Hier informiert Sie das China-Zentrum zur Situation der Religionen und der christlichen Kirchen in China.
29. Dezember 2023:
Revision des „Charity Law“ der VR China verabschiedet
Die vom Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses am 29. Dezember beschlossenen umfangreichen Änderungen am „Gemeinnützigkeitsgesetz“ (chin. 慈善法, auch mit „Wohltätigkeitsgesetz“, engl. „Charity Law“, übersetzt) gelten ab 5. September 2024. Das Gesetz war 2016 erstmals in Kraft getreten. Es regelt die Tätigkeit gemeinnütziger Organisationen und ihre Dienste, das Sammeln von Spenden, die Offenlegung von Informationen, die Überwachung durch den Staat u.v.a.m. Die revidierte Fassung hat 125 Paragraphen (vorher: 112). In § 4 über die Prinzipien gemeinnütziger Aktivitäten wurde neu der Satz eingefügt: „Die Gemeinnützigkeitsarbeit hält am Prinzip der Führung durch die Kommunistische Partei Chinas fest.“ Weitere Neuerungen zielen auf eine Förderung des gemeinnützigen Sektors, auf den Bereich des Internets, auf die internationale Zusammenarbeit sowie auf mehr Kontrolle und Transparenz. Neu eingefügt wurde ein eigenes Kapitel über „gemeinnützige Nothilfe“. Wie schon bisher, sind weiterhin die Behörden für Zivilverwaltung für die Registrierung und Beaufsichtigung gemeinnütziger Organisationen zuständig. Das „Charity Law“ betrifft auch die Charities der Religionen, die allerdings zusätzlich noch den Behörden für religiöse Angelegenheiten und deren Regelungen unterstehen, wodurch ihre Arbeit „sensibel“ ist und stark erschwert wird.
Eine englische Übersetzung des Gemeinnützigkeitsgesetzes mit den jüngsten Änderungen findet sich unter: www.chinalawtranslate.com/en/Charity-Law-of-the-People‘s-Republic-of-China, eine deutsche Übersetzung der Fassung von 2016 auf www.china-zentrum.de unter „Dokumente zu Religion und Politik“. Zu weiteren Details siehe den Beitrag in den Informationen. kwt
18./19. November 2023:
Forum für christliche Studien 2023 in Shanghai: „Zu den Perspektiven für ein sinisiertes Christentum“
Das Forum, an dem 50 Experten und Akademiker aus verschiedenen Forschungsinstituten und Universitäten teilnahmen, wurde gemeinsam vom Zentrum für Christentumsforschung an der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften (CASS) und der Abteilung für Philosophie der Fudan University in Shanghai veranstaltet. Zeitgleich fand ein akademisches Seminar zum Thema „Christianity Research and Contemporary Themes: Exploration, Breakthroughs, and New Chapters“ statt. Während der Eröffnungszeremonie des Forums – so China Christian Daily – betonte Professor Zhuo Xinping, Ehrenpräsident der Chinesischen Vereinigung für Religionswissenschaften und Mitglied der CASS, dass die aktuelle Christentumsforschung vor nie dagewesenen Herausforderungen und gleichzeitig Chancen stehe. Er schlug drei Hauptanliegen für die zukünftige Forschung zum Christentum vor: Die Forschung sollte sich auf die internationale Situation konzentrieren und eine bedeutsame Rolle in der kulturellen Kommunikation und im akademischen Austausch spielen; die akademische Strenge und Ernsthaftigkeit der Forschung sollten betont werden, und die akademische Forschung sei von einem wissenschaftlichen Standpunkt und Ansatz aus durchzuführen; die Christentumsforschung sollte sich an den nationalen Bedingungen Chinas orientieren und der gesellschaftlichen Entwicklung des Landes entsprechen. Des Weiteren sprachen u.a. Zhou Weiqi, Institut für Weltreligionen der CASS; Zhang Zhigang, Professor in der Abteilung für Philosophie und Religionswissenschaft und Leiter des Instituts für Religionskultur an der Peking University zum Thema „Localization and Sinicization from the Perspective of World Christian History“; Professor Zhang Qingxiong von der Fudan University zu „Love, Order, and Progress as the Goal of Social Governance: On the Sociology of Auguste Comte“; Professor Liu Ping von der Abteilung für Philosophie an der Fudan University zu „An Overlooked Translation of the Southern Baptist Convention: An Exegesis of the Poteat Version of Bible Translation“ und Tang Xiaofeng, Vize-Direktor des Instituts für Weltreligionen an der CASS und Direktor des Zentrums für Christentumsforschung der CASS, zu „Setting the Standard in All Directions: A Study of Religious Practices of Arcaoun in the Yuan Dynasty“. Anschließend diskutierten die Experten des Forums in zwei Unterveranstaltungen über die Perspektiven, Aussichten und das Potenzial der Sinisierung des Christentums sowie über die Entwicklung, Ausweitung und Innovation der Christentumsforschung in der neuen Ära, so China Christian Daily (China Christian Daily 23.11.; http://iwr.cssn.cn/xw/202311/t20231120_5697668.shtml). kf
Dezember 2023:
Die fünf Religionen veröffentlichen Fünfjahrespläne (2023–2027) zur Vertiefung ihrer Sinisierung
