Chronik zu Religion und Kirche in China 1. Januar bis 31. März 2021

Politik allgemein

22. März 2021:
Nach EU-Sanktionen verhängt China Konter-Sanktionen gegen europäische Politiker und Wissenschaftler – über 1.300 Wissenschaftler unterzeichnen Solidaritäts-Statement
Am 22. März wurden Sanktionen der Europäischen Union gegen vier in Xin­jiang tätige chinesische Politiker und das Büro für Öffentliche Sicherheit von Xinjiang wegen der Masseninhaftierungen in der Region rechtskräftig. Umgehend verhängte China seinerseits Strafmaßnahmen gegen zehn Europäer sowie vier europäische Organisationen. Betroffen sind fünf EU-Abgeordnete, darunter Reinhard Bütikofer (Grüne), der Chef der China-Delegation des Europaparlaments, drei weitere europäische Politiker sowie die Wissenschaftler Björn Jerdén und Adrian Zenz; Letzterer hat zu den Umerziehungslagern in Xinjiang geforscht. Sie alle dürfen wie ihre Familienangehörigen künftig nicht nach Festlandchina, Hongkong oder Macau einreisen. Sanktioniert wurden ferner das in Berlin ansässige, zur Stiftung Mercator gehörende China-Forschungsinstitut MERICS, der Menschenrechtsausschuss im EU-Parlament, das Politische und Sicherheitspolitische Komitee des Rats der EU und die Alliance of Democracies Foundation in Dänemark.
In Solidarität mit Björn Jerdén, Adrian Zenz, den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern von MERICS und dem ebenfalls von Sanktionen betroffenen britischen Forscher Jo Smith Finley veröffentlichten Wissenschaftler aus Europa und der ganzen Welt – unter ihnen viele Sinologen und Sinologinnen – im Internet ein „Soli­darity statement on behalf of scholars sanctioned for their work on China“, das bis 14. April 2021 von 1.336 Forschenden namentlich unterzeichnet wurde. Die Sanktionen seien „die jüngste Eskalation eines Prozesses der Einschränkung der akademischen Debatte, der in den letzten Jahrzehnten stattgefunden hat“, heißt es u.a. in dem auf Englisch und Chinesisch veröffentlichten Statement, das mit den Worten endet: „Wir, die unterzeichnenden Wissenschaftler, schrei­ben daher, um unsere Solidarität mit all unseren verfolgten Kollegen auszudrücken. Dabei fordern wir die chinesische Regierung auf, diese ungerechtfertigten Sanktionen zurückzunehmen und zu akzeptieren, dass die Wissenschaft über China, wie die Wissenschaft über jedes andere Land, eine Überprüfung der Politik, der Ziele und der Handlungen dieses Landes mit sich bringt. Wir verpflichten uns auch, in unserer eigenen Arbeit weiterhin inklusiv zu sein und uns mit allen akademischen Ansichten auseinanderzusetzen, auch mit denen, die die chinesische Regierung zu marginalisieren versucht. Wir fordern unsere Universitäten und Forschungseinrichtungen auf, ihr bedingungsloses Bekenntnis zur akademischen Freiheit zu demonstrieren, und wir signalisieren, dass die hier verfolgte Einschüchterungsstrategie keinen Erfolg haben wird. Nur durch die Förderung einer kritischen und differenzierten akademischen Debatte kann die Wissenschaft zum globalen Gemeinwohl beitragen“ (Statement unter https://docs.google.com/forms/d/e/1FAIpQLSfVfAIPteAVw45newLwTxaWGEaZydE6GPgO_ZyKh0F8-ZrbsQ/closedform; politico.eu 22.03.; reuters.com 22.03.; sueddeutsche.de 22.03.).

Religionspolitik

Dezember 2020 bis März 2021:
Religionen in der Corona-Pandemie
Ab Anfang Juni 2020 begann der monatelang dauernde Prozess der Wiederöffnung der religiösen Stätten nach dem landesweiten Lockdown (vgl. China heute 2020, Nr. 2-3, Informationen). Für die Wintermonate ist das Bild unvollständig. An Weihnachten wurden in verschiedenen Teilen Chinas unter Präventionsmaßnahmen katholische Gottesdienste abgehalten, wie Berichte des katholischen Portals Xinde zeigen; an anderen Orten, wie z.B. in Shijia­zhuang, mussten sie abgesagt werden. Laut einem Bericht der China Christian Daily über protestantische Weihnachtsgottesdienste in Beijing mussten die meisten Kirchen, darunter die Haidian-Kirche, die Gangwashi-Kirche und die Fengtai-Kirche, ihre Gottesdienste kurzfristig ins Internet verlegen. In dem Beitrag wird einer der wenigen unter sehr umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen stattfindenden Präsenz-Gottesdienste in Beijing beschrieben; in der Kirche war Fotografieren verboten und die Mobiltelefonsignale waren blockiert.
Anfang Januar gab es Corona-Ausbrüche in den Provinzen Hebei (siehe den Beitrag vom 7. Januar 2021 in der Rubrik „Katholische Kirche“), Heilongjiang und Jilin. Am 8. Januar 2021 wurden alle 155 religiösen Stätten in Beijing geschlossen. Ein Rundschreiben des Staatsrats vom 18. Januar wies alle Provinzen an, aufgrund steigender Infektionen die Prävention zu verstärken und u.a. auf dem Land „kollektive Aktivitäten in religiösen Stätten vorübergehend einzustellen und illegale religiöse Aktivitäten gemäß dem Gesetz zu stoppen“. Die Zentralregierung rief die Bevölkerung im Vorfeld des Chinesischen Neujahrsfests (12. Februar) dazu auf, auf Reisen möglichst zu verzichten. Einer Bekanntmachung der Chinesischen buddhistischen Vereinigung vom 27. Januar ist zu entnehmen, dass zwar kollektive religiöse Aktivitäten in Tempeln eingestellt, aber Tempelbesuche in kontrollierter Weise weiter möglich sein sollten. Am 16. März 2021 meldete Xinde, dass „nach Sichuan und Zhejiang nun auch Beijing, Shanghai, Chongqing, Jiangxi, Xi’an in Shaanxi, Baotou und Chifeng in der Inneren Mongolei ihre Stätten für religiöse Aktivitäten nacheinander wieder geöffnet haben oder demnächst öffnen werden“ (AsiaNews 8.,9.01.2021; chinabuddhism.com 28.01.2021; chinachristiandaily.com 28.12.2020/4.01.2021; gov.cn 18.01.2021; NZZ 4.02.2021; scmp.com 8.01.2021; xinde.org 16.03.2021).

4. Dezember 2020:
ChinaAid: Grundschullehrer im Wen­zhouer Bezirk Longwan mussten eine Verpflichtung unterzeichnen, nicht an eine Religion zu glauben
Wie die in den USA ansässige Organisation ChinaAid meldete, wurden Lehrer von Grundschulen im Bezirk Longwan in der Stadt Wenzhou (Zhejiang) aufgefordert, eine „Verpflichtung für Lehrpersonal, nicht an eine Religion zu glauben“ (教师不信教承诺书) zu unterzeichnen. Eine örtliche Quelle berichtete, dass an ihrer Schule das Lehrpersonal am 30. November in einer Versammlung ein Formular ausfüllen musste, von dem ChinaAid ein Foto zeigte. Das Formular enthält Felder für Angaben zur Person und eine zu unterzeichnende Erklärung von 4 Punkten. Punkt 1 verpflichtet dazu, „fest in der marxistischen Auffassung von Religion zu stehen, atheistische Erziehung und Bildung zu stärken, nicht an Religion zu glauben, an keinerlei religiösen Aktivitäten teilzunehmen und an keinem Ort Religion zu predigen und zu verbreiten“. Der/die Unterzeichnende verpflichtet sich außerdem, sich nicht an „Kulten“ wie Falungong zu beteiligen, keinen „feudalen Aberglauben“ zu betreiben und sich stattdessen für den Sozialismus und den „Auftrag, für Partei und Staat Menschen heranzuziehen“, einzusetzen. Lehrer, die der KP angehören, mussten der Quelle zufolge das Formular „Verpflichtung für Parteimitglieder, nicht an eine Religion zu glauben“ ausfüllen. Laut ChinaAid sind 10% der Bevölkerung von Wenzhou Christen (Asia­News 10.12.2020; chinaaid.net 4.12.2020).
Schon früher wurde gemeldet, dass sich an einigen Orten Schüler und ihre Eltern schriftlich verpflichten mussten, nicht an religiösen Aktivitäten teilzunehmen (vgl. China heute 2018, Nr. 3, Chronik, Religionspolitik, 2. September 2018; 2020, Nr. 2-3, Chronik, Religionspolitik, 12. Juni 2020). Seit einigen Jahren gibt es zudem aus einer zunehmenden Zahl von Orten in China Berichte, dass Minderjährige keine Gottesdienste besuchen und nicht am Religionsunterricht teilnehmen dürfen.

4. Januar / 21. Februar 2021:
Zentrales Dokument Nr. 1“ zur Revitalisierung des ländlichen Raums fordert verstärktes Vorgehen gegen „illegale religiöse Aktivitäten auf dem Land“
Das erste politische Dokument des Jahres 2021 – das „Zentrale Dokument Nr. 1“ des Zentralkomitees der KP Chinas und des Staatsrats – behandelt, wie schon die entsprechenden Dokumente der Vorjahre, Maßnahmen zur Förderung der Entwicklung im ländlichen Raum. In Abschnitt 25, „Stärkung des Aufbaus einer geistigen Zivilisation“, findet sich ein Satz zum Thema Religion, mit ausschließlich negativen Konnotationen; er lautet: „Mit vermehrter Kraft illegale religiöse Aktivitäten und ausländische Infiltrationsaktivitäten auf dem Land bekämpfen, gemäß dem Gesetz der Einmischung in ländliche öffentliche Angelegenheiten mittels Religion Einhalt gebieten.“ Der gleiche Satz stand bereits im Dokument Nr. 1 von 2018 (vgl. China heute 2018, Nr. 1, Chronik, Religionspolitik, 4. Februar 2018). In erster Linie geht es in Abschnitt 25 um die Vertiefung der ideologischen Erziehung. Unter anderem sollen in den Dörfern Propagandaaktivitäten mit dem Motto „Auf die Partei hören, die Güte der Partei fühlen, mit der Partei gehen“ durchgeführt werden – diese Parole ist im Vorfeld des 100. Gründungstags der KP Chinas im Juli 2021 omnipräsent. Der chinesischen bäuerlichen Zivilisation sollen neue zeitgenössische Inhalte verliehen, ländliche Sitten und Gebräuche transformiert und vereinfacht werden. Durch Praktiken wie Punktesammelsysteme, „Moralbewertungsgremien“ (daode pingyihui 道德评议会) oder „Rot-Weiß-Räte“ (hongbai lishihui 红白理事会) [die Farben stehen für Hochzeit und Trauer] sollen schlechte Sitten wie hohe Brautpreise, üppige Begräbnisse, Verschwendung und „feudaler Aberglaube“ reguliert und gute, einfache Sitten gefördert werden (Dokument unter www.sara.gov.cn/ywdt/351548.jhtml, datiert 4.01., veröffentlicht 21.02.2021; rfa.org 25.02.2021).

5. Januar 2021:
„Vorschriften der Kommunistischen Partei Chinas für die Einheitsfrontarbeit“ veröffentlicht – Parteimitglieder dürfen nicht an eine Religion glauben
Es handelt sich um eine überarbeitete Version der 2015 zum probeweisen Gebrauch veröffentlichten Erstfassung. Das parteiinterne Dokument enthält ein Kapitel über „Religionsarbeit“, also den Umgang der Partei mit den Religionen. Neben bekannten Prinzipien der chinesischen Religionspolitik beinhaltet das Kapitel (wie schon die Fassung von 2015) den Grundsatz: „Mitglieder der Kommunistischen Partei sollen sich mit den religiös gläubigen Massen zusammenschließen, aber sie dürfen nicht an eine Religion glauben.“ Eine Übersetzung des Kapitels über die Religionsarbeit der 中国共产党统一战线工作条例 findet sich in der Dokumentation.

7. Februar 2021:
Wang Yang empfängt Verantwort­liche der offiziellen Organisationen der Religionen
Bei dem Treffen anlässlich des bevorstehenden Frühlingsfests sagte der Vorsitzende der Politischen Konsultativkonferenz zu den versammelten Religionsführern unter anderem: „Die Feier des 100-jährigen Bestehens der Kommunistischen Partei Chinas sollte Anlass sein, die schöne Tradition der Einheit, Zusammenarbeit und Harmonie zwischen den religiösen Kreisen unseres Landes und der Kommunistischen Partei Chinas fortzuführen, die Führung der Kommunistischen Partei Chinas entschlossen zu unterstützen und die ‚fünf Identifikationen‘ kontinuierlich zu fördern“ (people.com.cn 8.02.2021).
Aus vielen Berichten geht hervor, dass die Religionen (zusammen mit allen anderen Sektoren der Gesellschaft) aufgerufen sind, die Partei anlässlich ihres Geburtstags zu feiern und Loyalitätserweise zu erbringen; vgl. hierzu die Einträge vom 8. März 2021 in der Rubrik „Buddhismus“ und vom 16. Februar 2021 in der Rubrik „Katholische Kirche“.
Die KPCh wurde im Juli 1921 in Shanghai gegründet.

9. Februar 2021:
„Maßnahmen für die Verwaltung religiöser Amtsträger“ verabschiedet
Am 9. Februar veröffentlichte das Nationale Büro für religiöse Angelegenheiten (NBRA) „Maßnahmen für die Verwaltung religiöser Amtsträger“ (im Folgenden kurz: „Maßnahmen“), die am 1. Mai 2021 in Kraft treten werden. Bisher gab es keine solch umfassende Rechtsnorm für die staatliche Verwaltung dieses Aspekts des religiösen Lebens. Die neuen „Maßnahmen“ wurden am 18. November 2020 zunächst als Entwurf für die Einholung öffentlicher Meinungen veröffentlicht (siehe China heute 2020, Nr. 4, Chronik, Religionspolitik, 18. November 2020, mit einem ersten Überblick über den Inhalt). Eine Übersetzung des sehr restriktiven Dokuments erscheint in einer der nächsten Ausgaben von China heute. Die Bestimmungen der „Maßnahmen“, dass religiöse Amtsträger „am Prinzip der Unabhängigkeit, Autonomie und Selbstverwaltung der Religionen“ festhalten müssen (§ 3) und dass „katholische Bischöfe von der [seitens Rom nicht anerkannten] Chinesischen katholischen Bischofskonferenz approbiert und geweiht“ werden (§ 16), bezeichnete Massimo Introvigne von Bitter Winter als „Schlag ins Gesicht des Vatikans“. Anthony Lam, ein Hongkonger Experte für die katholische Kirche in China, sagte jedoch der South China Morning Post, dass das sino-vatikanische Abkommen, das dem Papst das letzte Wort bei den Bischofsernennungen gebe, nicht berührt würde. Im Kontext der Problematik, dass katholische Kleriker im Untergrund von den Behörden an vielen Orten unter Druck gesetzt werden, gegen ihr Gewissen Erklärungen zur Unterstützung des Prinzips der Unabhängigkeit zu unterzeichnen, ist eine Änderung in der Endfassung der „Maßnahmen“ gegenüber dem Entwurf vom 18. November zu beachten: § 13 enthält die Bestimmung, dass die nationalen religiösen Organisationen die Voraussetzungen für die Anerkennung der religiösen Amtsträger der eigenen Religion festlegen; in der Endfassung wurde an dieser Stelle eingefügt, „die Voraussetzungen für die Anerkennung müssen die in § 3 dieser Maßnahmen festgelegten Bestimmungen enthalten“ – also auch das Festhalten am Prinzip der Unabhängigkeit (Text der „Maßnahmen“ unter www.sara.gov.cn/ywdt/351324.jhtml; englische Übersetzung und Kommentar unter https://bitterwinter.org/enter-the-administrative-measures-for-religious-clergy; scmp.org 19.02.). Siehe auch den Beitrag in den Informationen.

Daoismus

27.–28. November 2020:
10. Nationalversammlung der Vertreter der Chinesischen daoistischen Vereinigung (CDV)
Die 352 daoistischen Delegierten und 48 Gäste trafen sich in Jurong (Jiangsu) am Mao­shan-Gebirge. Die Versammlung wählte turnusgemäß eine neue Führungsriege der CDV: einen 204-köpfigen Vorstand und einen Ständigen Vorstand mit 92 Mitgliedern. Der daoistische Priester Li Guangfu (geb. 1955), der auch Präsident der Daoistischen Vereinigung vom Wudangshan ist, wurde als Präsident der CDV wiedergewählt. Ihm stehen künftig 18 Vizepräsidenten zur Seite. Li Hanying wurde Generalsekretär. Die Satzung der CDV und weitere Dokumente wurden revidiert, 7 neue Regelungen wurden verabschiedet, darunter „Verhaltensnormen für daoistische religiöse Amtsträger“. Wang Zuo’an, Vizeminister der Einheitsfrontabteilung der KP Chinas und Direktor des Nationalen Büros für religiöse Angelegenheiten, hob in seiner Rede bei der Nationalversammlung u.a. hervor, dass die CDV in den letzten Jahren die Ordinationszeremonien der Quanzhen-Schule „wiederhergestellt“ und die Liturgie der Registerverleihung (Ordination) der Zhengyi-Schule „weiter normiert“ habe. Als gravierende Probleme nannte er eine unzureichende innere Motivation zur Sinisierung des Daoismus (sic!), mangelnde Disziplin in manchen Klöstern, Leidenschaft für Wahrsagerei und Fengshui sowie generell eine niedrige „Qualität“ des Klerus. Für die Zukunft forderte Wang die Daoisten auf, den „patriotischen Geist“ zu fördern, u.a. anlässlich der Hundertjahrfeier der Gründung der KP Chinas; eine klare Grenze zwischen „normalen religiösen Aktivitäten“ und „feudalem Aberglauben“ zu ziehen und entschlossenen Widerstand gegen alle „illegalen und gesetzwidrigen Aktivitäten, die den Daoismus benutzen“, zu leisten. Er rief den Daoismus auf, bei der Interpretation seiner Lehren und Regeln „mit der Zeit zu gehen“. Der „Stil“ des Daoismus sei zu korrigieren, die „Gebote zum Meister zu machen“ (yi jie wei shi 以戒为师). Die traditionellen daoistischen Gebote und Regeln (jielü 戒律) müssten geordnet, vereinfacht und vereinheitlicht werden, so Wang. Das System für den Ausschluss aus dem daoistischen Klerus müsse verbessert und ein webbasiertes Nachschlagesystem für ausgeschlossene Personen eingerichtet werden, damit, „wer an einem Ort gegen die Gebote (jie 戒) verstoßen hat, überall in die Schranken gewiesen wird“ (sara.gov.cn 15.12.; taoist.org.cn 18.12.; zytzb.gov.cn 30.11.).
Die Nationalversammlungen sind die höchsten offiziellen Gremien der fünf anerkannten Religionen, sie tagen turnusmäßig alle fünf Jahre. Die 9. Nationalversammlung der Daoisten fand vom 26.–29. Juni 2015 in Beijing statt; vgl. China heute 2015, Nr. 3, Chronik, 26.-29. Juni 2015.

Volksglaube

21. Dezember 2020:
Maßnahmen der Provinz Guangdong für die Verwaltung der Registrierung und Nummerierung von Stätten für Volksglaubensaktivitäten werden erlassen
In der Volksrepublik China konnten lange nur Stätten der anerkannten „fünf Religionen“ einen legalen Status durch Registrierung beim Staat erlangen. Seit einiger Zeit erproben die Behörden Methoden, traditionelle volksreligiöse Praktiken offiziell zuzulassen und in die staatliche Verwaltung aufzunehmen. Als erstes erließ im Jahr 2009 die Provinz Hunan Verwaltungsmaßnahmen zur Registrierung volksreligiöser Stätten (vgl. China heute 2011, Nr. 2, Dokumentation, Themen). Die im Dezember erlassenen Maßnahmen der Provinz Guangdong (广东省民间信仰活动场所登记编号管理办法) definieren Volksglauben als „Phänomene des nicht institutionalisierten Glaubens, bei denen eine Vielzahl von Gottheiten verehrt wird, mit dem Hauptzweck, um Segen zu beten und Schaden abzuwenden, die eng mit Brauchtumsaktivitäten verbunden sind und spontan im Volk weitergegeben werden“. Konfuziustempel (wenmiao 文庙) und Ahnenhallen von Clans (zongzu citang 宗族祠堂) zählen nicht als Stätten für Volksglaubensaktivitäten im Sinn der Maßnahmen (§ 2). Volkglaubensstätten, die eine Grundstücksfläche von mindestens 500 qm oder eine Gebäudefläche von mindestens 300 qm haben oder jährlich eine Einzelaktivität mit mindestens 1.000 Teilnehmern abhalten, müssen registriert und nummeriert (dengji bianhao 登记编号) werden. Kleinere Stätten werden registriert und archiviert, sie erhalten keine Nummer; wie die größeren Stätten werden sie in das „Verwaltungssystem für ethnische und religiöse Angelegenheiten der Provinz Guangdong“ eingespeist (§ 4). Das Dorf- oder Einwohnerkomitee des Ortes, an dem die Stätte sich befindet, organisiert, dass das demokratische Verwaltungsgremium der Stätte bei der Regierung auf Gemeindeebene einen Antrag unter Beifügung der notwendigen Unterlagen (u.a. Nachweis über Eigentums- oder Nutzungsrecht der Immobilie) stellt. Diese leitet ihn nach Überprüfung an die Regierung auf Kreis­ebene weiter, welche dann das entsprechende Registrierungszertifikat ausstellt (§ 5).
Durchführungsmaßnahmen der Stadt Ningbo (Provinz Zhejiang) vom 16. November 2020 zum gleichen Thema nennen als Ausschlusskriterien für die Registrierung als Stätte für Volksglaubensaktivitäten u.a.: „es wohnt dort ständig ein religiöser Amtsträger“ (sic!) und „es werden häretische (xiejiao 邪教), abergläubige und andere illegale Aktivitäten durchgeführt“ (Dokumente unter http://mzzjw.gd.gov.cn/gkmlpt/content/3/3155/post_3155269.html#617 und www.ningbo.gov.cn/art/2020/11/16/art_1229096003_983380.html).

11. März 2021:

Stadt Harbin verbietet Produktion, Verkauf und Verbrennen von Papiergeld an Qingming
Wie das Portal The Paper berichtete, gab die Stadt Harbin im nordchinesischen Heilongjiang am 11. März bekannt, dass streng gegen die Produktion, den Vertrieb, Verkauf und das Verbrennen von Papiergeld vorzugehen sei. Traditionell werden am Qingming-Fest (4. April 2021) zum Totengedenken die Gräber gefegt; dazu gehört auch der Brauch des Verbrennens von Geistergeld. Laut Global Times löste das Verbot in Harbin eine breite Diskussion in den sozialen Medien aus, ein entsprechender hashtag auf Sina Weibo erzielte 47 Mio. reads. Eine Meldung auf der Website von Harbins Stadtbezirk Xiangfang ermahnte außerdem dazu, im Sinne der Corona-Prävention die Besucherströme auf den Friedhöfen zu kontrollieren; die Menschen sollten zu „zivilisiertem Fegen“ und grünen, umweltfreundlichen Formen des Totengedenkens angeleitet werden, wie Gedenken zu Hause, Internetopfer, Fernopfer beim Wandern oder Baumpflanz­opfer. Andere Städte riefen laut Global Times ebenfalls zu „zivilisiertem Gräberfegen“ auf. „Wer Produkte herstellt oder verkauft, die mit feudalem Aberglauben zu tun haben, dessen Gegenstände werden von den Behörden beschlagnahmt und er wird mit einer Geldstrafe vom Ein- bis Dreifachen des Verkaufswerts belegt“, lautet Global Times zufolge eine Bestimmung in den 2005 erlassenen nationalen Vorschriften für Bestattungsverwaltung (globaltimes.cn 22.03.; hrbxf.gov.cn 24.03.; thepaper.cn 21.03.).

