Chronik zu Religion und Kirche in China 13. September bis 9. Dezember 2014

Die „Chronik zu Religion und Kirche in China“ erscheint seit Anfang 2010 regelmäßig in den Informationen von China heute. Da manche Nachrichten (der Redaktion) erst später bekannt werden, kann es zu Überschneidungen zwischen den Chroniken kommen, wobei jeweils in der vorangegangenen Nummer bereits erwähnte Ereignisse nicht noch einmal aufgeführt werden. Alle Chroniken finden sich auch online auf der Website des China-Zentrums (www.china-zentrum.de). 
Der Berichtszeitraum der letzten Chronik (2014, Nr. 3, S. 154-162) reichte bis einschließlich 15. Oktober 2014.


13. September 2014:
Erster zweijähriger Oberkurs für katholische Laien an der Südkirche in Beijing feiert Abschluss
Die 73 Absolventinnen und Absolventen im Alter von 25–55 Jahren hatten zwei Jahre lang jeden Samstag an ganztägigem Unterricht in 18 Fächern teilgenommen, darunter Philosophie, Bibel, Glaubenslehre, Theologie, Kirchengeschichte, Spiritualität, Kirchenmusik und vergleichende Religionswissenschaft. Der Kurs hatte zum Ziel, Lehrer für Taufbewerberkurse und Evangelisierung heranzubilden und die „Glaubensqualität“ der Gläubigen zu verbessern. Nach der Abschlussfeier begann ein neuer Oberkurs mit 57 Teilnehmern, berichtete die in Shijiazhuang erscheinende katholische Zeitung Xinde (Faith, 25.09.). 

15. September 2014:
Katholisches Priesterseminar von Sichuan nimmt erstmals männliche Laien zum Studium auf
Aufgrund der abnehmenden Zahl von Priesterberufungen hat das Priesterseminar von Sichuan beschlossen, zum neuen Studienjahr ab dem 15. September männlichen Laien die Gelegenheit zum Theologiestudium zu geben. Darüber berichtete der Rektor des Seminars, Bischof Chen Gong’ao, der katholischen Nachrichtenagentur UCAN. Die Laien besuchen theologischen Unterricht zusammen mit den Seminaristen, zusätzlichen Unterricht in Fächern wie Verwaltungswissenschaften, Public Relations und Finanzbuchhaltung erhalten sie an Universitäten, mit denen das Seminar entsprechend Kontakt aufgenommen hat. Nach zwei für sie kostenfreien Studienjahren müssen die Laienstudenten entscheiden, ob sie weiter auf das Priesteramt studieren wollen oder das Studium beenden, um eine Aufgabe in der Kirche zu übernehmen oder anderswo zu arbeiten. In jedem Fall würden junge Leute für Dienste in der Kirche qualifiziert. Derzeit haben 12 Laien im Alter von 18 bis 23 Jahren mit dem Studium am Seminar begonnen (china.ucanews.com 13.10.).

27. September 2014:
Erster Chinese seit der Kulturrevolution wird zum Diakon der orthodoxen Kirche geweiht
Die Diakonatsweihe von Aleksander Yu Shi fand am Fest der Kreuzerhöhung in der Universitätskirche des hl. Apostels Johannes in Sankt Petersburg statt. Ein paar Tage später reiste der neue Diakon schon nach Harbin (Provinz Heilongjiang), wo er am 14. Oktober am Fest Mariä Schutz und Fürbitte (Pokrow) eine Andacht zur Gottesmutter leitete. Aleksander Yu Shi hat sein Theologiestudium in Sankt Petersburg absolviert. Am 13. Juli 2014 dankte Wang Zuo’an, der Direktor des chinesischen Staatlichen Büros für religiöse Angelegenheiten, bei seinem Besuch in Sankt Petersburg der Russisch-Orthodoxen Kirche und der Stadtverwaltung für die Unterstützung des chinesischen Seminaristen (zu den Hintergründen siehe den Beitrag in den Informationen dieser Nummer). 
Siehe auch den Eintrag vom 9. Dezember 2014. 

ca. 1. Oktober 2014:
Tibetischer Mönch wegen Anstiftung zu antichinesischen Protesten zu 12 Jahren Gefängnis verurteilt
Wie Radio Free Asia (RFA) unter Berufung auf eine Quelle in Indien berichtete, wurde Tsangyang Gyatso, Gesangsmeister im Kloster Drilda im Kreis Sog (Suo), Regierungsbezirk Nagchu im Autonomen Gebiet Tibet, wegen der Anstiftung zu Protesten gegen China und der Kommunikation mit Kontakten außerhalb Tibets verurteilt. Er war laut RFA am 17. März 2014 unter unbekannten Anklagepunkten mit drei anderen Mönchen aus dem Kloster Drilda festgenommen worden. Schon früher im März seien mindestens 9 weitere Mönche und Bewohner der Gegend unter dem Verdacht auf Beteiligung an Protesten gegen die chinesische Herrschaft in Tibet verhaftet worden, sie sollen Unabhängigkeitsparolen auf Felsen nahe einer Brücke gemalt haben. 
RFA berichtete am 17. Oktober außerdem unter Berufung auf eine tibetische Quelle, dass bereits vor zwei bis drei Monaten der populäre religiöse Lehrer Khenpo Kartse, auch bekannt als Karma Tsewang, in einem geheimen Prozess zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt wurde. RFA zufolge wurde er am 6. Dezember 2013 in Chengdu verhaftet und zunächst der „Schädigung der Sicherheit des Staates“ angeklagt. Später sei er zusätzlich beschuldigt worden, in seinem Kloster Japa im Kreis Nangchen (Nang­qian) im Autonomen Bezirk Yushu, Provinz Qinghai, einen flüchtigen Mönch aus einem anderen Kloster versteckt zu haben, der mit einem Bombenzwischenfall in Verbindung gebracht werde, und dafür auch verurteilt worden. Sein Anwalt habe die Beschuldigung zurückgewiesen. Anfang 2014 versammelten sich laut RFA Tausende von Tibetern am Kloster Japa, um die Behörden zur Freilassung Kartses zu bewegen. Kartse hat sich dem Bericht zufolge für die Förderung der tibetischen Sprache, Kultur und Religion eingesetzt und in der Sozialarbeit engagiert, u.a. bei den Hilfsaktionen nach dem schweren Erdbeben in Yushu im Jahr 2010 (RFA 17.,28.10.).

2. Oktober 2014:
Dalai Lama deutet informelle Gespräche über eine Pilgerreise zum Berg Wutai­shan an
Es sei eine noch nicht zum Abschluss gebrachte Idee, äußerte der Dalai Lama laut South China Morning Post in Dharamsala. Er habe seinen Wunsch gegenüber Kontakten in China, darunter pensionierte kommunistische Beamte, klargemacht. „Einige chinesische Beamte, darunter der stellvertretende Parteisekretär des Autonomen Gebiets Tibet, er hat auch die Möglichkeit meines Besuchs als Pilger an diesem heiligen Ort erwähnt“, sagte der Dalai Lama. Der in der Provinz Shanxi gelegenen Wutaishan ist einer der vier buddhistischen Berge Chinas und spielt auch für den tibetischen Buddhismus eine wichtige Rolle. Der Dalai Lama hat sich mehrfach positiv über Präsident Xi Jinping geäußert. So lobte er in einem Interview mit der Welt, Xi habe in Paris im März dieses Jahres den Buddhismus als einen wichtigen Teil der chinesischen Kultur bezeichnet, das sei etwas Neues bei einem Führer der KP. Ferner sagte er, Xi habe Buddhisten in der Familie, seine Mutter praktiziere sogar den tibetischen Buddhismus. Laut South China Morning Post unterhielt der Dalai Lama vor seiner Flucht aus Tibet im Jahr 1959 enge Beziehungen zu Xis Vater Xi Zhongxun, der zur ersten Führungsgeneration der VR China gehörte. Die Zeitung zitierte aber auch Lian Xiangmin, einen Forscher am nationalen China Tibetology Research Center, mit den Worten, er sehe keine Anzeichen, dass Beijing seine Politik gegenüber Tibet und dem Dalai Lama ändern wolle. Der Dalai Lama wolle nur auf sich aufmerksam machen und über ausländische Medien Druck auf Präsident Xi ausüben (South China Morning Post 3.10.; Die Welt 9.09.). 
Siehe auch den Eintrag vom 5. November 2014.

3. Oktober 2014:
Erster internationaler Wettbewerb für chinesischsprachige geistliche Lieder  in Macau
Der katholische Sender Radio Veritas Asia hatte zu dem Wettbewerb für neu komponierte geistliche Lieder aufgerufen und 182 Beiträge aus Festlandchina, Hongkong, Taiwan, Macau, Singapur, Malaysia, Brunei, Kanada, den USA, den Philippinen und Europa erhalten. Am 3. Oktober wurden die von einer Jury ausgewählten drei besten Kompositionen – zwei aus Hongkong, die dritte ein Lied in indigener Tradition aus Taiwan – und 10 weitere qualitativ herausragende Stücke im Cineteatro Macau vorgeführt. Ein Wettbewerbsteilnehmer aus Festlandchina sagte zu UCAN, er habe mitgemacht, weil die meisten in den katholischen Kirchen Chinas gesungenen Lieder entweder protestantisch oder westlicher Herkunft seien. Die besten Lieder des Wettbewerbs sollen auch auf CD verbreitet werden und so zu weiteren Kompositionen inspirieren (Hong Kong Sunday Examiner 28.10.; china.ucanews.com 11.10.).