In offensichtlich von den Religionsbehörden koordinierten Vorgängen verabschiedeten und veröffentlichten die nationalen Organisationen der fünf Religionen Fortsetzungen der ersten Fünfjahrespläne zu ihrer Sinisierung, in denen sie 2018 bzw. 2019 darlegen mussten, wie sie die von Präsident Xi Jinping im Jahr 2015 aufgestellte Forderung nach einer „Sinisierung“ der Religionen umzusetzen gedachten. Die neuen Pläne der fünf Religionen haben uniform den gleichen Titel, nämlich „Abriss des Fünfjahresarbeitsplans zum vertieften Vorantreiben der Sinisierung der Religion XY unseres Landes“ [深入推进我国XY教中国化五年工作规划纲要(2023-2027年)]. Der Titel ist ein Ausspruch Xi Jinpings auf der Nationalen Religionskonferenz von 2021. Vier der fünf neuen „Vertiefungspläne“ konnten online gefunden werden – der Plan für den Buddhismus fehlt noch. Die grundlegenden Gliederungspunkte sind bei den vier vorliegenden Vertiefungsplänen der Daoisten, Muslime, Katholiken und Protestanten dieselben: Gesamtforderung, Ziele und Prinzipien, Hauptaufgaben (der umfangreichste Teil), Maßnahmen zur Umsetzung. Was die Hauptaufgaben betrifft, so steht bei allen vier Vertiefungsplänen die politische Bewusstseinsbildung an erster Stelle. Eine weitere wichtige Aufgabe für Islam, Katholizismus und Protestantismus ist der Aufbau eines sinisierten theologischen bzw. koranwissenschaftlichen Denkens. Alle vier Pläne haben außerdem einen Punkt zur Ausbildung des religiösen Personals. Im katholischen Plan kommt gleich an zweiter Stelle der Punkt „Ein System kirchlicher Organisation mit chinesischen Besonderheiten formen“. Der Plan zur Vertiefung der Sinisierung des Protestantismus ist der umfangreichste; er enthält zusätzlich eine Ausarbeitung von Themenschwerpunkten für jedes der fünf Jahre.
Carsten T. Vala verglich in ChinaSource Blog den neuen Sinisierungs-Fünfjahresplan der Protestanten von 2023 mit dem alten von 2018 und schrieb: „Die wichtigste Schlussfolgerung ist, dass TSPM/CCC jetzt viel mehr Wert auf politische Loyalität gegenüber der Kommunistischen Partei Chinas legt und vergleichsweise weniger Wert auf traditionelle christliche Ideen.“ Als Konsequenzen vermutet er, dass theologische Gegensätze innerhalb der Kirchen sich verschärfen werden und dass ein stark an die Parteilinie angepasstes Christentum in der Gesellschaft an Attraktivität verlieren könnte.
Daten (soweit bekannt; alle 2023) der Verabschiedung / Veröffentlichung der „Vertiefungspläne“ und Links zum Text: Protestantismus 19.12. / 21.12., www.ccctspm.org/cppccinfo/17230; Katholizismus 14.12. / 25.12., www.chinacatholic.cn/html/report/23120485-1.htm; Islam ? / 11.12., www.sxyslj.com/news_content.php?id=1299; Daoismus ? / 13.12., www.taoist.org.cn/showInfoContent.do?id=9516&p=‘p‘; Buddhismus 25.–26.10. / ? ; ChinaSource Blog 3.04.2024. kwt
8. November 2023:
Bitter Winter berichtet über Elternbrief einer Mittelschule in Yushu (Qinghai): Eltern müssen Kinder dazu erziehen, nicht an eine Religion zu glauben
Wie die Website berichtete, verschickte die Zweite ethnische Mittelschule der Stadt Yushu im Autonomen Bezirk Yushu der Tibeter, Provinz Qinghai, einen auf 4. September 2023 datierten „Brief an die Familienvorstände“. Er enthält die Aufforderung, Kinder von Religion fernzuhalten. „Es ist die Pflicht der Schulen und Eltern, Minderjährige dazu zu erziehen, dass sie nicht an eine Religion glauben dürfen“, heißt es in dem Brief. „Es ist eine rechtswidrige Handlung, anzuleiten, zu unterstützen, zu erlauben oder zu dulden, dass Minderjährige an eine Religion glauben oder an religiösen Aktivitäten teilnehmen.“ Der Wortlaut des Briefs (in chinesischer Sprache) ist nahezu identisch mit dem am 25. Januar 2021 auf der Website der Erziehungsbehörde des Kreises Kaijiang in Sichuan veröffentlichten Elternschreiben, es handelt sich also um eine Art Musterbrief; ähnliche Briefe sind in den letzten Jahren aus verschiedenen Orten Chinas bekannt geworden. Argumente sind u.a., dass Minderjährige „die Zukunft des Vaterlands“ seien, dass die Verfassung (Art. 36) und das Erziehungsgesetz die Trennung von Religion und Erziehung festlegen und dass das Fernhalten von Religion ein „gesundes Aufwachsen“ der Minderjährigen garantiere. Bitter Winter gibt keine Quelle an, vermutlich hat es den Brief dem Mikroblog der Marxismusforscherin Xi Wuyi 习五一 entnommen. Diese bringt ein Foto des Elternbriefs von Yushu und urteilt: „Dass Minderjährige keine Religion ausüben dürfen, ist eine Umsetzung des Prinzips der #Trennung von Erziehung und Religion# [#教育与宗教相分离#] des nationalen Erziehungsgesetzes!“ Ein Leserkommentar unter Xi Wuyis Post lautete: „So einen Brief sollte es an allen Schulen in China geben, und zwar jedes Semester“, ein anderer: „Da gibt es noch ein Problem: die Reinkarnationen Lebender Buddhas sind minderjährig!“ (bitterwinter.org 8.11.; https://m.weibo.cn/detail/4952021142341296 [Mikroblog Xi Wuyi], 1.10.)