Buddhismus

27. Dezember 2020:
Im „Tibet Policy and Support Act“ drohen die USA mit Sanktionen im Fall einer Einmischung des chinesischen Staates in die Nachfolge des Dalai Lama – China weist dies zurück
Am 27. Dezember unterzeichnete der damalige US-Präsident Donald Trump den Tibet Policy and Support Act. Das Gesetz fordert, dass die Nachfolge der tibetisch-buddhistischen Führer, einschließlich des Dalai Lama, allein den tibetischen Buddhisten überlassen werden solle. Chinesische Beamte, die sich in den Prozess der Auswahl tibetisch-buddhistischer Führer einmischen, sollen mit Sanktionen belegt werden, einschließlich der Verweigerung der Einreise in die USA. Schon die Verabschiedung des Gesetzentwurfs durch das US-Repräsentantenhaus am 28. Januar 2020 hatte Chinas Außenamtssprecherin Huang Chunyin als schwere Verletzung der Grundsätze internationaler Beziehungen und Einmischung in innere Angelegenheiten Chinas zurückgewiesen. In einem langen Interview mit der staatlichen Nachrichtenagentur China News Service, das am 14. Januar d.J. veröffentlicht wurde, wies Zhu Weiqun, früherer Vizeminister der Einheitsfrontabteilung der KP Chinas, ebenfalls das Gesetz zurück und erläuterte noch einmal den offiziellen chinesischen Standpunkt zur Reinkarnation des Dalai Lama. Tibet und die Nachfolge des Dalai Lama seien eine innere Angelegenheit Chinas. Noch nie sei die Reinkarnation eines Dalai Lamas vom vorherigen persönlich entschieden worden; sie müsse ein bestimmtes Verfahren durchlaufen, dessen Kern die Anerkennung der obersten Autorität der chinesischen Zentralregierung in Angelegenheiten der Reinkarnation lebender Buddhas sei. Wenn die USA und der Dalai Lama nun behaupteten, dass nur der Dalai Lama selbst das Recht habe, seinen Nachfolger zu bestimmen, und der nächste „sogenannte Dalai“ auf solche Weise erzeugt würde, könne dies nur ein „falscher Dalai“ sein (AsiaNews 22.12.2020; chinanews.com 14.01.2021; fmprc.gov.cn 29.01.2020).
2007 hat die chinesische Regierung „Verwaltungsmaßnahmen für die Reinkarnation Lebender Buddhas“ erlassen. Der heute 85-jährige 14. Dalai Lama Tenzin Gyatso hat 2011 in einer ausführlichen Erklärung zur Frage seiner Reinkarnation festgelegt, dass er im Alter von etwa 90 Jahren mit anderen hohen Lamas entscheiden werde, ob die Reinkarnation des Dalai Lama weitergehen solle, und falls ja, klare Anweisungen dafür hinterlassen werde. Kein von anderen, etwa den Machthabern der VR China, ausgewählter Kandidat solle anerkannt werden (Texte der Dokumente in China heute 2007, Nr. 6, Dokumentation, und 2012, Nr. 1, Dokumentation).

21. Januar 2021:
Human Rights Watch: 19-jähriger tibetischer Mönch stirbt nach Entlassung aus dem Polizeigewahrsam
Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation war der Mönch Tenzin Nyima aus dem Kloster Dza Wonpo im tibetischen Bezirk Ganzi (Kardze) am 9. November 2019 wegen Beteiligung an einem kurzen Protest für die Unabhängigkeit Tibets verhaftet worden. Er sei im Mai 2020 entlassen, aber am 11. August erneut verhaftet worden, vermutlich, weil er Informationen über seine Haft online weitergegeben hatte. Im Oktober hätten die Gefängnisbehörden seine Familie aufgefordert, ihn wegen seines Gesundheitszustands aus dem Gefängnis abzuholen. Nach Angaben von Exiltibetern mit Kenntnis des Falls habe er schwere Verletzungen aufgewiesen, was sie auf Misshandlung in Haft zurückführten. Nach vergeblichen Versuchen medizinischer Behandlung starb Tenzin Nyima im Januar 2021. Der Prozess gegen ihn und sechs weitere in den Protest involvierte Tibeter (darunter vier Mönche des Klosters Wonpo) fand laut HRW am 10. und 12. November 2020 am Mittleren Volksgerichtshof von Sershul statt. Am 14. Dezember 2020 wurden die sechs anderen Tibeter zu Haftstrafen von einem bis fünf Jahren verurteilt (hrw.org 21.01.2021).

5. Februar 2021:
„Liste der Lebenden Buddhas des tibetischen Buddhismus in Sichuan“ mit 411 Namen veröffentlicht
Die Liste verzeichne 411 „von der Regierung anerkannte Lebende Buddhas“ in den tibetischen Bezirken der Provinz, davon 119 im Autonomen Bezirk Aba (tibet. Ngawa) der Tibeter und Qiang, 291 im Autonomen Bezirk Ganzi (Kardze) der Tibeter und 1 im Autonomen Kreis Muli der Tibeter, heißt es in der Pressemeldung, die u.a. auf der Website der Chinesischen buddhistischen Vereinigung erschien (chinabuddhism.com 5.02.2021). Sie wurde von der KP-Einheitsfrontabteilung, der Religionsbehörde und der Buddhistischen Vereinigung der Provinz Sichuan herausgegeben und kann unter www.sctyzx.gov.cn/sczcfjhfml/default.htm aufgerufen werden. Die Datenbank enthält den Namen des Lebenden Buddhas, die Schule des tibetischen Buddhismus und das Kloster, dem er angehört, sowie den Ort. Im Gegensatz zur Gesamtdatenbank für Lebende Buddhas des tibetischen Buddhismus in der Volksrepublik China auf sara.gov.cn ist sie ohne Registrierung des Nutzers zugänglich. Die Pressemeldung verweist darauf, dass der Fernsehsender CCTV erst kürzlich einige „falsche Lebende Buddhas“ entlarvt habe. Xinhua berichtete drei Tage vorher über den Fall eines Han-Chinesen in Shenzhen, der sich eine falsche tibetische Identität verschafft und als Lebender Buddha ausgegeben haben soll; er habe in Verdrehung religiöser Lehren feudale abergläubische Praktiken durchgeführt, sich bereichert und die Gesundheit von Menschen gefährdet (Xinhua 2.02.2021).

8. März 2021:
Buddhistische Vereinigung von Jingde­zhen veröffentlicht Aufruf zu Aktivitäten unter dem Motto „die Parteigeschichte studieren, die Güte der Partei fühlen, auf die Partei hören, mit der Partei gehen“
In Anbetracht des 100. Gründungstags der Partei im Jahr 2021 und in Antwort auf eine Rede Xi Jinpings vom 20. Februar, in der der KP-Generalsekretär zum Studium der Parteigeschichte ermahnte, forderte die Buddhistische Vereinigung von Jingdezhen (Provinz Jiangxi) – „unter Anleitung der Einheitsfrontabteilung des [Partei]komitees von Jingdezhen“, so der Aufruf – alle Buddhisten der Stadt auf, „die Parteigeschichte zu studieren, die Güte der Partei zu fühlen, auf die Partei zu hören, mit der Partei zu gehen“ (学党史, 感党恩, 听党话, 跟党走). In dem Aufruf heißt es u.a.: „In den letzten 100 Jahren hat unsere Partei die Volksmassen dazu geführt, aus einem leckgeschlagenen Boot aufzustehen, vom Rande des Zusammenbruchs Richtung Reichtum zu gehen [...], sie hat das Schicksal der chinesischen Nation vom Untergang zum Aufstieg, vom Leiden zum Ruhm gewendet. Ohne ein blühendes und starkes Land gäbe es keinen raschen Aufschwung der religiösen Sache. Wir sollten immer fest in der Liebe zu Land und Religion stehen, die Güte der Partei kennen, die Güte der Partei fühlen, die Güte der Partei preisen und die Partei aus tiefstem Herzen lieben und respektieren“ (Text des Aufrufs unter https://mp.weixin.qq.com/s/2qm1yHtAVRnxARoUon0mjg).
Bei allen offiziellen religiösen Organisationen finden sich Pläne, den 100. Gründungstag der Partei im Juli zu begehen.

Islam

8.–10. Dezember 2020:
Chinesische islamische Vereinigung (CIV) hält Sitzung zur Hadsch-Arbeit ab
Am 1. Dezember waren neue staatliche „Maßnahmen für die Verwaltung muslimischer Hadsch-Angelegenheiten“ in Kraft getreten (vorgestellt in China heute 2020, Nr. 4, Informationen). Islamische Vertreter aus verschiedenen Teilen Chinas studierten die neuen Bestimmungen und passten das System für die Hadsch-Arbeit an, heißt es in dem Bericht auf der Website der CIV. Sie berieten außerdem über Strafmaßnahmen gegen islamische Geistliche, die illegale Hadsch-Pilgerfahrten organisieren oder daran teilnehmen. Nach den staatlichen Bestimmungen ist nur der von der CIV zentral organisierte Hadsch legal. Man tauschte sich außerdem darüber aus, wie die Hadsch-Organisation unter dauerhafter Corona-Prävention verbessert werden könnte. Im Jahr 2020 ließ Saudi-Arabien wegen der Pandemie keine Ausländer zum Hadsch einreisen (chinaislam.net.cn 17.12.2020).

Judentum

12. Dezember 2020:
Weiter Druck auf chinesische Juden in Kaifeng
Nachdem im April 2016 Repressalien gegen die jüdische Gemeinde in der Stadt Kaifeng (Provinz Henan) bekannt geworden waren, berichtet The Telegraph am 12. Dezember 2020 von weiterem Druck auf die kleine Gemeinde. Er sieht dies u.a. im Zusammenhang mit Präsident Xi Jinpings anhaltenden Kampagnen gegen ausländischen Einfluss und offiziell nicht anerkannte Religionen, zu denen das Judentum gehört. Etwa 1.000 Personen in Kaifeng beanspruchen heute, jüdische Vorfahren zu haben, davon sollen etwa 100 praktizierende Juden sein. Die jüdische Gemeinde von Kaifeng entstand in der frühen Song-Zeit (960−1126) und ging später durch Assimilation in ihrem chinesischen Umfeld auf; vom chinesischen Staat werden die Kaifenger Juden nicht als Religion oder ethnische Minderheit anerkannt. „Das ist die Regierungspolitik“, so ein Nachfahre der Juden im Gespräch mit The Telegraph, „ihr Ziel ist es zu garantieren, dass es in der kommenden Generation keine jüdische Identität mehr gibt“. Der Staat möchte offensichtlich nicht, dass die jüdische Gemeinde in Kaifeng Beziehungen mit Juden im Ausland aufnimmt. Zahlenmäßig seien sie unbedeutend, könnten aber sehr viel Aufmerksamkeit unter der internationalen jüdischen Gemeinschaft auf sich ziehen, meint Noam Urbach von der Bar-Ilan University in Israel, der über Juden in Kaifeng geforscht hat. 2016 wurde in Kaifeng u.a. das jüdische Zentrum geschlossen, Schilder zur Erinnerung an die historische jüdische Gemeinde waren entfernt worden, jüdische Reisegruppen wurden nicht mehr in die Stadt gelassen und die Gemeindemitglieder von Sicherheitskräften überwacht. Die Juden praktizieren heute im Verborgenen, Treffen am Sabbat finden heimlich statt. Sie trauten sich auch nicht mehr, sich zu gemeinsamen Restaurantbesuchen zu treffen, so ein Gemeindemitglied. Da religiöse Materialien nicht käuflich zu erwerben sind, kaufen sie christliche Bibeln und lesen darin das Alte Testament. Die Unterdrückung sei allerdings keine Form von Anti-Semitismus, so Anson Laytner, Präsident des Sino-Judaic Institute (The Telegraph 12.12.2020; s. auch China heute 2016, Nr. 2; Chronik, 28. April 2016 sowie den Beitrag von Anson Laytner über den „Status der Kaifeng-Juden im Wandel“ in China heute 2015, Nr. 2, Themen).

Protestantismus

26. November 2020:
Erstmals Doktorprüfungen am Nationalen Theologischen Seminar in Nanjing
Am 26. November bestanden Frau Wang Jiawei und Herr Luo Chengzan ihre Disputationen am Nationalen Theologischen Seminar in Nanjing. Damit sind sie die ersten Personen, denen ein Doktortitel im Rahmen des innerkirchlichen Prüfungssystems von Christenrat und Drei-Selbst-Bewegung verliehen wird. Ihr Promotionskurs begann 2016. Von staatlichen Universitäten wird der Abschluss nicht anerkannt. Frau Wangs Arbeit über die Christologie bei Kathryn Tanner wurde vom Leiter der Baptist University Hong Kong, Prof. Joshua Cho, mitbetreut; die Arbeit von Herrn Luo über Athanasius von Alexandria war u.a. von Prof. Miikka Ruokanen begleitet. Die externen Fachbetreuer haben den Status von Gastdozenten am Nanjinger Seminar.
Am 20. Dezember legten He Wenbo, Dong Yanhui und Chen Kuangrong ihre Prüfungen zur Erlangung des „Doctor of Ministry“ ab. Das den kirchlichen Dienst begleitende Promotionsstudium begann für alle drei im Jahr 2017. Herr He verfasste eine Studie über „Druck und Bewältigungsstrategien von Gemeindeleiterinnen und Gemeindeleitern im Jangtse-Delta“, Herr Dong beschäftigte sich mit „Altersvorsorge für Gemeindeleiterinnen und Gemeindeleiter“, Frau Chen mit „Konflikte und Kommunikation von Gemeindeleiterpaaren mittleren Alters“. Bei beiden Prüfungen ergänzten externe Fachleute wie Prof. Zhuo Xinping von der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften oder der Leiter des Theologischen Seminars in Fujian, Dr. Yue Qinghua, das Prüfungskomittee aus Professorinnen und Professoren des Nanjinger Seminars (Microblog 今日金陵生活 2.,26.12.2020; njuts.cn).
Isabel Friemann, China Infostelle

Katholische Kirche

22. Dezember 2020:
Peter Liu Genzhu wird mit Zustimmung der Regierung und des Papstes zum Bischof von Hongdong (Shanxi) geweiht – vierte Bischofsweihe seit dem sino-vatikanischem Abkommen von 2018
Die Weihe des 54-jährigen wurde von (Erz-)Bischof Meng Ningyou von Tai­yuan geleitet, es konzelebrierten die Bischöfe Wu Junwei von Yuncheng, Ding Lingbin von Changzhi und Ma Cunguo von Shuozhou (alle Provinz Shanxi). UCAN zufolge war in dem Ernennungsschreiben der offiziellen Chinesischen katholischen Bischofskonferenz, das während der Zeremonie verlesen wurde, die päpstliche Ernennung des Kandidaten erwähnt. Bischof Liu war am 10. Juni 2020 nach dem offiziellen chinesischen Verfahren zum Bischofskandidaten gewählt worden; seine päpstliche Ernennung wurde laut UCAN im November 2020 bestätigt. Tatsächlich war er aber schon seit vielen Jahren der Bischofskandidat Roms, wie auch AsiaNews schrieb. Einen Monat zuvor, am 23. November, war Chen Tianhao zum Bischof von Qingdao in der Provinz Shandong gewählt worden (vgl. China heute 2020, Nr. 4, S. 194-195). Eine vatikanische Quelle äußerte gegenüber UCAN, dass beide Weihen „eine authentische Frucht des Abkommens“ seien.
Bischof Liu Genzhu ist am 12. Juni 1966 geboren. Er studierte am Priesterseminar von Xi’an und wurde 1991 zum Priester geweiht. Seit 2010 war er Generalvikar der Diözese Hongdong/Linfen, die seit 2006 keinen Bischof mehr hatte. Die Diözese zählt rund 40.000 Gläubige (AsiaNews 22.12.2020; chinacatholic.cn 22.12.2020; UCAN 23.12.2020).

30. Dezember 2020:
Untergrundbischof Han Jingtao von Siping (Jilin) verstirbt
Bischof Andreas Han verstarb im Alter von 99 Jahren. Er wurde am 26. Juli 1921 im Dorf Shanwanzi im Kreis Weichang, Provinz Hebei, in eine katholische Familie geboren. Die ersten Schuljahre besuchte er eine Schule unter Leitung kanadischer Missionare aus Quebec. 1934 trat er ins Kleine Seminar in der Diözese Siping ein, 1940 ins Priesterseminar in Changchun. Am 14. Dezember 1947 wurde er zum Priester geweiht. Mit Unterstützung seines Bischofs gründete Priester Han eine Schwesternkongregation und entwickelte die Arbeit der Legio Mariens in der Diözese Siping. 1953 wurde er verhaftet und verbrachte insgesamt 27 Jahre im Gefängnis und in Arbeitslagern. Anfang der 1980er Jahre wurde er zunächst als Englischlehrer an der Changchun Normal University angestellt und kurz danach als Associate Professor an der Northeast Normal Univer­sity. An der Universität unterrichtete er auch Latein und Griechisch. 1982 wurde er vom Papst zum Bischof von Siping ernannt, aber erst 1986 im Geheimen geweiht. Von Gläubigen wurde Bischof Han als „Gigant der Kultur und des Glaubens“ bezeichnet. Seit 1997 stand Bischof Han wieder unter ständiger Überwachung und auch die Schwesternkongregation war mit Konventsschließungen und geheimen Wiedereröffnungen konfrontiert.
Zu Beginn der 1980er Jahre vereinigte die Regierung alle Kirchendistrikte in der Provinz Jilin zu einer einzigen Diözese, der Diözese Jilin. Aus Sicht des Vatikans existiert die Diözese Siping weiter, sie umfasst Teile der Provinzen Jilin, Innere Mongolei und Liaoning. Die Diözese zählt heute etwa 30.000 Katholiken, darunter ca. 20.000 im Untergrund und 10.000 in der offiziellen Kirche, sowie 20 Priester und um die 100 Ordensschwestern (AsiaNews 31.12.2020: 5.01.2020; Fides 23.02.2021; http://blog.sina.com.cn/s/blog_500cf6040102yo9r.html).

5. Januar 2021:
Tod von Bischof Zong Huaide von San­yuan
Im Alter von 100 Jahren verstarb am 5. Januar der emeritierte Bischof der Diözese Sanyuan, Provinz Shaanxi. Bischof Zong wurde am 16. Juni 1920 in eine arme katholische Familie geboren und am 5. Juni 1949 zum Priester geweiht. Die Jahre 1965–1980 verbrachte er im Gefängnis und in Arbeitslagern. 1983 wurde Zong Huaide Apostolischer Administrator der Diözese, am 9. August 1987 wurde er zum Bischof von San­yuan geweiht. Zunächst war er von den Behörden nicht als Bischof anerkannt, durfte seit Anfang der 1990er Jahre jedoch offen arbeiten. Damit war er einer der ersten Untergrundbischöfe, die offiziell anerkannt wurden. Bis zuletzt stand Bischof Zong in hohem Ansehen sowohl bei den Untergrundkatholiken wie auch den Katholiken in der offiziellen Kirche. Er leistete einen wichtigen Beitrag zur Versöhnung innerhalb der katholischen Kirche Chinas. Am 23. Dezember 1997 wurde Bischof Zong von Papst Johannes Paul II. in persönlicher Audienz empfangen. 2003 wurde er emeritiert. Sein Nachfolger ist Bischof Han Yingjin, der 2010 geweiht wurde. Die Beerdigung von Bischof Zong fand am 11. Januar statt. Mit Bischof Zong geht in China einer der letzten großen Kirchenführer der alten Generation (siehe den Nachruf in den Informationen dieser Nummer).

7. Januar 2021:
Patriotische Vereinigung und Diözese Shijiazhuang weisen in einer Erklärung Gerüchte zurück, dass die katholische Kirche schuld am Corona-Ausbruch in Hebei sei
In der Provinz Hebei – die von allen Provinzen Chinas den höchsten Bevölkerungsanteil an Katholiken hat – kam es Anfang Januar zu einem größeren Corona-Ausbruch; die Provinzhauptstadt Shijiazhuang und die Stadt Xingtai wurden komplett abgeriegelt. In den sozialen Medien verbreiteten sich Gerüchte, die Katholiken die Schuld an dem Ausbruch gaben. Am 7. Januar veröffentlichten Patriotische Vereinigung und Diözese Shijiazhuang deshalb eine Erklärung, in der sie schrieben, einzelne WeChat-Konten und Mikroblogs würden bewusst fabrizierte Gerüchte verbreiten. Ein im Internet verbreitetes Gerücht behaupte, dass Xiaoguozhuang in Gaocheng [dem Bezirk, aus dem die erste Patientin des Ausbruchs stammte] ein katholisches Dorf sei, in dem vor 20 Tagen religiöse Aktivitäten stattgefunden hätten, an denen „viele europäische und amerikanische Priester“ teilgenommen hätten, ohne Präventionsmaßnahmen zu ergreifen, „jetzt seht, diese Missionare haben das europäische Virus gebracht“ usw. Die Erklärung erwidert dazu, dass Xiaoguozhuang kein katholisches Dorf sei, dass es bisher unter den Infizierten in Shijiazhuang nur einen einzigen Katholiken gebe und dass nach Angaben des zuständigen katholischen Pfarrers seit dem letzten Winter keine ausländischen Besucher mehr in der Gegend gewesen seien. Gegen die Verursacher der Gerüchte sei Anzeige erstattet worden.
Laut Jidu shibao (Christian Times) berichtete der nationale Fernsehsender CCTV am 9. Januar, dass die Provinz Hebei, die Stadt Shijiazhuang und die Stadt Xingtai in Pressekonferenzen zur Epidemie erklärt hätten, es gebe keine Belege dafür, dass der Ausbruch mit religiösen Aktivitäten zusammenhänge. Alle religiösen Stätten seien vorübergehend geschlossen worden.
Die Einheitsfrontabteilung der Stadt Xingtai rief am 9. Januar in einer Bekanntmachung die Bevölkerung dazu auf, alle trotz der angeordneten Schließung geöffneten religiösen Stätten sowie „illegale“ religiöse Treffen in Treffpunkten und Haushalten gegen Belohnung zu melden.
Die China heute-Redaktion hat Leserkommentare gesehen, die am 9. Januar auf dem WeChat-Kanal der Renmin ribao unter einem Bericht zur genannten Pressekonferenz der Provinz Hebei gepostet wurden, darunter „Religion geht gar nicht“, „In einigen Gegenden gibt es in jedem Dorf eine Kirche, das ist erschreckend, da sollte man was machen“ und „Es ist an der Zeit, religiöse Kulte im Untergrund und Islam in den Griff zu bekommen, oder es wird noch etwas Schlimmes passieren.“ Christian Soli­darity Worldwide schätzte, über 1.000 solcher Kommentare seien tagelang sichtbar gewesen, ohne von der Zensur gelöscht zu werden (AsiaNews 8.,9.,20.01.2021; csw.org.uk 19.02.2021; licas.news 11.01.2021; scmp.com 8.01.2021; UCAN 13.01.2021; www.christiantimes.cn/news/33947/天主教就石家庄疫情相关谣言发表严重声明).

9. Januar 2021:
Über 50 Katechumenen werden in der Pfarrei Huangzhong in Wenzhou (Zhe­jiang) getauft
Die Täuflinge – auf dem Foto sind Erwachsene zu sehen – hatten vorher eine fünfmonatige Taufvorbereitung absolviert, heißt es in dem Bericht auf der Website der katholischen Zeitung Xinde (Faith). Der Pfarrer der Gemeinde assistiert von 4 weiteren Priestern nahm die Taufen vor. Am ersten Weihnachtsfeiertag waren bereits in der Kathedrale von Wen­zhou 18 Menschen getauft worden. An Weihnachten fanden auch andernorts Taufen statt, beispielsweise 11 in der Kathedrale von Jinan (Provinz Shandong). Ob in den katholischen Gemeinden Festlandchinas im Jahr 2020, in dem die Kirchen pandemiebedingt monatelang geschlossen blieben, weniger Menschen getauft wurden als sonst, ist unbekannt, da Xinde keine Taufstatistik für 2020 veröffentlichte (xinde.org 28.12.2020; 14.01.2021).

16. Februar 2021:
„Arbeitsplan 2021“ der offiziellen katholischen Leitungsgremien vom Nationalen Büro für religiöse Angelegenheiten (NBRA) verbreitet
Der Text wurde auf Weixin zongjiao, dem WeChat-Kanal des NBRA, verbreitet mit dem Hinweis, dass er in der Januarausgabe der NBRA-Zeitschrift Zhongguo zongjiao erschienen sei und „im Original“ von „Eine [patriotische] Vereinigung und eine [Bischofs-]Konferenz“ stamme – auf deren Website er sich jedoch nicht findet. Es werden konkrete Vorhaben in 8 Tätigkeitsbereichen genannt. Unter Punkt 1 („ideologischer Aufbau“) findet sich der Plan einer Konferenz der katholischen Kreise zur Feier des 100. Gründungstags der Kommunistischen Partei Chinas. Es sollen „bewegende Geschichten ausgegraben werden, wie die chinesischen katholischen Kreise die Rote Armee unterstützten“, und ein Buch mit dem Titel Katholische Kirchen am Weg des Langen Marsches soll herausgegeben werden. „Fortbildungskurse in Zusammenarbeit mit dem Zentralinstitut für Sozialismus“ für Mitarbeiter der patriotischen Gremien auf Provinz­ebene, Laienführer etc. sollen fortgesetzt werden. In nicht näher genannten „Schwerpunktregionen“ soll die Wahl und Weihe von Bischöfen „aktiv und zuverlässig“ vorangetrieben werden (Punkt 3). Punkt 4 „Aufbau des theologischen Denkens“ sieht die Durchführung des „7. Forums für sinisierte Theologie“ vor, in dem es um die Sinisierung von Liturgie, Kunst und Musik gehen soll. Ferner ist geplant, von Architektur-Experten eine Reihe von Kirchenbauvorlagen entwerfen zu lassen, die den Anforderungen der Sinisierung entsprechen und lokalen Kirchen als Referenz angeboten werden können. Punkt 7 „Austausch mit dem Ausland“ sieht vor, „die Arbeit in auswärtigen Angelegenheiten zu normieren, strenge Disziplin in auswärtigen Angelegenheiten zu halten und das System für auswärtige Angelegenheiten zu revidieren und zu vervollkommnen“ (Weixin zongjiao 16.02.2021 unter https://mp.weixin.qq.com/s/EuUKoOOyTKfLy6hLO4OzSQ).
Für weitere Details siehe den Bericht in den Informationen.

