Chinas Religionen müssten „sich bewusst der Kontrolle durch ausländische Religionen, Religionen des gleichen Ursprungs eingeschlossen, widersetzen“. Anthony Lam vom Holy Spirit Study Centre der Diözese Hongkong sah diese Aussage Zhuos gegen die katholische Kirche gerichtet und kritisierte sie als „extrem linkes“ Denken (opinion.people.com.cn 10.07.; UCAN 18.07.).
14. Juli 2016:
Investigativartikel von Reuters enthüllt Details zu sino-vatikanischen Verhandlungen
Unter Berufung auf Kirchenbeamte und Klerus in Hongkong, Italien und China sowie auf Quellen mit Kontakten zur chinesischen Führung enthüllte Reuters Details einer Vereinbarung, die „zwar nicht volle diplomatische Beziehungen erreichen werde“, aber zentrale Probleme zwischen dem Heiligen Stuhl und Beijing lösen solle, woran eine im April eingesetzte Arbeitsgruppe mit Mitgliedern von beiden Seiten arbeite. Diese Gruppe sei nach dem Vorbild der Joint Liaison Group gebildet, mit der China und Großbritannien die Rückgabe Hongkongs 1997 vorbereiteten, schrieb Reuters. Die Arbeitsgruppe habe das Problem der 8 illegitimen, vom Papst nicht anerkannten Bischöfe zu lösen (von denen zwei, so Reuters, laut katholischen Quellen Kinder oder Freundinnen haben sollen); katholischen Kirchenbeamten zufolge bereite sich der Papst vor, diese 8 Bischöfe im laufenden „Jahr der Barmherzigkeit“ zu begnadigen. Sie würden dann wieder in die Kirche aufgenommen, beide Seiten würden nun über einen Kompromiss diskutieren, bei dem diese Bischöfe ihre Titel behalten, aber anstelle der Leitung von Diözesen andere Aufgaben erhalten könnten, so Reuters. Zwei von ihnen hätten jedoch bis Ende Juni noch keine klare Bitte um Vergebung an den Papst gerichtet. Ferner gehe es um einen Mechanismus für die Wahl neuer Bischöfe. Hier wird laut Reuters gegenwärtig eine Lösung diskutiert, nach der der Klerus in China die Bischöfe wählt und der Vatikan ein Vetorecht hat, wobei er belegen müsse, warum ein Kandidat ungeeignet sei (Ähnliches nannte Bernardo Cervellera von AsiaNews bereits Ende 2015 als den auf dem Tisch liegenden Vorschlag, vgl. China heute 2016, Nr. 1, S. 21-22). Reuters zufolge befürwortet in China das Außenministerium eine Einigung mit Rom als Mittel zur Isolierung Taiwans, während die Einheitsfrontabteilung der Partei Angst vor ausländischer religiöser Infiltration habe und deshalb weniger enthusiatisch sei; es gebe eine interne Spaltung darüber, ob dem Papst zu trauen sei. Im Vatikan wiederum sei der Vatikanstaatssekretär die treibende Kraft für eine Übereinkunft, während die Kongregation für die Evangelisierung der Völker vorsichtiger sei und es v.a. in der katholischen Kirche Hongkongs starke Skepsis gebe. Reuters enthüllte ferner, dass Papst Franziskus am 26. September 2015 Präsident Xi Jinping am Flughafen von New York habe treffen wollen und dies auch klar kommuniziert worden sei – beide verpassten sich dort nur knapp.
14.–15. Juli 2016:
Offizielle katholische Leitungsgremien halten Konferenz zur Verbesserung der Arbeit der Seminare, insbesondere des politischen Unterrichts
In der Sitzung in Chengdu ging es v.a. um den ideologisch-politischen Unterricht an den Priesterseminaren, der mangelhaft sei – so ein Bericht über die Sitzung auf der Website der offiziellen Leitungsgremien (Chinesische katholische patriotische Vereinigung und offizielle Chinesische Bischofskonferenz). Insbesondere fehle es an Dozenten für das Lehrmaterial für die Erziehung zur autonomen Selbstverwaltung der chinesischen katholischen Kirche. Eine Revision dieses Lehrbuchs wird in Angriff genommen, in dem künftig auch die Sinisierung der katholischen Kirche und der Chinesische Traum behandelt werden sollen. Weitere Themen waren die Anhebung der Qualität der Seminaristen sowie der Plan eines Master-Studiengangs am Nationalen Seminar. Vertreter von acht Seminaren nahmen an der Sitzung teil. Dem Bericht zufolge waren entsprechende Vorschläge der Zentralen Kommission für Disziplin-Inspektion der Partei an das Staatliche Büro für religiöse Angelegenheiten Hintergrund des Treffens (chinacatholic.org.cn 25.07.; vgl. China heute 2016, Nr. 2, Chronik, 6. Juni 2016).
18.–19. Juli 2016:
Forum in Zhengzhou stellt staatlich geförderte Studie zu den Diözesen in China vor
Liu Zhiqing, Direktor des Instituts für Studien zur religiösen Kultur an der Anyang Normal University (Provinz Henan), stellte die Studie vor. Es gebe wenig systematische Untersuchungen zu dem Thema; ihre Aufgabe sei es gewesen, die Geschichte zu durchforsten, die gegenwärtige Situation zu analysieren und für die Zukunft zu planen, sagte Liu. Das Forum in Zhengzhou (Henan) wurde von Lius Institut gemeinsam mit dem Zentrum für Christentumsforschung der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften organisiert. Die Situation der Diözesen in Festlandchina ist sehr kompliziert, da der Vatikan und die Kirche im Untergrund weiter die Diözesaneinteilung von 1946 benutzen, während sie in der offiziellen Kirche inzwischen teilweise verändert wurde (UCAN 10.08.).
21.–24. Juli 2016:
Von chinesischer Regierung eingesetzter 11. Panchen Lama hält erstmals Kalachakra-Ritual ab, chinesische Medien sprechen von 100.000 Teilnehmern täglich
Nach Angaben chinesischer Medien leitete der offizielle Panchen Lama Gyaltsen Norbu die Kalachakra-Initiation, ein wichtiges Ritual des tibetischen Buddhismus, auf Bitten der Mönche seines Stammklosters Tashi Lunpho, das zusammen mit der Buddhistischen Vereinigung der Stadt Shigatse (Autonomes Gebiet Tibet) die Organisation übernahm. Täglich hätten über 100.000 Gläubige an dem Ritual teilgenommen, außerdem seien rund 100 „Lebende Buddhas“ und 5.000 Mönche und Nonnen aus Tibet, Sichuan, Gansu, Qinghai und Yunnan zu dem Ritual angereist. Chinesischen Medien zufolge war es das erste Kalachakra-Ritual in der VR China seit 60 Jahren, was jedoch nach einem Bericht der International Campaign for Tibet (ICT) nicht zutrifft, da einige hochrangige tibetische Geistliche in den vergangenen Jahren in tibetischen Gebieten außerhalb des Autonomen Gebiets das Ritual abgehalten hätten. ICT wies auch darauf hin, dass die chinesischen Behörden die Teilnahme von tibetischen Gläubigen aus der VR an den Kalachakra-Ritualen des inzwischen 81-jährigen Dalai Lama in Indien (zuletzt 2014) zu verhindern suchten. Der heute 25-jährige offizielle Panchen Lama wurde von der chinesischen Regierung eingesetzt und wird von ihr als Führer des tibetischen Buddhismus aufgebaut. Gendun Choekyi Nyima, das Kind, das der Dalai Lama als Wiedergeburt des 10. Panchen anerkannte, ist seit 1995 verschwunden. ICT zufolge gilt die Loyalität der meisten Tibeter dem vom Dalai Lama anerkannten Panchen, viele hätten aber Verständnis dafür, dass der „chinesische“ Panchen hinsichtlich seiner Rolle keine Wahl habe, da er von den Behörden überwacht werde, und sie respektierten seine Lehrer (chinanews.com 27.07.; International Campaign for Tibet [savetibet.org] 29.07.; Xinhua 21.,24.07.).