Zur Einschränkung der Religionsausübung Minderjähriger siehe China heute 2021, Nr. 4, Informationen, dort auch der Elternbrief von Kaijiang. kwt
8. Oktober 2023:
Chinesische daoistische Vereinigung CDV und Daoistische Vereinigung Russlands (DVR) halten gemeinsamen Online-Kurs über daoistische Kultur
An dem 6-stündigen Kurs nahmen fast 150 am Daoismus Interessierte aus verschiedenen russischen Städten teil. Der Vorsitzende der CDV, Li Guangfu 李光富, die Vizevorsitzenden Meng Zhiling 孟至岭 und Zhang Gaodeng 张高澄 sowie der Generalsekretär Li Hanying 李寒颖 führten in verschiedene Aspekte der daoistischen Lehre und Praxis ein. Es sprach auch der Vorsitzende der DVR, Aleksei Alekseevich Khokhlov. Dem Bericht auf der Website der CDV zufolge pflegen die beiden Vereinigungen seit bald zehn Jahren freundschaftliche Beziehungen. Die DVR wurde 2014 gegründet (www.taoist.org.cn 11.10.; www.daoisms.com.cn 15.07.; Website der Daoist Association of Russia: www.daorussia.org/en). kwt
24.–28. November 2023:
Fast 300 Zhengyi-Daoisten aus Übersee erhalten die Ordination der „Verleihung der Register“
Die „Verleihung der Register“ (授箓) fand in der Himmelsmeister-Residenz im Longhu-Gebirge in der Provinz Jiangxi statt. Die neu ordinierten daoistischen Priester kamen aus Taiwan, Hongkong und Macau sowie aus Malaysia, Australien, Myanmar, Kanada, Großbritannien und Belarus. Vor der Registerverleihung wurden ihre Unterlagen überprüft. Die „Registerverleihungsaktivität“ – so der Bericht auf der Website der Chinesischen daoistischen Vereinigung (CDV) – wurde vom Nationalen Büro für religiöse Angelegenheiten genehmigt und von der CDV organisiert, unter Mitwirkung der daoistischen Vereinigungen der Provinz Jiangxi und des Longhu-Gebirges sowie der Himmelsmeister-Residenz.
Am gleichen Ort wurden wenig später, vom 30. November bis zum 7. Dezember, auch rund 400 einheimischen daoistischen Adepten aus 20 Provinzen, autonomen Gebieten und regierungsunmittelbaren Städten der VR China die ersten Register verliehen (初授箓) (taoist.org.cn 25.11.; 7.12.). kwt
12. Dezember 2023 / 30. Januar 2024 / 24. März 2024:
Weltföderation des Daoismus sucht nach Logo, enthüllt Schild in Beijing und hält erste Vorstandssitzung an Laozis Geburtstag
Während des 5. internationalen Daoismus-Forums vom 24. bis 25. September 2023 war die Weltföderation des Daoismus (World Federation of Daoism, 世界道教联合会) gegründet worden, mit 52 daoistischen Organisationen aus 20 Staaten und Gebieten als Gründungsmitgliedern (siehe China heute 2023, Nr. 3, Informationen). In den letzten Monaten wurde an ihrer konkreten Organisation gearbeitet. Am 12. Dezember rief die Weltföderation zur Einreichung von Vorschlägen für ein Logo auf, einzusenden bis 31. Dezember 2023 an die Chinesische daoistische Vereinigung (CDV). Die CDV ist der offizielle Dachverband des Daoismus in China, ihr Vorsitzender Li Guangfu ist zugleich auch Vorsitzender der Weltföderation. Am 30. Januar wurde in Beijing das „Schild“ der Weltföderation des Daoismus enthüllt, d.h. ihr Sitz eröffnet. Wie ein dem Bericht beigefügtes Foto zeigt, tragen die beiden Säulen, die den Eingang zum Sitz der CDV im Tempel der Weißen Wolken (Baiyunguan) in Beijing flankieren, nun links die Schriftzeichen der Weltföderation, rechts die der CDV.