3.–5. Oktober 2014:
Bischof Chen Gong’ao absolviert 130 km Fußwallfahrt, um über zwei Jahre Bischofsamt zu reflektieren und für Weltbischofssynode in Rom zu beten
Begleitet von zwei Seminaristen durchquerte der 50-jährige, am 19. April 2012 geweihte Bischof von Nanchong (Provinz Sichuan) entlang der Nationalstraße 212 zu Fuß vier Kreise. Gegenüber der katholischen Zeitung Xinde nannte er drei Motive für seine Wallfahrt: 1. Über zwei Jahre Bischofsamt zu reflektieren und Verfehlungen abzubüßen. 2. Zum Ausdruck zu bringen, dass die chinesischen Bischöfe zu den Bischöfen der Weltkirche gehören, die sich vom 5.–19. Oktober in Rom zur Weltbischofssynode über die Familie versammelten [an der die Bischöfe Festlandchinas nicht teilnehmen konnten], und ihnen das Thema der Familien ebenfalls am Herzen liege. Entsprechend dem Aufruf von Papst Franziskus, aus den Kirchen zu den Menschen zu gehen, hätten sie beim Passieren jedes Ortes für die dortige Bevölkerung einen Rosenkranz gebetet. 3. Mit dem ganzen Volk 65 Jahre VR China zu feiern und sich die Ergebnisse von 30 Jahren Reform und Öffnung in den Pfarrgemeinden anzuschauen (Xinde 16.10.).

10.–11. Oktober 2014:
Erstes Glaubensseminar für katholische Unternehmer in Wuxi (Provinz Jiangsu)
90 katholische Unternehmer und führende Laien aus verschiedenen ostchinesischen Städten trafen sich in der Sanliqiao-Kirche in Wuxi, wie Xinde berichtete. Zwar nahmen auch der Bischof sowie einige Priester und Schwestern der Diözese Nanjing, zu der Wuxi gehört, an dem vom Priester Guo Mandong organisierten Seminar teil. Die Vorträge wurden jedoch alle von katholischen Unternehmerinnen und Unternehmern aus Wenzhou, Wuhan, Beijing und Shanghai gehalten, die an ihren jeweiligen Wohnorten in kirchlichen Gruppen engagiert sind. Sie sprachen über Themen wie Vertrauen, den Aufbau von Glaubensgemeinschaften, die Suche nach Gott in der Arbeit sowie unternehmerische Tätigkeit und Glauben. Besonders hervorgehoben wurde der Beitrag der Geschäftsfrau Li Wenxiang, die am Evangelisierungszentrum der Nordkirche in Beijing engagiert ist und in 500 Unternehmen in ganz China Fortbildungen in den Bereichen Management und Dienstleistung gegeben hat. Sie sprach zum Thema „Aus der Bibel Führungsweisheit lernen – wie man eine einfache, mit Freude arbeitende und hocheffiziente A+ Führungspersönlichkeit wird“ (Xinde 23.10.). 

13. Oktober 2014:
Präsident Xi Jinping zitiert konfuzianische Herrschaftsmaximen und fordert mehr Respekt vor der „5.000 Jahre andauernden chinesischen Kultur“
„Wir in der Kommunistischen Partei sind überzeugte Marxisten [...], aber zugleich sind wir weder historische noch kulturelle Nihilisten. Wir können die Geschichte unseres Landes nicht ignorieren, noch können wir uns kleiner machen, als wir sind“, sagte Xi Jinping in einer Rede vor dem Politbüro. Beim Regieren sollten die Chinesen aus der Geschichte schöpfen. Er zitierte Beispiele aus verschiedenen klassischen Texten. Besonders beachtet wurde in chinesischen Medien die Wendung „li fa he zhi, de zhu xing fu“ 礼法合治, 德主刑辅 (Mit Riten und Gesetz zusammen regieren; die Tugend spielt die Hauptrolle, Strafen eine ergänzende Rolle) und ihre Bedeutung für die „Herrschaft des Gesetzes“ (Zitate nach New York Times Sinosphere Blogs 14.10.; s.a. Xinhua 15.10.).
Siehe auch den Eintrag vom 20.-23., 28. Oktober 2014.

13. Oktober 2014:
Gericht in Kashgar (Xinjiang) verurteilt 56 Personen in Zusammenhang mit dem blutigen Vorfall in Shache – 12 Todesurteile
Zwölf Angeklagte wurden u.a. wegen Organisieren, Leitung und Teilnahme an einer terroristischen Organisation, Mord, Kidnapping und Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zum Tod verurteilt, 15 weiter zum Tod mit zweijährigem Aufschub. Neun Angeklagte wurden zu lebenslänglicher, weitere 20 zu je 20 Jahren Haft verurteilt, wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua meldete. Die in der Meldung genannten Namen der Verurteilten klingen uigurisch. Nach Angaben chinesischer Medien wurden am 28. Juli bei einem Anschlag im Kreis Shache (Yarkant) im Regierungsbezirk Kashgar (Xinjiang) 37 Zivilisten getötet und 94 verletzt sowie 59 Terroristen von der Polizei erschossen und 215 verhaftet. Exiluigurische Kreise gaben eine andere Darstellung der Ereignisse (Xinhua 2.,23.08.; 13.10.; vgl. China heute 2014, Nr. 3, Chronik, 30. Juli 2014).
Siehe auch die Einträge vom 20. Oktober und vom 28. November 2014.

14. Oktober 2014:
Staatliches Büro für Armuts­bekämpfung: China half 2013 fast 40 Mio. Menschen aus der Armut 
Dies sagte Zheng Wenkai, Vizedirektor der State Council Leading Group im Büro für Armutsbekämpfung und Entwicklung. Der Zahl 40 Mio. lag Chinas eigene Armutsgrenze mit einem Einkommen von 2.300 Yuan pro Kopf und Jahr zugrunde, umgerechnet rund 1 US$ pro Tag. Nach dieser chinesischen Armutsdefinition leben in China noch 82 Mio. Menschen in Armut, sagte Zheng. Nach dem höheren Weltbank-Standard von 1,25 US$ pro Tag hat China laut Zheng noch 200 Mio. Arme, das sind rund 15% der Gesamtbevölkerung (chinadaily.com.cn 14.10.).

15. Oktober 2014:
Partei bekräftigt in Dokument ihre Führungsrolle an Universitäten
Das Büro des Zentralkomitees der KP Chinas publizierte eine politische Richtlinie zum „System der Verantwortung der Rektoren unter der Führung der Parteikomitees an allgemeinen Hochschulen“. Danach soll die Rolle der Parteikomitees als Führungskern der Universitäten gestärkt werden. Die Universitätspräsidenten und andere Mitglieder der Universitätsverwaltung sollen die Entscheidungen der Parteikomitees akzeptieren und umsetzen, wobei die Zuständigkeitsbereiche von Partei und Verwaltung voneinander abgegrenzt werden. Das Dokument fordert auch eine Verstärkung der ideologischen Arbeit an den Hochschulen (Xinhua 16.10.; Wortlaut des Dokuments mit dem Titel 关于坚持和完善普通高等学校党委领导下的校长负责制的实施意见 unter news.xinhuanet.com/politics/2014-10/15/c_1112840901.htm). Bereits Ende August machten die Parteikomitees von drei führenden Universitäten – Beijing-Universität, Fudan-Universität und Sun Yatsen-Universität – in der Parteizeitschrift Qiushi Vorschläge zum Thema „Wie man die ideologische Arbeit an Hochschulen unter den neuen historischen Bedingungen gut durchführen kann“. Ihre Vorschläge betrafen insbesondere eine entsprechende Nutzung des Intranets der Hochschulen und die ideologische Erziehung der Dozenten unter 45 Jahren; diese sollen u.a. in Partei- und Landesgeschichte unterwiesen werden, „damit sie erkennen, warum der westliche Entwicklungsweg für China nicht passend ist“ (South China Morning Post 1.09.; www.qstheory.cn 31.08.).
Vgl. hierzu auch das interne Parteidokument „Ansichten darüber, wie die Arbeit der Abwehr ausländischer Infiltration von Hochschulen mittels Religion und der Verhütung von Campus-Missionierung gut zu leisten ist“ in China heute 2014, Nr. 2, S. 84-90.

16.–18. Oktober 2014:
Generalkonferenz der World Fellowship of Buddhists (WFB) tagt erstmals in China
Teilnehmer aus 40 Ländern tauschten sich in Baoji (Provinz Shaanxi) zum Thema „Buddhismus und gemeinnützige Wohltätigkeit“ aus. Bei seiner Eröffnungsrede im berühmten Famen-Tempel betonte Du Qinglin, Vizevorsitzender der Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes, der Buddhismus habe sich im Lauf seiner Geschichte in China tief in der chinesischen Kultur verwurzelt, es sei eine buddhistische Theorie und Kultur mit chinesischen Charakteristika entstanden, die sich nach Korea, Japan und in Länder Südostasiens verbreitet habe. Bei der Eröffnung sprachen u.a. auch der Gouverneur von Shaanxi und als Vertreter der gastgebenden Chinesischen buddhistischen Vereinigung deren Vorsitzender, Meister Chuanyin, sowie der offizielle Panchen Lama, einer der Vizevorsitzenden. Der König von Thailand, der Präsident von Sri Lanka u.a. Staatschefs schickten Grußtelegramme. Am 18. Oktober verabschiedete die Konferenz eine „Baoji-Erklärung“. Darin verleihen die Führer der WFB ihrer Freude über die Entwicklung des Buddhismus in Festlandchina und die erstmalige Veranstaltung ihrer Generalkonferenz in dem Land Ausdruck. Sie sprechen von der Stärkung ihrer langjährigen Beziehung zur Buddhistischen Vereinigung Chinas, das eines der Gründungsländer der WFB im Jahr 1950 gewesen sei. In zehn Punkten rufen sie zu weltweit verstärktem Engagement für die Reduzierung von sozialer Ungleichheit, für eine friedliche Gesellschaft, den nachhaltigen Schutz der Umwelt durch Verminderung von Gier und weitere Anliegen auf.
Die World Fellowship of Buddhists hat ihre Zentrale in Bangkok. Bei ihrer letzten Generalkonferenz in Yeosu (Südkorea) vom 11.–16. Juni 2012 war die chinesische Delegation aus Protest gegen die Teilnahme von Exiltibetern – darunter der frühere Ministerpräsident Samdhong Rinpoche und ein weiterer Minister der tibetischen Exilregierung – vorzeitig abgereist (vgl. China heute 2012, Nr. 2, Chronik, 12. Juni 2012) (www.chinabuddhism.com.cn/WFB27th/; englischer Wortlaut der Baoji-Erklärung unter www.sara.gov.cn/xwzx/xwjj/171300.htm).