19. Februar 2021:
AsiaNews: Herz-Jesu-Kirche von Yining in Xinjiang vom Abriss bedroht

AsiaNews berichtete, dass die Gläubigen die Kirche ab 19. Februar ausräumen mussten, da die Behörden ihren Abriss angeordnet hatten. Es finden sich keine Berichte darüber, ob der Abriss schließlich stattfand. Die Behörden hätten ihn angeordnet, obwohl die Kirche über alle nötigen Genehmigungen des Religionsbüros verfüge, und keine Gründe dafür angegeben; vermutet werde, dass das Land für Bauvorhaben genutzt werden solle. 2018 waren bereits christliche Reliefs, zwei Statuen und das Kreuz der Kirche demontiert worden (vgl. China heute 2018, Nr. 1, Chronik, Katholizismus, 27. Februar und 8. März 2018). Im Kasachischen Autonomen Bezirk Yili, dessen Hauptstadt Yining ist, leben laut AsiaNews 2.000 Katholiken, teilweise Nachfahren von Verbannten aus der Zeit des Qing-Reichs. Der Nachrichtenagentur zufolge wurden in den letzten Jahren mindestens vier weitere katholische Kirchen in Xin­jiang zerstört: je eine in Hami und Kuitun sowie zwei Kirchen in Tacheng. Die Kirchen hätten die nötigen Genehmigungen gehabt und keine Entschädigung erhalten (AsiaNews 19.02.2021).

16. März 2021:
Wenzhou: 200.000 Yuan Strafe für private Bischofsmesse
Weil in seiner privaten Kapelle am 16. März eine heilige Messe mit Bischof Peter Shao Zhumin und 20 weiteren Gläubigen gefeiert wurde, musste laut einem Bericht von AsiaNews der 56-jährige Huang Ruixun in Wangli, Kreis Cangnan in der Diözese Wenzhou (Provinz Zhe­jiang) eine Strafe von 200.000 Yuan (mehr als 25.000 Euro) zahlen. Die Anklage lautete, dass er den Bischof „für illegale religiöse Aktivitäten“ aufgenommen und ihm ein Mittagessen und die Toilette zur Verfügung gestellt habe. Bischof Shao ist vom Vatikan, bisher jedoch nicht von der chinesischen Regierung als Bischof von Wenzhou anerkannt. Ganz offensichtlich steht die extrem hohe Strafe im Zusammenhang mit den am 1. Februar 2018 in Kraft getretenen revidierten Vorschriften für religiöse Angelegenheiten. Religiöse Aktivitäten dürfen nur an behördlich registrierten Orten stattfinden. Unter § 71 heißt es: „Für das Bereitstellen von Voraussetzungen für rechtswidrige religiöse Aktivitäten erteilen die Behörden für religiöse Angelegenheiten eine Verwarnung, rechtswidriger Gewinn und illegaler Besitz werden, wenn vorhanden, konfisziert, sind die Umstände schwerwiegend, wird außerdem eine Geldstrafe zwischen 20.000 und 200.000 Yuan verhängt […].“ Religiöse Aktivitäten im Untergrund kommen durch die Vorschriften so noch deutlicher als bisher in den Bereich des Illegalen und Strafbaren.
Trotz des sino-vatikanischen Abkommens von September 2018 steht die Untergrundkirche immer mehr unter Druck und es wird für ihre Gläubigen immer schwieriger, sich zu treffen. Wie Bernardo Cervellera in AsiaNews schreibt, kamen in der Vergangenheit immer wieder offizielle und inoffizielle Bischöfe zusammen und von der offiziellen Kirche wurden dem Untergrund an verschiedenen Orten Kirchen für Messen und Feierlichkeiten zur Verfügung gestellt. Diese Art von Gastfreundschaft sei – auch durch die seit dem 1. Mai 2021 geltenden „Maßnahmen für die Verwaltung religiöser Amtsträger“ (deutsche Übersetzung in der Dokumentation dieser Nummer) – nunmehr riskant und „illegal“. Die Spaltung zwischen beiden Gemeinschaften vertiefe sich und die von Papst Franziskus so ersehnte Versöhnung rücke in immer weitere Ferne (AsiaNews 27.04.).

29. März 2021:
Bericht auf der Website der katholischen Leitungsgremien spricht erstmals von einem „Parteizellensekretär“ in der Chinesischen katholischen patriotischen Vereinigung
Die Meldung auf der offiziellen Website der katholischen Leitungsgremien – Patriotische Vereinigung und Chinesische Bischofskonferenz – berichtete über eine parteigeschichtliche Schulung der beiden Leitungsgremien. Darin heißt es: „Hauptreferent war der Leiter der Forschungsstelle und Parteizellensekretär der Chinesischen katholischen patriotischen Vereinigung, Tian Yueyang 田悦阳“ (www.chinacatholic.cn/html/report/21030694-1.htm).
Bisher war nicht bekannt, dass es in der Patriotischen Vereinigung einen Parteizellensekretär gibt. Eine Recherche der Redaktion von China heute ergab, dass Tian Yueyang ab 2003 im Impressum einzelner Ausgaben der vom Nationalen Büro für religiöse Angelegenheiten (NBRA) herausgegebenen Zeitschrift Zhongguo zongjiao 中国宗教 (China Religion) auftaucht, von 2006 bis September 2013 steht er als ständiger Mitarbeiter („Direktor für Materialsammeln und -editieren“) im Impressum dieser Zeitschrift. Am 30. Mai 2014 erscheint er erstmals auf der Website von Patriotischer Vereinigung und Bischofskonferenz, chinacatholic.cn, als Leiter von deren Forschungsstelle (www.chinacatholic.cn/html/report/14053950-1.htm). Es scheint also möglich, dass er vom NBRA dorthin delegiert wurde. Bei einer Suche auf chinacatholic.cn ergaben die Stichwörter „Parteizelle“ / „Parteizellensekretär“ keinen weiteren Treffer. Das Auftauchen dieses Begriffs im Büro der Patriotischen Vereinigung löste dem Vernehmen nach unter Katholiken auf dem Festland Besorgnis aus.

Sino-vatikanische Beziehungen

29. Januar 2021:
Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin im Interview: „Ich respektiere jeden, der die Politik des Heiligen Stuhls gegenüber China kritisiert“
In einem am 29. Januar verbreiteten Interview mit dem französischen Sender KTO sprach der Kardinal auch über die Chinapolitik des Heiligen Stuhls, er sagte: „Ich würde zunächst einmal sagen, dass ich jeden zutiefst respektiere, der eine andere Meinung hat und der, sagen wir mal, die Politik des Heiligen Stuhls gegenüber China kritisiert. Und es ist ein Recht, das zu tun, denn es ist eine extrem komplexe und schwierige Situation. Es kann verschiedene Standpunkte geben. Wir haben uns für diesen Weg der ‚kleinen Schritte‘ entschieden – es ist wahr, dass schon vorher Arbeit getan wurde, aber es gab einen großen Anstoß von Papst Franziskus. Berücksichtigen Sie auch, dass dieses Abkommen nicht als ein Abkommen gedacht war und auch kein Abkommen sein konnte, das alle Probleme löst, mit denen die Kirche in China konfrontiert ist, sondern einfach ein kleiner Schritt, von dem aus man beginnen kann zu versuchen, die Situation der Kirche zu verbessern. Es wird also nicht behauptet, dass dies das ‚letzte Wort‘ ist.“ Parolin verglich das Abkommen mit einem kleinen Samen, „der, so hoffen wir, mit der Gnade Gottes und dem guten Willen eines jeden, wachsen und Frucht bringen kann. Das ist unsere Hoffnung. Und sie erfordert viel Geduld. Sehr viel Geduld“ (www.ktotv.com/article/entretien-exclusif-avec-le-cardinal-pietro-parolin-secretaire-detat-du-saint-siege, hier nach ncregister.com 30.01.2021).

8. Februar 2021:
Papst Franziskus äußert sich zu China in seiner Ansprache an das beim Heiligen Stuhl akkreditierte diplomatische Korps
In seiner Ansprache vor den versammelten Botschafterinnen und Botschaftern sprach der Papst auch über im letzten Jahr geschlossene internationale Vereinbarungen; in diesem Zusammenhang sagte er: „Darüber hinaus haben der Heilige Stuhl und die Volksrepublik China am 22. Oktober vereinbart, die Gültigkeit des 2018 in Peking unterzeichneten vorläufigen Abkommens bezüglich der Ernennung von Bischöfen in China um weitere zwei Jahre zu verlängern. Es handelt sich um eine Übereinkunft, die im Wesentlichen pastoraler Natur ist. Der Heilige Stuhl hofft, dass der eingeschlagene Weg im Geiste des Respekts und gegenseitigen Vertrauens weitergeht und zur Lösung von Fragen gemeinsamen Interesses weiterhin beiträgt“ (www.vatican.va/content/francesco/de/speeches/2021/february/documents/papa-francesco_20210208_corpo-diplomatico.html; UCAN 11.02.2020).

Hongkong

4. Februar 2021:
Bereits Grundschüler sollen Unterricht zum Sicherheitsgesetz erhalten
Das Erziehungsbüro Hongkongs veröffentlichte am 4. Februar neue Richtlinien zur Umsetzung des am 30. Juni 2020 in Kraft getretenen nationalen Sicherheitsgesetzes an Primar- und Sekundarschulen. Es wird Teil des Lehrplans, geht aber weit darüber hinaus. Die Richtlinien umfassen alle Aspekte des Schulwesens, von der Verwaltung über die Unterrichtsinhalte bis zum Verhalten der Schüler, selbst außerhalb des Schulgeländes, so die South China Morning Post. Als Teil der Kampagne hat die Regierung einen Animationsfilm lanciert, in dem eine weise Eule den Kindern beibringt, was Patriotismus, Loyalität und ein striktes Einhalten der Gesetze bedeuten. In den Richtlinien heißt es u.a., dass die Lehrkräfte deutlich herausstellen sollen, dass „der Schutz der nationalen Sicherheit in der Verantwortung aller Bürger liegt und dass es diesbezüglich keinen Raum für Debatten oder Kompromisse gibt“. Ip Kin-yuen, Präsident der Lehrergewerkschaft, sagte laut Reuters, die Richtlinien würden bei den Lehrkräften Unsicherheit und Ängste verursachen und einen „restriktiven und oppressiven“ Unterrichtsstil aufoktroyieren, der der Entwicklung und dem selbstständigen Denken der Schülerinnen und Schüler entgegenstünde. Hongkongs Erziehungsminister Kevin Yeung betonte vor der Presse, die Lehrplanänderungen hätten das Ziel, eine nationale Identität hervorzubringen. Die Primarschülerinnen und -schüler sollten verinnerlichen, dass sie Bürger Hongkongs und gleichzeitig Chinesinnen und Chinesen seien. Für die Primarstufe wurden Hör- und Bilderbücher entwickelt und die Schülerinnen und Schüler müssen den Text der chinesischen Nationalhymne lernen „und verinnerlichen, wie sie sich respektvoll zu verhalten haben, wenn sie abgespielt wird“, so die Neue Zürcher Zeitung. „Im weiteren Verlauf der Primarschule sollen die jungen Hongkonger lernen, welche vier Vergehen eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen: Es geht um Subversion, umstürzlerische Aktivitäten, Terrorismus sowie Zusammenarbeit mit ausländischen Kräften. In der Sekundarschule gibt es künftig neben dem 15-stündigen Lernmodul über die chinesische Verfassung und das Hong­konger Grundgesetz eine dreistündige Ergänzung zum Gesetz über nationale Sicherheit“ (Neue Zürcher Zeitung 8.02.2021, dort auch das Video; Reuters 5.02.2021; www.scmp.com/video/hong-kong/3121229/hong-kong-teach-new-national-security-law-classrooms 10.02.2021).

5. Februar 2021:
Chinesisch Neujahr: Führer der sechs Religionen schicken Grüße zum Jahr des Rindes
In ihrer jährlichen Neujahrsbotschaft hat das Kolloquium der sechs Religionsführer in Hongkong Grüße und Gebete an die Bewohner übermittelt. Bei den Unterzeichnern handelt es sich um Most Ven. Kuan Yun, Präsident der Hongkonger buddhistischen Vereinigung; Kardinal John Tong, Apostolischer Administrator der katholischen Diözese Hongkong; Dr. Tong Yun-Kai, Präsident der Konfuzius-Akademie; Ibrahim Sat Che-Sang, Vorsitzender der Chinesischen muslimischen kulturellen und brüderlichen Vereinigung; Rev. Dr. Eric So Shing-Yit, Vorsitzender des Hongkonger Christenrates: sowie Leung Tak-Wah, Vorsitzender der Hong­konger daoistischen Vereinigung. In ihrer Botschaft steht die Corona-Pandemie, die auch Hongkong betroffen hat, im Fokus. Am Ende des Briefes fassen sie ihre Wünsche wie folgt zusammen: „… dass die Epidemie bald vorübergeht und wir zum normalen Alltag zurückkehren können; dass unser Land immer wohlhabender und mächtiger wird und alle Menschen glücklich werden; und dass Hongkongs Gesellschaft soziale Harmonie, Wohlstand und Stabilität genießen kann“ (Sunday Examiner 5.02.2021).

28. Februar 2021 / 15. März 2021:
47 prodemokratische Aktivisten bleiben zunächst in Haft
47 Politiker und Aktivisten – die Führung der prodemokratischen Opposition in Hongkong – blieben nach viertägigen Anhörungen Anfang März zunächst weiterhin in Untersuchungshaft. Voraussichtlich am 31. Mai soll der Prozess fortgesetzt werden. Vor dem Gerichtsgebäude in West Kowloon hatten sich viele Anhänger versammelt, unter ihnen auch Kardinal Josef Zen. Auch Diplomaten u.a. aus Großbritannien, den USA, Kanada, Deutschland und den Niederlanden baten vergeblich um Einlass in den Gerichtssaal. Die Angeklagten waren am 28. Februar unter dem Vorwurf von Verstößen gegen das nationale Sicherheitsgesetz festgenommen und nun angeklagt worden. Die Gruppe war erstmals im Januar festgenommen (damals 53 Personen) und wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Einige sitzen schon länger wegen anderer unterstellter Vergehen in Haft, so der prominente Oppositionelle Joshua Wong. Den demokratischen Politikerinnen und Politikern wird vorgeworfen, im Juli vergangenen Jahres „illegale“ Vorwahlen zu der wegen der Corona-Pandemie später abgesagten Parlamentswahl abgehalten zu haben. Bei diesen Vorwahlen wurden prodemokratische Kandidaten ausgewählt. Dies sei Staatsgefährdung gewesen. Etwa 600.000 Einwohner Hongkongs hatten sich an den Vorwahlen beteiligt. Das nationale Sicherheitsgesetz sieht je nach Tat bis zu lebenslange Haftstrafen vor. Inzwischen, so Stand 15. März 2021, wurden 11 der Angeklagten gegen Kaution wieder aus der Haft entlassen.
Weiter in Haft sitzt auch der bekannte Hongkonger Verleger und Demokratie-Aktivist Jimmy Lai, auch er angeklagt wegen Anschuldigungen im Rahmen des Sicherheitsgesetzes. Sein Prozess soll Mitte April beginnen.
Am 25. Februar hatte die Chinese University of Hong Kong angekündigt, dass sie ihre Beziehungen zur Student Union einstellen werde. Deren neue Vorsitzende seien „falscher“ Aussagen angeklagt, die die nationale Sicherheit bedrohten, so AsiaNews. Studierende, die zu „illegalem Verhalten“ anstacheln würden, würden vom Studium ausgeschlossen (AsiaNews 12.,26.02.; 1.,3.03.201; LICAS 15.03.2021; Der Spiegel 4.03.2021; Süddeutsche Zeitung 1.03.2021; Die Welt 17.02.2021).

11. März 2021:
Beijing verabschiedet Wahlrechts­reform und damit stärkere Kontrolle für Hongkong
Bei der Jahrestagung des Chinesischen Volkskongresses hat die chinesische Regierung eine Wahrrechtsreform für Hongkong verabschiedet, nach der zukünftig Beijing die politische Gesinnung aller Wahlkandidaten prüfen und kontrollieren will und die Distrikte zur Wahl des Hongkonger Legislativrates neu definieren möchte. Laut Außenminister Wang Yi am 7. März, so der Spiegel, seien die Veränderungen „Hongkongs Übergang vom Chaos zur Staatsführung“. Der Übergang sei „im vollen Interesse aller Parteien“, denn Hongkong zu lieben und Patriotismus seien exakt dasselbe. Hongkonger Medien – so die Zeit vom 11. März – hätten berichtet, dass das Komitee zur Wahl des Hongkonger Regierungschefs von bisher 1.200 auf 1.500 Mitglieder vergrößert werden solle. Das Wahlkomitee solle künftig auch darüber entscheiden, wer bei den Parlamentswahlen antreten darf, „womit Kandidaten indirekt auf die Zustimmung Pekings angewiesen wären“. Gemäß den Berichten solle der Hongkonger Legislativrat von 70 auf 90 Plätze vergrößert werden.
Dies ist ein weiterer Schritt, um die demokratienahen Kräfte an den Rand zu drängen (Spiegel 7.03.2021; Zeit 11.03.2021).

Taiwan

8. Februar 2021:
Papst Franziskus grüßt Taiwan zum Chinesischen Neujahr
Am Rande des diesjährigen Neujahrsempfangs für das beim Heiligen Stuhl akkreditierte Diplomatische Corps überbrachte Taiwans Botschafter beim Heiligen Stuhl, Matthew S.M. Lee, dem Papst Neujahrsgrüße im Namen der taiwanischen Präsidentin Tsai Ing-wen und des gesamtes taiwanischen Volkes. Nach einem Bericht von UCAN sagte Lee: „Der Papst war guter Dinge, er wünschte einen guten Beginn zum chinesischen Neujahr und versprach für Taiwan zu beten.“ Im Januar hatte Präsidentin Tsai an Papst Franziskus einen Brief geschickt als Antwort auf seine Botschaft zum 54. Weltfriedenstag am 1. Januar. In dem Brief erwähnt sie u.a., wie Taiwan, das nur wenig von der Corona-Pandemie betroffen ist, weltweite Solidarität bekundete und Dutzende Millionen medizinische Masken und Schutzkleidung nach Zentral- und Südamerika, Asien, in die EU wie auch in die USA versandte. Sie erinnert auch an die humanitären Bemühungen von Botschafter Matthew Lee, der am taiwanischen Nationalfeiertag im Oktober in Rom Essen und Decken an Obdachlose verteilte. Gleichzeitig bekundete sie ihren Unmut darüber, dass die 23 Mio. Taiwaner weiterhin von der Weltgesundheitsorganisation ausgeschlossen sind.
Die VR China verhindert seit Jahren, dass der Insel ein Beobachterstatus oder gar eine Mitgliedschaft in der WHO zugestanden wird (AsiaNews 15.01.2021; FAZ 19.4.2020; UCAN 11.02.2021; https://english.president.gov.tw/NEWS/6093; s. auch China heute 2020, Nr. 4, S. 194).

6./11. Februar 2021:
Taiwan: Sino-Burmesen protestieren gegen den Militärputsch in Myanmar
Rot bekleidet, der Farbe der Nationalen Liga für Demokratie (NLD) von Aung San Suu Kyi, demonstrierten am 6. Februar in „Klein Burma“ in New Taipeis Zhonghe-Distrikt 300 Menschen gegen den Militärputsch in Myanmar am 1. Februar. Ko Ko Thu, 54,  der nach den vom Militär blutig niedergeschlagenen Protesten von 1988 nach Taiwan geflohen war und die Demonstration in Taipei mitorganisierte, bekannte gegenüber der Taipei Times vom 7. Februar: „Taiwan ist ein sehr demokratisches Land und ich hoffe, dass Myanmar – auch wenn ich schon tot sein sollte – genauso demokratisch sein wird.“
In „Klein Burma“ in der Nähe der Nanshijiao-Metrostation an der Huaxin-Straße – die Schilder in burmesischer Sprache an den Fassaden der Läden prägen dort die Atmosphäre – ließen sich in den letzten Jahrzehnten rund 40.000 Immigranten aus Burma, die meisten von ihnen ethnische Chinesen, nieder, berichtet Diplomat Brief vom 18. März 2017. Viele sind Nachfahren von Kuomintang-Angehörigen, die am Ende des chinesischen Bürgerkrieges 1949 im Kampf gegen die kommunistischen Guerillas über die Grenze nach Burma (das heutige Myanmar) flohen und dort zunächst festsaßen, nachdem Chiang Kai-shek in Taiwan Zuflucht gesucht hatte. 1954, nachdem die Rückeroberung Chinas sich als aussichtslos erwiesen hatte, wurden schätzungsweise 7.000 Soldaten samt ihren Nachkommen nach Taiwan repatriiert. Andere sind in den letzten Jahren aufgrund von Repressionen und anti-chinesischen Ressentiments aus Myan­mar geflüchtet. Anfangs taten sich viele schwer, sich ans lokale Leben und die Sprachen zu gewöhnen, den taiwanesischen Dialekt und Mandarin. Inzwischen floriert der Handel zwischen den beiden Ländern und über 200 taiwanische Firmen operieren in Myanmar.
An den Protesten in Myanmar, die seit 1. Februar anhalten und gegen die das Militär mit immer größerer Gewalt vorgeht, nahmen auch Tausende Mitglieder der christlichen Minderheiten im buddhistischen Myanmar teil, darunter auch Priester und Ordensfrauen.  Auch der Erzbischof von Rangun, Kardinal Charles Bo, rief mehrfach zum gewaltfreien Protest gegen den Militärputsch auf.
Gemäß Schätzungen zählt die Bevölkerung von Myanmar ca. 54,5 Mio. Einwohner. Laut einer Zählung von 2014 teilen sich die Religionen wie folgt auf: Buddhismus 87,9%, Christentum 6,2%, Islam 4,3%, Hinduismus 0,5%, Volksglaube von Stämmen 0,8%, Andere 0,2% und ohne Religion 0,1%. Nach einer Meldung von UCAN vom 20. November 2020 nehmen die 750.000 Katholiken einen bescheidenen Platz ein.
Willi Boehi


Katharina Feith
Isabel Friemann, China InfoStelle
Katharina Wenzel-Teuber
mit einem Beitrag von Willi Boehi

Religionspolitik

19. April 2021:
Bitter Winter: Grid Management System wird zur Bekämpfung von Kulten benutzt – lokale Regierungswebsites berichten über „gitterbasierte“ Religionsarbeit
Bitter Winter, die Website der in Turin ansässigen Organisation CESNUR, berichtete, dass die Teams für Grid Management (wanggehua guanli 网格化管理, gitterbasierte Verwaltung) in China nun auch für Bekämpfung von „häretischen Kulten“ (xiejiao 邪教) eingesetzt werden. Jedes Grid (wangge, Gitterzelle) werde einen Anti-Kult-Verantwortlichen haben, empfohlen werde der Einsatz älterer oder pensionierter Parteikader, die ein Team von Anti-Kult-Freiwilligen aufbauen, in dem Grid nach Hinweisen auf Kultmitglieder suchen und Anti-Kult-Propaganda unter den Bewohnern betreiben sollen.
Grids sind die kleinsten Überwachungs- und Verwaltungseinheiten der Stadtverwaltung, mit einer Fläche von rund 100 mal 100 Metern; in Jiangsu umfasste ein Grid im Jahr 2020 durchschnittlich 670 Personen. Der Begriff kommt aus der Computersprache. Grids nutzen Kartierungs- und Geokodierungstechnologie, um Informationen zu sammeln, die mit den Regierungsbehörden geteilt werden. Grids wurden erstmals 2004 getestet, ihr Wert für die soziale Kontrolle und die Bereitstellung von Dienstleistungen zeigte sich besonders während der Corona-Pandemie (nach J.Ch. Mittelstaedt).
Zwischen April und Juni 2021 wurden auf lokalen Regierungswebsites Berichte eingestellt, in denen von der Eingliederung der Religionsarbeit in das Grid Management die Rede war. So ging in der Stadt Jiamusi in Heilongjiang am 13. Mai eine dreitägige provinzweite Fortbildung zum Thema Grid Management in der Religionsarbeit zu Ende. In der Großgemeinde Gaogang, Kreis Fogang in Guangdong suchten Ende April Grid-Mitglieder ländliche Haushalte nachts auf, um kultbezogene Durchsuchungen und Anti-Kult-Propaganda durchzuführen; im Fokus stand die Kirche des „Allmächtigen Gottes“. Alles war jedoch „kultfrei“ (bitterwinter.org 19.04.; fogang.gov.cn 6.05.; jmsxww.com 14.05.; vgl. Jean Christopher Mittelstaedt, „The grid management system in contemporary China: Grass-roots governance in social surveillance and service provision“, in: China Information, 2.05.2021, https://doi.org/10.1177/0920203X211011565).

1. Mai 2021:
„Maßnahmen für die Verwaltung religiöser Amtsträger“ treten in Kraft
Es handelt sich um die bisher umfassendste Verwaltungsrechtsnorm zur Beaufsichtigung des religiösen Personals durch den Staat. Die Maßnahmen waren am 9. Februar 2021 vom Nationalen Büro für religiöse Angelegenheiten erlassen worden. Eine deutsche Übersetzung findet sich in der Dokumentation, eine Beschreibung von Kontext und Inhalt des sehr restriktiven Dokuments in den Informationen dieser Nummer. Siehe auch China heute 2021, Nr. 1, S. 3-4 (Aspekte, die das sino-vatikanische Abkommen über Bischofsernennungen betreffen) und Chronik, Religionspolitik, 9. Februar 2021.