26.–31. Juli 2016:
Größere Zahl chinesischer Teilnehmer beim Weltjugendtag
Nachdem 2014 nur wenigen chinesischen Jugendlichen aus der VR China die Teilnahme am Asiatischen Jugendtag in Südkorea gestattet worden war, gelang es dieses Jahr einer ganzen Reihe von Jugendlichen, am Weltjugendtag in Krakau teilzunehmen. Einige reisten auch über Drittländer ein. Gleichzeitig wurde jedoch auch von Schikanen berichtet, so habe – laut AsiaNews – eine Gruppe von 50 jungen Pilgern, die am Beijinger Flughafen bereits im Flugzeug Richtung Krakau saßen, das Flugzeug wieder verlassen müssen. Beamte hätten sie stundenlang verhört und ihnen die Pässe entzogen.
Aus Hongkong nahmen mehr als 500 Jugendliche teil, sie waren nach den Philippinen und Südkorea die drittgrößte Gruppe von Teilnehmern aus Asien. Weihbischof Joseph Ha Chi-shing begleitete die Gruppe. Etwa 140 Jugendliche kamen aus Taiwan und 100 aus Macau (AsiaNews 19.,26.07.; Hong Kong Sunday Examiner 22.07.; UCAN 22.07.).
28. Juli 2016:
Österreichischer Standard berichtet über die Lieferung von Fertigtempeln auf Taiwan
In Taiwan bieten verschiedene Unternehmen die Produktion von Fertigtempeln – ähnlich den Fertighäusern – an, die innerhalb von wenigen Wochen angeliefert werden können, so ein Bericht des österreichischen Standard vom 28. Juli 2016. Er beschreibt einen Betrieb im Landkreis Pingdong, in dem rund hundert Mitarbeiter an Tempeln und Statuen arbeiten. „Je nach Größe kostet ein Fertigtempel aus Lins Unternehmen Chuanso umgerechnet 1.100 bis 56.000 Euro und damit um bis zu vierzig Prozent weniger als konventionell hergestellte Konstruktionen.“ Viele würden auch aufs chinesische Festland exportiert, wobei die beliebtesten die Tempel für die „Erdgottheit“ und den „Gott des Wohlstands“ seien. An in herkömmlicher Weise an Ort und Stelle gebauten großen Tempeln werde oft jahrelang gebaut, an kleineren Privatanlagen monatelang (Der Standard 28.07.).
29. Juli 2016:
Autonomes Gebiet Xinjiang verabschiedet Durchführungsbestimmungen zum nationalen Anti-Terrorismus-Gesetz
Als erste Provinz verabschiedete Xinjiang Durchführungsbestimmungen zum Anti-Terrorismus-Gesetz, das am 1. Januar 2016 in Kraft trat. Wie die parteinahe Global Times darlegte, folgen die Xinjianger Bestimmungen weitgehend dem nationalen Gesetz, enthalten aber ein zusätzliches Kapitel über „Erziehung und Verwaltung“ von Terroristen. Darin sei u.a. festgelegt, dass Anführer von Terrororganisationen und solche, die im Gefängnis andere zu Verbrechen anstiften oder sich der Umerziehung widersetzen, in Einzelhaft zu halten seien; dies geschehe, schreibt Global Times unter Verweis auf europäische Erfahrungen, um die Verbreitung von radikalem Islam in den Gefängnissen zu verhindern. Unterschiede finden sich auch in der Definition von Terrorismus. Während laut nationalem Gesetz der Staat religiösen Extremismus bekämpft, um dem Terrorismus die ideologische Grundlage zu entziehen (§ 4), richten sich die Xinjianger Bestimmungen von vornherein gegen Terrorismus und Extremismus zugleich (§§ 1, 2). Auch die Verbreitung von Extremismus per Handy, Internet etc. wird als terroristische Handlung definiert (§ 6.6). Die „Maßnahmen des Autonomen uigurischen Gebiets Xinjiang zur Durchführung des ‚Anti-Terrorismus-Gesetzes der Volksrepublik China‘“ (新疆维吾尔自治区实施〈中华人民共和国反恐怖主义法〉办法) traten am 1. August 2016 in Kraft (Text: news.xinhuanet.com/legal/2016-08/01/c_129195246.htm; englische Übersetzung: http://chinalawtranslate.com/xjcounter-terror/?lang=en; Global Times 2.08.).
29. Juli 2016:
The Atlantic berichtet über den Vormarsch von Scientology auf Taiwan
Während es an vielen Orten Scientology zunehmend schwerer falle, Mitglieder zu rekrutieren, und die Zahl der Aussteiger zunehme, zähle Taiwan zu den Scientology-freundlichsten Orten der Welt, so ein Bericht von The Atlantic vom 29. Juli 2016. Taiwan diene als eine der Haupteinnahmequellen von Spenden und wichtiges Rekrutierungsfeld neuer Mitglieder für die Scientology-Kirche. Bei der Einweihung einer Megakirche in Kaohsiung – einem umgebauten Hotel – Ende 2013 nahmen hochrangige Beamte teil und zeichneten Scientology im zehnten Jahr in Folge mit dem nationalen Preis als „Ausgezeichnete religiöse Gruppe“ aus. In Taiwan hat Scientology 15 Missionen und Kirchen, so der Bericht. Taiwan gelte als Tor Richtung China, „ein bleibender Traum aller Scientologen“.
Die erste Mission von Scientology kam in den späten 1980er Jahren nach Taiwan; 2003 wurde Scientology von der Regierung als Religion anerkannt. Aufgrund enorm hoher Kosten, die die Mitglieder für Kurse ausgeben müssen, kamen die ersten taiwanischen Scientologen vor allem aus der Mittelklasse: Ärzte, Lehrer, Rechtsanwälte, Krankenschwestern. Viele habe es in den Ruin getrieben, so der Artikel weiter. Der Science-Fiction-Autor L. Ron Hubbard, der Scientology gründete, gab sich wiederholt als neuer Buddha aus. Er behauptete, dass Buddha im Westen wiedererscheinen werde, und zwar mit rotem Haar – wie Hubbard selbst (The Atlantic 29.07.).