19., 22., 29. Oktober 2014:
Taiwans Außenminister bei Selig­sprechung von Papst Paul VI. – „Kooperationsprogramme“ und „gemeinsame Werte“ 
Taiwans Außenminister David Lin nahm als Vertreter von Präsident Ma an der Seligsprechung von Papst Paul VI. am 19. Oktober im Vatikan teil. Danach traf er Kardinal Pietro Parolin, den Staatssekretär des Vatikans, und überreichte diesem eine Spende von 100.000 Euro für Flüchtlinge in Syrien und im Irak. Am 22. Oktober berichtete Lin in einer Pressekonferenz über seine Reise zum Vatikan. Als „eines von verschiedenen Kooperationsprogrammen zwischen Taiwan und dem Heiligen Stuhl“ bezeichnete Lin dabei die theologischen Studien für Priester und Schwestern aus Festlandchina an der Fu Jen Faculty of Theology of St Robert Bellarmine in New Taipei City. Nach Angaben von Taiwans Außenministerium nahmen bisher insgesamt 146 Studierende aus Festlandchina an diesen Kursen teil, 51 sind nach Abschluss ihrer Studien bereits nach China zurückgekehrt. Die Theologische Fakultät ist seit einigen Monaten auch staatlich als eigenständige akademische Institution anerkannt und als solche die einzige im gesamten katholischen Bereich Taiwans und Chinas. Lin zufolge hofft man in Taiwan auf mehr Austausch zwischen taiwanischen und vatikanischen Universitäten. Die Beziehungen zwischen Taiwan und dem Heiligen Stuhl seien herzlich und stabil, weil man gemeinsame Werte teile, sagte Lin. 
Am 29. Oktober wurde im Vatikan ein Memorandum zwischen der Vatikanischen Bibliothek und der Taiwan National Library über eine gemeinsame Katalogisierung alter chinesischer Texte unterzeichnet. Der Vatikan ist das einzige Land in Europa, zu dem Taiwan diplomatische Beziehungen hat (Central News Agency 22.,25.10.; Taipei Times 23.10.; china.ucanews.com 4.11.).

20. Oktober 2014:
Dui Hua Foundation schätzt 2.400 Hinrichtungen in China im Jahr 2013 – Rückgangstrend, 2014 jedoch Zunahme von Exekutionen in Xinjiang und in der Anti-Korruptionskampagne
China führt zwar jedes Jahr mehr Hinrichtungen durch als der Rest der Welt zusammen, jedoch ist die Zahl der Hinrichtungen in den letzten Jahren stark zurückgegangen. Dies stellte die in den USA ansässige Dui Hua Foundation in einem Bericht fest. 1983, im ersten Jahr der Kampagne „Hart zuschlagen“, seien 24.000 Menschen hingerichtet worden. Schätzungen von Dui Hua zeigen 12.000 Hinrichtungen im Jahr 2002, 6.500 im Jahr 2007 und 2.400 im Jahr 2013. Der Rückgang seit 2007 wird vor allem damit begründet, dass seit diesem Jahr wieder alle Todesurteile vom Obersten Volksgerichtshof überprüft werden müssen. Dui Hua schätzt jedoch, dass der zu verzeichnende jährliche Rückgang der Hinrichtungen „2014 durch die Anwendung der Todesstrafe in der Anti-Terrorismus-Kampagne in Xinjiang und der landesweiten Anti-Korruptionskampagne wahrscheinlich ausgeglichen wird“ und für 2014 wiederum 2.400 Hinrichtungen zu erwarten sind. Die Zahl der Hinrichtungen in China ist ein Staatsgeheimnis. Dui Hua stützte ihre Schätzungen auf einige Angaben der chinesischen Zeitung Nanfang zhoumo, Mitteilungen chinesischer Beamten mit Zugang zu den entsprechenden Daten und andere Quellen.
UCAN verwies am 22. Oktober darauf, dass seit Beginn der „Hart zuschlagen“-Kampagne gegen Terrorismus in Xinjiang im Mai 2014 nach Angaben staatlicher Medien binnen 5 Monaten fast 40 Uiguren zum Tod verurteilt und mindestens 20 hingerichtet worden seien. Der Anwalt Li Fangping sagte zu UCAN, soweit bekannt, sei den zum Tode verurteilten Uiguren die Verteidigung durch unabhängige Anwälte verweigert worden und unabhängige Medien hätten nicht über die Fälle berichten dürfen.
Derzeit steht in der VR China auf 55 Verbrechen die Todesstrafe. Am 31. Oktober 2014 wurde im Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses ein Antrag auf Abschaffung der Todesstrafe für 9 nicht-gewalttätige Vergehen zur Beratung eingebracht (Caixin Online 7.11.; UCAN 22.10.; duihua.org/wp 20.10.). 
Siehe auch den Eintrag vom 13. Oktober 2014.

20.–23., 28. Oktober 2014:
Vollversammlung des Zentralkomitees der KP Chinas beschließt „Weg des sozialistischen Rechtsstaats mit chinesischen Charakteristika“
Die Vollversammlung war dem Thema Rechtsstaatlichkeit (rule of law) gewidmet, die Ergebnisse wurden am 23. Oktober in einem Kommuniqué und am 28. in einem ausführlichen Beschluss publiziert. China werde eine Regierung aufbauen, die sich an die Gesetze halte, es werde die Führungsrolle der Partei im „sozialistischen Rechtsstaat mit chinesischen Charakteristika“ [中国特色社会主义法治] sichern und das Land in Übereinstimmung mit der Verfassung regieren, zitierte Xinhua das Kommuniqué. Am 24. Oktober beriet der Staatsrat über die Umsetzung des vom ZK beschlossenen „Blueprints zur Rechtsreform“. 
Verschiedene Kommentatoren wiesen darauf hin, dass die Partei in dem Beschluss erstmals ein Ende der Einmischung von Parteikadern in Gerichtsprozesse fordere. Dies sei aber keine Unparteilichkeit der Justiz im westlichen Rechtsverständnis, wenn es gleichzeitig heiße, dass Richter und Anwälte nach ideologischen Gesichtspunkten auszubilden und die Anerkennung der Führung der KP eine Voraussetzung für eine entsprechende Karriere sei, kommentierte Markus Ackeret in der Neuen Zürcher Zeitung. Westliche Rechtsgelehrte stritten deshalb, ob es sich um eine Form der Rechtsstaatlichkeit (rule of law) oder eher um eine Herrschaft nach Maßgabe der Gesetze (rule by law) handle (Neue Zürcher Zeitung 4.11.; Die Welt 23.10.; Xinhua 23.,24.,28.10.). 
Siehe auch den Beitrag vom 13. Oktober 2014.

23. Oktober 2014:
Direktor des Staatlichen Religionsbüros steigt in den Ständigen Ausschuss des Zentralkomitees der KP Chinas auf
Wang Zuo’an war einer von drei Neuaufnahmen, die aufgrund des Parteiausschlusses dreier früherer ZK-Mitglieder notwendig geworden waren. Dies gab das ZK nach seiner Vollversammlung vom 20.-23. Oktober bekannt (Xinhua 23.10.). Wangs Amt als Direktor des Staatlichen Büros für religiöse Angelegenheiten bleibt unabhängig von dieser neuen Position in der Parteihierarchie weiter bestehen.

24. Oktober 2014:
Dritte Freilassung eines Untergrundpriesters aus der Diözese Baoding – nach 10 Jahren Haft
Wie UCAN berichtete, war der Priester Ma Wuyong 2004 im Dorf Sujiazhuang im Kreis Quyi unter Einsatz von 20 Polizeiwagen und zahlreichen Polizisten verhaftet worden, als er mit anderen Priestern an Exerzitien teilnahm. Bischof An Shuxin, der den offiziellen Teil der Diözese Baoding (Provinz Hebei) leitet, sagte UCAN, Priester Ma sei zu Hause, er habe aber noch keine Verbindung zu ihm aufgenommen. Von den Bischöfen Su Zhimin von Baoding und Shi Enxiang von Yixian – verhaftet und verschwunden seit 1997 bzw. 2001 – habe er nach wie vor keine Nachricht. Bereits im August 2014 waren die Priester Lu Genjun und Liu Honggeng, ebenfalls aus der Diözese Baoding, nach 8 Jahren Haft freigelassen worden. Alle drei Priester waren inhaftiert, weil sie sich geweigert hatten, der Patriotischen Vereinigung beizutreten. Die Freilassung Mas erfolgte einer kirchlichen Quelle zufolge „ohne Bedingungen“.
Von UCAN befragte chinesische Priester kommentierten die Freilassung im Licht der Gerüchte um die Wiederaufnahme des sino-vatikanischen Dialogs mit Skepsis. Ein Priester aus der offiziellen Kirche äußerte, die chinesische Seite mache viele solche Bewegungen, „damit die Träumer jubeln, aber am Schluss sagt man doch, der Vatikan ist nicht aufrichtig, und lässt [die Verhandlungen] platzen“. Die katholische Kirche im Land werde de facto noch strenger kontrolliert [als bisher]. In Zusammenhang mit den Berichten über einen Dialog fragten sich Katholiken in China auch nach der Absicht hinter der Ehrung der sechs offiziellen Bischöfe durch das BRA am 28. Oktober, schrieb UCAN (china.ucanews.com 7.11.).
Siehe auch die Einträge vom 28. Oktober sowie vom 13. und 20./21. November 2014 und China heute 2014, Nr. 3, Chronik, 9. / 28. August 2014 und 23. September 2014.Zu den Hintergründen siehe den Beitrag in den Informationen dieser Nummer.