1. Mai 2021:
Nationales Büro für religiöse Angelegenheiten (NBRA) erlässt „Maßnahmen für die Verwaltung religiöser Ausbildungsstätten“
Es handelt sich um die bisher umfassendste Verwaltungsrechtsnorm zur Beaufsichtigung von Koraninstituten, buddhistischen und daoistischen Akademien sowie protestantischen und katholischen theologischen Seminaren durch den Staat. Sie tritt am 1. September 2021 in Kraft.
Religiöse Ausbildungsstätten sind Einrichtungen auf Mittel- und Hochschulniveau für die Ausbildung religiöser Amtsträger und anderen Fachpersonals, die nicht zum staatlichen Erziehungssystem gehören und deren Abschlüsse nur religionsintern gelten – heißt es in §§ 2 und 7 der „Maßnahmen für die Verwaltung religiöser Ausbildungsstätten“. Sie dürfen nur von den offiziellen religiösen Organisationen auf nationaler oder Provinzebene errichtet werden (§ 3). Sie dienen dem Zweck, „patriotische Nachwuchstalente der Religionen“ auszubilden, die die religiösen Lehren korrekt interpretieren, an der Sinisierung festhalten, politisch zuverlässig sind usw. (§ 4). Sie dürfen nicht von ausländischen Kräften kontrolliert oder in Kooperation mit ausländischen Organisationen oder Personen betrieben werden (§ 5). Der Anteil des gemeinschaftskundlichen (also nicht religionsbezogenen) Unterrichts muss mindestens 30% der Gesamtstundenzahl betragen, dazu gehören Kurse zur ideologischen und politischen Theorie sowie zur chinesischen Kultur und Gesellschaft, an erster Stelle das vertiefte Studium der Xi-Jinping-Gedanken zum Sozialismus chinesischer Prägung im neuen Zeitalter (§ 39). Das sehr lange Dokument hat 9 Kapitel mit 83 Paragraphen. Kapitel 2 (Errichtung) und Kapitel 6 (Anstellung ausländischer Experten) ersetzen ältere Regelungen von 2007 bzw. 1998. Ausländische Experten, für die die Zulassung zur Anstellung beantragt wird, dürfen in der Vergangenheit keine chinafeindlichen Äußerungen gemacht haben (§ 61.5). Die übrigen Kapitel sind Allgemeine Bestimmungen (Kap. 1), Organisation und Gewährleistung (Kap. 3), Aktivitäten der Erziehung und Lehre (Kap. 4), Lehrkörper und Studierende (Kap. 5), Beaufsichtigung und Verwaltung (Kap. 7), rechtliche Haftung (Kap. 8) und Ergänzende Bestimmungen (Kap. 9). Der Text der 宗教院校管理办法 findet sich unter www.sara.gov.cn/ywdt/354264.jhtml. Eine deutsche Übersetzung mit Kommentar erscheint in einer der nächsten Ausgaben von China heute.

1. Juli 2021:
KP Chinas feiert 100. Gründungstag – Religionen zu Loyalitätsbekundungen aufgerufen
Im Vorfeld des 1. Juli führten die Religionsbehörden eine patriotische Erziehungskampagne durch, an der sich die offiziellen Religionsgemeinschaften auf allen Ebenen beteiligen mussten. Das Motto lautete: „Die Parteigeschichte studieren, die Güte der Partei fühlen, auf die Partei hören, mit der Partei gehen“ (xue dang shi, gan dang en, ting dang hua, gen dang zou 学党史, 感党恩, 听党话, 跟党走). Ein weiteres Motto der Erziehungskampagne war „Die Partei lieben, das Land lieben, den Sozialismus lieben“ (ai dang ai guo ai shehuizhuyi 爱党爱国爱社会主义), kurz die „Drei Lieben“ genannt. In einem gemeinsamen Aufruf appellierten die nationalen Leitungsgremien der fünf Religionen zusammen mit YMCA und YWCA am 9. April 2021 an die religiösen Kreise des ganzen Landes, Erziehung zu den „Drei Lieben“ durchzuführen. Es wurden „rote“ Wallfahrten der Religionsvertreter zu Gedenkstätten der Revolution organisiert; religiöse Gruppen veranstalteten auch Kulturgalas unter dem Thema „Ein Herz für die Partei“ (siehe Bericht in den Informationen).

Daoismus

26. Mai 2021:
Meister Ren Farong, Alt-Vorsitzender der Chinesischen daoistischen Vereinigung (CDV), verstirbt
Ren Farong 任法融 wurde 1936 in Tian­shui in der Provinz Gansu geboren. Auf der Website der CDV findet sich folgender Lebenslauf: Mit 19 Jahren besuchte Ren den daoistischen Tempelkomplex Longmendong in Shaanxi und wurde Schüler des Meisters Wang Zhilin von der Longmen-Schule des Quanzhen-Daoismus. Ab 1957 studierte er zehn Jahre lang im Kloster Louguantai im Kreis Zhouzhi bei Meister Liang Zonghe. Ab 1980 war er wieder im Kloster Louguantai, wo er von 1984 bis 2005 als jianyuan 监院 in leitender Position war. 1989 erhielt er im Baiyun-Tempel in Beijing die dreifache Ordination (santan dajie 三坛大戒). Von 1986 bis 2014 war er Präsident der Daoistischen Vereinigung von Shaanxi, von 2005 bis 2015 Präsident der Chinesischen daoistischen Vereinigung. Er war Mitglied in den Politischen Konsultativkonferenzen auf Provinz- und auf nationaler Ebene. Der Nachruf der CDV hebt Meister Rens Beitrag für den Wiederaufbau [nach der Kulturrevolution] des Klosters Louguantai und anderer daoistischer Klöster in Shaanxi, Shanxi und Gansu hervor. Er widmete sich dem Studium des Daoismus (u.a. verfasste er einen Kommentar zum Daodejing), der Kalligraphie und Malerei. Ren unterstütze den Aufbau des Lehrkörpers und die Kompilierung von Lehrmaterial für die Chinesische daoistische Akademie und förderte die Gründung lokaler daoistischer Akademien. Der Lebenslauf erwähnt auch Rens Engagement für Wohlfahrt und Austausch mit dem Ausland. Alle offiziellen Nachrufe bezeichnen Ren Farong als „Freund der KP Chinas“.
Verschiedene westliche Journalisten, so Ian Johnson im Wall Street Journal, bringen Meister Ren mit dem Einsatz für Umweltschutz in Verbindung. Johnson schrieb 2010, dass Ren drei Jahre zuvor eine Konferenz über Ökologie und Daoismus im Kloster Lou­guantai organisiert habe. Er habe das Schmelzen der Polarkappen, Erdbeben und Epidemien als Folge eines „Mangels an Harmonie“ bezeichnet. In einem Antrag habe er die Regierung aufgefordert, die damals in Südwest-China herrschende Dürrekatastrophe als Folge von Umweltmissbrauch ernst zu nehmen und den Umweltschutz zu verbessern (www.taoist.org.cn/showInfoContent.do?id=6872&p=‘p‘ [Nachruf CDV]; wsj.com 12.03.2010; Xinhua 2.06.).

Buddhismus

10. Mai 2021:
Radio Free Asia berichtet über Verbot religiöser Gegenstände an Schulen im tibetischen Kreis Sog
Wie Radio Free Asia unter Berufung auf eine örtliche Quelle berichtete, dürfen Eltern und andere Angehörige im Kreis Sog (chin. Suo) in Nagqu im Autonomen Gebiet Tibet keine religiösen Gegenstände wie Gebetsketten oder Gebetsmühlen mehr mit sich führen und keine Mantras oder Gebete mehr rezitieren, wenn sie ihre Kinder in der Schule besuchen. Das Verbot gelte an allen Grund- und Mittelschulen des Kreises. Seit Anfang April seien entsprechende Anschläge an den Tafeln der tibetischen Schulen im Kreis Sog erschienen, in denen es heiße: „Schulen sind Orte, um Sozialisten auszubilden und heranzuziehen, und sollten nicht als Orte benutzt werden, an denen Rituale und Traditionen befolgt werden“ (rfa.org 10.05.).

21. Mai 2021:
Staatsrat veröffentlicht Weißbuch „Tibet Since 1951: Liberation, Development and Prosperity“
Zum 70. Jahrestag der „Befreiung“ Tibets im Jahr 1951 veröffentlichte der Staatsrat eine umfangreiche Darstellung des offiziellen Narrativs zur Geschichte Tibets als Bestandteil Chinas seit alters her. Seit der Qing-Dynastie würden der Dalai Lama und der Panchen Lama durch die chinesische Zentralregierung eingesetzt. Ausführlich schildert das Weißbuch die Errungenschaften im heutigen Tibet, hervorgehoben wird besonders der „vollständige Sieg über die Armut“. Die traditionelle Sprache und Kultur sowie die Glaubensfreiheit würden geschützt. In Tibet gibt es dem Weißbuch zufolge 1.700 Stätten für Aktivitäten des tibetischen Buddhismus mit 46.000 Mönchen und Nonnen, vier Moscheen und 12.000 einheimische Muslime sowie eine katholische Kirche mit 700 Gläubigen. Reinkarnationen Lebender Buddhas würden nach den Gesetzen, Vorschriften, religiösen Ritualen und historischen Konventionen durchgeführt; das Weißbuch nennt hier u.a. die staatlichen „Verwaltungsmaßnahmen für die Reinkarnation Lebender Buddhas des tibetischen Buddhismus“ [2007] und verweist auf die Anwendung der „goldenen Urne“ [für die Losziehung, die die chinesische Führung als aus historischen Gründen zwingend für die Ermittlung des Dalai Lama und anderer hochrangiger Inkarnationen darstellt]. Bis 2020 seien 92 Reinkarnationen des tibetischen Buddhismus identifiziert und approbiert worden. Am Ende stellt das Weißbuch „Richtlinien für das Regieren Tibets im neuen Zeitalter“ in 10 Punkten auf, von denen Punkt 1 und Punkt 10 das Festhalten an der Führung der KP Chinas bzw. die Stärkung der Partei beinhalten; ein weiterer Punkt ist: „Wir müssen die Religionen in einem chinesischen Kontext entwickeln“ (Text des Weißbuchs unter www.xinhuanet.com/english/2021-05/21/c_139959978.htm).

30. Mai 2021:
Erstmals vier Promotionsabschlüsse an der Chinesischen buddhistischen Akademie
Wie die Chinesische buddhistische Akademie berichtete, verteidigten vier Promotionskandidaten – alle vier Mönche – am 30. Mai ihre Thesen vor einer Verteidigungskommission, die aus Fachprofessoren staatlicher Universitäten und der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften (CASS) zusammengesetzt war. Leiter der Kommission war Wei Dao­ru, Mitglied des akademischen Rats der CASS. Eines der Kommissionsmitglieder war Dharma-Meister Zhanru, Professor an der Peking University. Die Kommissionsmitglieder entschieden durch anonyme Stimmabgabe, ob die Kandidaten bestanden hatten. Alle vier erhielten einen „Doktorgrad religiöser Ausbildungsstätten“ (zgfxy.cn 2.06.).
Die Abschlüsse religiöser Ausbildungsstätten gelten religionsintern. Am 26. November 2020 fanden erstmals Doktorprüfungen am protestantischen Nationalen theologischen Seminar in Nanjing statt; siehe China heute 2021, Nr. 1, Chronik, Protestantismus, 26. November 2020.

Islam

6. Mai 2021:
Associated Press – Imam: Zahl der Teilnehmer an Freitagsgebeten der Id-Kah-Moschee in Kashgar rückläufig
Vor einem Jahrzehnt hätten 4.000 bis 5.000 Gläubige an den Freitagsgebeten in der Id-Kah-Moschee teilgenommen. Nun seien es nur noch 800 bis 900, sagte Mamat Juma, Imam der Moschee, laut einem Bericht der Associated Press. Der Imam führte diesen Rückgang auf einen Wertewandel zurück und nicht auf die Regierungspolitik; er sagte, die jüngere Generation wolle lieber mehr Zeit mit Arbeiten verbringen als mit Beten (AP 6.05.).

13. Mai 2021:
Uyghur Human Rights Project (UHRP) veröffentlicht Studie zur Inhaftierung von Imamen und religiösen Persönlichkeiten in Xinjiang
Das in Washington ansässige UHRP untersuchte ein Datenset von 1.046 Fällen turkstämmiger, meist uigurischer Imame oder anderer religiöser Persönlichkeiten, die seit 2014 in Xinjiang (die Studie benutzt den Begriff East Turkestan) möglicherweise in Verbindung mit religiöser Unterweisung und Gemeindeleitung festgenommen worden sind. Für ihre Dokumentation benutzte UHRP Gerichtsdokumente, Berichte von Familienmitgliedern, öffentliche Medienberichte, „geleakte“ Dokumente usw. Da es extrem schwer sei, Informationen aus der Region zu bekommen, würden ihre Daten nur die „Spitze eines Eisbergs“ darstellen, so die Studie. Die wichtigsten Ergebnisse der Studie lassen sich wie folgt zusammenfassen: Unter den 1.046 untersuchten Fällen waren 850 Imame, 122 Mullahs (muslimische Gelehrte), 20 Muezzins, 33 talibs (Religionsstudenten) und einige Personen  mit anderen Berufsangaben (möglicherweise ehemalige Imame). Von diesen 1.046 Personen sind derzeit [Datum des Informationsstands wird nicht genau angegeben] 428 in Gefängnissen und 202 in Lagern inhaftiert, 18 freigelassen (8 von diesen stehen unter Hausarrest), 18 sind in Haft oder kurz nach der Entlassung gestorben (drei von diesen waren älter als 80 Jahre); in weiteren 378 Fällen ist der aktuelle Status der Personen unbekannt. Der zeitliche Höhepunkt der Verhaftungen war das Jahr 2017 [in dem die massenhafte Inhaftierung von Uiguren in Zentren für Umerziehung begann], doch 19% der Festnahmen fanden bereits zwischen 2013 und 2015 statt. Unter den in Lagern oder Gefängnissen Inhaftierten sind auch 23 Frauen; viele von ihnen werden – so die Studie – mit den männlichen Begriffen Mullah oder Imam bezeichnet, wahrscheinlich handelt es sich um büwi, also muslimische Frauen, die Kinder religiös unterweisen, religiöse Versammlungen von Frauen leiten usw. Bei einem Teil der in Gefängnissen Inhaftierten geht aus Unterlagen hervor, welche Vorwürfe gegen sie erhoben wurden: 61 Fälle (30% der bekannten Anklagen) standen in Zusammenhang mit „illegaler Unterweisung“, „illegalem Predigen“ und „religiöser Unterweisung von Kindern“. 50 Fälle (25%) hatten mit „Religionszugehörigkeit“ zu tun und umfassten Handlungen wie „Verbreitung religiöser Propaganda“ oder „Imam sein“. Andere Gründe für Gefängnisstrafen waren Leitung oder Predigt bei Hochzeiten (5%), Beten (5%), Reisen ins oder Kommunikation mit dem Ausland (4%), Besitz oder Verbreitung „illegalen religiösen Materials“ (3%). In 304 Fällen ist bekannt, zu wieviel Jahren Gefängnishaft die Betroffenen verurteilt wurden: 96% von diesen wurden zu mindestens 5 Jahren Haft verurteilt, davon 25% zu 20 Jahren oder länger. Viele der Imame im Datenset hätten Jahre zuvor mit Regierungsgenehmigung in offiziellen religiösen Positionen gearbeitet.
Die Studie verweist darauf, dass Imame immer weniger Orte hätten, an denen sie predigen oder beten könnten, da etwa 16.000 Moscheen in Xinjiang seit 2017 zerstört oder beschädigt worden seien (Zahlen nach einer Untersuchung des Australian Strategic Policy Institute vom Sept. 2020). Die Studie mit dem Titel „Islam Dispossessed: China’s Persecution of Uyghur Imams and Religious Figures“ findet sich unter https://uhrp.org/wp-content/uploads/2021/05/Islam-Dispossessed_2021-05-15.pdf. Siehe auch China heute 2020, Nr. 2-3, Chronik, Islam / Xinjiang, 25. September 2020; Nr. 4, Chronik, Islam, 19. November 2020.
Nach dem Weißbuch des Staatsrats „Freedom of Religious Belief in Xinjiang“ von 2016 gab es damals in Xin­jiang 24.400 Moscheen und 29.000 muslimische Kleriker.

Juni 2021:
Fortbildung für weibliche Vertreter der islamischen Kreise in Hainan
Die Fortbildung wurde von der Einheitsfrontabteilung und der Islamischen Vereinigung der Provinz Hainan durchgeführt. Der Einheitsfrontvertreter drückte seine Erwartung aus, dass die Muslimas der Provinz künftig an der Sinisierung des Islam und seiner Anpassung an den Sozialismus festhalten, sich aktiv am Aufbau des Freihandelshafens Hainan beteiligen und die positive Rolle muslimischer Frauen für die Wohltätigkeit, wirtschaftliche Entwicklung und gesellschaftliche Harmonie entfalten. Eines der Themen der Fortbildung war die Risikoprävention beim Aufbau des Freihandelshafens. Die Fortbildung umfasste auch Besuche in Gansu und Qinghai bei patriotischen Gedenkstätten der Roten Armee und religiösen Stätten. 22 Personen nahmen an der Fortbildung teil; das Gruppenfoto zeigt 13 muslimische Frauen.
Die Gründe für diese eher ungewöhnliche religionspolitische Schulung speziell für muslimische Frauen sind nicht ganz klar. Am 10. Juni 2021 verabschiedete der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses ein Gesetz über den Freihandelshafen Hainan. Die ganze Insel soll bis Mitte des Jahrhunderts zu einem weltweit einflussreichen Freihandelshafen ausgebaut werden. Im September 2020 gab es Berichte, u.a. in der South China Morning Post, dass die religiösen Bräuche der 10.000 Mitglieder zählenden muslimischen Ethnie der Utsul in Hainan unter Druck seien. Ein Anfang September 2020 verhängtes Hidschab-Verbot an Schulen stieß auf Widerstand und wurde vorübergehend wieder aufgehoben, nachdem Hunderte von Schülerinnen sich geweigert hatten, ihr Kopftuch abzulegen (chinaislam.net.cn 21.06.; german.china.org.cn 11.06.; vgl. China heute 2020, Nr. 2-3, Chronik, Islam / Xinjian, 28. September 2020).

Protestantismus

25. April 2021:
Festnahmen im Gottesdienst in Shen­zhen
Am 25. April wurde ein Gottesdienst der Trinity Gospel Harvest Church in Shen­zhen von Sicherheitskräften unterbrochen. Die Pastoren Cao Yuan und Mao Zhibin sowie acht Gemeindemitglieder wurden festgenommen. Die Polizeiaktion erfolgte wenige Tage nach einem Treffen der im US-amerikanischen Exil lebenden Shi Minglei mit Mitarbeitenden des dortigen Außenministeriums. Bei dem Termin wurde die Situation ihres Mannes Cheng Yuan erörtert, der ein bekannter Menschenrechtsaktivist und Leiter der NGO Changsha Funeng ist und sich seit Juli 2020 in Haft befindet. Die Ehepartner waren Mitglieder der Trinity Gospel Harvest Church (AsiaNews 26.04.).
Isabel Friemann, China InfoStelle

Ende März und Ende April 2021:
Koreanische Gemeinden geschlossen
In den Provinzen Zhejiang und Jilin wurden Ende März und Ende April koreanische Gemeinden verboten und geschlossen, in denen sich vorwiegend Angehörige der koreanisch-stämmigen Minderheiten in China zu protestantischen Gottesdiensten versammelten. Beide Gemeinden gehörten zum Verband der „Good News Mission Baptist Church Korea“, einer global agierenden Gruppierung mit missionarischem Charakter, die in 80 Ländern vertreten ist. Das Verbot ist unerwartet, da die Gemeinde in Yanbian (Jilin) seit Jahrzehnten besteht und die Kirche nicht zu den als illegal eingestuften „schädlichen Kulten“ gehört (UCAN 15.06.).
Isabel Friemann, China InfoStelle

22.-23. Juni 2021:
European Network of Amity Partners (ENAP) trifft sich online
Im 34. Jahr seines Bestehens traf sich das Europäische Partnernetzwerk der auf Initiative von Christen ins Leben gerufenen chinesischen Hilfsorganisation Amity Foundation zum ersten Mal virtuell. Die Einladung erfolgte durch Evangelische Mission Weltweit (EMW) in Federführung von Dr. Eckhard Zemmrich; die Vorbereitung fand in bilateraler Absprache mit She Hongyu von Amity statt. Das digitale Format erlaubte die hohe Anzahl von zehn Teilnehmenden von Amity-Seite, zugeschaltet aus Nanjing, Hongkong, Beijing und Manila. Dazu kamen knapp 20 Teilnehmende aus Deutschland, Norwegen, Schottland, England und den Niederlanden. Während sich der erste Tag den Folgen der Corona-Pandemie für die eigene Arbeit und Berichten über die China-Projekte der europäischen Organisationen und Werke widmete, konzentrierte sich der zweite Tag auf einen Austausch über die Rolle von ENAP aus chinesischer und europäischer Sicht. Amitys Vorstandsvorsitzender Qiu Zhonghui sprach davon, dass China so weit sei, mehr Verantwortung für die Lösung weltweiter Probleme zu übernehmen. Amity Foundation sei für seine geplante weitere Internationalisierung auf die Hilfe europäischer Partner angewiesen. Von europäischer Seite wurde betont, wie wichtig es ist, das auf der Grundlage von jahrzehntelanger Zusammenarbeit geprägte Vertrauen zu nutzen, um Räume für Dialog, Austausch und zukünftige Kooperationsprojekte zu erhalten bzw. auszubauen. Es bestand Konsens in der Überzeugung, dass globale Probleme wie Armut, Konflikte und Umweltzerstörung globaler Lösungen bedürfen, an denen die Mitglieder von ENAP in Zukunft gemeinsam arbeiten wollen.
Isabel Friemann, China InfoStelle

Katholische Kirche

13. April 2021:
Katholisches Behindertenheim in Zhao­xian, Provinz Hebei, von Behörden geschlossen
Laut einem Bericht von AsiaNews wurde Mitte April das von katholischen Ordensschwestern betriebene Heim „Liming zhi jia“ für Kinder und Jugendliche mit geistigen und körperlichen Behinderungen, die von ihren Familien verlassen wurden, von den Lokalbehörden geschlossen. Das Heim wurde 1988 vom damaligen Untergrundbischof Raimund Wang Chonglin gegründet und wird seither von den Schwestern der heiligen Theresia vom Kinde Jesus geleitet. Die Kinder und Jugendlichen sollen in staatlichen Heimen untergebracht worden sein. Zunächst sei es den Schwestern und Angestellten – so AsiaNews – erlaubt gewesen, die Kinder und Jugendlichen, mit denen sie jahrelang zusammengelebt hatten, weiterhin zu besuchen, dann allerdings hätten die Behörden den Kontakt zu den unter 18-Jährigen verboten. Dies könne mit dem Verbot der Evangelisierung von Minderjährigen zu tun haben. AsiaNews mutmaßte zudem, dass die Schließung auch im Zusammenhang mit der Demontage aller Strukturen, die mit der Untergrundkirche in Verbindung stehen, zu tun habe. Bischof Wang war der letzte inoffizielle Bischof der Diözese Zhaoxian, die die Regierung in die offizielle Diözese Xingtai inkorporierte. Der Bischof starb am 2. Februar 2010. Seither steht Zhao­xian ein vom Vatikan eingesetzter Apostolischer Administrator vor. Das Liming-Heim war durch seine Professionalität, gute Ausbildung des Personals, vorbildliche Führung, aber vor allem auch wegen des liebevollen Umgangs mit den Kindern und Jugendlichen weit über die Grenzen der Provinz Hebei bekannt. Liming ist nicht das einzige katholische Waisen- bzw Behindertenheim, das in jüngster Zeit von den Behörden geschlossen wurde. Ein weiteres Heim wurde in Renqiu, Diözese Xianxian, aufgelöst sowie jeweils ein Heim in Zhangjiakou und Zhengding, alle in der Provinz Hebei. Bereits vor zwei Jahren musste ein katholisches Waisenheim in Baoji, Provinz Shaanxi, schließen (AsiaNews 13.,14.04.).

23. April 2021:
Offizielle katholische Leitungsgremien bereiten 10. Nationalversammlung der Vertreter des chinesischen Katholizismus vor
Die reguläre Gemeinsame Versammlung der Verantwortlichen der Chinesischen katholischen patriotischen Vereinigung und der Chinesischen katholischen Bischofskonferenz beschloss satzungsgemäß die Einberufung der 10. Nationalversammlung der Vertreter des chinesischen Katholizismus – des obersten Gremiums des offiziellen Katholizismus in China. Bischof Fang Xingyao, Vorsitzender der Patriotischen Vereinigung, sagte u.a., „dieses Jahr“ stehe ein Leitungswechsel an – ein Hinweis darauf, dass die alle fünf Jahre fällige Nationalversammlung noch 2021 stattfinden soll. Er sprach von der Aufstellung eines Leitungsteams für die Vorbereitung des Amtswechsels und einer sorgfältigen Revision der Satzungen [von Patriotischer Vereinigung und Bischofskonferenz] gemäß den [2020 in Kraft getretenen] „Maßnahmen für die Verwaltung religiöser Organisationen“. Die Versammlung beriet außerdem über den auf der Nationalversammlung vorzulegenden Arbeitsbericht und diskutierte Ideen für die Arbeit der nächsten fünf Jahre. Ein Leiter der Zentralen Einheitsfrontabteilung der KP Chinas forderte in seiner Rede, „die politische Schranke für die Delegierten streng zu kontrollieren“, das müsse das oberste Prinzip sein. Ein weiteres Thema der Sitzung war die Feier des 100-jährigen Bestehen der KP Chinas. Bischof Fang erklärte, in diesem bedeutungsvollen Jahr werde der chinesische Katholizismus weiter am Prinzip der Unabhängigkeit und der Anpassung an den Sozialismus festhalten (chinacatholic.cn 26.04.).