Die erste Vorstandssitzung der Weltföderation des Daoismus fand am 24. März – dem Fest von Laozis Geburtstag – im Kreis Luyi in Henan statt, wo Laozi der Überlieferung nach geboren worden sein soll. Daoistische Persönlichkeiten aus 28 Ländern und Gebieten nahmen daran teil. Bei der Eröffnung war auch Chen Ruifeng, Vizeminister der Einheitsfrontabteilung und Leiter des Nationalen Büros für religiöse Angelegenheiten, anwesend. Die anwesenden Delegierten seien einhellig der Meinung gewesen, dass die Versammlung von in- und ausländischen Daoisten in der Heimat des Gründungs-Ahns sicherlich den Konsens des Denkens der daoistischen Kreise in der ganzen Welt festigen werde – hieß es im Bericht auf der CDV-Website. Genannt wurde auch die Notwendigkeit, den internationalen Einfluss der daoistischen Kultur zu steigern (Berichte auf der Website der CDV: www.taoist.org.cn 12.12.2023; 31.01.; 25.03.2024; Zhongguowang 26.02.2024). kwt
25. Oktober 2023:
Chinesische buddhistische Vereinigung (CBV) feiert 70-jähriges Bestehen
Die Gedenkfeier aus diesem Anlass fand in Beijing statt. Am gleichen Tag empfing Wang Huning, der Vorsitzende der Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes, führende Vertreter der CBV. Er ermahnte die Buddhisten, das Xi Jinping-Denken zum Sozialismus chinesischer Prägung im neuen Zeitalter sowie Xis wichtige Ausführungen zur Religionsarbeit tiefer zu studieren und die Anhänger des Buddhismus zu Beiträgen für die Verwirklichung des Chinesischen Traums zusammenzuschließen.
Laut einem Text, der aus Anlass des Jubiläums über das WeChat-Konto der Einheitsfrontabteilung der KP verbreitet wurde, fand die Gründungsversammlung der CBV vom 30. Mai bis 3. Juni 1953 im Guangji-Tempel in Beijing statt. Der Beitrag zitiert Zhao Puchu 赵朴初 (1907–2000), der die CBV von den 1950er Jahren bis zu seinem Tod führte, mit den Worten: „Ein nationales buddhistisches Gremium wie dieses, das von Buddhisten aus allen Regionen, Nationalitäten und Schulrichtungen des Landes initiiert, mitgetragen und organisiert wird, hatte es in der Geschichte unseres Landes noch nie gegeben.“ Die Gründung der CBV zeige die Einigkeit der Buddhisten des Neuen China, ihren Eifer für die Verbreitung des Dharma und ihren gemeinsamen Wunsch, sich für Staat und Weltfrieden einzusetzen – so das Zhao-Zitat (Xinhua 25.10.; Tongzhan xinyu nach chinabuddhism.com 25.10.). kwt
4. November 2023:
Offizieller Panchen Lama ordiniert erstmals Mönche im Kloster Tashi Lhunpo
Das Kloster Tashi Lhunpo in Shigatse ist der traditionelle Sitz der Panchen Lamas. Die feierliche Ordination von 28 jungen Mönchen des Klosters durch den offiziellen, von China eingesetzten Panchen Lama wird in den chinesischen Medien ausführlich und mit vielen Bildern beschrieben. Die Ordination zeige, so ein Kommentar der staatlichen Website Zhongguo Xizang wang (tibet.cn), dass der Panchen die Fähigkeit besitze, Schüler anzunehmen und zu ordinieren. Dies sei ein Zeichen dafür, dass die Dharma-Errungenschaften und der religiöse Status des Panchen weiter gestiegen seien. Die erfolgreiche Ordinationszeremonie unterstreiche auch das Ansehen des Panchen in der religiösen Gemeinschaft, so die Website. Bitter Winter zufolge würden jedoch nur wenige Tibeter freiwillig an den Zeremonien des offiziellen Panchen teilnehmen (bitterwinter.org 21.11.; tibet.cn 7.11.).