27. Oktober 2014:
Kommission der Politischen Konsultativkonferenz diskutiert Revision der „Vorschriften für religiöse Angelegenheiten“, regt Religionsgesetz an
Die Kommission für Ethnien und Religionen der Politischen Konsultativkonferenz (PKK) tagte unter der Leitung von Zhu Weiqun, ihrem Vorsitzenden und stellvertretenden Direktor der Einheitsfrontabteilung der KP Chinas; über 20 Religionsvertreter nahmen teil. Einem Bericht der PKK-Zeitung zufolge schlugen Kommissionsmitglieder bei der Sitzung eine Revision der „Vorschriften für religiöse Angelegenheiten“ vor, um die auf der Vollversammlung des ZK der KP Chinas vom 20.−23. Oktober beschlossene Betonung der Rechtsstaatlichkeit auf die Religionen anzuwenden. Bischof Ma Yinglin, Vizevorsitzender der Kommission und von Rom nicht anerkannter Vorsitzender der offiziellen chinesischen Bischofskonferenz, sagte zur Nachrichtenagentur UCAN, die Kommissionsmitglieder hätten keine konkreten Paragraphen des Dokuments zur Änderung vorgeschlagen, sondern generell geäußert, die Vorschriften müssten der neuen aktuellen Lage der Religionsarbeit und der Religionen noch mehr entsprechen, um die legitimen Rechte der Religionen noch besser zu schützen. Kommissionsmitglieder hätten auch die Festlegung eines Religionsgesetzes vorgeschlagen, sagte Ma. 
Die 2004 erlassenen und 2005 in Kraft getretenen „Vorschriften für religiöse Angelegenheiten“ waren die erste umfassende Rechtsvorschrift der VR China zu religiösen Angelegenheiten. Wie es in dem UCAN-Bericht weiter heißt, haben Personen aus den religiösen Kreisen bereits 1989 dem Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses den Vorschlag für ein „Religionsgesetz“ vorgelegt, einige grundsätzliche kontroverse Punkte hätten aber nicht geklärt werden können (china.ucanews.com 6.11.). 
Ein neuer konkreter Vorschlag für ein Religionsgesetz stammt von dem Forscher Liu Peng. Einen ersten Gesetzentwurf präsentierte er als „Bürgervorschlag“ am 20. Juni 2013 (vgl. China heute 2013, Nr. 3, S. 140f.). Am 17. Juli 2014 stellte er auf einer Konferenz an der Renmin-Universität eine aufgrund von Feedbacks revidierte, um ein Drittel gekürzte Version dieses Entwurfs vor. Liu Peng ist Forscher am Institut für Amerikanistik der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften und setzt sich mit seinem 1999 gegründeten Pu Shi Institute seit Jahren für ein Religionsgesetz ein (www.christiantimes.cn 1.11.; www.pacilution.com).

27. Oktober 2014:
China Daily: China hat Kontrollen in Grenzgebieten verstärkt, um Aus­reise von Extremisten zu verhindern
In den letzten Jahren seien einige junge Extremisten aus Xinjiang über Südostasien in die Türkei oder nach Syrien gereist, wo sie von örtlichen extremistischen Organisationen militärisch ausgebildet worden seien, um sich dann an Angriffen in Syrien und im Irak zu beteiligen, schrieb die staatliche Zeitung. Ihrem Bericht zufolge hinderte die Grenzpolizei im März in Yunnan acht Personen, die sich dem Dschihad anschließen wollten, an der Ausreise; diese hätten dann den Anschlag am Bahnhof von Kunming [am 1. März 2014] verübt, bei dem 31 Menschen getötet wurden. Die Singapurer Straits Times meldete, dass am 13. September auf der indonesischen Insel Sulawesi vier Uiguren aus Xinjiang mit gefälschten türkischen Pässen aufgegriffen worden seien, die über Kambodscha, Thailand und Malaysia dorthin gereist waren, um sich einem mit dem IS verbündeten indonesischen Mudschaheddin-Führer anzuschließen. In dem gleichen Bericht hieß es auch, dass China die Zahl seiner in Syrien und Irak mit dem IS kämpfenden Staatsbürger auf 100 schätze.
Die South China Morning Post berichtete am 21. Oktober, dass dschihadistische Organisationen in den letzten Jahren zunehmend Interesse an Xinjiang zeigten. So werde in einer von Al-Kaida neu herausgegebenen englischsprachigen Publikation Xinjiang als „besetztes muslimisches Land“ bezeichnet, das wieder „unter den Schirm des Islamischen Kalifats“ gebracht werden müsse, und Abu Bakr al Baghdadi, der Anführer des IS, habe im Juli in einem Aufruf an Muslime in aller Welt erklärt, dass den Muslimen in China gewaltsam ihre Rechte genommen würden (China Daily 27.10.; South China Morning Post 21.10.; The Straits Times 15.09.; UCAN 27.10.).

27. Oktober / 7. November 2014:
Kashgar (Xinjiang): Leiter von über 2.000 Schulen geloben „Verteidigung der Schulen gegen religiöse Infiltration“ – 24 Teams propagieren „säkularen, modernen Lebensstil“ 
Leiter von über 2.000 Kindergärten, Grund- und Mittelschulen in Kashgar unterzeichneten am 27. Oktober ein entsprechendes Banner, berichtete die staatliche Global Times. Ein Vertreter des Erziehungsbüros von Kashgar sagte der Zeitung, man habe den Schülern die staatliche Politik erklärt, [dass] Parteimitglieder, Lehrer und minderjährige Schüler keine Religion praktizieren dürften, weder in der Schule noch zu Hause. AFP schrieb in diesem Zusammenhang, dass Kinder unter 18 Jahren im ganzen Autonomen Gebiet Xinjiang keine Moschee betreten dürften (AFP/UCAN 29.10.; Global Times 29.10.). 
Am 7. November berichtete die Website von Xinhua in Xinjiang über die in Kashgar durchgeführten Maßnahmen zur „Beseitigung der [religiösen] Radikalisierung“ (qu [zongjiao] jiduanhua 去[宗教]极端化). Dabei sollen Kader ebenso wie Persönlichkeiten aus dem religiösen Bereich „fest gepackt“ werden, damit sie die gläubigen Massen anleiten, zu einem „säkularen, modernen Lebensstil“ zurückzukehren. Zu dem Maßnahmenbündel gehören laut Bericht „Fortbildungsseminare für moderne und zivilisierte Sitten“, die überall in den Dörfern, Gemeinden und Straßenvierteln von Kashgar durchgeführt werden, so dass die „vorher ziemlich verbreiteten“ Phänomene des Tragens von Dschilbab (ein den ganzen Körper außer Kopf und Hände bedeckendes Gewand) und Gesichtsschleier bei Frauen sowie langer Bärte bei jüngeren Männern inzwischen „kaum mehr zu sehen sind“. In einem Dorf nahmen 45 unter 50-jährige religiöse Persönlichkeiten ihren langen Bart ab und boten so den Gläubigen ein Vorbild, sich ebenfalls zu rasieren. 24 Propagandateams gegen Radikalisierung mit 120 Teammitgliedern wurden gebildet, die alle Dörfer und Viertel, Haushalte, Betriebe, Schulen, Märkte und Moscheen in Kashgar aufsuchen. Im Lauf des letzten Jahres nahm die Polizei in Kashgar 13 „wilde Imame“, religiöse Amtsträger und ehemalige religiöse Amtsträger wegen verschiedenen Verstößen fest [vgl. den Eintrag vom 10. November 2014]. 15 Kader wurden wegen Disziplinverstößen [darunter religiöse Betätigung, vgl. China heute 2014, Nr. 3, Chronik, 20. August 2014] bestraft (www.xj.xinhuanet.com 7.11.). 

28. Oktober 2014:
Staatliches Büro für religiöse Angelegenheiten (BRA) feiert Silbernes Priesterjubiläum von sechs 
Bischöfen der offiziellen katholischen „Führungsriege“

Die gefeierten Bischöfe waren Fang Xingyao, Vorsitzender der Chinesischen katholischen patriotischen Vereinigung (PV), Li Shan und Fang Jianping, Vizevorsitzende der offiziellen Bischofskonferenz, der PV-Vizevorsitzende Meng Qinglu sowie zwei vom Papst nicht anerkannte Bischöfe, nämlich Ma Yinglin und Zhan Silu, Vorsitzender bzw. Vizevorsitzender der Bischofskonferenz. BRA-Direktor Wang Zuo’an lobte das neue [Ende 2010 eingesetzte] Leitungsteam der „Einen Vereinigung und einen Konferenz“ als engagiert und vielversprechend, es habe beachtliche Erfolge erzielt. Wang äußerte gegenüber den Bischöfen die Hoffnung, dass sie 1. unerschütterlich am Prinzip der Autonomie und Selbstverwaltung festhalten und die Gläubigen weiter dazu anleiten, standhaft den Weg der Liebe zu Land und Kirche zu gehen; 2. den Weg der alten Generation der patriotischen Religionsführer fortsetzen und die Verantwortung für den weiteren Aufbau der chinesischen katholischen Kirche schultern; 3. ihr eigenes Amt gut ausüben, aktiv Seelsorge und Evangelisierung entfalten und die Gläubigen einen; sowie 4. den Gläubigen ein Vorbild sind, indem sie ihre Kraft für die Errichtung der „wohlhabenden Gesellschaft“ einsetzen (china.ucaanews.com 7.11.; www.sara.gov.cn 31.10.). 
Siehe auch den Eintrag vom 24. Oktober 2014.

30. Oktober 2014:
Letzte der insgesamt 14.500 chinesischen Teilnehmer des diesjährigen Hadsch kehren aus Mekka zurück – Fälle von Bestechung bei den Wartelisten
Fast 14.500 Muslime aus der VR China nahmen an dem diesjährigen Hadsch nach Mekka teil, der vom Staatlichen Büro für religiöse Angelegenheiten (BRA) unter Beteiligung verschiedener Staatsbehörden koordiniert und von der Chinesischen islamischen Vereinigung organisiert wurde. 
Die 94 Charterflüge starteten von Beijing, Urumqi, Lanzhou, Yinchuan und Kunming. Erlaubt ist nur die offizielle, vom BRA koordinierte Wallfahrt. Seit 2006 stellt Saudi-Arabien für Einzelpilger aus der VR China keine Visa mehr aus. Es gilt eine Länderquote für den Hadsch, wie Saudi-Arabien sie weltweit für Länder mit zahlenstarker muslimischer Bevölkerung anwendet. 2013 nahmen nach offiziellen Angaben 11.800 Pilger aus der VR China am Hadsch teil, 2012 waren es 13.800, 2011 13.700 und 2010 13.000 Pilger.
China Daily berichtete am 31. Oktober, dass gegen mindestens 13 chinesische Beamte wegen Korruption ermittelt werde; sie sollen in diesem Jahr gegen Bestechung Leute auf der langen Warteliste für den Hadsch nach vorne gesetzt oder dies für Verwandte getan haben. Die Fälle seien von Xinjiangs Inspektionseinheit für politische Disziplin untersucht worden (China Daily nach UCAN 31.10.; www.sara.gov.cn 27.10.).