30. Juli 2016:
Tod von Untergrundbischof Huang Shoucheng von Mindong
Bischof Vinzenz Huang Shoucheng der Diözese Mindong in der Provinz Fujian starb im Alter von 93 Jahren. Der Bischof wurde am 23. Juli 1923 geboren und 1949 zum Priester geweiht. Dreimal wurde er verhaftet und verbrachte insgesamt 35 Jahre im Gefängnis, in Arbeitslagern oder unter Hausarrest. 1985 wurde er zum Bischof geweiht und 2005 übernahm er das Amt des Bischofs von Mindong. Bischof Huang galt als Mann des Gebets mit einem Weitblick und kümmerte sich u.a. intensiv um die Aus- und Fortbildung der Priester und einer großen Zahl von Ordensschwestern seiner Diözese. Nachfolger im Bischofsamt ist Koadjutor-Bischof Vinzenz Guo Xijin, Jahrgang 1958 und 2008 von Bischof Guo geweiht; er ist ebenfalls nicht von der Regierung anerkannt.
Zur Beerdigung am 2. August kamen laut Schätzungen von AsiaNews trotz staatlicher Restriktionen 20.000 Menschen. Fujian mit ca. 370.000 Katholiken zählt zu den Hochburgen der Untergrundkirche in China. Die Mehrzahl der geschätzten 80.000 Katholiken in der Diözese Mindong gehört zum Untergrund. Die offizielle Kirche von Mindong wird von Bischof Zhan Silu geführt, der im Jahr 2000 ohne päpstliche Erlaubnis geweiht wurde (AsiaNews 30.07.; 1.,2.08.;UCAN 1.08.).
Juli/August 2016:
Neues Museum in Guangxi verherrlicht Hinrichtung eines französischen Missionars
In der Stadt Ding’an im Kreis Xilin, Provinz Guangxi, wurde im Sommer ein Museum für patriotische Erziehung eröffnet, das sich vor allem mit der Verurteilung und Hinrichtung von Auguste Chapdelaine, Missionar der Missions Etrangères de Paris, im Jahre 1856 befasst. Ziel sei „die Förderung von Patriotismus und die Verdammung westlicher Religionen als ‚geistiges‘ Opium“, so ein Bericht von Jiangnan Ke in UCAN vom 11. August. Chapdelaine gehörte zu den 120 Märtyrern, die am 1. Oktober 2000 von Papst Johannes Paul II. in Rom heiliggesprochen wurden; die Heiligsprechungen lösten damals heftige Proteste seitens der chinesischen Regierung aus.
Nach Darstellung des Museums war Chapdelaine der Zusammenarbeit mit korrupten Lokalbeamten und als Vergewaltiger angeklagt. Verschiedene Historiker außerhalb Chinas gehen davon aus, dass er mit einem Banditen namens Ma Zinong verwechselt wurde. Gepriesen wird in dem Museum der damals amtierende Magistrat von Xilin, Zhang Mingfeng, der den Priester zum Tode verurteilte. Nach schweren Folterungen kam Chapdelaine am 29. Februar 1856 in einem aufgehängten Käfig zu Tode. Die Region ist ein Haupttouristengebiet, laut AsiaNews wird die Eröffnung des Museums aber auch im Rahmen der Sinisierung der Religionen gesehen (AsiaNews 11.07.; UCAN 13.07.; 11.08.).
1. August 2016:
Taiwans Präsidentin entschuldigt sich bei Ureinwohnern
Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen hat sich in einer Zeremonie am Präsidentensitz in Taipei offiziell bei den Ureinwohnern für Jahrhunderte „Schmerz und Misshandlung“ entschuldigt. An der Zeremonie nahmen Führer von Gemeinschaften der indigenen Völker teil. Die Präsidentin versprach, sie werde konkrete Schritte unternehmen Richtung Wiedergutmachung der Geschichte von Ungerechtigkeit.
Laut einem Bericht der New York Times gibt es in Taiwan 540.000 Mitglieder von Ureinwohnergruppen, d.h. 2% der Bevölkerung von 23 Millionen. Offiziell anerkannt sind 16 Gruppen, wobei die Amis, Atayal und Paiwan 70% der gesamten Ureinwohner ausmachen. Die Ureinwohner leiden unter hoher Arbeitslosigkeit, niedrigen Löhnen und weniger Zugang zu Bildung und anderen Dienstleistungen (The New York Times 1.08.).
2.–5. August 2016:
Gefängnisstrafen im Prozess gegen Gründer der Anwaltskanzlei Fengrui und andere Rechtsaktivisten in Tianjin
Ein Gericht in Tianjin verhandelte gegen vier der im Rahmen des massiven Crackdowns gegen Bürgerrechtsanwälte im Juli 2015 Verhafteten wegen „Umsturzes der Staatsmacht“. Zhou Shifeng, Gründer der Beijinger Kanzlei Fengrui, die im Zentrum des Crackdowns stand, wurde zu 7 Jahren Gefängnis verurteilt. Die Kanzlei hatte politisch heikle Fälle wie die Vertretung von Opfern des Babymilchpulverskandals 2008, des Künstlers Ai Weiwei, des blinden Rechtsaktivisten Chen Guangcheng, des Rechtsanwalts Gao Zhisheng, des uigurischen Wissenschaftlers Ilham Tohti sowie von Zhang Miao, chinesische Mitarbeiterin der Wochenzeitung Die Zeit, übernommen. Hu Shigen, Untergrundkirchenführer und prodemokratischer Aktivist (er war früher wegen politischer Vergehen bereits 16 Jahre in Haft), wurde zu siebeneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, Gou Hongguo und Zhai Yanmin zu jeweils drei Jahren mit Aufschub. Der Organisation Chinese Human Rights Defenders CHRD zufolge wurde Gou beschuldigt, zu Hus religiöser Gruppe zu gehören, die mit dem Aktivisten Zhai für politisch heikle Fälle eingetreten sei, während Zhou seine Kanzlei als Plattform zur Lancierung dieser Aktivitäten benutzt habe.
Der buddhistische Mönch und Aktivist Lin Bin (Mönchsname Wang Yun), Leiter eines Klosters in Ningde (Fujian), der, laut CHRD, ebenfalls im Juli 2015 erstmals verschwand und im Januar 2016 wegen „Anstiftung zum Umsturz der Staatsmacht“ verhaftet worden war, verschwand erneut, nachdem er im September 2016 freigelassen worden war; er hatte Bürgerrechtsanwälte unterstützt.
Während des Crackdowns im Juli 2015 waren CHRD zufolge mindestens 300 Anwälte und Aktivisten verhört worden, 13 sind noch in Haft (vgl. CHRD Update mit weiterführenden Links: www.nchrd.org/2015/07/individuals-affected-by-july-10-crackdown-on-rights-lawyers/; Radio Free Asia 4.10.; South China Morning Post 7.08.; UCAN 3.08.; Xinhua 3.,5.08.).