1995 entführte die chinesische Regierung die vom Dalai Lama anerkannte Reinkarnation des 10. Panchen Lama und setzte einen eigenen 11. Panchen ein. Die Panchen Lamas gelten als zweithöchste geistliche Autorität der Gelug-Schule des tibetischen Buddhismus nach dem Dalai Lama und spielen eine wichtige Rolle bei der Identifizierung von dessen Reinkarnation. kwt
9.–10. November 2023:
„Konferenz 2023 über die Interpretation der Lehren des tibetischen Buddhismus“ in Beijing
Die Chinesische Akademie für höhere Studien des tibetischen Buddhismus und das China Tibetology Research Center (Letzteres ein staatlicher Think Tank) veranstalteten die Tagung. Sie trug den Titel „Auf die Anforderungen der Zeit antworten, die richtige Rolle finden – umfassende und strikte Lenkung der Religionen und neuer Glücksfall des neuen Zeitalters für den tibetischen Buddhismus“. Wie es im vom WeChat-Konto der Einheitsfrontabteilung der Partei verbreiteten Konferenzbericht hieß, kamen die Konferenzteilnehmer bezüglich der künftigen Auslegung der Lehren des tibetischen Buddhismus (藏传佛教教义阐释) zu folgendem Konsens: „Historisch betrachtet ist der tibetische Buddhismus ein Produkt der Sinisierung des Buddhismus; praktisch betrachtet ist die Sinisierung des tibetischen Buddhismus ein fortlaufender, ununterbrochener Prozess.“ Sinisierte Religionen müssten eine sinisierte, von den sozialistischen Kernwerten angeleitete Auslegung ihrer Lehren und Regeln anwenden. Der tibetisch-buddhistische Sangha müsse zum Gemeinschaftsbewusstsein der chinesischen Nation erzogen werden. Die Lehrauslegungsarbeit werde hauptsächlich von den Buddhistischen Akademien durchgeführt und die Ergebnisse ihrer Arbeit dann auf den gemeinsamen Konferenzen der Chinesischen Akademie für höhere Studien des tibetischen Buddhismus und des China Tibetology Research Center konzentriert. Seit Beginn dieser Konferenzen im Jahr 2011 seien bereits über zehn Bände von Lehrinterpretationen in tibetischer und chinesischer Sprache veröffentlicht worden, die Einzug in Unterrichtsräume und Tempel gehalten hätten. Vorgeschlagen wurde auch eine Verbreitung der neuen Lehrauslegungen durch Comics und Animationen sowie in der „gemeinsamen Landessprache“ (www.tibetology.ac.cn/2023-11/15/content_42595167.htm). kwt
10. November 2023:
Staatsrat der VR China veröffentlicht Tibet-Weißbuch „CPC Policies on the Governance of Xizang in the New Era: Approach and Achievements“
Kapitel III „Solid Progress in Ethnic and Religious Undertakings“ des Dokuments enthält den Punkt „Die Freiheit des religiösen Glaubens wird voll garantiert“. Im Autonomen Gebiet Tibet gebe es über 1.700 Stätten für religiöse Aktivitäten des tibetischen Buddhismus, etwa 46.000 buddhistische Mönche und Nonnen, vier Moscheen und rund 12.000 Muslime sowie eine katholische Kirche mit 700 Gläubigen, heißt es dort. 2007 habe der Staat „Verwaltungsmaßnahmen für die Reinkarnation Lebender Buddhas des tibetischen Buddhismus“ erlassen. Darin sei festgelegt, dass Reinkarnationen Lebender Buddhas, einschließlich hoher Reinkarnationen wie der Dalai und der Panchen Lamas, innerhalb Chinas gesucht werden müssten [was in den Verwaltungsmaßnahmen nicht explizit steht], durch das Los aus der Goldenen Urne identifiziert und durch die [chinesische] Zentralregierung approbiert werden müssten. Bis Ende 2022 seien 93 Lebende Buddhas approbiert worden. Man erfährt aus dem Weißbuch, dass es „Durchführungsbestimmungen des Autonomen Gebiets Tibet zu den ‚Verwaltungsmaßnahmen für die Reinkarnation Lebender Buddhas des tibetischen Buddhismus‘“ (西藏自治区“藏传佛教活佛转世管理办法”实施细则) gibt. Der Staat stelle jährlich über 26 Mio. RMB für Kranken- und Rentenversicherung und Beihilfen zum Lebensunterhalt für registrierte Mönche und Nonnen zur Verfügung, so das Weißbuch weiter. Die Infrastruktur von Klöstern und Tempeln sei verbessert worden. Es seien zudem die Studien zum tibetischen Buddhismus und die Ausbildung von Talenten verstärkt worden. Hier nennt das Dokument auch die Bemühungen zur Interpretation der Lehren des tibetischen Buddhismus (vgl. hierzu den vorangegangenen Eintrag). Die englische Version des Weißbuchs (vollständiger Text unter www.scio.gov.cn/zfbps/zfbps_2279/202311/t20231110_778528.html) benutzt durchgehend die chinesische Bezeichnung „Xizang“ statt „Tibet.“ kwt
26. November 2023:
Sixth Tone: Wenshu-Kloster in Chengdu propagiert Vegetarismus für Besucher