30. Oktober 2014:
Chinesischer Stipendienrat kündigt an, 2015 mehr Studenten ins Ausland zu schicken 
Der dem staatlichen Erziehungsministerium unterstehende Chinesische Stipendienrat (Chinese Scholarship Council, CSC) will 2015 25.000 chinesische Studierende, Doktoranden eingeschlossen, ins Ausland schicken. 2014 waren es 20.400. 2014 studierten insgesamt 46.000 chinesische Studierende mit finanzieller Unterstützung des CSC in 85 Ländern. Seit 1996 hat der CSC 160.000 chinesische Studierende ins Ausland geschickt, von denen 98% zurückgekehrt sind, heißt es in dem Bericht (Xinhua 30.10.).
Derzeit studieren allein an deutschen Hochschulen 23.000 Studenten aus der VR China, sie sind die größte Gruppe ausländischer Studierender in Deutschland (www.auswaertiges-amt.de, Stand März 2014). Nur ein Teil von ihnen hat ein staatliches Stipendium. 

4. November 2014:
Inspektionsgruppe der KP Chinas kritisiert, dass in der Provinz Zhejiang einige Parteimitglieder an religiösen Aktivitäten teilnehmen
Vom 29. Juli bis zum 28. September 2014 führte eine Inspektionsgruppe im Auftrag des Zentralkomitees der KP Chinas eine zweimonatige Inspektion der Partei in der Provinz Zhejiang durch. Von dem Ergebnis der Inspektionsreise berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Zhongguo xinwenwang am 4. November. Der Leiter der Inspektionsgruppe Ji Lin nannte als eines der vorgefundenen Probleme: „Im Hinblick auf die Einhaltung der politischen Disziplin [wurde festgestellt], dass an einigen Orten eine Minderheit von Parteimitgliedern an religiösen Aktivitäten teilnimmt und an eine Religion glaubt, einzelne Parteikader nehmen an Massenzwischenfällen teil und üben dadurch einen üblen Einfluss aus.“ Als Gegenmaßnahme empfahl er, die ideologische Erziehung der Parteimitglieder zu verstärken und ihrer religiösen Beteiligung aktiv entgegenzuwirken, „um die Fortschrittlichkeit und Reinheit der Partei zu erhalten“. Die Natur der „Massenzwischenfälle“ wurde nicht näher erläutert. Inspektionen der Lokalregierungen in verschiedene Provinzen finden verstärkt im Zusammenhang mit dem von Präsident Xi Jinping initiierten fünfjährigen Kampf gegen Korruption statt. 
In Zhejiang gab es seit Anfang des Jahres eine große Anzahl von erzwungenen Abrissen von Kirchturmkreuzen und Kirchen, wobei es auch zu Zusammenstößen zwischen Polizeikräften und Gläubigen kam. Von UCAN befragte katholische Quellen aus Zhejiang bestätigten, dass es dort viele religiös gläubige Kader gebe, insbesondere bestünden gute Beziehungen zwischen Kadern und den Buddhisten (South China Morning Post 28.11.2013; www.chinanews.com 4.11.; china.ucanews.com 11.11.).
Siehe auch den Eintrag vom 14. November 2014.

5. November 2014:
Parteisekretär von Tibet warnt Kader, Fantasien bezüglich des Dalai Lama zu hegen
„Was Kader betrifft, die Fantasien bezüglich der 14. Dalai-Gruppe hegen, der Dalai-Gruppe folgen und sich an der Unterstützung separatistischer Infiltrations- und Sabotageaktivitäten beteiligen, [so werden sie] strikt und streng nach dem Gesetz und der Parteidisziplin bestraft“, wurde Chen Quanguo, Parteisekretär des Autonomen Gebiets Tibet, in der Tibet Daily zitiert. Dies berichtete ReutersAsiaNews und Reuters stellten einen Zusammenhang her zwischen diesen Warnungen und der Ankündigung des Dalai Lama am 2. Oktober, er habe informell mit einigen chinesischen Beamten, darunter dem stellvertretenden Parteisekretär des Autonomen Gebiets Tibet, über die Möglichkeit gesprochen, dass er als Pilger den (in der Provinz Shanxi gelegenen) heiligen Berg Wutaishan besuche (AsiaNews 5.11.; Reuters 5.11.; South China Morning Post 3.10.). 
Siehe auch den Eintrag vom 2. Oktober 2014.

5. November 2014:
Stellvertretender Justizminister: Über 730.000 Menschen verbüßen „Besserung in der Gemeinschaft“
Über 730.000 Menschen verbüßen derzeit in China ein Urteil zu „Besserung in der Gemeinschaft“ (community correction, shequ jiaozheng 社区矫正), sagte der stellvertretende Justizminister Zhang Sujun. Dabei handelt es sich um Strafvollzug außerhalb der Haftanstalt, in der Gemeinschaft, d.h. dem Nachbarschaftsviertel (shequ), in dem die Verurteilten ihren Wohnsitz haben. Das relativ neue System der „Besserung in der Gemeinschaft“ wurde 2003 mit einem Pilotprojekt gestartet. Insgesamt 2,1 Mio. Menschen hätten seither ihre Strafe in der Gemeinschaft verbüßt, mit einer Rückfallquote von weniger als 0,2%, sagte Zhang. Das gemeinschaftsbasierte Besserungssystem helfe den Verurteilten, ein normales Leben aufrechtzuerhalten. Die Verabschiedung eines „Gesetzes über die Besserung in der Gemeinschaft“ ist laut Zhang in Vorbereitung.
Einige ausländische Beobachter hatten nach der Abschaffung der „Umerziehung durch Arbeit“ im Dezember 2013 prognostiziert, dass verschiedene andere Formen der Haft zunehmen würden. Allerdings muss offensichtlich die Strafe „Besserung in Gemeinschaft“, anders als die Verwaltungsstrafe der „Umerziehung durch Arbeit“, durch ein Gericht verhängt werden (Xinhua 5.11.; www.people.com.cn 5.11.; vgl. Eva Pils, „Schafft China die Arbeitslager ab oder doch nicht? Artikel zum System der Umerziehung durch Arbeit“, März 2014, www.boell.de).

6. November 2014:
Autonomes Gebiet Tibet setzt als vorletzte Verwaltungseinheit auf Provinzebene die neue Geburtenplanungspolitik um 
Dies kündigte die Regierung des Autonomen Gebiets am 6. November an. Damit dürfen Paare, bei denen mindestens ein Partner Einzelkind ist, künftig zwei Kinder bekommen. Wie Xinhua schrieb, betrifft diese Lockerung der Geburtenplanung in erster Linie die Han-chinesische Bevölkerung Tibets, da Angehörige ethnischer Minderheiten schon unter der bisherigen Geburtenplanungspolitik zwei Kinder bekommen durften. Auf Provinzebene hat nun allein das Autonome Gebiet Xinjiang die vom Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses im Dezember 2013 beschlossene Änderung noch nicht umgesetzt.
Xinhua zufolge haben nach den jüngsten Statistiken der Nationalen Kommission für Gesundheit und Familienplanung landesweit nur 700.000 Paare die Geburt eines zweiten Kindes beantragt, obwohl nach der neuen Regelung 11 Mio. Paare dazu berechtigt wären. Diese Zahl bleibe weit hinter den Erwartungen zurück, sagte ein von Xinhua zitierter Vertreter der Behörde. Die staatliche Nachrichtenagentur wies in diesem Zusammenhang auf den zunehmenden Arbeitskräftemangel in China, die Alterung der Gesellschaft und das ungleiche Verhältnis von 118 Jungen zu 100 Mädchen bei Neugeburten (Stand 2010) aufgrund von selektiver Abtreibung hin (Xinhua 5.,6.11.).

7. November 2014:
UCAN: Amity-Druckerei hat 125-millionste Bibel gedruckt
Von diesen 125 Millionen Bibeln wurden laut UCAN 65,7 Mio. Exemplare „in chinesischen Sprachen verkauft“ und 59,3 Mio. in 70 Länder exportiert. Die Amity Printing Company Ltd, die einzige autorisierte Bibeldruckerei des Landes und inzwischen die größte Bibeldruckerei weltweit, wurde 1988 als Joint Venture zwischen der Amity-Stiftung und den United Bible Societies gegründet. Sie hatte erst im November 2012 den Druck der 100-millionsten Bibel gefeiert, wobei 60 Mio. dieser Bibeln in China selbst vertrieben wurden (UCAN 7.11.; vgl. China heute 2012, Nr. 4, Chronik, 6. und 8. November 2012). 

7. November 2014:
Statuen von Xu Guangqi und Matteo Ricci im Shanghaier Guangqi-Park enthüllt
Die Statuen des „patriotischen Naturwissenschaftlers“ Xu Guangqi und Matteo Riccis wurden von Wang Qicai, Vizevorsitzender des Ständigen Ausschusses des Volkskongresses des Shanghaier Bezirks Xuhui, Grandoni Dario, Vizevorsitzender des „Matteo Ricci International Fund“, und dem italienischen Generalkonsul Stefano Beltrame enthüllt. Dies meldete das Büro für Auswärtige Angelegenheiten der Stadtregierung von Shanghai auf seiner Website (wsb.sh.gov.cn 14.11.).
Die neuen Statuen befinden sich vor der Grabanlage Xu Guangqis. Der Gelehrte und hochrangige Beamte Xu Guangqi (1562–1633) war in enger Freundschaft und Zusammenarbeit mit dem Jesuitenmissionar P. Matteo Ricci verbunden (1552–1610), von dem er 1603 getauft wurde. Auf Xu gehen die Anfänge der Kirche in Shanghai zurück.  