20. und 21. Mai 2021:
Untergrundbischof Zhang Weizhu sowie 10 Priester und 10 Seminaristen der Apostolischen Präfektur Xinxiang verhaftet
Unter anderem bei einer Polizeirazzia in dem von der Apostolischen Präfektur Xinxiang, Provinz Henan, als Seminar genutzten und zu diesem Zweck von einem Katholiken zur Verfügung gestellten alten Fabrikgebäude in Shaheqiao, Provinz Hebei, wurden der 63-jährige Untergrundbischof Joseph Zhang Weizhu, 10 Priester und 10 Seminaristen verhaftet. Der im Jahr 1991 geweihte Bischof Zhang Weizhu wurde im Jahr 1998 von Rom zum Bischof der Apostolischen Präfektur Xinxiang berufen, wurde aber nie als solcher von der chinesischen Regierung anerkannt, welche stattdessen im Jahr 2010 einen Administrator für Xinxiang eingesetzt hat. Zusammen mit weiteren drei später noch verhafteten Seminaristen, die zunächst fliehen konnten, wurden alle 13 Seminaristen mit dem Verbot, sich theologisch auszubilden, nach Hause geschickt und die 10 Priester wurden wieder freigelassen. Zuvor mussten sie sich nach Angaben von AsiaNews aber politischen Kursen unterziehen. Bischof Zhang Weizhu war Mitte Juli weiterhin in Haft (AsiaNews 22.,24.05; 15.07.; UCAN 24.,31.05.).

2. Juli 2021:
Chinesische katholische patriotische Vereinigung gibt Einstellung von vier Hochschulabsolventinnen bekannt, die Mitglieder der Kommunistischen Jugendliga sind
Wie bereits berichtet (China heute 2021, Nr. 1, S. 5), hat die Patriotische Vereinigung seit 2019 offiziell 13 Stellen für Hochschulabsolventen ausgeschrieben – im Jahr 2021 auf der „Öffentlichen Rekrutierungsservice-Plattform für Einrichtungen unter den zentralen und staatlichen Organen“ des Ministeriums für Humanressourcen und soziale Sicherheit. Am 2. Juli gab sie auf ihrer Website vier Hochschulabsolventinnen, die nun eingestellt werden, namentlich bekannt. Alle vier sind Mitglieder der Kommunistischen Jugendliga und haben M.A.-Abschlüsse verschiedener staatlicher Universitäten. Im Sekretariat der Patriotischen Vereinigung wird künftig eine Absolventin des Fachs marxistische Philosophie, in ihrer Publikations- und Redaktionsabteilung eine Literaturwissenschaftlerin tätig sein. Im Nationalen theologischen Seminar in Beijing werden für das Sekretariat eine Juristin und als Englischlehrerin eine Absolventin des Fachs Englisch/Dolmetschen eingestellt (www.chinacatholic.cn/html/report/21070243-1.htm).

6. Juli 2021:
UCAN: Katholischer Autor bleibt in Haft
Der im Januar in seinem Heimatdorf Pangcheng, Gaobeidian, in Hebei verhaftete 30-jährige katholische Autor Pang Jian – der unter dem Pseudonym Gao Yang schreibt – bleibt laut einem Bericht von UCAN vom 6. Juli 2021 weiterhin in Haft. Wie sein Vater Radio Free Asia mitteilte, sei Pang verhaftet worden, nachdem er über Zwangsabrisse und Zwangsräumungen in ländlichen Gebieten um Beijing, Tianjin und in Hebei geschrieben habe. Er wurde während einer Corona-Testung festgenommen. Der Familie wurde später mitgeteilt, dass er wegen des Verdachts der Sezession in der Haftanstalt Gaobeidian untergebracht sei. Er darf keine Besuche empfangen. Pang Jian berichtete auch über die katholische Kirche in Hebei und machte Aufnahmen von fast allen Kirchen in Hebei. Er sprach zudem in Hongkonger Medien über die Untergrundgemeinschaft in Hebei, so der Bericht von UCAN (UCAN 6.07.).

Sino-vatikanische Beziehungen

5. April 2021:
Kardinal Staatssekretär Pietro Parolin im Interview mit dem spanischen Sender COPE zur Situation der katholischen Kirche in China
Auf die Frage nach der Realität und der Zukunft der katholischen Kirche in China sagte Kardinal Parolin: „Sicherlich ist die Kirche in China ein grundlegender Teil der katholischen Kirche, und alles, was versucht wurde und wird, zielt darauf ab, diese Gemeinschaft zu sichern, die noch klein ist, aber große Kraft und Vitalität besitzt. Alles, was getan wird, dient dazu, ein normales Leben in der Kirche in China zu gewährleisten. Räume der Religionsfreiheit, der Gemeinschaft, weil man in der katholischen Kirche nicht leben kann ohne die Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri, mit dem Papst. Wir schauen also mit großem Respekt auf die Kirche in China, auch wegen ihrer Geschichte, die Zukunft basiert auf der Geschichte, einer Geschichte mit viel Leid.“ Der Kardinal sprach von hoffnungsvollen Schritten in Richtung einer Versöhnung innerhalb der Kirche, auch wenn noch lange nicht alle Probleme gelöst seien. „Eine evangelische Rolle in der chinesischen Gesellschaft mit all ihrem Reichtum und ihren Problemen. Ich würde sagen, dass es ein positiver Ausblick ist. Eine große Erwartung an das, was die Kirche in China der katholischen Kirche geben kann“, so der Kardinal (www.cope.es/programas/el-espejo/noticias/cardenal-parolin-espejo-europa-esta-perdiendo-identidad-persona-20210405_1221248).

23. Mai 2021:
Warum schweigt der Vatikan zu China und Hongkong? Außenminister des Vatikans im Interview mit America Magazine
Der Journalist Gerard O’Connell fragte Erzbischof Paul R. Gallagher, ob er in den letzten Jahren eine Erwärmung der Beziehungen zwischen China und dem Heiligen Stuhl wahrgenommen habe. Der Bischof äußerte den Eindruck, es gebe größere Offenheit, über Fragen zu sprechen; jedoch verhandle der Heilige Stuhl „mit einer sehr, sehr kleinen Gruppe“ aus der großen Regierungsstruktur, so dass es schwer sei zu sagen, welche Auswirkungen die Gespräche auf Beijing hätten. Es gebe derzeit keinen Plan für ein hochrangiges Treffen beider Seiten auf der Ebene von Kardinal Parolin oder ihm selbst. Auf die Frage, warum der Papst sich zur Unterdrückung in Myanmar geäußert habe, der Vatikan aber zur Verfolgung der Uiguren und den Repressionen in Hongkong schweige, sagte Gallagher: „Ich denke, Sie werden feststellen, dass der Heilige Stuhl keine Politik, keine diplomatische Politik der Denunziation fast überall auf der Welt hat, und es gibt Menschenrechtsverletzungen in vielen, vielen Ländern.“ Er sagte außerdem: „Wir glauben an den Versuch, mit den Chinesen zu arbeiten“; die große Priorität sei dabei die Frage der Bischofsernennungen. Auf die Frage nach dem Schweigen des Vatikans zu Hongkong sagte der Erzbischof, dass die katholische Gemeinschaft in Hongkong offensichtlich selbst politisch gespalten sei und dass großartige Statements seiner Meinung nach nicht sehr effektiv sein würden.
Der Sinologe P. Gianni Criveller PIME kommentierte das Interview in UCAN. Die Feststellung, dass es überall auf der Welt Menschenrechtsverletzungen gebe, sei ein dürftiges Argument, um das Schweigen über China und Hongkong zu rechtfertigen, so Criveller. Es scheine ihm ein Fall zu sein, wo man „mit den Schwachen stark und mit den Starken schwach“ umgehe. Seines Wissens seien die meisten Katholiken in Hongkong [über das Schweigen des Vatikans zur Situation Hongkongs] sehr enttäuscht (America 23.03.; UCAN 25.03.).

24. Mai 2021:
Weltgebetstag für die Kirche in China
Nach dem Regina-Caeli-Gebet am 23. Mai auf dem Petersplatz sagte Papst Franziskus: „Morgen feiern die katholischen Gläubigen in China das Fest der seligen Jungfrau Maria, Hilfe der Christen und himmlische Patronin ihres großen Landes. Die Mutter des Herrn und der Kirche wird mit besonderer Verehrung im Heiligtum von Sheshan in Shanghai verehrt und von christlichen Familien in den Prüfungen und Hoffnungen des täglichen Lebens eifrig angerufen. Wie gut und wie notwendig ist es, dass die Mitglieder einer christlichen Familie und Gemeinschaft immer mehr in Liebe und Glauben vereint sind! Auf diese Weise können Eltern und Kinder, Großeltern und Kinder, Pfarrer und Gläubige dem Beispiel der ersten Jünger folgen, die am Pfingsttag in Erwartung des Heiligen Geistes im Gebet mit Maria vereint waren. Ich lade euch daher ein, die christlichen Gläubigen in China, unsere lieben Brüder und Schwestern, die ich in der Tiefe meines Herzens trage, mit inständigem Gebet zu begleiten. Möge der Heilige Geist, der Protagonist der Sendung der Kirche in der Welt, sie leiten und ihnen helfen, Überbringer der Frohen Botschaft, Zeugen der Güte und der Nächstenliebe und Baumeister der Gerechtigkeit und des Friedens in ihrer Heimat zu sein“ (www.vatican.va/content/francesco/de/angelus/2021/documents/papa-francesco_regina-caeli_20210523.html).
Papst Benedikt hat in seinem Brief an die chinesische Kirche von 2007 den 24. Mai zum Gebetstag für die Kirche in China bestimmt. Das Marienheiligtum von Sheshan in Shanghai war allerdings 2021 wie schon im Vorjahr für Pilger gesperrt; die Diözese Shanghai sagte am 6. April alle Maiwallfahrten ab und gab Corona-Prävention als Grund dafür an. Gleichzeitig blieben jedoch, wie AsiaNews berichtete, ein beliebter Vergnügungspark und der Golfclub am Sheshan geöffnet. – Kardinal Charles Bo von Yangon (Myan­mar), der Vorsitzende der Föderation asiatischer Bischofskonferenzen, hatte laut UCAN am 14. März zu einer Woche des Gebets für die chinesische Kirche vom 23. bis 30. Mai aufgerufen. Am 20. Mai schloss sich der Vorsitzende der Kommission Justitia et Pax der US-amerikanischen Bischöfe, Bischof David Malloy von Rockford, Kardinal Bos Aufruf an (AsiaNews 12.04.; CNA 21.05.; UCAN 14.03.).

Hongkong

16. April 2021:
Hongkong: Neun führende Demokratie-Aktivisten zu Haftstrafen verurteilt
Nach der Verurteilung wegen Organisation und Teilnahme an einer nichtgenehmigten Großdemonstration Ende August 2019 erhielten neun Aktivisten Haftstrafen zwischen 8 und 18 Monaten. Bereits Anfang April waren die Angeklagten schuldig gesprochen worden. An der friedlichen Demonstration hatten ca. 1,7 Millionen Menschen teilgenommen. Die Strafen werden auch im Zusammenhang mit dem nationalen Sicherheitsgesetz für Hongkong gesehen, das Ende Juni 2020 in Kraft trat. Seitdem wurden Dutzende von Demokratie-Aktivisten verhaftet – offensichtlich auch für „Vergehen“, die vor Inkrafttreten des Gesetzes erfolgten.
Unter den Verurteilten ist auch eine Reihe von Christen, so u.a. der 82-jährige Gründer der Demokratischen Partei Hongkongs, Katholik und früherer Parlamentarier sowie Mitautor des Hongkonger Grundgesetzes, Martin Lee, dessen 11-monatige Haftstrafe offensichtlich aufgrund seines Alters zur Bewährung ausgesetzt wurde (wie auch die Strafe von drei weiteren Angeklagten). Der bekannte 72-jährige, als Erwachsener getaufte Medienunternehmer und Gründer der prodemokratischen Apple Daily Jimmy Lai bekam 14 Monate Gefängnis. Er wurde in der Vergangenheit schon mehrfach festgenommen, aber erhielt zum ersten Mal eine Haftstrafe. Der 64-jährige anglikanisch getaufte Gewerkschaftler und ehemalige Abgeordnete Lee Cheuk-yan bekam eine einjährige Haftstrafe (ARD-aktuell/tagesschau.de 16.04.; UCAN 17.04.)

21. April 2021:
Präsident des Baptistenbundes verlässt Hongkong
Pastor Lo Hing-choi, der 2020 noch als Präsident des Hongkonger Baptistenbundes bestätigt worden war, hat nach Berichten der lokalen Zeitschrift Christian Times am 21. April sein Amt niedergelegt und ist gemeinsam mit seiner Frau nach Großbritannien übergesiedelt. Nach eigener Aussage ist die zunehmende Einschränkung bürgerlicher Freiheiten der einzige Beweggrund für diesen Schritt. Pastor Lo ist bekannt für seine Kritik am Sicherheitsgesetz und die Unterstützung der Protestbewegung in Hongkong. In mehreren Beijing-treuen Zeitschriften erschienen Artikel, die den Kirchenmann öffentlich angriffen, was nach Einschätzung von Beobachtern als Vorzeichen für persönliche Restriktionen und eine mögliche Festnahme gewertet werden kann. Die evangelischen Pastoren Wong Siu-yung und Yeung Kin-keung, die 2020 als Unterzeichner der „Gospel Declaration“ Gläubige zum Widerstand gegen jedes totalitäre System aufgerufen hatten, waren zuvor bereits ins Exil gegangen, nachdem sie in der Presse als subversiv und spalterisch bezeichnet worden waren (AsiaNews 22.04.).
Isabel Friemann, China InfoStelle

28. April 2021:
Umstrittenes Immigrationsgesetz in Hongkonger Parlament verabschiedet
Menschenrechtler, Demokratie-Aktivisten und Diplomaten befürchten, dass die Behörden durch das am 28. April verabschiedete und am 1. August in Kraft tretende Gesetz sehr weitreichende Befugnisse für ein Verbot von Ein- und Ausreisen erhalten. Sicherheitssekretär John Lee trat dieser Kritik entgegen, es gehe vor allem um den Kampf gegen illegale Einwanderung und Asylmissbrauch. Das Recht auf Reisefreiheit bleibe garantiert, die Regierung werde in naher Zukunft ergänzende Gesetze dazu erlassen. Die Hongkonger Rechtsanwaltskammer (HKBA) bemängelte im Februar, so ein Bericht von Reuters vom 28. April, dass das Gesetz nicht erläutere, weshalb es die Befugnisse geben müsse und wie sie angewandt würden. Auch gebe es keine zeitliche Befristung für ein Reiseverbot und auch kein Schutz vor Missbrauch. Das Sicherheitsbüro bekundete daraufhin, dass das Gesetz nur auf eingehende Flüge mit dem Ziel illegaler Einwanderung gerichtet sei. Nach Angaben der Regierung soll es 13.000 Asylbewerber in Hongkong geben, durchschnittlich wird nur einem Prozent von ihnen Asyl gewährt. Laut AFP soll das Gesetz gemäß Aussagen von Juristen allerdings auch auf Personen angewendet werden können, die Hongkong verlassen möchten (AFP 28.04.; Reuters 28.04.).

17. Mai 2021:
Jesuit Stephen Chow Sau-yan zum katholischen Bischof von Hongkong ernannt
Am 17. Mai gab der Vatikan bekannt, dass der amtierende Provinzial der chinesischen Provinz der Gesellschaft Jesu zum „Bischof der Diözese Hongkong (China)“ ernannt wurde. Die Bischofsweihe wird am 4. Dezember in Hongkong stattfinden. Mit der Ernennung des 1959 geborenen Stephen Chow ist das Ende einer fast zweieinhalbjährigen Sedisvakanz in Sicht. Nach dem Tod des Hongkonger Bischofs Michael Yeung im Januar 2019 hatte sein Vorgänger, der heute 82-jährige Kardinal John Tong, auf Bitten des Papstes das Amt als Apostolischer Administrator der Diözese übernommen.
Chow kennt die Situation in Hongkong gut, er engagiert sich für die Jugend und Bildung, soll ein Mann des Dialogs und des Ausgleichs sein, spirituell und mit starken Führungsqualitäten ausgezeichnet. Dies wird nötig sein in der tief gespaltenen Hongkonger Gesellschaft und Kirche.
Stephen Chow SJ wurde am 7. August 1959 in Hongkong geboren. Er studierte in den USA und Hongkong, u.a. hat er einen Doktortitel in Humanentwicklung und Psychologie von der Harvard University in Boston. Am 16. Juli 1994 wurde er von Kardinal John Baptist Wu zum Priester geweiht. Stephen Chow war bisher vor allem im Bildungs- und Erziehungsbereich in Hongkong tätig, ein Feld, auf dem Beijing in den letzten Jahren immer mehr versuchte, Einfluss auszuüben. Seit 2007 ist er Supervisor von zwei Jesuitenkollegs in Hongkong und unterrichtet u.a. Psychologie am Holy Spirit Diocesan Seminary.
Mit der Ernennung von Stephen Chow verbinden sich große Hoffnungen für die Zukunft der Diözese und die Gesellschaft in Hongkong, die vor den wohl größten Herausforderungen seit der Rückgabe Hongkongs an China im Jahre 1997 steht (America Magazine 17.05.; AsiaNews 17.,18.05.; Sunday Examiner 18.05.; UCAN 17.05.; https://press.vatican.va/content/salastampa/it/bollettino/pubblico/2021/05/17/0303/00667.html).

4. Juni / 1. Juli 2021:
Hongkongs Kirchen beteiligen sich an Tian’anmen-Gedenken
In sieben katholischen Kirchen wurden dieses Jahr Gedenkgottesdienste für die Opfer des Tian’anmen-Massakers am 4. Juni 1989 gehalten. Der emeritierte Bischof Kardinal Joseph Zen stand einer Gedenkmesse für die Opfer des Massakers in der St. Andrew’s Church vor. „Wir weigern uns, pessimistisch zu sein“, betonte der Kardinal in seiner Predigt. Die Toten hätten ihr Leben „für unsere Freiheit und Demokratie“ geopfert. Viele Leute würden sagen, die Märtyer seien bereits im Himmel, 32 Jahre habe man ihrer gedacht, jetzt sei es genug. Dem widersetzte sich der Kardinal, die Stimme des Volkes müsse weiterhin gehört werden. Weihbischof Joseph Ha feierte eine weitere Gedenkmesse in der St. Francis Kirche in Kowloown. Die Kirchen waren dieses Jahr der einzige legale Ort, an denen an dem Abend Treffen abgehalten werden konnten.
Wie auch im vergangenen Jahr hatte die Hongkonger Regierung die sonst jährlich stattfindende große Gedenkvigil mit Kerzenlichtern im Victoria Park auf der Insel Hongkong verboten – vorgeblich aus Furcht vor der Verbreitung des Corona-Virus. Viele Hongkonger setzten ein Zeichen, indem sie brennende Kerzen in die Fenster ihrer Wohnungen stellten. Hunderte trafen sich trotz des Verbots in der Nähe des Parks, wurden aber von der Polizei vertrieben. Am 4. Juni wurde Chow Hang-tung, Vizepräsidentin der Hong Kong Alliance in Support of Patriotic Democratic Movements of China, verhaftet, einen Tag später aber wieder auf Kaution freigelassen. Die Allianz ist der Hauptorganisator der jährlichen Mahnwache. Chow wurde die Aufstachelung zu einer ungenehmigten Versammlung vorgeworfen, was sie als absurd zurückwies.
Auch das große Protestgedenken zum Jahrestag der Übergabe Hongkongs an China am 1. Juli wurde von der Regierung „aus Coronagründen“ – wie schon im vergangenen Jahr – komplett abgesagt. Dies sicherlich auch vor dem Hintergrund der 100-Jahr-Feierlicheiten der Gründung der Kommunistischen Partei Chinas am 1. Juli in Beijing, was zu einer noch größeren Sensibilität dieses Datums beiträgt (AsiaNews 4.,7.06.; FAZ 5.06.; Reuters 28.06.; UCAN 3.06.; https://oldyosef.hkdavc.com/?p=1772).

24. Juni 2021:
Letzte Ausgabe der regierungs­kritischen Apple Daily
In einem Artikel für UCAN bezeichnete Benedict Rogers, Begründer und Geschäftsführer von Hong Kong Watch, die – nach 26 Jahren des Erscheinens – erzwungene Schließung der populären und letzten verbliebenen chinesischsprachigen prodemokratischen Tageszeitung Apple Daily als „Tod der Pressefreiheit“ in Hongkong. Die eine Mio. Exemplare, die am letzten Erscheinungstag gedruckt wurden, waren innerhalb von Stunden ausverkauft. Mit 600.000 zahlenden Beziehern und einem Kapital von über 50 Mio. US-Dollar hätte die Zeitung weitere 18 Monate erscheinen können, die Hongkonger Regierung in Person des Sekretärs für Sicherheit John Lee fror allerdings die Bankkonten der Zeitung ein, so dass keine Gehälter mehr bezahlt werden konnten, und verhaftete am 17. Juni nach einer Großrazzia den Chefredakteur Ryan Law sowie weitere vier leitende Angestellte – dies im Rahmen des Ende Juni vergangenen Jahres in Kraft getretenen Sicherheitsgesetzes und dem Vorwurf der Zusammenarbeit mit ausländischen Mächten zur Unterminierung der nationalen Sicherheit. Jimmy Lai, katholischer Gründer und Eigentümer der Apple Daily, wurde bereits im April 2021 wegen Organisation und Teilnahme an einer nicht genehmigten Großdemonstration 2019 zu einer 14-montigen Haftstrafe verurteilt (UCAN 28.06.).

25. Juni 2021:
Vatikans Außenminister äußert sich zu Hongkong
Im Rahmen einer Pressekonferenz zum Tag der Reflektion und des Gebets für den Libanon, der am 1. Juli im Vatikan stattfand, äußerte sich Erzbischof Paul R. Gallagher, Sekretär des Heiligen Stuhls für die Beziehungen zu den Staaten, auf die Frage einer Journalistin von Epoch Times, was für den Heiligen Stuhl die zivilen Unruhen im Libanon von den Volksaufständen in Hongkong unterscheide, wie folgt: „Hongkong ist ganz offensichtlich für uns ein Gegenstand der Sorge. Der Libanon ist ein Ort, an dem wir wahrnehmen, dass wir einen positiven Beitrag leisten können. Das nehmen wir in Hongkong nicht wahr. Man könnte eine Menge, sagen wir, angemessener Worte sagen, die von der internationalen Presse und von vielen Teilen der Welt geschätzt werden würden, aber ich – und ich denke, viele meiner Kollegen – bin noch nicht davon überzeugt, dass es irgendeinen Unterschied machen würde. Hier haben wir eine Chance, in Hongkong haben wir eine völlig andere Situation.“ Erzbischof Gallagher ergänzte: „Wir hoffen, dass auch der neue Bischof viel gute Arbeit leisten wird“ (CNA 25.06.).

Taiwan

19. Juni 2021:
Bischof von Tainan tritt zurück
Der 54-jährige Bischof von Tainan, Johannes Lee Juo-wang, war erst am 1. Januar 2021 zum Bischof geweiht worden. Nun tritt er nach knapp einem halben Jahr im Bischofsamt zurück. In einem auf der Webseite der Diözese Tainan veröffentlichten Schreiben des Bischofs vom 19. Juni 2021 gibt er als Grund an, dass es „ganz unerwartet“ bei ihm bald nach seinem Amtsantritt „zu einer psychischen und körperlichen Erkrankung“ gekommen sei. Er habe am 7. Mai dem Heiligen Vater den Sachverhalt mitgeteilt und seinen Amtsverzicht angeboten. Am 19. Juni gab der Heilige Stuhl bekannt, dass Papst Franziskus das Rücktrittsgesuch von Bischof Lee angenommen und gleichzeitig den emeritierten Bischof von Tainan, Bosco Lin Chi-nan, zum Apostolischen Administrator der Diözese Tainan ernannt habe (https://tainan.catholic.org.tw/110.06.19.jpg; siehe auch China heute 2020, Nr. 4, Chronik, Taiwan, 14. November 2020).