Liu Shuman, „eine vegetarisch lebende Bloggerin, Köchin und PhD-Kandidatin an der Chinese University of Hong Kong“, berichtet am 26. November in Sixth Tone in einem längeren Essay über die Förderung eines vegetarischen Lebensstils seitens buddhistischer Klöster. Im Wenshu-Kloster bieten die Mönche seit 2018 jeden Samstagabend Besuchern aller Glaubensrichtungen einen Platz an ihrem Tisch mit einem üppigen, aber kostenlosen Angebot an Dutzenden von vegetarischen Speisen. Im Einklang mit den Lehren des Buddhismus sind alle Gerichte streng vegetarisch und werden ohne die „fünf Scharfstoffe“ oder wuxin 五辛, wie Zwiebel, Knoblauch und Schnittlauch, zubereitet. Seit 2009 gibt es im Kloster zudem kostenlose vegetarische Kochkurse, in denen auch die wöchentlichen Mahlzeiten vorbereitet werden. Dabei spiele nicht nur das Meditative, sondern auch die Form der zubereiteten Gerichte eine entscheidende Rolle. Im Laufe der Jahrhunderte habe sich der klösterliche Vegetarismus zu einer eigenständigen kulinarischen Kunstform entwickelt, so Sixth Tone. Die kulinarische Kultur nehme in Klöstern wie Wenshu zwei Formen an. Zum einen gebe es einfache Reis- und Gemüserezepte für den täglichen Speiseplan der Mönche, zum anderen vegetarische Köstlichkeiten, die wesentlich komplizierter in der Zubereitung und aufwändiger in der Präsentation seien. Diese würden nicht den Mönchen, sondern Besuchern und Wohltätern serviert, in der Regel in einer vom Tempel betriebenen Kantine, aber auch zu besonderen Anlässen wie einer Gedenkfeier für einen Spender des Tempels. Dies spiegle sich auch in den Kochkursen wider. Das halbjährige Vollzeit-Ausbildungsprogramm verspreche, den Schülern mehr als 100 „Standard-Zen-Klostergerichte“ beizubringen. Die Popularisierung des buddhistischen Vegetarismus sei eine Möglichkeit, den Buddhismus verständlicher und zugänglicher zu machen. Die Idee sei, den Schülern zu zeigen, dass die buddhistische Philosophie auch in den banalsten Dingen zu finden sei, wie z.B. dem Schneiden von Kartoffeln. Obwohl es in jedem anderen Kontext absurd wäre, zwei Stunden damit zu verbringen, eine Kartoffel zu schneiden, helfe es den Schülern im Klassenzimmer, in einen Zustand der Ruhe und Achtsamkeit zu gelangen. Im Einklang mit der etwa tausend Jahre alten Tradition, dass Mönche ihre Mahlzeiten durch tägliche Arbeit verdienen müssen, müssten die Schüler auch freiwillige Arbeiten im Kloster verrichten, wie zum Beispiel das Kopieren von Sutren (Sixth Tone 26.11.). kf
4. Dezember 2023:
Gemeinsame Erklärung der beiden rivalisierenden Inkarnationen des Karmapa zur Reinkarnation des Shamarpa
Der Shamarpa ist eine wichtige Inkarnationslinie der Karma-Kagyu-Schule des tibetischen Buddhismus, deren Oberhaupt der Karmapa ist. Der 14. Shamarpa starb 2014. Für den aktuellen 17. Karmapa Lama wiederum wurde von unterschiedlichen hochrangigen Lamas der Linie jeweils ein anderer Knabe als Reinkarnation bestätigt. Der Karmapa Trinley Thaye Dorje, geb. 1983, wurde von dem 14. Shamarpa bestätigt; er kam schon als Kind nach Indien und wurde dort ausgebildet. Der Karmapa Ogyen Trinley Dorje, geb. 1985, ist auch vom Dalai Lama (der allerdings das Oberhaupt einer anderen Schule, der Gelugpa, ist) und der chinesischen Regierung anerkannt. Er wurde in der VR China unter Regierungsaufsicht ausgebildet und floh Ende Dezember 1999 nach Indien. Bereits am 11. Oktober 2018 bekundeten die beiden Karmapas in einer gemeinsamen Absichtserklärung, dass sie die Spaltung der Karma-Kagyu-Linie überwinden wollten (siehe China heute 2018, Nr. 4, Chronik, Buddhismus, 11. Oktober 2018). In ihrer neuesten gemeinsamen Erklärung tun sie nun kund, dass ihnen beiden die Verantwortung für die Anerkennung des nächsten Shamarpa zufalle. Sie erklären, dass, erstens, die Anerkennung der Reinkarnation des Shamar Rinpoche „eine gemeinsame Bemühung von uns beiden“ sein werde. „Keiner von uns wird es separat tun.“ Zweitens erklären sie, dass sie gemeinsam die Verantwortung für die Ausbildung, Ermächtigung etc. des künftigen Shamarpa übernehmen werden. Drittens erklären sie, dass sie „keinerlei Einmischung von irgendeiner unbeteiligten Seite akzeptieren“ werden. Zum Schluss schreiben sie, dass Dispute und Schismen innerhalb der Karma Kagyu ein Undienst an den Vorgängern seien und nur zur Zerstörung der eigenen Linie führen würden. Alle Anhänger sollten in tiefem Bedauern für ihre früheren Handlungen bestimmte Mantras und Sutren rezitieren. Wir sollten fest entschlossen sein, dass unsere Linie nie wieder in zwei Fraktionen gespalten wird und dass es nie wieder Dispute bezüglich der Reinkarnationen von Kagyu-Meistern geben wird, so die beiden Karmapas in ihrer Erklärung (Text u.a. unter www.karmapa.org/a-joint-statement-regarding-the-reincarnation-of-kunzig-shamar-rinpoche).