8.–9. November 2014:
Shanghaier Konferenz über den Jesuiten Jacquinot de Bésange, Begründer der ersten Sicherheitszonen für Flüchtlinge in Shanghai im 2. Weltkrieg
Der französische Jesuitenpater Robert Emile Jacquinot de Bésange (chin. Name Rao Jiaju 饶家驹, 1878–1946) rettete 1937 während des Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieges (1937–1945) in Shanghai etwa 360.000 Zivilisten, darunter 80.000 Kindern, durch die Einrichtung einer Schutzzone – der „Shanghai Safe Zone“ – das Leben. Jacquinot kam 1913 als Missionar nach China. Zu Beginn des Krieges konnte er die Kriegsparteien davon überzeugen, dass die Organisation einer Sicherheitszone sowie die Versorgung der Flüchtlinge von Vorteil für alle Seiten seien. Sein Konzept der Sicherheitszonen wurde nach seinem Tode in die Protokolle und Kommentare zu den Genfer Konventionen von 1949 aufgenommen. Bei der internationalen Konferenz an der Shanghai Normal University berichteten 33 Experten über verschiedene Aspekte der lange vergessenen Person Jacquinots und der Sicherheitszonen in Shanghai, wie ein von der Schraven Foundation erstellter Konferenzbericht notiert. Anwesend waren auch der französische und der deutsche Generalkonsul sowie Vertreter des Internationalen Roten Kreuzes. Die Parteizeitung Renmin ribao berichtete ausführlich über die Konferenz und den Aufruf der teilnehmenden Wissenschaftler, in Shanghai ein Jacquinot-Denkmal zu errichten.
Am 10. September 2013 war bereits an Jacquinots Grab auf dem Friedhof Heiligensee in Berlin eine Gedenktafel eingeweiht worden (Renmin ribao 11.11.; Msgr. Schraven Foundation Press Release 18.11.; klauspegler.de/texte/frohnau-frohnau/robert-jacquinot-de-besange; vgl. China heute 2013, Nr. 3, Chronik, 10. September 2013).
Vgl. hierzu auch den Bericht über die  internationale Konferenz zum Thema „Das Zhengding-Massaker und religiös motivierte humanitäre Rettungsaktionen in der Kriegszeit“ in Shijiazhuang vom 28.–29. Oktober 2014 in den Informationen dieser Nummer.

10. November 2014:
Gericht in Kashgar (Xinjiang) verurteilt 22 Personen wegen Beteiligung an illegalen religiösen Aktivitäten zu Gefängnisstrafen zwischen 5 und 16 Jahren
Bei den Verurteilten handelte es sich der staatlichen Global Times zufolge um unauto­risierte Imame, ferner Personen, die sich nach ihrer Entfernung aus religiösen Ämtern an illegalen religiösen Aktivitäten beteiligt hätten, sowie religiöses Personal, das Verbrechen beging. Die Anklagepunkte lauteten auf Anstiftung zu ethnischem Hass und ethnischer Diskriminierung, Unterminierung des Gesetzes durch Aberglauben, illegales Organisieren von Menschenmengen zur Störung der gesellschaftlichen Ordnung, Verbreitung krimineller Methoden und Vergewaltigung, schrieb die Zeitung. Die Bürger von Kashgar seien zu der „öffentlichen Verurteilung“ eingeladen worden; dies sei eine wichtige Methode beim Vorgehen gegen Gewalt und Terrorismus in Zusammenhang mit Religion. Radio Free Asia identifizierte die 22 Verurteilten als Uiguren. Reuters schrieb, öffentliche Massenverurteilungen seien in Xinjiang üblich geworden; das staatliche Fernsehen zeige oft, wie solche in vollbesetzten Auditorien im Freien stattfinden (Global Times 12.11.; Radio Free Asia 11.11.; Reuters 11.11.; Xinhua 11.11.).

13. November 2014:
Bischof Johannes Peng Weizhao von Yujiang nach 6 Monaten aus der Haft entlassen
Bischof Peng, der der katholischen Gemeinschaft im Untergrund angehört, war am 30. Mai 2014 im Bezirk Lin­chuan der Stadt Fuzhou (Provinz Jiangxi) von den Behörden festgenommen und in einem Gästehaus in Ji’an festgehalten worden. Bei der Festnahme seien über zehn Personen, die sagten, sie kämen von der Öffentlichen Sicherheit, ohne sich auszuweisen ins Haus eingedrungen und hätten den Bischof mitgenommen. Eine von UCAN zitierte kirchliche Quelle vermutete, die Festnahme sei erfolgt, weil die Behörden erfahren hätten, dass Peng im April 2014 um Ostern herum heimlich mit päpstlicher Ernennung zum Bischof geweiht worden war. Der Bischof sei nun relativ frei, er dürfe sein Priesteramt, aber nicht sein Bischofsamt ausüben und die Provinz nicht verlassen. Bischof Peng wurde 2012 vom Heiligen Stuhl zum Apostolischen Administrator der Diözese Yujiang ernannt, nachdem der betagte Bischof Zeng Jingmu zurückgetreten war. In der Provinz Jiangxi hat die offizielle Kirche alle fünf Diözesen der Provinz (darunter Yujiang) 1985 zur Diözese Jiangxi zusammengelegt, während die Kirche im Untergrund weiter der vatikanischen Einteilung folgt (UCAN 19.11.; china.ucanews.com 19.11.; vgl. China heute 2014, Nr. 2, Chronik, 30. Mai 2014).

14. November 2014:
Zhu Weiqun von der Einheitsfront der KP Chinas bekräftigt das Prinzip, dass Parteimitglieder nicht an eine Religion glauben dürfen – „Manche wollen die KP Chinas ,missionieren‘“
Das Prinzip gelte seit der Parteigründung, schreibt Zhu in seinem Artikel, der in der staatlichen Huanqiu shibao veröffentlicht wurde. In den letzten Jahren sei es aber immer wieder in Zweifel gezogen worden. Die dabei angeführten Argumente versucht Zhu zu widerlegen. Dem Argument, durch das Prinzip werde politischer und religiöser Glaube vermischt, hält er entgegen, dass die politische Überlegenheit der Partei gerade auf der hohen Übereinstimmung zwischen politischem Programm und Weltanschauung beruhe. „Ohne das Fundament der einheitlichen Weltanschauung steht das gesamte große Gebäude der Ideologie, Theorie und Organisation der Partei vor dem Einsturz, dann heißen wir nicht mehr ‚Kommunistische Partei Chinas‘.“ Wer das tyrannisch und starr finde, solle aus der Partei austreten. Dass die Kommunistischen Parteien Vietnams, Kubas und Russlands ihren Mitgliedern inzwischen erlauben, an eine Religion zu glauben, sei ebenfalls kein Grund, die Politik der KP Chinas zu ändern; die historische Rolle der Religionen in diesen Ländern sei eine andere und jede Partei müsse ihren eigenen Weg gehen. Den Verfall der Sitten und Moral in der chinesischen Gesellschaft auf den Atheismus zurückzuführen sei absurd. Erstens sei die Moral der Chinesen stets überwiegend säkular gewesen. Zweitens sei in den letzten Jahren die Zahl der religiös Gläubigen in der Gesellschaft unnormal angestiegen, also genau in der Zeit, in der manche gleichzeitig einen moralischen Niedergang festzustellen glaubten. Weltweit seien zudem in religiösen Organisationen wie dem Vatikan keineswegs weniger moralische Krisen aufgetreten als in der säkularen Gesellschaft, und in der Welt gebe es viel Gewalt und Krieg zwischen Ländern der gleichen oder unterschiedlicher Religion. Das alles habe nichts mit Atheismus zu tun. Im Übrigen seien „einige der ,Wissenschaftler‘“, die so stark propagieren, dass Parteimitglieder an eine Religion glauben dürfen, in Wirklichkeit längst zum Christentum konvertiert, ihr Propagieren habe also die Eigenschaft einer „,Missionierung‘ der Partei“. Abschließend wies Zhu Weiqun darauf hin, dass Xi Jinping im September auf der Zentralen Konferenz zur Nationalitätenarbeit bestätigt habe, dass Parteimitglieder nicht an eine Religion glauben und nicht an religiösen Aktivitäten teilnehmen dürfen; damit gelte dieses Prinzip durchgängig bei allen Parteiführern von Mao bis Xi (www.huanqiu.com 14.11.).
Zhu Weiqun ist stellvertretender Direktor der Einheitsfrontabteilung der KP Chinas. Er hat wiederholt betont, dass Parteimitglieder Atheisten sein müssen, so z.B. im Dezember 2011 in der Zeitschrift Qiushi (vgl. China heute 2012, Nr. 1, Chronik, Dezember 2011).
Alex Lo kommentierte in der South China Morning Post, dass ein Widerspruch bestehe zwischen dem Edikt, dass Parteimitglieder religionslos sein müssen, und der gleichzeitigen Zelebrierung und Förderung des Konfuzianismus durch den Staat als Ideologieersatz. Der Konfuzianismus sei auch eine Religion (South China Morning Post 17.11.).
Siehe auch die Einträge vom 4. und 5. November 2014.