26. Juni 2021:
Tzu Chi sorgt für Covid-19 Impfstoffe
Präsidentin Tsai Ing-wen bedankte sich am 26. Juni 2021 per Video bei Dharma-Meister Cheng Yen (證嚴) von der Buddhist Compassion Relief Tzu Chi Foundation für die Bemühungen, sich zu Gunsten der Regierung an der Impfstoffbeschaffung zu beteiligen. Bei der Bestellung handelt es sich um 5 Mio. Dosen BioNTech. Die Regierung bestätigte am 10. Juli, dass sie der Tzu Chi Foundation die notwendigen Dokumente für die Beschaffung der Impfdosen ausgestellt habe.
Zuvor hatten bereits zwei taiwanische Firmen, der Technikkonzern Foxconn sowie der größte Halbleiterkonzern der Welt, TSMC, die Initiative ergriffen. Die beiden Unternehmen erhielten von der Regierung ebenfalls grünes Licht, ihrem Land je fünf Millionen Dosen BioNTech-Impfstoff zu spenden. Die Lieferungen des in der EU produzierten Impfstoffs sollen direkt vom deutschen Hersteller kommen. Vertriebspartner ist der chinesische Konzern Fosun. Foxconn-Gründer Terry Gou erklärte, dass die chinesische Regierung keinen Einfluss auf die aktuellen Vertragsverhandlungen gehabt habe. Gou hatte zuvor die Regierung beschuldigt, angesichts des dringenden Bedarfs zu lange mit der Erlaubnis gewartet zu haben. Die betroffene Stelle konterte jedoch, die Sicherung von 5 Mio. Dosen Pfizer-BioNTech anfangs dieses Jahres sei fast perfekt gewesen, doch habe Beijing dazwischengefunkt und ein Platzen des Abkommens verursacht. Taiwan hatte damals den Impfstoff nicht über Fosun, den chinesischen Vertragspartner der Firma BioNTech, importieren wollen. Es bestand die Sorge, dieser könnte nicht dieselbe Qualität haben. Bis heute hat Taiwan etwa 7 Mio. Dosen der Impfstoffe von AstraZeneca und Moderna aus Japan, den USA, von Impfstoffherstellern und durch die globale Impfstoff-Sharing-Initiative COVAX erhalten, wie Regierungsdaten zeigen, so die Taipei Times vom 11. Juli.
Laut Taipei Times vom 14. Juli hatten bisher von der 23,5 Mio. zählenden Bevölkerung der Insel 15,93% zumindest eine Impfdosis erhalten. Der frühere Vize-Präsident Chen Chien-jen (陳建仁), anerkannter Virologe und Katholik sowie früherer Gesundheitsminister, setzt große Hoffnung auf das Impfen, um einer weiteren Mutation des Virus zuvorzukommen. Bis Mitte Mai verzeichnete die Insel inmitten der weltweiten Pandemie relativ wenige Infektionen und erfreute sich unter moderaten Vorsichtsmaßnahmen beinahe eines normalen Lebens. Erst die verkürzte Quarantäneregelung für Piloten auf fünf Tage, das Beisammensein von älteren Menschen in Teehäusern wie auch beengte Unterkünfte für Gastarbeiter in einem Elektrounternehmen ermöglichten die Entstehung von Infektionsherden und einen Anstieg der Fälle. Rigide Maßnahmen der Gefahrenstufe 3, aber kein Lockdown, sorgen nun für ein allmähliches Abklingen der Ansteckungen, so dass bald wieder neue Freiheiten für Begegnungen möglich sein dürften. Alle warten jetzt zudem auf die baldige Ankunft der Vakzine aus der Hand der barmherzigen buddhistischen Tzu Chi Foundation sowie der Spender Foxconn und TSMC (ARD 12.,14.07.; Taipei Times 15.,30.06.; 11.,14.07.).
Willi Boehi

Katharina Feith
Isabel Friemann, China InfoStelle
Katharina Wenzel-Teuber
Jan Kwee

Alle Quellenangaben in der „Chronik“ beziehen sich, wenn nicht anders angegeben, auf das Jahr 2021.

Chronik zu Religion und Kirche in China 1. Januar bis 31. März 2021

Politik allgemein

22. März 2021:
Nach EU-Sanktionen verhängt China Konter-Sanktionen gegen europäische Politiker und Wissenschaftler – über 1.300 Wissenschaftler unterzeichnen Solidaritäts-Statement
Am 22. März wurden Sanktionen der Europäischen Union gegen vier in Xin­jiang tätige chinesische Politiker und das Büro für Öffentliche Sicherheit von Xinjiang wegen der Masseninhaftierungen in der Region rechtskräftig. Umgehend verhängte China seinerseits Strafmaßnahmen gegen zehn Europäer sowie vier europäische Organisationen. Betroffen sind fünf EU-Abgeordnete, darunter Reinhard Bütikofer (Grüne), der Chef der China-Delegation des Europaparlaments, drei weitere europäische Politiker sowie die Wissenschaftler Björn Jerdén und Adrian Zenz; Letzterer hat zu den Umerziehungslagern in Xinjiang geforscht. Sie alle dürfen wie ihre Familienangehörigen künftig nicht nach Festlandchina, Hongkong oder Macau einreisen. Sanktioniert wurden ferner das in Berlin ansässige, zur Stiftung Mercator gehörende China-Forschungsinstitut MERICS, der Menschenrechtsausschuss im EU-Parlament, das Politische und Sicherheitspolitische Komitee des Rats der EU und die Alliance of Democracies Foundation in Dänemark.
In Solidarität mit Björn Jerdén, Adrian Zenz, den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern von MERICS und dem ebenfalls von Sanktionen betroffenen britischen Forscher Jo Smith Finley veröffentlichten Wissenschaftler aus Europa und der ganzen Welt – unter ihnen viele Sinologen und Sinologinnen – im Internet ein „Soli­darity statement on behalf of scholars sanctioned for their work on China“, das bis 14. April 2021 von 1.336 Forschenden namentlich unterzeichnet wurde. Die Sanktionen seien „die jüngste Eskalation eines Prozesses der Einschränkung der akademischen Debatte, der in den letzten Jahrzehnten stattgefunden hat“, heißt es u.a. in dem auf Englisch und Chinesisch veröffentlichten Statement, das mit den Worten endet: „Wir, die unterzeichnenden Wissenschaftler, schrei­ben daher, um unsere Solidarität mit all unseren verfolgten Kollegen auszudrücken. Dabei fordern wir die chinesische Regierung auf, diese ungerechtfertigten Sanktionen zurückzunehmen und zu akzeptieren, dass die Wissenschaft über China, wie die Wissenschaft über jedes andere Land, eine Überprüfung der Politik, der Ziele und der Handlungen dieses Landes mit sich bringt. Wir verpflichten uns auch, in unserer eigenen Arbeit weiterhin inklusiv zu sein und uns mit allen akademischen Ansichten auseinanderzusetzen, auch mit denen, die die chinesische Regierung zu marginalisieren versucht. Wir fordern unsere Universitäten und Forschungseinrichtungen auf, ihr bedingungsloses Bekenntnis zur akademischen Freiheit zu demonstrieren, und wir signalisieren, dass die hier verfolgte Einschüchterungsstrategie keinen Erfolg haben wird. Nur durch die Förderung einer kritischen und differenzierten akademischen Debatte kann die Wissenschaft zum globalen Gemeinwohl beitragen“ (Statement unter https://docs.google.com/forms/d/e/1FAIpQLSfVfAIPteAVw45newLwTxaWGEaZydE6GPgO_ZyKh0F8-ZrbsQ/closedform; politico.eu 22.03.; reuters.com 22.03.; sueddeutsche.de 22.03.).

Religionspolitik

Dezember 2020 bis März 2021:
Religionen in der Corona-Pandemie
Ab Anfang Juni 2020 begann der monatelang dauernde Prozess der Wiederöffnung der religiösen Stätten nach dem landesweiten Lockdown (vgl. China heute 2020, Nr. 2-3, Informationen). Für die Wintermonate ist das Bild unvollständig. An Weihnachten wurden in verschiedenen Teilen Chinas unter Präventionsmaßnahmen katholische Gottesdienste abgehalten, wie Berichte des katholischen Portals Xinde zeigen; an anderen Orten, wie z.B. in Shijia­zhuang, mussten sie abgesagt werden. Laut einem Bericht der China Christian Daily über protestantische Weihnachtsgottesdienste in Beijing mussten die meisten Kirchen, darunter die Haidian-Kirche, die Gangwashi-Kirche und die Fengtai-Kirche, ihre Gottesdienste kurzfristig ins Internet verlegen. In dem Beitrag wird einer der wenigen unter sehr umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen stattfindenden Präsenz-Gottesdienste in Beijing beschrieben; in der Kirche war Fotografieren verboten und die Mobiltelefonsignale waren blockiert.
Anfang Januar gab es Corona-Ausbrüche in den Provinzen Hebei (siehe den Beitrag vom 7. Januar 2021 in der Rubrik „Katholische Kirche“), Heilongjiang und Jilin. Am 8. Januar 2021 wurden alle 155 religiösen Stätten in Beijing geschlossen. Ein Rundschreiben des Staatsrats vom 18. Januar wies alle Provinzen an, aufgrund steigender Infektionen die Prävention zu verstärken und u.a. auf dem Land „kollektive Aktivitäten in religiösen Stätten vorübergehend einzustellen und illegale religiöse Aktivitäten gemäß dem Gesetz zu stoppen“. Die Zentralregierung rief die Bevölkerung im Vorfeld des Chinesischen Neujahrsfests (12. Februar) dazu auf, auf Reisen möglichst zu verzichten. Einer Bekanntmachung der Chinesischen buddhistischen Vereinigung vom 27. Januar ist zu entnehmen, dass zwar kollektive religiöse Aktivitäten in Tempeln eingestellt, aber Tempelbesuche in kontrollierter Weise weiter möglich sein sollten. Am 16. März 2021 meldete Xinde, dass „nach Sichuan und Zhejiang nun auch Beijing, Shanghai, Chongqing, Jiangxi, Xi’an in Shaanxi, Baotou und Chifeng in der Inneren Mongolei ihre Stätten für religiöse Aktivitäten nacheinander wieder geöffnet haben oder demnächst öffnen werden“ (AsiaNews 8.,9.01.2021; chinabuddhism.com 28.01.2021; chinachristiandaily.com 28.12.2020/4.01.2021; gov.cn 18.01.2021; NZZ 4.02.2021; scmp.com 8.01.2021; xinde.org 16.03.2021).

4. Dezember 2020:
ChinaAid: Grundschullehrer im Wen­zhouer Bezirk Longwan mussten eine Verpflichtung unterzeichnen, nicht an eine Religion zu glauben
Wie die in den USA ansässige Organisation ChinaAid meldete, wurden Lehrer von Grundschulen im Bezirk Longwan in der Stadt Wenzhou (Zhejiang) aufgefordert, eine „Verpflichtung für Lehrpersonal, nicht an eine Religion zu glauben“ (教师不信教承诺书) zu unterzeichnen. Eine örtliche Quelle berichtete, dass an ihrer Schule das Lehrpersonal am 30. November in einer Versammlung ein Formular ausfüllen musste, von dem ChinaAid ein Foto zeigte. Das Formular enthält Felder für Angaben zur Person und eine zu unterzeichnende Erklärung von 4 Punkten. Punkt 1 verpflichtet dazu, „fest in der marxistischen Auffassung von Religion zu stehen, atheistische Erziehung und Bildung zu stärken, nicht an Religion zu glauben, an keinerlei religiösen Aktivitäten teilzunehmen und an keinem Ort Religion zu predigen und zu verbreiten“. Der/die Unterzeichnende verpflichtet sich außerdem, sich nicht an „Kulten“ wie Falungong zu beteiligen, keinen „feudalen Aberglauben“ zu betreiben und sich stattdessen für den Sozialismus und den „Auftrag, für Partei und Staat Menschen heranzuziehen“, einzusetzen. Lehrer, die der KP angehören, mussten der Quelle zufolge das Formular „Verpflichtung für Parteimitglieder, nicht an eine Religion zu glauben“ ausfüllen. Laut ChinaAid sind 10% der Bevölkerung von Wenzhou Christen (Asia­News 10.12.2020; chinaaid.net 4.12.2020).
Schon früher wurde gemeldet, dass sich an einigen Orten Schüler und ihre Eltern schriftlich verpflichten mussten, nicht an religiösen Aktivitäten teilzunehmen (vgl. China heute 2018, Nr. 3, Chronik, Religionspolitik, 2. September 2018; 2020, Nr. 2-3, Chronik, Religionspolitik, 12. Juni 2020). Seit einigen Jahren gibt es zudem aus einer zunehmenden Zahl von Orten in China Berichte, dass Minderjährige keine Gottesdienste besuchen und nicht am Religionsunterricht teilnehmen dürfen.

4. Januar / 21. Februar 2021:
Zentrales Dokument Nr. 1“ zur Revitalisierung des ländlichen Raums fordert verstärktes Vorgehen gegen „illegale religiöse Aktivitäten auf dem Land“
Das erste politische Dokument des Jahres 2021 – das „Zentrale Dokument Nr. 1“ des Zentralkomitees der KP Chinas und des Staatsrats – behandelt, wie schon die entsprechenden Dokumente der Vorjahre, Maßnahmen zur Förderung der Entwicklung im ländlichen Raum. In Abschnitt 25, „Stärkung des Aufbaus einer geistigen Zivilisation“, findet sich ein Satz zum Thema Religion, mit ausschließlich negativen Konnotationen; er lautet: „Mit vermehrter Kraft illegale religiöse Aktivitäten und ausländische Infiltrationsaktivitäten auf dem Land bekämpfen, gemäß dem Gesetz der Einmischung in ländliche öffentliche Angelegenheiten mittels Religion Einhalt gebieten.“ Der gleiche Satz stand bereits im Dokument Nr. 1 von 2018 (vgl. China heute 2018, Nr. 1, Chronik, Religionspolitik, 4. Februar 2018). In erster Linie geht es in Abschnitt 25 um die Vertiefung der ideologischen Erziehung. Unter anderem sollen in den Dörfern Propagandaaktivitäten mit dem Motto „Auf die Partei hören, die Güte der Partei fühlen, mit der Partei gehen“ durchgeführt werden – diese Parole ist im Vorfeld des 100. Gründungstags der KP Chinas im Juli 2021 omnipräsent. Der chinesischen bäuerlichen Zivilisation sollen neue zeitgenössische Inhalte verliehen, ländliche Sitten und Gebräuche transformiert und vereinfacht werden. Durch Praktiken wie Punktesammelsysteme, „Moralbewertungsgremien“ (daode pingyihui 道德评议会) oder „Rot-Weiß-Räte“ (hongbai lishihui 红白理事会) [die Farben stehen für Hochzeit und Trauer] sollen schlechte Sitten wie hohe Brautpreise, üppige Begräbnisse, Verschwendung und „feudaler Aberglaube“ reguliert und gute, einfache Sitten gefördert werden (Dokument unter www.sara.gov.cn/ywdt/351548.jhtml, datiert 4.01., veröffentlicht 21.02.2021; rfa.org 25.02.2021).

5. Januar 2021:
„Vorschriften der Kommunistischen Partei Chinas für die Einheitsfrontarbeit“ veröffentlicht – Parteimitglieder dürfen nicht an eine Religion glauben
Es handelt sich um eine überarbeitete Version der 2015 zum probeweisen Gebrauch veröffentlichten Erstfassung. Das parteiinterne Dokument enthält ein Kapitel über „Religionsarbeit“, also den Umgang der Partei mit den Religionen. Neben bekannten Prinzipien der chinesischen Religionspolitik beinhaltet das Kapitel (wie schon die Fassung von 2015) den Grundsatz: „Mitglieder der Kommunistischen Partei sollen sich mit den religiös gläubigen Massen zusammenschließen, aber sie dürfen nicht an eine Religion glauben.“ Eine Übersetzung des Kapitels über die Religionsarbeit der 中国共产党统一战线工作条例 findet sich in der Dokumentation.

7. Februar 2021:
Wang Yang empfängt Verantwort­liche der offiziellen Organisationen der Religionen
Bei dem Treffen anlässlich des bevorstehenden Frühlingsfests sagte der Vorsitzende der Politischen Konsultativkonferenz zu den versammelten Religionsführern unter anderem: „Die Feier des 100-jährigen Bestehens der Kommunistischen Partei Chinas sollte Anlass sein, die schöne Tradition der Einheit, Zusammenarbeit und Harmonie zwischen den religiösen Kreisen unseres Landes und der Kommunistischen Partei Chinas fortzuführen, die Führung der Kommunistischen Partei Chinas entschlossen zu unterstützen und die ‚fünf Identifikationen‘ kontinuierlich zu fördern“ (people.com.cn 8.02.2021).
Aus vielen Berichten geht hervor, dass die Religionen (zusammen mit allen anderen Sektoren der Gesellschaft) aufgerufen sind, die Partei anlässlich ihres Geburtstags zu feiern und Loyalitätserweise zu erbringen; vgl. hierzu die Einträge vom 8. März 2021 in der Rubrik „Buddhismus“ und vom 16. Februar 2021 in der Rubrik „Katholische Kirche“.
Die KPCh wurde im Juli 1921 in Shanghai gegründet.

9. Februar 2021:
„Maßnahmen für die Verwaltung religiöser Amtsträger“ verabschiedet
Am 9. Februar veröffentlichte das Nationale Büro für religiöse Angelegenheiten (NBRA) „Maßnahmen für die Verwaltung religiöser Amtsträger“ (im Folgenden kurz: „Maßnahmen“), die am 1. Mai 2021 in Kraft treten werden. Bisher gab es keine solch umfassende Rechtsnorm für die staatliche Verwaltung dieses Aspekts des religiösen Lebens. Die neuen „Maßnahmen“ wurden am 18. November 2020 zunächst als Entwurf für die Einholung öffentlicher Meinungen veröffentlicht (siehe China heute 2020, Nr. 4, Chronik, Religionspolitik, 18. November 2020, mit einem ersten Überblick über den Inhalt). Eine Übersetzung des sehr restriktiven Dokuments erscheint in einer der nächsten Ausgaben von China heute. Die Bestimmungen der „Maßnahmen“, dass religiöse Amtsträger „am Prinzip der Unabhängigkeit, Autonomie und Selbstverwaltung der Religionen“ festhalten müssen (§ 3) und dass „katholische Bischöfe von der [seitens Rom nicht anerkannten] Chinesischen katholischen Bischofskonferenz approbiert und geweiht“ werden (§ 16), bezeichnete Massimo Introvigne von Bitter Winter als „Schlag ins Gesicht des Vatikans“. Anthony Lam, ein Hongkonger Experte für die katholische Kirche in China, sagte jedoch der South China Morning Post, dass das sino-vatikanische Abkommen, das dem Papst das letzte Wort bei den Bischofsernennungen gebe, nicht berührt würde. Im Kontext der Problematik, dass katholische Kleriker im Untergrund von den Behörden an vielen Orten unter Druck gesetzt werden, gegen ihr Gewissen Erklärungen zur Unterstützung des Prinzips der Unabhängigkeit zu unterzeichnen, ist eine Änderung in der Endfassung der „Maßnahmen“ gegenüber dem Entwurf vom 18. November zu beachten: § 13 enthält die Bestimmung, dass die nationalen religiösen Organisationen die Voraussetzungen für die Anerkennung der religiösen Amtsträger der eigenen Religion festlegen; in der Endfassung wurde an dieser Stelle eingefügt, „die Voraussetzungen für die Anerkennung müssen die in § 3 dieser Maßnahmen festgelegten Bestimmungen enthalten“ – also auch das Festhalten am Prinzip der Unabhängigkeit (Text der „Maßnahmen“ unter www.sara.gov.cn/ywdt/351324.jhtml; englische Übersetzung und Kommentar unter https://bitterwinter.org/enter-the-administrative-measures-for-religious-clergy; scmp.org 19.02.). Siehe auch den Beitrag in den Informationen.

Daoismus

27.–28. November 2020:
10. Nationalversammlung der Vertreter der Chinesischen daoistischen Vereinigung (CDV)
Die 352 daoistischen Delegierten und 48 Gäste trafen sich in Jurong (Jiangsu) am Mao­shan-Gebirge. Die Versammlung wählte turnusgemäß eine neue Führungsriege der CDV: einen 204-köpfigen Vorstand und einen Ständigen Vorstand mit 92 Mitgliedern. Der daoistische Priester Li Guangfu (geb. 1955), der auch Präsident der Daoistischen Vereinigung vom Wudangshan ist, wurde als Präsident der CDV wiedergewählt. Ihm stehen künftig 18 Vizepräsidenten zur Seite. Li Hanying wurde Generalsekretär. Die Satzung der CDV und weitere Dokumente wurden revidiert, 7 neue Regelungen wurden verabschiedet, darunter „Verhaltensnormen für daoistische religiöse Amtsträger“. Wang Zuo’an, Vizeminister der Einheitsfrontabteilung der KP Chinas und Direktor des Nationalen Büros für religiöse Angelegenheiten, hob in seiner Rede bei der Nationalversammlung u.a. hervor, dass die CDV in den letzten Jahren die Ordinationszeremonien der Quanzhen-Schule „wiederhergestellt“ und die Liturgie der Registerverleihung (Ordination) der Zhengyi-Schule „weiter normiert“ habe. Als gravierende Probleme nannte er eine unzureichende innere Motivation zur Sinisierung des Daoismus (sic!), mangelnde Disziplin in manchen Klöstern, Leidenschaft für Wahrsagerei und Fengshui sowie generell eine niedrige „Qualität“ des Klerus. Für die Zukunft forderte Wang die Daoisten auf, den „patriotischen Geist“ zu fördern, u.a. anlässlich der Hundertjahrfeier der Gründung der KP Chinas; eine klare Grenze zwischen „normalen religiösen Aktivitäten“ und „feudalem Aberglauben“ zu ziehen und entschlossenen Widerstand gegen alle „illegalen und gesetzwidrigen Aktivitäten, die den Daoismus benutzen“, zu leisten. Er rief den Daoismus auf, bei der Interpretation seiner Lehren und Regeln „mit der Zeit zu gehen“. Der „Stil“ des Daoismus sei zu korrigieren, die „Gebote zum Meister zu machen“ (yi jie wei shi 以戒为师). Die traditionellen daoistischen Gebote und Regeln (jielü 戒律) müssten geordnet, vereinfacht und vereinheitlicht werden, so Wang. Das System für den Ausschluss aus dem daoistischen Klerus müsse verbessert und ein webbasiertes Nachschlagesystem für ausgeschlossene Personen eingerichtet werden, damit, „wer an einem Ort gegen die Gebote (jie 戒) verstoßen hat, überall in die Schranken gewiesen wird“ (sara.gov.cn 15.12.; taoist.org.cn 18.12.; zytzb.gov.cn 30.11.).
Die Nationalversammlungen sind die höchsten offiziellen Gremien der fünf anerkannten Religionen, sie tagen turnusmäßig alle fünf Jahre. Die 9. Nationalversammlung der Daoisten fand vom 26.–29. Juni 2015 in Beijing statt; vgl. China heute 2015, Nr. 3, Chronik, 26.-29. Juni 2015.

Volksglaube

21. Dezember 2020:
Maßnahmen der Provinz Guangdong für die Verwaltung der Registrierung und Nummerierung von Stätten für Volksglaubensaktivitäten werden erlassen
In der Volksrepublik China konnten lange nur Stätten der anerkannten „fünf Religionen“ einen legalen Status durch Registrierung beim Staat erlangen. Seit einiger Zeit erproben die Behörden Methoden, traditionelle volksreligiöse Praktiken offiziell zuzulassen und in die staatliche Verwaltung aufzunehmen. Als erstes erließ im Jahr 2009 die Provinz Hunan Verwaltungsmaßnahmen zur Registrierung volksreligiöser Stätten (vgl. China heute 2011, Nr. 2, Dokumentation, Themen). Die im Dezember erlassenen Maßnahmen der Provinz Guangdong (广东省民间信仰活动场所登记编号管理办法) definieren Volksglauben als „Phänomene des nicht institutionalisierten Glaubens, bei denen eine Vielzahl von Gottheiten verehrt wird, mit dem Hauptzweck, um Segen zu beten und Schaden abzuwenden, die eng mit Brauchtumsaktivitäten verbunden sind und spontan im Volk weitergegeben werden“. Konfuziustempel (wenmiao 文庙) und Ahnenhallen von Clans (zongzu citang 宗族祠堂) zählen nicht als Stätten für Volksglaubensaktivitäten im Sinn der Maßnahmen (§ 2). Volkglaubensstätten, die eine Grundstücksfläche von mindestens 500 qm oder eine Gebäudefläche von mindestens 300 qm haben oder jährlich eine Einzelaktivität mit mindestens 1.000 Teilnehmern abhalten, müssen registriert und nummeriert (dengji bianhao 登记编号) werden. Kleinere Stätten werden registriert und archiviert, sie erhalten keine Nummer; wie die größeren Stätten werden sie in das „Verwaltungssystem für ethnische und religiöse Angelegenheiten der Provinz Guangdong“ eingespeist (§ 4). Das Dorf- oder Einwohnerkomitee des Ortes, an dem die Stätte sich befindet, organisiert, dass das demokratische Verwaltungsgremium der Stätte bei der Regierung auf Gemeindeebene einen Antrag unter Beifügung der notwendigen Unterlagen (u.a. Nachweis über Eigentums- oder Nutzungsrecht der Immobilie) stellt. Diese leitet ihn nach Überprüfung an die Regierung auf Kreis­ebene weiter, welche dann das entsprechende Registrierungszertifikat ausstellt (§ 5).
Durchführungsmaßnahmen der Stadt Ningbo (Provinz Zhejiang) vom 16. November 2020 zum gleichen Thema nennen als Ausschlusskriterien für die Registrierung als Stätte für Volksglaubensaktivitäten u.a.: „es wohnt dort ständig ein religiöser Amtsträger“ (sic!) und „es werden häretische (xiejiao 邪教), abergläubige und andere illegale Aktivitäten durchgeführt“ (Dokumente unter http://mzzjw.gd.gov.cn/gkmlpt/content/3/3155/post_3155269.html#617 und www.ningbo.gov.cn/art/2020/11/16/art_1229096003_983380.html).