5. August 2016:
Falun Dafa Information Center publiziert Liste von seit den Olympischen Spielen 2008 verhafteten Falungong-Anhängern
Anlässlich des Beginns der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro erinnerte das New Yorker Informationszentrum der in China seit 1999 als „böser Kult“ verbotenen Falungong-Bewegung daran, dass im Vorfeld der Olympischen Spiele 2008 in Beijing über 8.000 Falungong-Anhänger festgenommen worden seien. Das Falun Dafa Information Center veröffentlichte eine Namensliste von 158 Anhängern der Bewegung, die nach Angaben des Zentrums im Jahr 2009 zu Gefängnisstrafen zwischen 7,5 und 18 Jahren verurteilt wurden und derzeit vermutlich noch in Haft sind (Liste unter media.faluninfo.net/media/doc/2016/08/FDIC-jan-dec-09-sentencing-for_2016.pdf).
7. August 2016:
Kardinal John Tong von Hongkong veröffentlicht Erklärung zu Ziel und Prinzipien der sino-vatikanischen Verhandlungen
Darin geht der Kardinal, wie er schreibt, auf Fragen und Sorgen vieler chinesischer Gläubigen und Priester bezüglich der sino-vatikanischen Verhandlungen ein. Er spricht von der Pflicht der Kirche, alle Kulturen zu respektieren. Das „Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und Beijing“ sei ein Beispiel menschlichen Dialogs und der Beginn einer Normalisierung der gegenseitigen Beziehungen. Ziel des Dialogs seien Religionsfreiheit und die Gemeinschaft der Kirche in China mit der Universalkirche. Sehr ausführlich geht Kardinal Tong auf die kirchenrechtlichen Regelungen für Bischofsernennungen ein und die Rolle, die eine künftige rechtmäßige chinesische Bischofskonferenz dabei spielen könnte. Dabei sucht er Bedenken auszuräumen, dass Prinzipien des Glaubens oder Rechte der Untergrundkirche geopfert werden könnten. Die auf 31. Juli datierte Erklärung mit dem Titel „Die Gemeinschaft der Kirche mit der Universalkirche“ wurde am 7. August in der Diözesanzeitung Kung Kao Po publiziert; eine deutsche Übersetzung findet sich in der Dokumentation dieser Nummer.
Ab 7. August 2016:
Reaktionen auf Kardinal Tongs Erklärung
Die Reaktionen auf Kardinal Tongs Statement fielen besonders in Festlandchina sehr unterschiedlich aus, Kommentare beschrieben es wahlweise als „überoptimistisch, ausgewogen, inspiriert oder völlig unrealistisch“ – schrieb der Hong Kong Sunday Examiner. Unter den Kommentaren ist besonders Gianni Valentes Interview mit dem Untergrundbischof Wei Jingyi von Harbin zu nennen. Bischof Wei nannte Kardinal Tongs Schreiben vom Himmel erleuchtet und zeigte sich überzeugt, dass der Papst nie Glaubensprinzipien oder Rechte der Untergrundgemeinschaften opfern würde; er sagte, auf den Dialog bezogen, „wir hoffen, dass sie bald ein konkretes Ergebnis erzielen“. Der chinesische Außenministeriumssprecher Lu Kang sagte am Tag nach der Veröffentlichung des Statements u.a., China sei bereit, „weiter einen konstruktiven Dialog mit dem Vatikan zu führen, einander auf dem halben Weg zu treffen und gemeinsam die fortgesetzte Vorwärtsentwicklung im Prozess der Verbesserung der beidseitigen Beziehungen zu fördern“. Ein bemerkenswert offener Artikel der parteinahen Global Times widmete sich ebenfalls dem Statement von Kardinal Tong. Er zitiert Tongs Aussage, die chinesische Regierung sei nunmehr gewillt, mit dem Heiligen Stuhl in der Frage der Bischofsernennungen zu einer Übereinkunft zu kommen. Ferner schildert er verschiedene noch zu lösende Probleme und gibt Elisa Giuniperos (Katholische Universität Mailand) Überzeugung wieder, dass der Heilige Stuhl die Schwierigkeiten der Untergrundkirche nicht vergessen werde. Schließlich kommt er auf „Kontrollsorgen“ der chinesischen Regierung zu sprechen; u.a. erwähnt er, dass der Direktor des Staatlichen Büros für religiöse Angelegenheiten, Wang Zuo’an, am 7. August vor feindlichen ausländischen Kräften gewarnt habe, die Chinas ideologisches und politisches System durch Religion verändern wollten, und eine feste Kontrolle der Führung der chinesischen katholischen Kirche gefordert habe. Der Artikel zitiert zum Schluss die von Liu Peng (Pu Shi Institute for Social Sciences, Beijing) geäußerte Überzeugung, dass die vom Vatikan vorgeschlagenen Prinzipien für Beijing akzeptabel seien und eine Übereinkunft im besten Interesse aller sei (Global Times 18.08.; Hong Kong Sunday Examiner 20.08.; 3.09.; Vatican Insider 12.08.).
11. August 2016:
Offizieller Hadsch der Pilger aus der VR China nach Mekka beginnt
Rund 14.500 Teilnehmer aus allen Provinzen (außer Fujian), autonomen Gebieten und regierungsunmittelbaren Städten der VR China reisten zwischen 11. und 22. August mit 48 Charterflügen nach Saudi-Arabien, um am diesjährigen Hadsch teilzunehmen. Dies berichtete der offizielle Dachverband der Muslime, die Chinesische islamische Vereinigung, auf seiner Website (chinaislam.net.cn 12.08.). Die Zahl der Hadschis aus der Volksrepublik China ist damit seit 2014 gleich geblieben. Erlaubt ist nur die offizielle, vom Staatlichen Büro für religiöse Angelegenheiten koordinierte Wallfahrt. Saudi-Arabien legt die Pilgerzahlen in Länderquoten fest.
15. August 2016:
Radio Free Asia: Schüler in Aksu und Hotan (Xinjiang) werden zur religiösen Praxis ihrer Familien befragt
Alle Schüler der Unteren und Oberen Mittelschule in den Regierungsbezirken Aksu und Hotan im Südwesten Xinjiangs müssen laut Radio Free Asia per Fragebogen Auskunft darüber geben, wer in ihrer Familie regelmäßig betet, wer einen Hidschab (islamisches Kopftuch) oder einen Bart trägt. Von Radio Free Asia befragte örtliche Quellen gaben an, dass die Schulen die ausgefüllten Fragebogen, die von der örtlichen Polizei und Regierung abgestempelt sein müssten, einsammelten; ähnliche Fragebogen habe es schon in früheren Jahren gegeben (Radio Free Asia 15.08.).
17. August 2016:
Bericht China Aid: Zentralklinikum Wenzhou verbietet religiöse Aktivitäten
Wie die in den USA ansässige Organisation China Aid unter Berufung auf Christen in Wenzhou berichtete, wurde kürzlich im Zentralklinikum von Wenzhou (Provinz Zhejiang) ein Schild aufgestellt, das die Durchführung religiöser Aktivitäten im Krankenhaus verbietet. Ein Angestellter des Klinikums bestätigte gegenüber Radio Free Asia das Verbot. Seit Jahren sei es in vielen Krankenhäusern von Wenzhou und Umgebung üblich, dass fast täglich Christen dort hingehen, um mit den Kranken zu beten oder zu evangelisieren, hieß es in dem Bericht von China Aid. In Wenzhou sind schätzungsweise 15% der Bevölkerung Christen. Das Zentralklinikum Wenzhou war vor 1949 ein protestantisches Krankenhaus (chinaaid.net 17.08.; Radio Free Asia 18.08.).