16. November 2014:
Buddhistenführer in Hongkong verstorben
Der wichtigste buddhistische Führer Hongkongs, Sik Kok Kwong, starb im Alter von 95 Jahren. Im vergangenen Jahr hatte Kok Kwong die Grand Bauhinia Medaille – Hongkongs höchste Auszeichnung – für seinen Beitrag für die Gesellschaft als Präsident der Hongkonger Buddhistischen Vereinigung erhalten. Er hatte sich jahrezehntelang dafür eingesetzt, dass der Geburtstag Buddhas zum öffentlichen Feiertag erklärt wird. Dies wurde schließlich 1999 eingeführt. Regierungschef Leung Chun-ying übermittelte der Familie sein „tiefstes Beileid“. 
Kok Kwong wurde 1919 in der Provinz Liaoning geboren und trat im Alter von neun Jahren in Shanghai ins Kloster ein. 1939 kam er auf der Flucht vor den Japanern nach Hongkong. Während seiner Präsidentschaft in der Buddhistischen Vereinigung, die er bis zu seinem Tod innehatte, baute die Vereinigung Krankenhäuser und Schulen und bot verschiedene soziale Dienste an. Wie die South China Morning Post berichtet, war Kok Kwong immer wieder kritisiert worden, er stünde den Mächtigen zu nahe. Auch habe er sich kaum öffentlich zu politischen Fragen geäußert (South China Morning Post 17.11.) Katharina Feith

18. November 2014:
Kardinal Zen zu den Protesten in Hongkong: Dinge laufen aus dem Ruder
Bei einem von AsiaNews in Rom veranstalteten Symposium zum Thema „Mission in Asien: von Papst Johannes Paul II. zu Papst Franziskus“ betonte Bischof em. Joseph Kardinal Zen Ze-kiun SDB von Hongkong, dass sich die Kirche öffentlich äußern müsse. „Wenn wir auch bereits ein Teil Chinas sind, haben wir noch Redefreiheit, deswegen müssen wir unsere Meinung bekunden.“ „Ich bin stolz, sagen zu  können, dass dank einer kompetenten Kommission für Gerechtigkeit und Frieden die Kirche in Hongkong unsere Leute im Kampf für eine friedliche Demokratie begleitet und so treu der kirchlichen Soziallehre folgt.“ Der Kardinal sagte, die Hongkonger kämpften „für eine wahre Demokratie“. Die Wahl des Chief Executive 2017 sei „keine echte Wahl, deswegen kämpfen wir dagegen an“. Trotz der guten Absichten der Demonstranten, die seit Ende September auf die Straßen gehen, gerieten die Dinge außer Kontrolle. Kardinal Zen meinte, die Studenten seien – nachdem alles auf vernünftige Weise ohne Erwartung unmittelbarer Erfolge begonnen habe – zwischenzeitlich ungeduldig geworden. „Sie haben die ganze Sache in ihre Hand genommen, und sie sind ungeduldig … sie sind sehr schnell ohne rechte Planung. Offensichtlich wollen sie einen sofortigen Erfolg, das ist jedoch nicht möglich. So machen sie Fehler.“ Da die Studenten jung seien, könnten sie „die Aufmerksamkeit der ganzen Welt“ auf sich ziehen, aber gleichzeitig sei es gefährlich, „die Sympathie der Leute zu verspielen, weil das Ganze jetzt schon zu lange dauert“, so der Kardinal. Zugleich sagte er, er würde sich gerne der Polizei ausliefern wegen seines Aktes zivilen Ungehorsams, da er einen Tag und eine Nacht lang öffentliche Plätze besetzt habe. „Ich hoffe, sie sperren mich einige Tage ein, dann habe ich Zeit, für euch alle zu beten“ (AsiaNews 18.11.; CNA/EWTN News 21.11). 
Siehe hierzu auch den Eintrag vom 3. Dezember 2014. Katharina Feith

20. November 2014:
Global Times berichtet über „Glauben als Abkürzung zu Beziehungen und Erfolg“ – die Hälfte der Wohlhabenden in China hängt einem religiösen Glauben an
„Mit der zunehmenden Zahl einflussreicher religiöser Leute finden es manche Menschen zweckdienlich vorzugeben, religiös zu sein, um Beziehungen aufzubauen“, schrieb die staatliche Global Times. Sie schilderte konkrete Beispiele: Einen Nicht-Buddhisten, der als Marketing-Mitarbeiter seiner Firma einen wichtigen Kunden über Chinesisch Neujahr trotz karger Kost und Kälte beim Meditationsaufenthalt in einem Tempel begleitete, und den Fahrer eines christlichen amerikanischen Geschäftsmanns, der mehr Vertrauen und Gehalt erhielt, nachdem er begonnen hatte, mit seinem Chef die Gottesdienste zu besuchen. Der Global Times zufolge hat das Chinese Luxury Consumer White Paper 2011 festgestellt, dass rund die Hälfte der sehr vermögenden Privatpersonen in China religiös gläubig sind. Das Weißbuch basierte auf einer Befragung von 878 Personen mit einem Vermögen von über 6 Mio. Yuan (ca. 800.000 Euro) in 29 chinesischen Städten. Zu diesem Personenkreis gehört auch Pan Shiyi, Vorstandsvorsitzender der Immobilienfirma SOHO in Beijing, der zum Baha’i-Glauben konvertierte, „einer Religion, die in China in letzter Zeit floriert“, so die Zeitung. Sie berichtete auch von Netzwerken, etwa christlichen QQ-Gruppen, die Kontakte zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern der gleichen Religion vermitteln. In vielen Fällen sei religiöser Glaube jedoch kein Aktivposten, schrieb Global Times – etwa für den leitenden Angestellten einer staatlichen Bank, der aus Gründen des beruflichen Fortkommens in die Kommunistische Partei eintrat und nun seinen buddhistischen Glauben versteckt, „weil Kommunisten keinen religiösen Glauben haben sollen“ (Global Times 20.11.).

20. / 21. November 2014:
Wen Wei Po und Global Times enthüllen Vorschläge für sino-vatikanisches Verfahren zur Ernennung chinesischer Bischöfe
Ein Abkommen zwischen China und dem Vatikan bezüglich der Bischofsernennungen sei fast erreicht, meldete die Beijing-nahe Hongkonger Zeitung Wen Wei Po am 20. November unter Berufung auf eine „autoritative Persönlichkeit“. Man habe dem Vatikan einen Vorschlag gemacht und erwarte seine Antwort bis Ende diesen oder Anfang nächsten Jahres. Die Persönlichkeit nannte zwei mögliche Modelle für die Bischofsernennungen: 1. Die Diözese wählt einen Bischofskandidaten, dieser wird über die Chinesische Bischofskonferenz an das Staatlichen Büro für religiöse Angelegenheiten und dann über diplomatische Kanäle dem Vatikan gemeldet. Wenn beide Seiten keine Einwände haben, kann die Weihe erfolgen. Wenn beide Seiten sich nicht einig sind, wird auf keiner Seite eine einseitige Ernennung vorgenommen, noch wird eine erzwungene Weihe durchgeführt. 2. Die Diözese wählt zwei Bischofskandidaten. Die Prozedur der Meldung nach oben ist die gleiche, und der Vatikan trifft eine Auswahl aus beiden Kandidaten. Bei Zustimmung kann die Weihe erfolgen, bei Nichtzustimmung wird „neu geprüft“. Ein Problem für eine baldige Einigung sah die Persönlichkeit darin, dass der Vatikan auch die Frage der Nationalversammlung der Vertreter der katholischen Kirche und der Chinesischen katholischen patriotischen Vereinigung [beide werden vom Vatikan abgelehnt] geregelt haben wolle, und das sei für die chinesische Seite schwer zu machen. Das Problem der Patriotischen Vereinigung sei aber „nichts, worüber man nicht reden kann“, unter neuen historischen Bedingungen könne es einen neuen historischen Auftrag geben. Am 21. November berichtete die staatliche Global Times über die Meldung der Wen Wei Po. Sie gab die beiden Modelle für ein Verfahren bei den Bischofsernennungen wieder. Zur Frage der vom Vatikan gewünschten „Aufhebung der Patriotischen Vereinigung“ zitierte sie Shen Guiping vom Zentralinstitut für Sozialismus, mit den Worten, China werde nicht die Patriotische Vereinigung auflösen, nur um den Vatikan zufriedenzustellen. Doch ihre Rolle könnte geändert werden. Yan Kejia von der Shanghaier Akademie der Sozialwissenschaften sagte zu Global Times, die Patriotische Vereinigung sei ein historisches Erbe, ihre Abschaffung sollte keine Vorbedingung für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen sein (Global Times 21.11.; paper.wenweipo.com 20.11.)
Zu den Hintergründen siehe den Beitrag in den Informationen dieser Nummer. 

25. November 2014:
In Monrovia wird ein von China gebautes Ebola-Behandlungszentrum seiner Bestimmung übergeben 
In dem Behandlungszentrum mit 100 Betten sollen 500 medizinische Mitarbeiter aus China in drei Gruppen sechs Monate lang arbeiten, um mit Ebola infizierte Menschen zu behandeln, Verdachtsfälle zu überwachen und Gesundheitsarbeiter in Liberia zu schulen. Dies sagte Cui Li, Vizeministerin der chinesischen Nationalen Kommission für Gesundheit und Familienplanung, bei der Einweihung des Zentrums. Liberias Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf lobte China für seine Hilfe; es habe als eines der ersten Länder ein Flugzeug mit Hilfsgütern geschickt, berichtete Xinhua. Dem Bericht zufolge hat China seit Ausbruch der Epidemie 7,5 Mrd. Yuan und über 500 medizinische Mitarbeiter sowie Experten für öffentliche Gesundheit in die betroffenen westafrikanischen Länder geschickt. Am 20. Oktober kritisierte der Vertreter des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen in China, Brett Rierson, die mangelnde Spendenbereitschaft chinesischer Milliardäre sowie der chinesischen Firmen, die derzeit die größten Investoren in Westafrika seien. Der chinesische Staat hingegen gehört laut Rierson zu den größten Geberländern des Welternährungsprogramms für den Kampf gegen Ebola. Nach unterschiedlichen Angaben leben rund 10.000 bis 20.000 chinesische Staatsbürger in Sierra Leone, Guinea und Liberia. 
Die Behörden in Guangzhou kündigten am 28. Oktober verstärkte Vorsorgemaßnahmen gegen Ebola an, darunter Temperaturmessungen bei der Einreise und in den ersten 21 Tagen des Aufenthalts von Personen aus den von Ebola betroffenen Ländern. Der Gouverneur von Guangdong, Zhu Xiaodan, sagte, die Provinz habe landesweit Priorität bei der Vorbeugung gegen Ebola wegen der hohen Zahl der dort lebenden Afrikaner. Nach offiziellen Statistiken leben rund 30.000 Afrikaner in Guangdong, 15.570 von ihnen in der Hauptstadt Guangzhou, an deren Flughafen täglich rund 1.000 Passagiere mit Direktflügen aus Afrika landen, schrieb die Global Times (30.10.; The Guardian 6.11.; Reuters 20.10.; Xinhua 26.11.).