Die beiden Karmapas haben sich inzwischen nach eigener Aussage mehrfach getroffen. Es gibt jedoch auch Probleme: Wie Buddhistdoor Global berichtete, gibt es Anschuldigungen wegen sexuellen Missbrauchs gegen Karmapa Ogyen Trinley Dorje; zwei Buddhismusforscherinnen richteten deshalb 2022 die Website „Healing our Sanghas“ ein (Buddhistdoor Global 24.05.2021; 2.11.2022; 5.12.2023).
Karmapa Trinley Thaye Dorje heiratete 2017 und beendete damit sein Mönchtum; damals erklärte er öffentlich, dass er seine Rolle und seine Aufgaben als Karmapa auch nach seiner Heirat weiter ausüben werde, ausgenommen Ordinationen. Seiner Website zufolge war auch der 15. Karmapa verheiratet (karmapa.org 29.03.2017). kwt
ab 18. Dezember 2023:
Buddhisten spenden für Erdbebenopfer in Gansu
Nach dem schweren Erdbeben im Kreis Jishishan, Bezirk Linxia in der Provinz Gansu am 18. Dezember 2023, das 6,2 auf der Erdbebenskala erreichte, spendeten auch buddhistische Tempel, Vereinigungen, Stiftungen und Gläubige für die Erdbebenopfer. Die Website der Chinesischen buddhistischen Vereinigung stellte zwischen 22. und 27. Dezember Meldungen mit Spendensummen nach Provinzen ein. Die Summen sind nicht ganz vergleichbar, weil der Stichtag jeweils ein anderer war. Demnach spendeten die buddhistischen Kreise folgende Summen (Angaben in RMB; 1 Mio. RMB sind knapp 130.000 Euro): Provinz Jilin 300.000; Provinz Jiangsu 5,1 Mio.; Metropole Chengdu 1,22 Mio.; Provinz Hubei 780.000; Metropole Tianjin 2,746 Mio.; Provinz Heilongjiang 700.000; Metropole Beijing 1 Mio.; Provinz Guangxi 815.700; Provinz Hunan 720.000; Provinz Guangdong 1,3 Mio.; Metropole Chongqing 662.268; Provinz Guizhou 583.020; Provinz Sichuan 2,24 Mio.; Innere Mongolei 589.300; Provinz Jiangxi 1,062 Mio. Das sind insgesamt 20,8 Mio. RMB (rund 2,7 Mio. Euro), wobei die genannten Gebiete etwa die Hälfte der Provinzen/autonomen Gebiete/regierungsunmittelbaren Städte Festlandchinas ausmachen. Sachspenden sind in der Summe noch nicht enthalten. Am 20. Dezember, also kurz nach dem Erdbeben, nannte die CBV-Website bereits Spenden verschiedener buddhistischer Tempel und Vereinigungen im ganzen Land von insgesamt 8,45 Mio. RMB, wobei einzelne große Tempel wie der Jadebuddha-Tempel in Shanghai oder das Lingyin-Kloster in Hangzhou jeweils 1 Mio. RMB spendeten. Dies zeigt erneut die vergleichsweise große Finanzkraft des Buddhismus unter den fünf Religionen Chinas (www.chinabuddhism.com.cn 20.,22.,23.,24.,25.,26.,27. 12.2023 [jeweils mehrere Meldungen an einem Tag]). kwt
26. Dezember 2023:
Chinesische buddhistische Leitungsgremien halten „Jahreskonferenz 2023 zum Aufbau des Denkens des humanistischen Buddhismus“
Thema der diesjährigen Konferenz war „Digitalisierung buddhistischer Schriften aus der Perspektive des humanistischen Buddhismus“. Forscher stellten verschiedene Digitalisierungsvorhaben im buddhistischen Bereich vor. Der seitens der Religionspolitik stark geförderte „humanistische Buddhismus“ scheint dabei nur am Rande eine Rolle gespielt zu haben (www.chinabuddhism.com.cn 29.12.2023).
Das Thema der Digitalisierung wurde beim Austausch über „humanistischen Buddhismus“ auf beiden Seiten der Taiwanstraße wieder aufgegriffen (siehe Eintrag vom 24. März 2024). kwt
22. November 2023:
Human Rights Watch veröffentlicht Bericht über „Politik der Moscheekonsolidierung“ in Ningxia und Gansu
In den nordwestchinesischen Provinzen Ningxia und Gansu reduziert die chinesische Regierung stark die Zahl der Moscheen – heißt es in dem Bericht „China: Mosques Shuttered, Razed, Altered in Muslim Areas. Curbing Islam via ‚Consolidation‘ Policy in Ningxia, Gansu Provinces“, den die in New York ansässige Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) am 22. November veröffentlichte. In Ningxia und Gansu leben viele Hui-Muslime, die Zahl der Moscheen ist dort besonders hoch. Nach von HRW zitierten Angaben der Chinesischen islamischen Vereinigung gab es 2015 in ganz China 39.019 Moscheen, davon 24.100 in Xinjiang, 4.606 in Gansu und 4.203 in Ningxia. Im Zuge einer Politik der „Moscheekonsolidierung“ haben die Behörden laut HRW viele dieser Moscheen entwidmet, geschlossen, zerstört oder zu säkulärem Gebrauch konvertiert.