18. August 2016:
AsiaNews erinnert an das Dilemma katholischer Untergrundpriester bezüglich der behördlichen Registrierung
Bis Ende 2016 soll nach den Arbeitsplänen des Staatlichen Büros für religiöse Angelegenheiten die Ausgabe von Ausweisen für daoistische und katholische religiöse Amtsträger abgeschlossen sein (vgl. China heute 2016, Nr. 1, S. 4-6). AsiaNews gab an, dieses Jahr viele Appelle um Hilfe von chinesischen Untergrundpriestern erhalten zu haben. Sie befänden sich in einem schwierigen Dilemma, da sie, um ihr Seelsorgsamt ausüben zu können, eine Registrierung über die Chinesische katholische patriotische Vereinigung beantragen müssten, die das Prinzip der unabhängigen Selbstverwaltung in ihren Statuten verankert hat (AsiaNews 18.08.).
18.–19. August 2016:
Forum „Sinisierung des Islam“ tagt in Yinchuan (Ningxia)
Die Vorträge der Konferenz, an der auch hochrangige Politiker teilnahmen, wurden von chinesischen Religionswissenschaftlern und Ethnologen sowie Vertretern des offiziellen Islam aus ganz China gehalten. Einige Referenten unterschieden zwischen dem „Islam im Landesinneren“ (neidi yisilanjiao 内地伊斯兰教) und dem „Islam in Xinjiang“. Beispielsweise erklärte Guo Chengzhen, Generalsekretär der Chinesischen islamischen Vereinigung, die Indigenisierung (bentuhua 本土化) des Ersteren zeichne sich durch aktive Anpassung an die chinesische Gesellschaft und Kultur aus und sei erreicht, während die Indigenisierung des Islam in Xinjiang dabei sei, sich unter Absorbierung von Elementen der traditionellen Kultur der ethnischen Minderheiten zu entwickeln. Dies zeige die Vielfalt in der Entwicklung des Islam in China. Er verwies auf die schädliche Seite der „Dawa-Missionierungsgruppen und des internationalen Salafismus, die in unser Land kommen, um den Islam zu ‚reinigen‘“. Eine Islamisierung des Lebens führe zur Selbst-Marginalisierung der Muslime in China, sie stelle eine Abkehr von der Sinisierung dar und man müsse sich ihr entgegenstemmen, sagte Guo.
Veranstalter der Konferenz waren die Ningxiaer Forschungsgesellschaft für Einheitsfronttheorie, die Ningxiaer Sozialismusakademie, das Institut für Weltreligionen der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften und die Chinesische Vereinigung für Religionswissenschaft. Ausführlicher Konferenzbericht unter iwr.cass.cn/xw/201609/t20160906_21189.htm.
24. August 2016:
Vatikanstaatssekretär zu Avvenire: Ziel der Verhandlungen mit Beijing ist, das Leben der chinesischen Katholiken einfacher zu machen und Versöhnung zu fördern
Für den Heiligen Stuhl sei es wichtig, dass die chinesischen Katholiken ihren Glauben positiv leben und dabei gleichzeitig auch gute Bürger sein können, sagte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, der höchste Diplomat des Vatikans, im Interview mit der Zeitung Avvenire. Die Behauptung, dass es zwei verschiedene Kirchen in China gebe [d.h. offizielle und Untergrundkirche], sei falsch; es gebe „zwei Gemeinschaften, die beide eifrig bemüht sind, in voller Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri zu leben“. Der Heilige Stuhl wünsche sich, beide Gemeinschaften eines Tages versöhnt und gemeinsam ein wahrhaft glaubhaftes Zeugnis des Evangeliums geben zu sehen (nach Vatican Insider 24.08.).
27. August 2016:
Vatikanstaatssekretär in Pordenone: Hoffnungen auf eine neue Zeit in den sino-vatikanischen Beziehungen
In einer Rede im Seminar von Pordenone (Norditalien), die in Auszügen von Radio Vatikan veröffentlicht wurde, würdigte Kardinal Parolin den ersten Apostolischen Delegaten in China, Celso Costantini (1876–1958), als Brückenbauer zwischen dem Heiligen Stuhl und China. Parolin sagte, heute wie damals gebe es „viele Hoffnungen und Erwartungen für neue Entwicklungen und eine neue Zeit in den Beziehungen zwischen dem Apostolischen Stuhl und China“. Gute Beziehungen seien aber kein Selbstzweck, sondern sollten nur in dem Maß verfolgt werden, in dem sie in Hinblick auf das Wohl der chinesischen Katholiken und des ganzen chinesischen Volkes und auf den Weltfrieden geboten seien. Er versicherte, dass Papst Franziskus um die Leidenslast der chinesischen Kirche wisse (America Magazine 27.08.; Asia Times 30.08.; Vatican Radio 27.08.).
29. August 2016:
Experte in Global Times: China ist nicht begierig auf formale Beziehungen mit dem Vatikan
Die parteinahe Global Times zitierte Kardinal Parolins Worte vom 27. August, dass es viele Hoffnungen für neue Entwicklungen in den sino-vatikanischen Beziehungen gebe. China sei jedoch nicht begierig, formale Beziehungen mit dem Vatikan aufzunehmen, weil es kein dringendes Thema sei, zitierte die Zeitung den Religionswissenschaftler Yan Kejia von der Shanghaier Akademie der Sozialwissenschaften. Der Vatikan solle seine politischen Beziehungen zu Taiwan aufgeben. Global Times erwähnte auch, dass Taiwans Vizepräsident zur Heiligsprechung von Mutter Teresa nach Rom reisen werde (vgl. den Eintrag vom 4. September 2016). Außenministeriumssprecher Lu Kang, hierzu befragt, habe am 25. August erklärt, Länder sollten im Umgang mit Taiwan-bezogenen Fragen klug sein (Global Times 29.08.).
29. August 2016:
Ernennung Chen Quanguos zum Parteisekretär von Xinjiang wird bekanntgegeben
Chen Quanguo war seit 2011 Parteisekretär des Autonomen Gebiets Tibet. Chen ist damit der erste Politiker in der VR China, der (nacheinander) auf den Posten des Parteisekretärs – d.h. die höchste politische Position – in Tibet und in Xinjiang berufen wurde. Sein Nachfolger als Parteisekretär in Tibet ist der in Tibet aufgewachsene Han-Chinese Wu Yingjie. Dem Hong Kong Economic Journal zufolge wurde Chen Quanguos Vorgänger ersetzt, weil es ihm nicht gelungen sei, die häufigen extremistischen Angriffe in Xinjiang einzudämmen.