26. November 2014:
Corriere della Sera: Chinesischer Botschafter in Italien fliegt nach Beijing, um Präsident Xi über den Stand der Verhandlungen mit dem Vatikan zu informieren
Botschafter Li Ruiyu habe einen Air China-Flug nach Beijing genommen, schrieb die italienische Zeitung, ohne ein Datum zu nennen. Verhandlungen auf hoher Ebene seien im Juni wiederaufgenommen worden. Eine Delegation des vatikanischen Staatssekretariats sei vorbereitet gewesen, diesen November nach Beijing zu fliegen, doch wegen des „großen Gedränges an Ereignissen“ in Beijing habe der Plan revidiert werden müssen (Corriere della Sera 26.11.).
Diese Meldung wurde von keiner Seite bestätigt. 

28. November 2014:
Xinhua meldet 15 Tote bei Angriff im Kreis Shache im Regierungsbezirk Kashgar in Xinjiang
15 Personen seien bei einem Terrorangriff in Shache (Yarkant) getötet worden, darunter 11 „Gangster“, die die Polizei erschossen habe, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua; 14 Menschen seien verletzt worden. Die Aufrührer hätten in einer Essstraße Sprengsätze geworfen und Zivilisten mit Messern angegriffen. Weitere Hintergründe wurden nicht genannt. In Shache hatte es bereits am 28. Juli einen blutigen Vorfall gegeben, bei dem nach Angaben staatlicher Medien 37 Zivilisten getötet und 59 Terroristen von der Polizei erschossen wurden. 12 Personen wurden in diesem Zusammenhang am 13. Oktober zum Tod verurteilt. Nach einer von der New York Times zitierten Regierungsstatistik sind 96% der 800.000 Einwohner des Kreises Shache Uiguren. Über 400 Menschen seien innerhalb des letzten Jahres bei Unruhen in ganz Xinjiang getötet worden, viele davon durch Mitglieder der Sicherheitskräfte, schrieb die New York Times (29.11.; Xinhua 29.11.).
Siehe den Eintrag vom 13. Oktober 2014.

3. Dezember 2014:
Hongkong: Occupy-Bewegung beendet Proteste
Mit einer Selbstanzeige in einer Hongkonger Polizeistation wollten die drei Initiatoren von „Occupy Central“ – die Hochschullehrer Benny Tai Yiu-ting und Chan Kin-man sowie Pastor Chu Yiu-ming – die Proteste friedlich beenden. Sie erklärten, sie hätten gegen Vorschriften, vor allem über öffentliche Versammlungen, verstoßen. Damit wollten sie stellvertretend die juristischen Folgen der Proteste tragen. Begleitet wurden sie von Kardinal Zen und anderen Unterstützern, insgesamt 24 Personen, die sich ebenfalls der Polizei auslieferten. 
Vor seinem Gang zur Polizei hatte Kardinal Zen in einem Telefonat mit dem Journalisten Gerard O’Connell wissen lassen: „Wir gehen gerne einige Zeit ins Gefängnis. Wir halten uns an die Gesetze, aber wir haben gegen das Gesetz verstoßen, um die Aufmerksamkeit auf die Tatsache zu lenken, dass mit dem Gesetz etwas grundsätzlich nicht stimmt. Wir zeigen uns selbst an und bitten darum, wegen Gesetzesbruchs verhaftet zu werden. Das müssen wir tun, um unseren Akt zivilen Ungehorsams zu beenden.“ Die Gruppe verließ allerdings, nachdem sie einige Papiere ausgefüllt hatte, nach einer Stunde wieder auf freiem Fuß das Gebäude.
Zuvor hatte Tai die Studenten und Schüler, die weiter Straßen vor den Regierungsgebäuden besetzten, vergeblich dazu aufgefordert, ihre Proteste aufzugeben. Diese wollen weiterkämpfen, bis die Regierung entsprechende Zugeständnisse bezüglich ihrer Forderungen nach echten demokratischen Wahlen macht. Benny Tai sagte bei einer Pressekonferenz: „Wir lassen die (studentischen) Besetzer nicht im Stich. Sie sollen verstehen, dass der Kampf um Demokratie ein langer ist und wir die Energie brauchen, um weiterzukämpfen.“ Dies zeigt, wie gespalten Hongkongs Bewegung für mehr Demokratie inzwischen ist. Am 2. Dezember ging Joshua Wong, der Führer der Schülerbewegung Scholarism, mit zwei weiteren Demonstrantinnen in einen Hungerstreik. Wie die FAZ am 3. Dezember schreibt, haben die Studenten „außer Kampfgeist und Idealismus nicht mehr viel vorzuweisen. Die Zahl der Protestierenden insgesamt schrumpft, wobei die Zahl derer, die zur Randale bereit sind, zunimmt. Dies führt inzwischen dazu, dass das Bild der Studentendemonstration für Demokratie in Hongkong in der Öffentlichkeit an Glanz verliert.“ 70% der Hongkonger wünschten sich ein Ende der „Besetzung“. Das heiße aber nicht, dass die Menschen ihre Forderungen nach echter Demokratie aufgegeben hätten, zitiert die FAZ Jean-Pierre Cabestan von der Hong Kong Baptist University. „Doch wie der Weg zu politischen Reformen weiter begangen werden soll, dafür gibt es noch keine Konzepte bei der Bewegung.“ Benny Tai fordere, die Bewegung müsse Wurzeln in der Gemeinschaft schlagen.
Wie auch der Hong Kong Sunday Examiner berichtete, ist es durch die Proteste zu einer tiefen Kluft zwischen Vertretern unterschiedlicher politischer Ansichten in Hongkong gekommen. 
In den letzten Wochen kam es auch immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei. Nachdem zunächst ein Hauptzentrum der Proteste in Mong Kok mit 100 Verhaftungen geräumt worden war, drängten die Hongkonger Studentenförderation und Scholarism die verbliebenen Demonstranten, sich in Admiralty in unmittelbarer Nähe zum Regierungskomplex zu versammeln. Dort kam es am 30. November zu Kämpfen mit der Polizei, die Schlagstöcke, Pfefferspray und Wasserwerfer einsetzte. 40 Personen wurden festgenommen, mehrere Dutzend verletzt. Regierungschef Leung warnte am darauffolgenden Tag vor härterem Durchgreifen, sollten sich die Demonstranten nicht zurückziehen.
Am 9. November hatte Präsident Xi Jinping bei einem Treffen mit Leung ihm und seiner Regierung volle Unterstützung zugesagt.
Bei der Räumung in Mong Kok war unter den Verhafteten auch ein Mitglied der Kommissionen für Liturgie und Jugend der katholischen Diözese Hongkong, Johannes Pang. In einem offenen Brief auf Facebook machte ein Bekannter von Pang Papst Franziskus auf den Fall aufmerksam, da Pang während des Korea-Besuches mit Papst Franziskus ein „Selfie“ gemacht hatte. Auch hatte Pang in einem offenen Brief an Regierungschef Leung, der in der Hongkonger Zeitung Ming Pao veröffentlicht wurde, ausführlich aus den Gesprächen von Papst Franziskus mit den Jugendlichen in Südkorea zitiert.
Der amtierende Bischof von Hongkong, Kardinal John Tong, äußerte sich in einem Statement vom 26. November zu den Vorgängen in Mong Kok: „Angesichts des Konflikts und der Konfrontationen in Mong Kok rufe ich nachdrücklich alle Seiten auf, sich an die Rechtsstaatlichkeit zu halten und eine Haltung der Selbstbeherrschung, Gewaltlosigkeit und Vernunft an den Tag zu legen, damit es in Hongkong einen dauerhaften Frieden gibt und es sich weiterhin der Wahlreform widmen kann.“ Der Kardinal bat auch um das Gebet, damit ein Weg aus der Sackgasse gefunden werden könne.
Am 15. Oktober hatten drei Vertreter der Hongkonger Studentenförderation im Übrigen vergeblich versucht, nach China einzureisen, um Ministerpräsident Li Keqiang und Mitglieder des Nationalen Volkskongresses zu treffen, die die Regelungen für die Wahl des Regierungschefs festgelegt hatten. Alek Chow Yong-kang, Generalsekretär der Förderation, bezeichnete dies als „politischen Protest“. Ihre Reisedokumente wurden vor dem Abflug ungültig gemacht.
Ob die Studenten sich mit ihren Forderungen doch noch in irgendeiner Form durchsetzen können, ist abzuwarten (America Magazine 3.12.; AsiaNews 14.11.; FAZ 2.,3.12; Hong Kong Sunday Examiner 1.11.; 6.12; South China Morning Post 11.,16.11; 2.12.; UCAN 26.11.; Xinhua 15.11. ) Katharina Feith

9. Dezember 2014:
Erstmals wird ein in Hongkong lebender Chinese zum orthodoxen Priester geweiht
Anatolij Kung Cheung Ming (Gong Changming) wurde vom Metropoliten Ignatius von Habarovsk am 5. Dezember zum Diakon und vier Tage später zum Priester geweiht. Der 1969 in der Provinz Jiangsu geborene Unternehmer lebte 1999–2012 in Moskau und wurde 2013 in Hongkong getauft. Er soll in der Gemeinde der hl. Peter und Paul der Russisch-Orthodoxen Kirche in Hongkong eingesetzt werden. Seine Weihe eröffnet den Gläubigen in Hongkong die Möglichkeit, das Wort Gottes in ihren Muttersprachen Kantonesisch und Mandarin zu hören (zu den Hintergründen siehe den Beitrag in den Informationen dieser Nummer).
Siehe auch den Eintrag vom 27. September 2014. 


Katharina Wenzel-Teuber
mit Beiträgen von Katharina Feith

Alle Quellenangaben in der „Chronik“ beziehen sich, wenn nicht anders angegeben, auf das Jahr 2014.

Back to top