11. März 2021:

Stadt Harbin verbietet Produktion, Verkauf und Verbrennen von Papiergeld an Qingming
Wie das Portal The Paper berichtete, gab die Stadt Harbin im nordchinesischen Heilongjiang am 11. März bekannt, dass streng gegen die Produktion, den Vertrieb, Verkauf und das Verbrennen von Papiergeld vorzugehen sei. Traditionell werden am Qingming-Fest (4. April 2021) zum Totengedenken die Gräber gefegt; dazu gehört auch der Brauch des Verbrennens von Geistergeld. Laut Global Times löste das Verbot in Harbin eine breite Diskussion in den sozialen Medien aus, ein entsprechender hashtag auf Sina Weibo erzielte 47 Mio. reads. Eine Meldung auf der Website von Harbins Stadtbezirk Xiangfang ermahnte außerdem dazu, im Sinne der Corona-Prävention die Besucherströme auf den Friedhöfen zu kontrollieren; die Menschen sollten zu „zivilisiertem Fegen“ und grünen, umweltfreundlichen Formen des Totengedenkens angeleitet werden, wie Gedenken zu Hause, Internetopfer, Fernopfer beim Wandern oder Baumpflanz­opfer. Andere Städte riefen laut Global Times ebenfalls zu „zivilisiertem Gräberfegen“ auf. „Wer Produkte herstellt oder verkauft, die mit feudalem Aberglauben zu tun haben, dessen Gegenstände werden von den Behörden beschlagnahmt und er wird mit einer Geldstrafe vom Ein- bis Dreifachen des Verkaufswerts belegt“, lautet Global Times zufolge eine Bestimmung in den 2005 erlassenen nationalen Vorschriften für Bestattungsverwaltung (globaltimes.cn 22.03.; hrbxf.gov.cn 24.03.; thepaper.cn 21.03.).

Buddhismus

27. Dezember 2020:
Im „Tibet Policy and Support Act“ drohen die USA mit Sanktionen im Fall einer Einmischung des chinesischen Staates in die Nachfolge des Dalai Lama – China weist dies zurück
Am 27. Dezember unterzeichnete der damalige US-Präsident Donald Trump den Tibet Policy and Support Act. Das Gesetz fordert, dass die Nachfolge der tibetisch-buddhistischen Führer, einschließlich des Dalai Lama, allein den tibetischen Buddhisten überlassen werden solle. Chinesische Beamte, die sich in den Prozess der Auswahl tibetisch-buddhistischer Führer einmischen, sollen mit Sanktionen belegt werden, einschließlich der Verweigerung der Einreise in die USA. Schon die Verabschiedung des Gesetzentwurfs durch das US-Repräsentantenhaus am 28. Januar 2020 hatte Chinas Außenamtssprecherin Huang Chunyin als schwere Verletzung der Grundsätze internationaler Beziehungen und Einmischung in innere Angelegenheiten Chinas zurückgewiesen. In einem langen Interview mit der staatlichen Nachrichtenagentur China News Service, das am 14. Januar d.J. veröffentlicht wurde, wies Zhu Weiqun, früherer Vizeminister der Einheitsfrontabteilung der KP Chinas, ebenfalls das Gesetz zurück und erläuterte noch einmal den offiziellen chinesischen Standpunkt zur Reinkarnation des Dalai Lama. Tibet und die Nachfolge des Dalai Lama seien eine innere Angelegenheit Chinas. Noch nie sei die Reinkarnation eines Dalai Lamas vom vorherigen persönlich entschieden worden; sie müsse ein bestimmtes Verfahren durchlaufen, dessen Kern die Anerkennung der obersten Autorität der chinesischen Zentralregierung in Angelegenheiten der Reinkarnation lebender Buddhas sei. Wenn die USA und der Dalai Lama nun behaupteten, dass nur der Dalai Lama selbst das Recht habe, seinen Nachfolger zu bestimmen, und der nächste „sogenannte Dalai“ auf solche Weise erzeugt würde, könne dies nur ein „falscher Dalai“ sein (AsiaNews 22.12.2020; chinanews.com 14.01.2021; fmprc.gov.cn 29.01.2020).
2007 hat die chinesische Regierung „Verwaltungsmaßnahmen für die Reinkarnation Lebender Buddhas“ erlassen. Der heute 85-jährige 14. Dalai Lama Tenzin Gyatso hat 2011 in einer ausführlichen Erklärung zur Frage seiner Reinkarnation festgelegt, dass er im Alter von etwa 90 Jahren mit anderen hohen Lamas entscheiden werde, ob die Reinkarnation des Dalai Lama weitergehen solle, und falls ja, klare Anweisungen dafür hinterlassen werde. Kein von anderen, etwa den Machthabern der VR China, ausgewählter Kandidat solle anerkannt werden (Texte der Dokumente in China heute 2007, Nr. 6, Dokumentation, und 2012, Nr. 1, Dokumentation).

21. Januar 2021:
Human Rights Watch: 19-jähriger tibetischer Mönch stirbt nach Entlassung aus dem Polizeigewahrsam
Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation war der Mönch Tenzin Nyima aus dem Kloster Dza Wonpo im tibetischen Bezirk Ganzi (Kardze) am 9. November 2019 wegen Beteiligung an einem kurzen Protest für die Unabhängigkeit Tibets verhaftet worden. Er sei im Mai 2020 entlassen, aber am 11. August erneut verhaftet worden, vermutlich, weil er Informationen über seine Haft online weitergegeben hatte. Im Oktober hätten die Gefängnisbehörden seine Familie aufgefordert, ihn wegen seines Gesundheitszustands aus dem Gefängnis abzuholen. Nach Angaben von Exiltibetern mit Kenntnis des Falls habe er schwere Verletzungen aufgewiesen, was sie auf Misshandlung in Haft zurückführten. Nach vergeblichen Versuchen medizinischer Behandlung starb Tenzin Nyima im Januar 2021. Der Prozess gegen ihn und sechs weitere in den Protest involvierte Tibeter (darunter vier Mönche des Klosters Wonpo) fand laut HRW am 10. und 12. November 2020 am Mittleren Volksgerichtshof von Sershul statt. Am 14. Dezember 2020 wurden die sechs anderen Tibeter zu Haftstrafen von einem bis fünf Jahren verurteilt (hrw.org 21.01.2021).

5. Februar 2021:
„Liste der Lebenden Buddhas des tibetischen Buddhismus in Sichuan“ mit 411 Namen veröffentlicht
Die Liste verzeichne 411 „von der Regierung anerkannte Lebende Buddhas“ in den tibetischen Bezirken der Provinz, davon 119 im Autonomen Bezirk Aba (tibet. Ngawa) der Tibeter und Qiang, 291 im Autonomen Bezirk Ganzi (Kardze) der Tibeter und 1 im Autonomen Kreis Muli der Tibeter, heißt es in der Pressemeldung, die u.a. auf der Website der Chinesischen buddhistischen Vereinigung erschien (chinabuddhism.com 5.02.2021). Sie wurde von der KP-Einheitsfrontabteilung, der Religionsbehörde und der Buddhistischen Vereinigung der Provinz Sichuan herausgegeben und kann unter www.sctyzx.gov.cn/sczcfjhfml/default.htm aufgerufen werden. Die Datenbank enthält den Namen des Lebenden Buddhas, die Schule des tibetischen Buddhismus und das Kloster, dem er angehört, sowie den Ort. Im Gegensatz zur Gesamtdatenbank für Lebende Buddhas des tibetischen Buddhismus in der Volksrepublik China auf sara.gov.cn ist sie ohne Registrierung des Nutzers zugänglich. Die Pressemeldung verweist darauf, dass der Fernsehsender CCTV erst kürzlich einige „falsche Lebende Buddhas“ entlarvt habe. Xinhua berichtete drei Tage vorher über den Fall eines Han-Chinesen in Shenzhen, der sich eine falsche tibetische Identität verschafft und als Lebender Buddha ausgegeben haben soll; er habe in Verdrehung religiöser Lehren feudale abergläubische Praktiken durchgeführt, sich bereichert und die Gesundheit von Menschen gefährdet (Xinhua 2.02.2021).

8. März 2021:
Buddhistische Vereinigung von Jingde­zhen veröffentlicht Aufruf zu Aktivitäten unter dem Motto „die Parteigeschichte studieren, die Güte der Partei fühlen, auf die Partei hören, mit der Partei gehen“
In Anbetracht des 100. Gründungstags der Partei im Jahr 2021 und in Antwort auf eine Rede Xi Jinpings vom 20. Februar, in der der KP-Generalsekretär zum Studium der Parteigeschichte ermahnte, forderte die Buddhistische Vereinigung von Jingdezhen (Provinz Jiangxi) – „unter Anleitung der Einheitsfrontabteilung des [Partei]komitees von Jingdezhen“, so der Aufruf – alle Buddhisten der Stadt auf, „die Parteigeschichte zu studieren, die Güte der Partei zu fühlen, auf die Partei zu hören, mit der Partei zu gehen“ (学党史, 感党恩, 听党话, 跟党走). In dem Aufruf heißt es u.a.: „In den letzten 100 Jahren hat unsere Partei die Volksmassen dazu geführt, aus einem leckgeschlagenen Boot aufzustehen, vom Rande des Zusammenbruchs Richtung Reichtum zu gehen [...], sie hat das Schicksal der chinesischen Nation vom Untergang zum Aufstieg, vom Leiden zum Ruhm gewendet. Ohne ein blühendes und starkes Land gäbe es keinen raschen Aufschwung der religiösen Sache. Wir sollten immer fest in der Liebe zu Land und Religion stehen, die Güte der Partei kennen, die Güte der Partei fühlen, die Güte der Partei preisen und die Partei aus tiefstem Herzen lieben und respektieren“ (Text des Aufrufs unter https://mp.weixin.qq.com/s/2qm1yHtAVRnxARoUon0mjg).
Bei allen offiziellen religiösen Organisationen finden sich Pläne, den 100. Gründungstag der Partei im Juli zu begehen.

Islam

8.–10. Dezember 2020:
Chinesische islamische Vereinigung (CIV) hält Sitzung zur Hadsch-Arbeit ab
Am 1. Dezember waren neue staatliche „Maßnahmen für die Verwaltung muslimischer Hadsch-Angelegenheiten“ in Kraft getreten (vorgestellt in China heute 2020, Nr. 4, Informationen). Islamische Vertreter aus verschiedenen Teilen Chinas studierten die neuen Bestimmungen und passten das System für die Hadsch-Arbeit an, heißt es in dem Bericht auf der Website der CIV. Sie berieten außerdem über Strafmaßnahmen gegen islamische Geistliche, die illegale Hadsch-Pilgerfahrten organisieren oder daran teilnehmen. Nach den staatlichen Bestimmungen ist nur der von der CIV zentral organisierte Hadsch legal. Man tauschte sich außerdem darüber aus, wie die Hadsch-Organisation unter dauerhafter Corona-Prävention verbessert werden könnte. Im Jahr 2020 ließ Saudi-Arabien wegen der Pandemie keine Ausländer zum Hadsch einreisen (chinaislam.net.cn 17.12.2020).

Judentum

12. Dezember 2020:
Weiter Druck auf chinesische Juden in Kaifeng
Nachdem im April 2016 Repressalien gegen die jüdische Gemeinde in der Stadt Kaifeng (Provinz Henan) bekannt geworden waren, berichtet The Telegraph am 12. Dezember 2020 von weiterem Druck auf die kleine Gemeinde. Er sieht dies u.a. im Zusammenhang mit Präsident Xi Jinpings anhaltenden Kampagnen gegen ausländischen Einfluss und offiziell nicht anerkannte Religionen, zu denen das Judentum gehört. Etwa 1.000 Personen in Kaifeng beanspruchen heute, jüdische Vorfahren zu haben, davon sollen etwa 100 praktizierende Juden sein. Die jüdische Gemeinde von Kaifeng entstand in der frühen Song-Zeit (960−1126) und ging später durch Assimilation in ihrem chinesischen Umfeld auf; vom chinesischen Staat werden die Kaifenger Juden nicht als Religion oder ethnische Minderheit anerkannt. „Das ist die Regierungspolitik“, so ein Nachfahre der Juden im Gespräch mit The Telegraph, „ihr Ziel ist es zu garantieren, dass es in der kommenden Generation keine jüdische Identität mehr gibt“. Der Staat möchte offensichtlich nicht, dass die jüdische Gemeinde in Kaifeng Beziehungen mit Juden im Ausland aufnimmt. Zahlenmäßig seien sie unbedeutend, könnten aber sehr viel Aufmerksamkeit unter der internationalen jüdischen Gemeinschaft auf sich ziehen, meint Noam Urbach von der Bar-Ilan University in Israel, der über Juden in Kaifeng geforscht hat. 2016 wurde in Kaifeng u.a. das jüdische Zentrum geschlossen, Schilder zur Erinnerung an die historische jüdische Gemeinde waren entfernt worden, jüdische Reisegruppen wurden nicht mehr in die Stadt gelassen und die Gemeindemitglieder von Sicherheitskräften überwacht. Die Juden praktizieren heute im Verborgenen, Treffen am Sabbat finden heimlich statt. Sie trauten sich auch nicht mehr, sich zu gemeinsamen Restaurantbesuchen zu treffen, so ein Gemeindemitglied. Da religiöse Materialien nicht käuflich zu erwerben sind, kaufen sie christliche Bibeln und lesen darin das Alte Testament. Die Unterdrückung sei allerdings keine Form von Anti-Semitismus, so Anson Laytner, Präsident des Sino-Judaic Institute (The Telegraph 12.12.2020; s. auch China heute 2016, Nr. 2; Chronik, 28. April 2016 sowie den Beitrag von Anson Laytner über den „Status der Kaifeng-Juden im Wandel“ in China heute 2015, Nr. 2, Themen).

Protestantismus

26. November 2020:
Erstmals Doktorprüfungen am Nationalen Theologischen Seminar in Nanjing
Am 26. November bestanden Frau Wang Jiawei und Herr Luo Chengzan ihre Disputationen am Nationalen Theologischen Seminar in Nanjing. Damit sind sie die ersten Personen, denen ein Doktortitel im Rahmen des innerkirchlichen Prüfungssystems von Christenrat und Drei-Selbst-Bewegung verliehen wird. Ihr Promotionskurs begann 2016. Von staatlichen Universitäten wird der Abschluss nicht anerkannt. Frau Wangs Arbeit über die Christologie bei Kathryn Tanner wurde vom Leiter der Baptist University Hong Kong, Prof. Joshua Cho, mitbetreut; die Arbeit von Herrn Luo über Athanasius von Alexandria war u.a. von Prof. Miikka Ruokanen begleitet. Die externen Fachbetreuer haben den Status von Gastdozenten am Nanjinger Seminar.
Am 20. Dezember legten He Wenbo, Dong Yanhui und Chen Kuangrong ihre Prüfungen zur Erlangung des „Doctor of Ministry“ ab. Das den kirchlichen Dienst begleitende Promotionsstudium begann für alle drei im Jahr 2017. Herr He verfasste eine Studie über „Druck und Bewältigungsstrategien von Gemeindeleiterinnen und Gemeindeleitern im Jangtse-Delta“, Herr Dong beschäftigte sich mit „Altersvorsorge für Gemeindeleiterinnen und Gemeindeleiter“, Frau Chen mit „Konflikte und Kommunikation von Gemeindeleiterpaaren mittleren Alters“. Bei beiden Prüfungen ergänzten externe Fachleute wie Prof. Zhuo Xinping von der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften oder der Leiter des Theologischen Seminars in Fujian, Dr. Yue Qinghua, das Prüfungskomittee aus Professorinnen und Professoren des Nanjinger Seminars (Microblog 今日金陵生活 2.,26.12.2020; njuts.cn).
Isabel Friemann, China Infostelle

Katholische Kirche

22. Dezember 2020:
Peter Liu Genzhu wird mit Zustimmung der Regierung und des Papstes zum Bischof von Hongdong (Shanxi) geweiht – vierte Bischofsweihe seit dem sino-vatikanischem Abkommen von 2018
Die Weihe des 54-jährigen wurde von (Erz-)Bischof Meng Ningyou von Tai­yuan geleitet, es konzelebrierten die Bischöfe Wu Junwei von Yuncheng, Ding Lingbin von Changzhi und Ma Cunguo von Shuozhou (alle Provinz Shanxi). UCAN zufolge war in dem Ernennungsschreiben der offiziellen Chinesischen katholischen Bischofskonferenz, das während der Zeremonie verlesen wurde, die päpstliche Ernennung des Kandidaten erwähnt. Bischof Liu war am 10. Juni 2020 nach dem offiziellen chinesischen Verfahren zum Bischofskandidaten gewählt worden; seine päpstliche Ernennung wurde laut UCAN im November 2020 bestätigt. Tatsächlich war er aber schon seit vielen Jahren der Bischofskandidat Roms, wie auch AsiaNews schrieb. Einen Monat zuvor, am 23. November, war Chen Tianhao zum Bischof von Qingdao in der Provinz Shandong gewählt worden (vgl. China heute 2020, Nr. 4, S. 194-195). Eine vatikanische Quelle äußerte gegenüber UCAN, dass beide Weihen „eine authentische Frucht des Abkommens“ seien.
Bischof Liu Genzhu ist am 12. Juni 1966 geboren. Er studierte am Priesterseminar von Xi’an und wurde 1991 zum Priester geweiht. Seit 2010 war er Generalvikar der Diözese Hongdong/Linfen, die seit 2006 keinen Bischof mehr hatte. Die Diözese zählt rund 40.000 Gläubige (AsiaNews 22.12.2020; chinacatholic.cn 22.12.2020; UCAN 23.12.2020).

30. Dezember 2020:
Untergrundbischof Han Jingtao von Siping (Jilin) verstirbt
Bischof Andreas Han verstarb im Alter von 99 Jahren. Er wurde am 26. Juli 1921 im Dorf Shanwanzi im Kreis Weichang, Provinz Hebei, in eine katholische Familie geboren. Die ersten Schuljahre besuchte er eine Schule unter Leitung kanadischer Missionare aus Quebec. 1934 trat er ins Kleine Seminar in der Diözese Siping ein, 1940 ins Priesterseminar in Changchun. Am 14. Dezember 1947 wurde er zum Priester geweiht. Mit Unterstützung seines Bischofs gründete Priester Han eine Schwesternkongregation und entwickelte die Arbeit der Legio Mariens in der Diözese Siping. 1953 wurde er verhaftet und verbrachte insgesamt 27 Jahre im Gefängnis und in Arbeitslagern. Anfang der 1980er Jahre wurde er zunächst als Englischlehrer an der Changchun Normal University angestellt und kurz danach als Associate Professor an der Northeast Normal Univer­sity. An der Universität unterrichtete er auch Latein und Griechisch. 1982 wurde er vom Papst zum Bischof von Siping ernannt, aber erst 1986 im Geheimen geweiht. Von Gläubigen wurde Bischof Han als „Gigant der Kultur und des Glaubens“ bezeichnet. Seit 1997 stand Bischof Han wieder unter ständiger Überwachung und auch die Schwesternkongregation war mit Konventsschließungen und geheimen Wiedereröffnungen konfrontiert.
Zu Beginn der 1980er Jahre vereinigte die Regierung alle Kirchendistrikte in der Provinz Jilin zu einer einzigen Diözese, der Diözese Jilin. Aus Sicht des Vatikans existiert die Diözese Siping weiter, sie umfasst Teile der Provinzen Jilin, Innere Mongolei und Liaoning. Die Diözese zählt heute etwa 30.000 Katholiken, darunter ca. 20.000 im Untergrund und 10.000 in der offiziellen Kirche, sowie 20 Priester und um die 100 Ordensschwestern (AsiaNews 31.12.2020: 5.01.2020; Fides 23.02.2021; http://blog.sina.com.cn/s/blog_500cf6040102yo9r.html).

5. Januar 2021:
Tod von Bischof Zong Huaide von San­yuan
Im Alter von 100 Jahren verstarb am 5. Januar der emeritierte Bischof der Diözese Sanyuan, Provinz Shaanxi. Bischof Zong wurde am 16. Juni 1920 in eine arme katholische Familie geboren und am 5. Juni 1949 zum Priester geweiht. Die Jahre 1965–1980 verbrachte er im Gefängnis und in Arbeitslagern. 1983 wurde Zong Huaide Apostolischer Administrator der Diözese, am 9. August 1987 wurde er zum Bischof von San­yuan geweiht. Zunächst war er von den Behörden nicht als Bischof anerkannt, durfte seit Anfang der 1990er Jahre jedoch offen arbeiten. Damit war er einer der ersten Untergrundbischöfe, die offiziell anerkannt wurden. Bis zuletzt stand Bischof Zong in hohem Ansehen sowohl bei den Untergrundkatholiken wie auch den Katholiken in der offiziellen Kirche. Er leistete einen wichtigen Beitrag zur Versöhnung innerhalb der katholischen Kirche Chinas. Am 23. Dezember 1997 wurde Bischof Zong von Papst Johannes Paul II. in persönlicher Audienz empfangen. 2003 wurde er emeritiert. Sein Nachfolger ist Bischof Han Yingjin, der 2010 geweiht wurde. Die Beerdigung von Bischof Zong fand am 11. Januar statt. Mit Bischof Zong geht in China einer der letzten großen Kirchenführer der alten Generation (siehe den Nachruf in den Informationen dieser Nummer).

7. Januar 2021:
Patriotische Vereinigung und Diözese Shijiazhuang weisen in einer Erklärung Gerüchte zurück, dass die katholische Kirche schuld am Corona-Ausbruch in Hebei sei
In der Provinz Hebei – die von allen Provinzen Chinas den höchsten Bevölkerungsanteil an Katholiken hat – kam es Anfang Januar zu einem größeren Corona-Ausbruch; die Provinzhauptstadt Shijiazhuang und die Stadt Xingtai wurden komplett abgeriegelt. In den sozialen Medien verbreiteten sich Gerüchte, die Katholiken die Schuld an dem Ausbruch gaben. Am 7. Januar veröffentlichten Patriotische Vereinigung und Diözese Shijiazhuang deshalb eine Erklärung, in der sie schrieben, einzelne WeChat-Konten und Mikroblogs würden bewusst fabrizierte Gerüchte verbreiten. Ein im Internet verbreitetes Gerücht behaupte, dass Xiaoguozhuang in Gaocheng [dem Bezirk, aus dem die erste Patientin des Ausbruchs stammte] ein katholisches Dorf sei, in dem vor 20 Tagen religiöse Aktivitäten stattgefunden hätten, an denen „viele europäische und amerikanische Priester“ teilgenommen hätten, ohne Präventionsmaßnahmen zu ergreifen, „jetzt seht, diese Missionare haben das europäische Virus gebracht“ usw. Die Erklärung erwidert dazu, dass Xiaoguozhuang kein katholisches Dorf sei, dass es bisher unter den Infizierten in Shijiazhuang nur einen einzigen Katholiken gebe und dass nach Angaben des zuständigen katholischen Pfarrers seit dem letzten Winter keine ausländischen Besucher mehr in der Gegend gewesen seien. Gegen die Verursacher der Gerüchte sei Anzeige erstattet worden.
Laut Jidu shibao (Christian Times) berichtete der nationale Fernsehsender CCTV am 9. Januar, dass die Provinz Hebei, die Stadt Shijiazhuang und die Stadt Xingtai in Pressekonferenzen zur Epidemie erklärt hätten, es gebe keine Belege dafür, dass der Ausbruch mit religiösen Aktivitäten zusammenhänge. Alle religiösen Stätten seien vorübergehend geschlossen worden.
Die Einheitsfrontabteilung der Stadt Xingtai rief am 9. Januar in einer Bekanntmachung die Bevölkerung dazu auf, alle trotz der angeordneten Schließung geöffneten religiösen Stätten sowie „illegale“ religiöse Treffen in Treffpunkten und Haushalten gegen Belohnung zu melden.
Die China heute-Redaktion hat Leserkommentare gesehen, die am 9. Januar auf dem WeChat-Kanal der Renmin ribao unter einem Bericht zur genannten Pressekonferenz der Provinz Hebei gepostet wurden, darunter „Religion geht gar nicht“, „In einigen Gegenden gibt es in jedem Dorf eine Kirche, das ist erschreckend, da sollte man was machen“ und „Es ist an der Zeit, religiöse Kulte im Untergrund und Islam in den Griff zu bekommen, oder es wird noch etwas Schlimmes passieren.“ Christian Soli­darity Worldwide schätzte, über 1.000 solcher Kommentare seien tagelang sichtbar gewesen, ohne von der Zensur gelöscht zu werden (AsiaNews 8.,9.,20.01.2021; csw.org.uk 19.02.2021; licas.news 11.01.2021; scmp.com 8.01.2021; UCAN 13.01.2021; www.christiantimes.cn/news/33947/天主教就石家庄疫情相关谣言发表严重声明).