Nach Angaben Hongkonger Medien soll am 10. September in Xinjiang im Kreis Pishan, Regierungsbezirk Hotan, ein stellvertretender Kreispolizeichef bei einer Razzia gegen mutmaßliche Extremisten getötet und drei weitere Polizisten schwer verletzt worden sein. Nach exiluigurischen Angaben soll es bei dem Vorfall mehr als zehn Tote bzw. Verletzte gegeben haben, darunter Uiguren und Polizisten; 17 Uiguren seien daraufhin festgenommen worden (Apple Daily, Hong Kong Economic Journal, Ming Pao 19.09. nach BBC Global Monitoring; Radio Free Asia 19.09.; Xinhua 29.08. u.a.).
1. September 2016:
Wohltätigkeitsgesetz tritt in Kraft
Das am 13. März 2016 verabschiedete Wohltätigkeitsgesetz (Cishan fa 慈善法, auch übersetzt mit „Gemeinnützigkeitsgesetz“) der VR China trat am 1. September 2016 in Kraft. Es legt Bestimmungen für die Errichtung und Registrierung von Wohltätigkeitsorganisationen fest, erweitert die Möglichkeiten für Fundraising und stärkt gleichzeitig die behördliche Überwachung (vgl. China heute 2016, Nr. 1, Chronik, 16. März 2016). Die Religionsbehörden auf allen Ebenen veranstalteten in den letzten Monaten zahlreiche Konferenzen, in denen die Religionsvertreter in puncto Wohltätigkeitsgesetz fortgebildet wurden. Auf einer solchen Fortbildung des Staatlichen Büros für religiöse Angelegenheiten vom 20.–26. Juni in Guiyang (Provinz Guizhou), an der 160 Vertreter von Religionsbehörden und Religionen aus ganz China teilnahmen, wurden die religiösen Kreise ermutigt, die Armutsbekämpfung zu einem Schwerpunkt ihrer künftigen gemeinnützigen Wohltätigkeit zu machen.
Die „Desensibilisierung“ von Religion und religiöser Wohltätigkeit forderte der chinesische Priester J.B. Zhang (Zhang Guanglai), Gründer des katholischen Sozialwerks Jinde Charities, am 22. März in Zhongguo minzubao. Er befürchtet, dass religiöse Wohltätigkeitsorganisationen nicht gleichberechtigt ihr Potential zum Wohl der Menschen entfalten können, wenn ihnen Behörden trotz des Wohltätigkeitsgesetzes mit Verweis auf die „Sensibilität“ von Religion die Zulassung zur öffentlichen Spendenwerbung verweigern und Medien aus dem gleichen Grund davor zurückschrecken, über ihre Aktionen zu berichten (mzb.com.cn 22.03.; sara.gov.cn 29.06; Xinhua 31.08.; 5.09.).
4. September 2016:
Taiwans Vizepräsident bei Heiligsprechung von Mutter Teresa in Rom
Chen Chien-jen, Taiwans Vizepräsident und bekennender Katholik, nahm an den Heiligsprechungsfeierlichkeiten für Mutter Teresa auf dem Petersplatz in Rom teil. Der Vatikan zählt zu den 22 Staaten, zu denen Taiwan diplomatische Beziehungen unterhält. Es war der erste offizielle Besuch eines Regierungsvertreters von Taiwan seit drei Jahren. 2013 hatte der damalige Präsident Ma Ying-jeou an der Amtseinführung von Papst Franziskus teilgenommen, was zu Protesten seitens der Beijinger Regierung geführt hatte (South China Morning Post 24.08.).
4. September 2016:
Erste Kirche in China der Hl. Teresa von Kalkutta gewidmet
In einer feierlichen Zeremonie, der Bischof Josef Li Liangui vorstand, wurde am Tag der Heiligsprechung (4. September) in Jiaohekou im Dorf Haocun in der Diözese Xianxian, Provinz Hebei, die erste Kirche eingeweiht, die der „Heiligen Teresa von Kalkutta“ gewidmet ist. An verschiedenen Orten Chinas gibt es bereits andere Kirchen, die „Mutter Teresa“ gewidmet sind. Die kleine Dorfgemeinde zählt ca. 300 Katholiken.
Mutter Teresa hatte mit ihren Missionarinnen der Nächstenliebe wiederholt versucht, in China Fuß zu fassen. Dies sei, so der National Catholic Register (USA) laut einer Aussage von Father Brian Kolodiejchuk, dem Postulator des Heiligsprechungsverfahrens, der „letzte und einzig unerfüllte Wunsch“ der Heiligen gewesen. Drei Besuche führten sie Richtung China, ohne dass ihr ermöglicht wurde, ein Haus ihrer Gemeinschaft zu eröffnen. Bereits 1985 besuchte sie Beijing auf Einladung von Deng Pufang, dem querschnittsgelähmten Sohn von Deng Xiaoping, später Vorsitzender des Chinesischen Behindertenverbands. Die zweite Reise führte sie 1993 nach Shanghai und erneut Beijing. In Shanghai traf sie Bischof Aloysius Jin Luxian und konnte auf dem Sheshan vor den Seminaristen sprechen. Bis zu ihrem Tode trug sie in ihrem Sari eine kleine Statue der Muttergottes von Sheshan als Geschenk von Bischof Jin. Ein dritter Versuch 1994, ein Haus auf Hainan zu eröffnen, scheiterte in letzter Sekunde. Mutter Teresa und ihrer Gruppe wurde die Einreise verweigert. Sr. Mary Prema Pierick, heutige Generaloberin des Ordens, sagte gegenüber dem Register, dass ihre Schwestern in kürzester Zeit mit ihrer Arbeit in China beginnen könnten.
In Hebei entstand nach der Seligsprechung von Mutter Teresa im Jahr 2003 eine Laienvereinigung von Mutter Teresa, die heute über 10.000 Mitglieder in drei Provinzen zählt (America Magazine 3.09.; Fides 12.09.; National Catholic Register 6.09.).
5. September 2016:
China hält ersten „Tag der Wohltätigkeit“
Am 5. September beging China mit verschiedenen Veranstaltungen erstmals einen Tag der Wohltätigkeit; er soll künftig jedes Jahr stattfinden. Der von den Vereinten Nationen initiierte Internationale Tag der Wohltätigkeit wird seit 2013 jährlich am 5. September, dem Todestag von Mutter Teresa von Kalkutta (1910–1997), begangen (Xinhua 5.09.).
6. September 2016:
Fides berichtet von Gebetsräumen an chinesischen Flughäfen
Nach einem Bericht von Fides wurde kürzlich am internationalen Flughafen von Shenzhen eine 30 qm große Kapelle eröffnet, in der auch Bibeln ausgelegt sind. Gemäß einem nicht näher benannten lokalen Zeitungsbericht sei „die Öffnung des Gebetsraumes Zeichen der Anerkennung der christlichen Kultur und des Repekts vor internationalen Gästen, um auf deren moralische und spirituelle Bedürfnisse einzugehen. Als Stadt mit einer hohen Zahl von Ausländern dient diese Initiative auch dem besseren Verständnis der christlichen Kultur und der Förderung der Evangelisierung“. In den letzten Jahren sind – so Fides – an verschiedenen chinesischen internationalen Flughäfen Gebetsräume für Christen, Muslime und Gläubige anderer Religionen eingerichtet worden, so in Beijing (mit zwei Räumen), Chengdu, Xi’an, Kunming und Ordos in der Inneren Mongolei (Fides 6.09.).
7. September 2016:
Staatsrat veröffentlicht Revisionsentwurf der „Vorschriften für religiöse Angelegenheiten“
Seit einiger Zeit wird die Revision der 2004 verabschiedeten und seit 1. März 2005 geltenden „Vorschriften für religiöse Angelegenheiten“, der grundlegenden Verwaltungsrechtsnorm für den Umgang des Staates mit den Religionen, vom Staatlichen Büro für religiöse Angelegenheiten (BRA) vorbereitet. Der nun zur Einholung von Meinungen veröffentlichte Revisionsentwurf ist deutlich länger als die bisherige Fassung. Er enthält 9 Kapitel mit 74 Paragraphen (bisher: 7 Kapitel mit 48 Paragraphen). Die Rolle der (offiziellen) religiösen Organisationen und damit des BRA wird durch den Revisionsentwurf gestärkt. Viele Kommentatoren außerhalb Chinas sehen eine stärkere Kontrolle der Religionen als Hauptzielrichtung der neuen Fassung an. Zwar enthält er kaum Überraschungen, da viele der neu aufgenommenen Themen vorher schon diskutiert oder in untergeordneten Rechtsvorschriften geregelt worden waren. Doch er schränkt die bisher noch bestehenden Spielräume weiter ein. Das betrifft besonders die nichtregistrierten, inoffiziellen religiösen Gruppen, aber auch die Handlungsfreiheit der registrierten offiziellen Gruppen und den Austausch mit dem Ausland.
Die Frist für die öffentliche Anhörung endete am 7. Oktober. Es bleibt abzuwarten, ob die revidierten „Vorschriften für religiöse Angelegenheiten“ in der vorliegenden Form verabschiedet oder noch verändert werden (zu Details siehe den Beitrag in den Informationen dieser Nummer).
7. September 2016:
Bischof Vincent Zhu Weifang von Wenzhou verstirbt mit 88 Jahren − Nachfolger wird auf „Zwangsreise“ gebracht
Der vom Papst ernannte und von der Regierung anerkannte Bischof wurde am 10. Dezember 1927 in Zhejiang in einer katholischen Familie geboren. Zhu Weifang studierte am Sheshan-Seminar bei Shanghai Theologie und wurde 1954 zum Priester geweiht. Die Jahre 1955–1971 sowie 1982–1988 war er wegen seines Glaubens im Arbeitslager bzw. im Gefängnis inhaftiert. Im Januar 2009 wurde er mit päpstlicher Ernennung zum Bischof geweiht; am 23. Dezember 2010 wurde er öffentlich als Bischof von Wenzhou installiert. „Als Bischof tat er alles ihm Mögliche, um die Rechte und Interessen der Kirche zu schützen, wodurch er großen Respekt bei allen Gläubigen gewann“, schrieb die vatikanische Nachrichtenagentur Fides. So wandte er sich u.a. in einem Hirtenbrief gegen die massenhaften Kreuzabrisse durch die Behörden in der Provinz Zhejiang (Übersetzung in China heute 2014, Nr. 3, S. 165-167). An Bischof Zhus Begräbnis am 13. September nahmen laut AsiaNews rund 5.000 Gläubige teil; den Untergrundpriestern war die Teilnahme von den Behörden verboten worden. Koadjutor-Bischof Peter Shao Zhumin (geb. 1963), der den Untergrund-Teil der Diözese leitet, wurde kurz vor Bischof Zhus Tod von den Behörden auf „Besichtigungstour“ in die Provinz Qinghai gebracht, kehrte danach zurück, wurde aber laut UCAN am 26. September erneut auf „Reisen“ geschickt, eventuell in Zusammenhang mit dem Tod des Nachbarbischofs Xu Jiwei (siehe Eintrag vom 25. September 2016) oder mit der Vatikanmeldung zur Nachfolge von Bischof Zhu (s.u.). Auch der Priester Jiang Sunian, Kanzler der Diözese Wenzhou im Untergrund, und zwei weitere Priester wurden zeitweise verschleppt. Als Koadjutor tritt Bischof Shao nach dem Kirchenrecht automatisch die Nachfolge von Bischof Zhu an, was in einer Meldung der vatikanischen Nachrichtenagentur (news.va) am 21. September noch einmal ausdrücklich bestätigt wurde. Die Regierung hingegen habe den Priester Ma Xianshi, derzeit Direktor des Priesterrats im offiziellen Teil der Diözese, als Nachfolger vorgesehen, sagten einige Katholiken zu AsiaNews. Die Nachfolge Bischof Zhus dürfte somit auch Thema der laufenden sino-vatikanischen Gesprächen sein. In der Stadt Wenzhou gibt es viele Christen. Die katholische Diözese zählt laut news.va 140.000 Gläubige, davon rund ein Drittel (AsiaNews) oder zwei Drittel (UCAN) im Untergrund (AsiaNews 7.,8.,13.09.; china.ucanews.com 22.09.; Fides 21.09.; news.va 21.09.; UCAN 7.,26.09.).
8. September 2016:
South China Morning Post berichtet von Verhaftungen wegen Mordes an Frauen, um sie als „Geisterbräute“ zu verkaufen
In Nordwestchina wurden drei Männer verhaftet, nachdem sie zwei Frauen getötet hatten, um diese als „Geisterbräute“ zu verkaufen, so ein Bericht in der South China Morning Post. Einer der Verurteilten, Ma Chonghua, soll die beiden Frauen mit Giftspritzen umgebracht haben, nachdem er sie in der Provinz Gansu entführt hatte. Mit Hilfe zweier weiterer Verdächtigter soll er schließlich die Leichen in der Provinz Shaanxi verkauft haben. Ein alter Glaube, nachdem der Tod von Unverheirateten Unglück bringt, ist in ländlichen Regionen Nordwestchinas weiterhin lebendig. Wenn auch der Kauf und Verkauf von Leichen verboten ist, ist es an vielen Orten noch Praxis, Geisterhochzeiten für tote Familienmitglieder zu arrangieren, um Unglück abzuwenden. Ma hatte eine der Leichen, die einer 47-jährigen geistig behinderten Frau, für 40.200 Yuan an einen Dorfbewohner in Shaanxi verkauft, der eine Braut für seinen verstorbenen, unverheirateten 67-jährigen Bruder suchte.
In den letzten zehn Jahren ist die Nachfrage nach Geisterhochzeiten wieder gewachsen, so ein Artikel auf Zeit online (South China Morning Post 8.09.; Zeit online 7.11.2013).
12. September 2016:
Staatsrat publiziert Weißbuch „Neuer Fortschritt beim rechtlichen Schutz der Menschenrechte in China“
Das Weißbuch thematisiert den Schutz der Menschenrechte im Bereich des Rechtswesens. Unter anderem seien Fortschritte bei der Garantie des Tätigkeitsrechts für Anwälte erzielt worden, so dass Anwälte eine größere Rolle beim Schutz der legitimen Rechte und Interessen der betroffenen Parteien spielen, schrieb Xinhua (german.xinhuanet.com 13.09.). Die englische Version des Weißbuchs findet sich unter news.xinhuanet.com/english/china/2016-09/12/c_135681609.htm.