9. Januar 2021:
Über 50 Katechumenen werden in der Pfarrei Huangzhong in Wenzhou (Zhe­jiang) getauft
Die Täuflinge – auf dem Foto sind Erwachsene zu sehen – hatten vorher eine fünfmonatige Taufvorbereitung absolviert, heißt es in dem Bericht auf der Website der katholischen Zeitung Xinde (Faith). Der Pfarrer der Gemeinde assistiert von 4 weiteren Priestern nahm die Taufen vor. Am ersten Weihnachtsfeiertag waren bereits in der Kathedrale von Wen­zhou 18 Menschen getauft worden. An Weihnachten fanden auch andernorts Taufen statt, beispielsweise 11 in der Kathedrale von Jinan (Provinz Shandong). Ob in den katholischen Gemeinden Festlandchinas im Jahr 2020, in dem die Kirchen pandemiebedingt monatelang geschlossen blieben, weniger Menschen getauft wurden als sonst, ist unbekannt, da Xinde keine Taufstatistik für 2020 veröffentlichte (xinde.org 28.12.2020; 14.01.2021).

16. Februar 2021:
„Arbeitsplan 2021“ der offiziellen katholischen Leitungsgremien vom Nationalen Büro für religiöse Angelegenheiten (NBRA) verbreitet
Der Text wurde auf Weixin zongjiao, dem WeChat-Kanal des NBRA, verbreitet mit dem Hinweis, dass er in der Januarausgabe der NBRA-Zeitschrift Zhongguo zongjiao erschienen sei und „im Original“ von „Eine [patriotische] Vereinigung und eine [Bischofs-]Konferenz“ stamme – auf deren Website er sich jedoch nicht findet. Es werden konkrete Vorhaben in 8 Tätigkeitsbereichen genannt. Unter Punkt 1 („ideologischer Aufbau“) findet sich der Plan einer Konferenz der katholischen Kreise zur Feier des 100. Gründungstags der Kommunistischen Partei Chinas. Es sollen „bewegende Geschichten ausgegraben werden, wie die chinesischen katholischen Kreise die Rote Armee unterstützten“, und ein Buch mit dem Titel Katholische Kirchen am Weg des Langen Marsches soll herausgegeben werden. „Fortbildungskurse in Zusammenarbeit mit dem Zentralinstitut für Sozialismus“ für Mitarbeiter der patriotischen Gremien auf Provinz­ebene, Laienführer etc. sollen fortgesetzt werden. In nicht näher genannten „Schwerpunktregionen“ soll die Wahl und Weihe von Bischöfen „aktiv und zuverlässig“ vorangetrieben werden (Punkt 3). Punkt 4 „Aufbau des theologischen Denkens“ sieht die Durchführung des „7. Forums für sinisierte Theologie“ vor, in dem es um die Sinisierung von Liturgie, Kunst und Musik gehen soll. Ferner ist geplant, von Architektur-Experten eine Reihe von Kirchenbauvorlagen entwerfen zu lassen, die den Anforderungen der Sinisierung entsprechen und lokalen Kirchen als Referenz angeboten werden können. Punkt 7 „Austausch mit dem Ausland“ sieht vor, „die Arbeit in auswärtigen Angelegenheiten zu normieren, strenge Disziplin in auswärtigen Angelegenheiten zu halten und das System für auswärtige Angelegenheiten zu revidieren und zu vervollkommnen“ (Weixin zongjiao 16.02.2021 unter https://mp.weixin.qq.com/s/EuUKoOOyTKfLy6hLO4OzSQ).
Für weitere Details siehe den Bericht in den Informationen.

19. Februar 2021:
AsiaNews: Herz-Jesu-Kirche von Yining in Xinjiang vom Abriss bedroht

AsiaNews berichtete, dass die Gläubigen die Kirche ab 19. Februar ausräumen mussten, da die Behörden ihren Abriss angeordnet hatten. Es finden sich keine Berichte darüber, ob der Abriss schließlich stattfand. Die Behörden hätten ihn angeordnet, obwohl die Kirche über alle nötigen Genehmigungen des Religionsbüros verfüge, und keine Gründe dafür angegeben; vermutet werde, dass das Land für Bauvorhaben genutzt werden solle. 2018 waren bereits christliche Reliefs, zwei Statuen und das Kreuz der Kirche demontiert worden (vgl. China heute 2018, Nr. 1, Chronik, Katholizismus, 27. Februar und 8. März 2018). Im Kasachischen Autonomen Bezirk Yili, dessen Hauptstadt Yining ist, leben laut AsiaNews 2.000 Katholiken, teilweise Nachfahren von Verbannten aus der Zeit des Qing-Reichs. Der Nachrichtenagentur zufolge wurden in den letzten Jahren mindestens vier weitere katholische Kirchen in Xin­jiang zerstört: je eine in Hami und Kuitun sowie zwei Kirchen in Tacheng. Die Kirchen hätten die nötigen Genehmigungen gehabt und keine Entschädigung erhalten (AsiaNews 19.02.2021).

16. März 2021:
Wenzhou: 200.000 Yuan Strafe für private Bischofsmesse
Weil in seiner privaten Kapelle am 16. März eine heilige Messe mit Bischof Peter Shao Zhumin und 20 weiteren Gläubigen gefeiert wurde, musste laut einem Bericht von AsiaNews der 56-jährige Huang Ruixun in Wangli, Kreis Cangnan in der Diözese Wenzhou (Provinz Zhe­jiang) eine Strafe von 200.000 Yuan (mehr als 25.000 Euro) zahlen. Die Anklage lautete, dass er den Bischof „für illegale religiöse Aktivitäten“ aufgenommen und ihm ein Mittagessen und die Toilette zur Verfügung gestellt habe. Bischof Shao ist vom Vatikan, bisher jedoch nicht von der chinesischen Regierung als Bischof von Wenzhou anerkannt. Ganz offensichtlich steht die extrem hohe Strafe im Zusammenhang mit den am 1. Februar 2018 in Kraft getretenen revidierten Vorschriften für religiöse Angelegenheiten. Religiöse Aktivitäten dürfen nur an behördlich registrierten Orten stattfinden. Unter § 71 heißt es: „Für das Bereitstellen von Voraussetzungen für rechtswidrige religiöse Aktivitäten erteilen die Behörden für religiöse Angelegenheiten eine Verwarnung, rechtswidriger Gewinn und illegaler Besitz werden, wenn vorhanden, konfisziert, sind die Umstände schwerwiegend, wird außerdem eine Geldstrafe zwischen 20.000 und 200.000 Yuan verhängt […].“ Religiöse Aktivitäten im Untergrund kommen durch die Vorschriften so noch deutlicher als bisher in den Bereich des Illegalen und Strafbaren.
Trotz des sino-vatikanischen Abkommens von September 2018 steht die Untergrundkirche immer mehr unter Druck und es wird für ihre Gläubigen immer schwieriger, sich zu treffen. Wie Bernardo Cervellera in AsiaNews schreibt, kamen in der Vergangenheit immer wieder offizielle und inoffizielle Bischöfe zusammen und von der offiziellen Kirche wurden dem Untergrund an verschiedenen Orten Kirchen für Messen und Feierlichkeiten zur Verfügung gestellt. Diese Art von Gastfreundschaft sei – auch durch die seit dem 1. Mai 2021 geltenden „Maßnahmen für die Verwaltung religiöser Amtsträger“ (deutsche Übersetzung in der Dokumentation dieser Nummer) – nunmehr riskant und „illegal“. Die Spaltung zwischen beiden Gemeinschaften vertiefe sich und die von Papst Franziskus so ersehnte Versöhnung rücke in immer weitere Ferne (AsiaNews 27.04.).

29. März 2021:
Bericht auf der Website der katholischen Leitungsgremien spricht erstmals von einem „Parteizellensekretär“ in der Chinesischen katholischen patriotischen Vereinigung
Die Meldung auf der offiziellen Website der katholischen Leitungsgremien – Patriotische Vereinigung und Chinesische Bischofskonferenz – berichtete über eine parteigeschichtliche Schulung der beiden Leitungsgremien. Darin heißt es: „Hauptreferent war der Leiter der Forschungsstelle und Parteizellensekretär der Chinesischen katholischen patriotischen Vereinigung, Tian Yueyang 田悦阳“ (www.chinacatholic.cn/html/report/21030694-1.htm).
Bisher war nicht bekannt, dass es in der Patriotischen Vereinigung einen Parteizellensekretär gibt. Eine Recherche der Redaktion von China heute ergab, dass Tian Yueyang ab 2003 im Impressum einzelner Ausgaben der vom Nationalen Büro für religiöse Angelegenheiten (NBRA) herausgegebenen Zeitschrift Zhongguo zongjiao 中国宗教 (China Religion) auftaucht, von 2006 bis September 2013 steht er als ständiger Mitarbeiter („Direktor für Materialsammeln und -editieren“) im Impressum dieser Zeitschrift. Am 30. Mai 2014 erscheint er erstmals auf der Website von Patriotischer Vereinigung und Bischofskonferenz, chinacatholic.cn, als Leiter von deren Forschungsstelle (www.chinacatholic.cn/html/report/14053950-1.htm). Es scheint also möglich, dass er vom NBRA dorthin delegiert wurde. Bei einer Suche auf chinacatholic.cn ergaben die Stichwörter „Parteizelle“ / „Parteizellensekretär“ keinen weiteren Treffer. Das Auftauchen dieses Begriffs im Büro der Patriotischen Vereinigung löste dem Vernehmen nach unter Katholiken auf dem Festland Besorgnis aus.

Sino-vatikanische Beziehungen

29. Januar 2021:
Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin im Interview: „Ich respektiere jeden, der die Politik des Heiligen Stuhls gegenüber China kritisiert“
In einem am 29. Januar verbreiteten Interview mit dem französischen Sender KTO sprach der Kardinal auch über die Chinapolitik des Heiligen Stuhls, er sagte: „Ich würde zunächst einmal sagen, dass ich jeden zutiefst respektiere, der eine andere Meinung hat und der, sagen wir mal, die Politik des Heiligen Stuhls gegenüber China kritisiert. Und es ist ein Recht, das zu tun, denn es ist eine extrem komplexe und schwierige Situation. Es kann verschiedene Standpunkte geben. Wir haben uns für diesen Weg der ‚kleinen Schritte‘ entschieden – es ist wahr, dass schon vorher Arbeit getan wurde, aber es gab einen großen Anstoß von Papst Franziskus. Berücksichtigen Sie auch, dass dieses Abkommen nicht als ein Abkommen gedacht war und auch kein Abkommen sein konnte, das alle Probleme löst, mit denen die Kirche in China konfrontiert ist, sondern einfach ein kleiner Schritt, von dem aus man beginnen kann zu versuchen, die Situation der Kirche zu verbessern. Es wird also nicht behauptet, dass dies das ‚letzte Wort‘ ist.“ Parolin verglich das Abkommen mit einem kleinen Samen, „der, so hoffen wir, mit der Gnade Gottes und dem guten Willen eines jeden, wachsen und Frucht bringen kann. Das ist unsere Hoffnung. Und sie erfordert viel Geduld. Sehr viel Geduld“ (www.ktotv.com/article/entretien-exclusif-avec-le-cardinal-pietro-parolin-secretaire-detat-du-saint-siege, hier nach ncregister.com 30.01.2021).

8. Februar 2021:
Papst Franziskus äußert sich zu China in seiner Ansprache an das beim Heiligen Stuhl akkreditierte diplomatische Korps
In seiner Ansprache vor den versammelten Botschafterinnen und Botschaftern sprach der Papst auch über im letzten Jahr geschlossene internationale Vereinbarungen; in diesem Zusammenhang sagte er: „Darüber hinaus haben der Heilige Stuhl und die Volksrepublik China am 22. Oktober vereinbart, die Gültigkeit des 2018 in Peking unterzeichneten vorläufigen Abkommens bezüglich der Ernennung von Bischöfen in China um weitere zwei Jahre zu verlängern. Es handelt sich um eine Übereinkunft, die im Wesentlichen pastoraler Natur ist. Der Heilige Stuhl hofft, dass der eingeschlagene Weg im Geiste des Respekts und gegenseitigen Vertrauens weitergeht und zur Lösung von Fragen gemeinsamen Interesses weiterhin beiträgt“ (www.vatican.va/content/francesco/de/speeches/2021/february/documents/papa-francesco_20210208_corpo-diplomatico.html; UCAN 11.02.2020).

Hongkong

4. Februar 2021:
Bereits Grundschüler sollen Unterricht zum Sicherheitsgesetz erhalten
Das Erziehungsbüro Hongkongs veröffentlichte am 4. Februar neue Richtlinien zur Umsetzung des am 30. Juni 2020 in Kraft getretenen nationalen Sicherheitsgesetzes an Primar- und Sekundarschulen. Es wird Teil des Lehrplans, geht aber weit darüber hinaus. Die Richtlinien umfassen alle Aspekte des Schulwesens, von der Verwaltung über die Unterrichtsinhalte bis zum Verhalten der Schüler, selbst außerhalb des Schulgeländes, so die South China Morning Post. Als Teil der Kampagne hat die Regierung einen Animationsfilm lanciert, in dem eine weise Eule den Kindern beibringt, was Patriotismus, Loyalität und ein striktes Einhalten der Gesetze bedeuten. In den Richtlinien heißt es u.a., dass die Lehrkräfte deutlich herausstellen sollen, dass „der Schutz der nationalen Sicherheit in der Verantwortung aller Bürger liegt und dass es diesbezüglich keinen Raum für Debatten oder Kompromisse gibt“. Ip Kin-yuen, Präsident der Lehrergewerkschaft, sagte laut Reuters, die Richtlinien würden bei den Lehrkräften Unsicherheit und Ängste verursachen und einen „restriktiven und oppressiven“ Unterrichtsstil aufoktroyieren, der der Entwicklung und dem selbstständigen Denken der Schülerinnen und Schüler entgegenstünde. Hongkongs Erziehungsminister Kevin Yeung betonte vor der Presse, die Lehrplanänderungen hätten das Ziel, eine nationale Identität hervorzubringen. Die Primarschülerinnen und -schüler sollten verinnerlichen, dass sie Bürger Hongkongs und gleichzeitig Chinesinnen und Chinesen seien. Für die Primarstufe wurden Hör- und Bilderbücher entwickelt und die Schülerinnen und Schüler müssen den Text der chinesischen Nationalhymne lernen „und verinnerlichen, wie sie sich respektvoll zu verhalten haben, wenn sie abgespielt wird“, so die Neue Zürcher Zeitung. „Im weiteren Verlauf der Primarschule sollen die jungen Hongkonger lernen, welche vier Vergehen eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen: Es geht um Subversion, umstürzlerische Aktivitäten, Terrorismus sowie Zusammenarbeit mit ausländischen Kräften. In der Sekundarschule gibt es künftig neben dem 15-stündigen Lernmodul über die chinesische Verfassung und das Hong­konger Grundgesetz eine dreistündige Ergänzung zum Gesetz über nationale Sicherheit“ (Neue Zürcher Zeitung 8.02.2021, dort auch das Video; Reuters 5.02.2021; www.scmp.com/video/hong-kong/3121229/hong-kong-teach-new-national-security-law-classrooms 10.02.2021).

5. Februar 2021:
Chinesisch Neujahr: Führer der sechs Religionen schicken Grüße zum Jahr des Rindes
In ihrer jährlichen Neujahrsbotschaft hat das Kolloquium der sechs Religionsführer in Hongkong Grüße und Gebete an die Bewohner übermittelt. Bei den Unterzeichnern handelt es sich um Most Ven. Kuan Yun, Präsident der Hongkonger buddhistischen Vereinigung; Kardinal John Tong, Apostolischer Administrator der katholischen Diözese Hongkong; Dr. Tong Yun-Kai, Präsident der Konfuzius-Akademie; Ibrahim Sat Che-Sang, Vorsitzender der Chinesischen muslimischen kulturellen und brüderlichen Vereinigung; Rev. Dr. Eric So Shing-Yit, Vorsitzender des Hongkonger Christenrates: sowie Leung Tak-Wah, Vorsitzender der Hong­konger daoistischen Vereinigung. In ihrer Botschaft steht die Corona-Pandemie, die auch Hongkong betroffen hat, im Fokus. Am Ende des Briefes fassen sie ihre Wünsche wie folgt zusammen: „… dass die Epidemie bald vorübergeht und wir zum normalen Alltag zurückkehren können; dass unser Land immer wohlhabender und mächtiger wird und alle Menschen glücklich werden; und dass Hongkongs Gesellschaft soziale Harmonie, Wohlstand und Stabilität genießen kann“ (Sunday Examiner 5.02.2021).

28. Februar 2021 / 15. März 2021:
47 prodemokratische Aktivisten bleiben zunächst in Haft
47 Politiker und Aktivisten – die Führung der prodemokratischen Opposition in Hongkong – blieben nach viertägigen Anhörungen Anfang März zunächst weiterhin in Untersuchungshaft. Voraussichtlich am 31. Mai soll der Prozess fortgesetzt werden. Vor dem Gerichtsgebäude in West Kowloon hatten sich viele Anhänger versammelt, unter ihnen auch Kardinal Josef Zen. Auch Diplomaten u.a. aus Großbritannien, den USA, Kanada, Deutschland und den Niederlanden baten vergeblich um Einlass in den Gerichtssaal. Die Angeklagten waren am 28. Februar unter dem Vorwurf von Verstößen gegen das nationale Sicherheitsgesetz festgenommen und nun angeklagt worden. Die Gruppe war erstmals im Januar festgenommen (damals 53 Personen) und wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Einige sitzen schon länger wegen anderer unterstellter Vergehen in Haft, so der prominente Oppositionelle Joshua Wong. Den demokratischen Politikerinnen und Politikern wird vorgeworfen, im Juli vergangenen Jahres „illegale“ Vorwahlen zu der wegen der Corona-Pandemie später abgesagten Parlamentswahl abgehalten zu haben. Bei diesen Vorwahlen wurden prodemokratische Kandidaten ausgewählt. Dies sei Staatsgefährdung gewesen. Etwa 600.000 Einwohner Hongkongs hatten sich an den Vorwahlen beteiligt. Das nationale Sicherheitsgesetz sieht je nach Tat bis zu lebenslange Haftstrafen vor. Inzwischen, so Stand 15. März 2021, wurden 11 der Angeklagten gegen Kaution wieder aus der Haft entlassen.
Weiter in Haft sitzt auch der bekannte Hongkonger Verleger und Demokratie-Aktivist Jimmy Lai, auch er angeklagt wegen Anschuldigungen im Rahmen des Sicherheitsgesetzes. Sein Prozess soll Mitte April beginnen.
Am 25. Februar hatte die Chinese University of Hong Kong angekündigt, dass sie ihre Beziehungen zur Student Union einstellen werde. Deren neue Vorsitzende seien „falscher“ Aussagen angeklagt, die die nationale Sicherheit bedrohten, so AsiaNews. Studierende, die zu „illegalem Verhalten“ anstacheln würden, würden vom Studium ausgeschlossen (AsiaNews 12.,26.02.; 1.,3.03.201; LICAS 15.03.2021; Der Spiegel 4.03.2021; Süddeutsche Zeitung 1.03.2021; Die Welt 17.02.2021).

11. März 2021:
Beijing verabschiedet Wahlrechts­reform und damit stärkere Kontrolle für Hongkong
Bei der Jahrestagung des Chinesischen Volkskongresses hat die chinesische Regierung eine Wahrrechtsreform für Hongkong verabschiedet, nach der zukünftig Beijing die politische Gesinnung aller Wahlkandidaten prüfen und kontrollieren will und die Distrikte zur Wahl des Hongkonger Legislativrates neu definieren möchte. Laut Außenminister Wang Yi am 7. März, so der Spiegel, seien die Veränderungen „Hongkongs Übergang vom Chaos zur Staatsführung“. Der Übergang sei „im vollen Interesse aller Parteien“, denn Hongkong zu lieben und Patriotismus seien exakt dasselbe. Hongkonger Medien – so die Zeit vom 11. März – hätten berichtet, dass das Komitee zur Wahl des Hongkonger Regierungschefs von bisher 1.200 auf 1.500 Mitglieder vergrößert werden solle. Das Wahlkomitee solle künftig auch darüber entscheiden, wer bei den Parlamentswahlen antreten darf, „womit Kandidaten indirekt auf die Zustimmung Pekings angewiesen wären“. Gemäß den Berichten solle der Hongkonger Legislativrat von 70 auf 90 Plätze vergrößert werden.
Dies ist ein weiterer Schritt, um die demokratienahen Kräfte an den Rand zu drängen (Spiegel 7.03.2021; Zeit 11.03.2021).

Taiwan

8. Februar 2021:
Papst Franziskus grüßt Taiwan zum Chinesischen Neujahr
Am Rande des diesjährigen Neujahrsempfangs für das beim Heiligen Stuhl akkreditierte Diplomatische Corps überbrachte Taiwans Botschafter beim Heiligen Stuhl, Matthew S.M. Lee, dem Papst Neujahrsgrüße im Namen der taiwanischen Präsidentin Tsai Ing-wen und des gesamtes taiwanischen Volkes. Nach einem Bericht von UCAN sagte Lee: „Der Papst war guter Dinge, er wünschte einen guten Beginn zum chinesischen Neujahr und versprach für Taiwan zu beten.“ Im Januar hatte Präsidentin Tsai an Papst Franziskus einen Brief geschickt als Antwort auf seine Botschaft zum 54. Weltfriedenstag am 1. Januar. In dem Brief erwähnt sie u.a., wie Taiwan, das nur wenig von der Corona-Pandemie betroffen ist, weltweite Solidarität bekundete und Dutzende Millionen medizinische Masken und Schutzkleidung nach Zentral- und Südamerika, Asien, in die EU wie auch in die USA versandte. Sie erinnert auch an die humanitären Bemühungen von Botschafter Matthew Lee, der am taiwanischen Nationalfeiertag im Oktober in Rom Essen und Decken an Obdachlose verteilte. Gleichzeitig bekundete sie ihren Unmut darüber, dass die 23 Mio. Taiwaner weiterhin von der Weltgesundheitsorganisation ausgeschlossen sind.
Die VR China verhindert seit Jahren, dass der Insel ein Beobachterstatus oder gar eine Mitgliedschaft in der WHO zugestanden wird (AsiaNews 15.01.2021; FAZ 19.4.2020; UCAN 11.02.2021; https://english.president.gov.tw/NEWS/6093; s. auch China heute 2020, Nr. 4, S. 194).

6./11. Februar 2021:
Taiwan: Sino-Burmesen protestieren gegen den Militärputsch in Myanmar
Rot bekleidet, der Farbe der Nationalen Liga für Demokratie (NLD) von Aung San Suu Kyi, demonstrierten am 6. Februar in „Klein Burma“ in New Taipeis Zhonghe-Distrikt 300 Menschen gegen den Militärputsch in Myanmar am 1. Februar. Ko Ko Thu, 54,  der nach den vom Militär blutig niedergeschlagenen Protesten von 1988 nach Taiwan geflohen war und die Demonstration in Taipei mitorganisierte, bekannte gegenüber der Taipei Times vom 7. Februar: „Taiwan ist ein sehr demokratisches Land und ich hoffe, dass Myanmar – auch wenn ich schon tot sein sollte – genauso demokratisch sein wird.“
In „Klein Burma“ in der Nähe der Nanshijiao-Metrostation an der Huaxin-Straße – die Schilder in burmesischer Sprache an den Fassaden der Läden prägen dort die Atmosphäre – ließen sich in den letzten Jahrzehnten rund 40.000 Immigranten aus Burma, die meisten von ihnen ethnische Chinesen, nieder, berichtet Diplomat Brief vom 18. März 2017. Viele sind Nachfahren von Kuomintang-Angehörigen, die am Ende des chinesischen Bürgerkrieges 1949 im Kampf gegen die kommunistischen Guerillas über die Grenze nach Burma (das heutige Myanmar) flohen und dort zunächst festsaßen, nachdem Chiang Kai-shek in Taiwan Zuflucht gesucht hatte. 1954, nachdem die Rückeroberung Chinas sich als aussichtslos erwiesen hatte, wurden schätzungsweise 7.000 Soldaten samt ihren Nachkommen nach Taiwan repatriiert. Andere sind in den letzten Jahren aufgrund von Repressionen und anti-chinesischen Ressentiments aus Myan­mar geflüchtet. Anfangs taten sich viele schwer, sich ans lokale Leben und die Sprachen zu gewöhnen, den taiwanesischen Dialekt und Mandarin. Inzwischen floriert der Handel zwischen den beiden Ländern und über 200 taiwanische Firmen operieren in Myanmar.
An den Protesten in Myanmar, die seit 1. Februar anhalten und gegen die das Militär mit immer größerer Gewalt vorgeht, nahmen auch Tausende Mitglieder der christlichen Minderheiten im buddhistischen Myanmar teil, darunter auch Priester und Ordensfrauen.  Auch der Erzbischof von Rangun, Kardinal Charles Bo, rief mehrfach zum gewaltfreien Protest gegen den Militärputsch auf.
Gemäß Schätzungen zählt die Bevölkerung von Myanmar ca. 54,5 Mio. Einwohner. Laut einer Zählung von 2014 teilen sich die Religionen wie folgt auf: Buddhismus 87,9%, Christentum 6,2%, Islam 4,3%, Hinduismus 0,5%, Volksglaube von Stämmen 0,8%, Andere 0,2% und ohne Religion 0,1%. Nach einer Meldung von UCAN vom 20. November 2020 nehmen die 750.000 Katholiken einen bescheidenen Platz ein.
Willi Boehi


Katharina Feith
Isabel Friemann, China InfoStelle
Katharina Wenzel-Teuber
mit einem Beitrag von Willi Boehi

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