25. September 2016:
Bischof Xu Jiwei von Taizhou in der Provinz Zhejiang gestorben
Der 81-jährige Bischof Anton Xu Jiwei wurde 2010 mit päpstlichem Mandat geweiht und war von der chinesischen Regierung anerkannt. Er starb drei Wochen nach dem Tod von Bischof Vinzenz Zhu Weifang in der Nachbardiözese Wenzhou. Bischof Xu wurde 1935 in Shanghai geboren und studierte 1948–1958 im Kleinen Seminar von Ningbo und im Priesterseminar von Shanghai. Lange Jahre verbrachte er im Gefängnis und in Arbeitslagern. 1985 nahm er an einem Auffrischungskurs am Shanghaier Seminar teil, im selben Jahr wurde er auch zum Priester geweiht. 1999 wurde er Diözesanadministrator der Diözese Taizhou und 2010 zum Bischof der Diözese geweiht.
Taizhou ist eine kleine Diözese mit neun Priestern und etwa 3.000 Kirchgängern in der offiziellen Kirche sowie drei Priestern, die sich um einige tausend Untergrundkatholiken kümmern. Mit der Sorge um die Untergrundgemeinschaften wurde 2010 vom Vatikan Bischof Peter Shao Zhumin, Untergrundbischof von Wenzhou, beauftragt (zu Bischof Shao siehe den Eintrag vom 7. September). Über die Nachfolge im Bischofsamt von Bischof Xu ist nichts bekannt.
Die wohlhabende Küstenprovinz Zhejiang ist eine von Chinas christlichen Hochburgen mit geschätzten 2 Millionen Protestanten und 200.000 Katholiken. Die Provinz war besonders von der Kreuzabnahme-Kampagne betroffen (AsiaNews 26.09.; Fides 25.09.; UCAN 26.09.).
26. September 2016:
Staatliches Büro für religiöse Angelegenheiten (BRA) organisiert Konferenz über Sinisierung der Religionen
An der Konferenz nahmen Religionsvertreter, Religionswissenschaftler, Ethnologen, Juristen und Vertreter der staatlichen Religionsbehörden teil. Grundlage war die von Xi Jinping in einer Tagung zur Einheitsfrontarbeit im Mai 2015 aufgestellte und auf der Nationalen Konferenz zur Religionsarbeit im April 2016 erneuerte Forderung, dass in der Religionsarbeit an der Sinisierung festgehalten werden müsse. BRA-Direktor Wang Zuo’an erläuterte in seinem Konferenzbeitrag, was unter Sinisierung der Religionen zu verstehen sei. Unter anderem sagte er, sowohl Religionen ausländischen Ursprungs als auch einheimische Religionen müssten sich sinisieren. Denn eine an die chinesische Gesellschaft der Vergangenheit angepasste Religion sei nicht unbedingt der heutigen Gesellschaft angepasst. Besonders geht es um die Anpassung an die sozialistische Gesellschaft. Sinisierung ist laut Wang ferner eine Strategie, um Probleme im religiösen Bereich zu lösen, insbesondere Infiltration mittels Religion, Verbreitung von religiösem Extremismus und „Anti-Sinisierung“ (ni Zhongguohua 逆中国化). Neben politischer Identifikation mit der Führung der Partei forderte Wang von den Religionen kulturelle Verschmelzung. In der Auslegung religiöser Schriften und Lehren, in der Form religiöser Aktivitäten, Musik, Kleidung und Gebäude müsse klar chinesischer Stil zum Ausdruck kommen. Auch seien die Reformen im religiösen System Chinas zu festigen; es sei zu verhindern, dass feudale Privilegien wiederaufleben oder Religionen Chinas in die Kontrolle durch eine ausländische Kraft zurückfallen, so Wang (Zhongguo zongjiao 2016, Nr. 10, online unter fo.ifeng.com/a/20161118/44496106_0.shtml).
29. September 2016:
Staatsrat veröffentlicht Chinas Nationalen Menschenrechts-Aktionsplan (2016–2020)
Unter dem Unterpunkt „Freiheit des religiösen Glaubens“ spricht der Aktionsplan von der Verbesserung der Herrschaft des Gesetzes bezüglich der religiösen Angelegenheiten und nennt u.a. folgende Vorhaben: Revision der „Vorschriften für religiöse Angelegenheiten“; Unterstützung der Bemühungen der religiösen Kreise um bessere Selbstverwaltung; Ermutigung religiöser Kreise zu Wohlfahrtsaktivitäten; Bemühungen um gute Leitung der religiösen Lehrinstitute und verbesserte Ausbildung der religiösen Amtsträger; Eindämmung der Kommerzialisierung und Untervertragnahme buddhistischer und daoistischer Tempel; Verbesserung der Hadsch-Organisation; Austausch mit dem Ausland.
Alle diese Punkte sind Teil der aktuellen Agenda des Staatlichen Religionsbüros. Englischer Text des Aktionsplans unter en.people.cn/n3/2016/0929/c90000-9121608.html.
29. September 2016:
Orthodoxe Kathedrale von Harbin als chinesisches Architekturerbe anerkannt
Die orthodoxe St. Sophia-Kathedrale von Harbin ist zusammen mit 97 anderen Stätten in die erste Liste chinesischen Architekturerbes im 20. Jahrhundert aufgenommen worden. Die Liste wurde am 29. September von der Vereinigung Chinesischen Kulturerbes und der Architekturgesellschaft Chinas veröffentlicht. In der Liste sind z.B. auch die Große Halle des Volkes und die Yangtse-Brücke in Wuhan aufgeführt, sozusagen als Zeugen der chinesischen Geschichte im 20. Jahrhundert, so Expertenaussagen laut eines Berichts von AsiaNews. Die Kathedrale wurde 1907 im neo-byzantinischen Stil erbaut und 1996 als nationales Kulturerbe gelistet. 1997 wurde die Kirche aufwendig restauriert und wird nunmehr als Museum genutzt.
Am 1. Mai vergangenen Jahres feierte der erste seit 60 Jahren geweihte chinesische orthodoxe Priester Alexander Yu Shi die Osterliturgie für die Gemeinde von Harbin, die seit 15 Jahren ohne Priester gewesen ist. Der Gottesdienst fand in der Pokrow-Kirche (Schutz der Muttergottes) statt. Die orthodoxe Kirche ist in China nur lokal an einigen Orten vom Staat anerkannt und zählt rund 15.000 Gläubige (AsiaNews 12.10.; s. auch China heute 2016, Nr.2, Chronik, 1. Mai 2016).
Katharina Feith
Katharina Wenzel-Teuber
Alle Quellenangaben in der „Chronik“ beziehen sich, wenn nicht anders angegeben, auf das Jahr 2016.
Aus China heute 2016, Nr. 3, S. 147-154 und Nr. 4, S. 211f. sowie S. 214.