Diese Politik führt HRW auf ein vom Zentralkomitee der KP Chinas und vom Staatsrat am 19. April 2018 herausgegebenes internes Dokument (2018, Nr. 24) mit dem Titel „Ansichten zur Verstärkung und Verbesserung der Islam-Arbeit in der neuen Situation“ (关于加强和改造新形势下伊斯兰教工作意见) zurück. Dieses Dokument, das dem HRW-Bericht als Link beigefügt ist, wurde 2019 durch das Leak der „Xinjiang Papers“ international bekannt. Es enthält Anweisung, dass in den westlichen Gebieten der VR China „grundsätzlich keine neuen [islamischen] religiösen Stätten mehr gebaut werden dürfen“, außer bei Umsiedlungsprojekten [von Bevölkerung aus Armutsgebieten in andere Teile der Provinz]. Bei Umsiedlungen sollen Moscheen in die Stadt- und Dorfplanung aufgenommen werden, aber nach dem Prinzip „viel abreißen und wenig bauen“ und „konsolidiert Moscheen bauen“, ihre Zahl solle „heruntergedrückt“ werden, und es dürften keine Moscheen oder vorläufigen religiösen Stätten nur für eine Ethnie oder eine bestimmte religiöse Gruppierung gebaut werden (Dokument Punkt III.7.). [Dazu ist anzumerken, dass der Islam gerade im Nordwesten Chinas außerordentlich vielfältig ist: Neben der ältesten islamischen Schule der Gedimu (Qadim) und der Yihewani (Ikhwani)-Bewegung gibt es mehrere große Sufi-Orden mit jeweils zahlreichen Untergruppen.] HRW schreibt, oft würden bei Umsiedlungen (bzw. Wiederansiedlungen) mehrere Dörfer zu einem Ort „konsolidiert“ und dabei die Zahl der Moscheen reduziert. Diese Politik heißt 合坊并寺, 合村并寺 oder 合坊建寺 – also etwa „Dörfer vereinen und Moscheen zusammenlegen“. Die Regierung argumentiere, dass die verschiedenen islamischen Denominationen, wenn sie eine Stätte teilen müssten, lernen würden, „harmonischer“ und „einiger“ zu werden – heißt es in dem HRW-Bericht. HRW fand viele Meldungen chinesischer Behörden über Moscheekonsolidierungen, aber nur wenige, die konkrete Zahlen enthielten. Folgende Beispiele aus Ningxia werden in dem HRW-Bericht zitiert:
– In der Stadt Zhongwei wurden im Jahr 2019 nach Angaben der Behörden „214 Moscheen umgeändert [整改], 58 Moscheen konsolidiert [合坊并寺] und 37 nicht legal registrierte Moscheen geschlossen“. Nach einem offiziellen Moscheeverzeichnis Ningxias hatte im Jahr 2009 Zhongwei 852 Moscheen.
– Die Regierung der Stadt Qingtongxia meldete 2020, dass sie 6 Moscheen zusammengelegt habe; 2009 hatte sie 69 Moscheen.
– Nach Behördenangaben wurden in der Großgemeinde Jingui im Jahr 2021 „über 130 Lokalitäten mit islamischen Architekturelementen gründlich rektifiziert“.
– In der Großgemeinde Baitugang, Stadt Lingwu, wurden nach Behördenangaben 2021 „fünf Moscheen konsolidiert“.
Anhand von online geposteten Fotos und Videos sowie von Satellitenbildern zeigt der HRW-Bericht außerdem für zwei Dörfer in Ningxia detailliert die Änderungen und Zerstörungen der Moscheen auf.
HRW konnte keine Gesamtzahl der betroffenen Moscheen ermitteln. In dem Bericht wird aber darauf hingewiesen, dass die Hui-Forscher Hannah Theaker (University of Plymouth) und David Stroup (University of Manchester) in einer demnächst erscheinenden Studie schätzen, dass seit dem Jahr 2020 ein Drittel aller registrierten Moscheen in Ningxia geschlossen worden sei (Bericht von HRW: www.hrw.org/news/2023/11/22/china-mosques-shuttered-razed-altered-muslim-areas; „Ansichten zur Verstärkung und Verbesserung der Islam-Arbeit in der neuen Situation“ von 2018 nach https://uyghurtribunal.com/wp-content/uploads/2021/11/Transcript-Document-10.pdf; The Guardian 22.11.). kwt
20./21. Dezember 2023:
11. Nationalversammlung der Vertreter des chinesischen Protestantismus tagt in Beijng
Am 20. und 21. Dezember 2023 fand pünktlich fünf Jahre nach der letzten Nationalversammlung die 11. Nationalversammlung der protestantischen Dachorganisationen Chinesischer Christenrat (CCC) und Patriotische Drei-Selbst-Bewegung (TSPM) statt, mit mehr als 300 Delegierten aus dem ganzen Land. TSPM-Vorsitzender Pastor Xu Xiaohong wurde in seinem Amt für weitere fünf Jahre bestätigt, ebenso Herr Gu Mengfei als Generalsekretär; auch CCC-Präsident Pastor Wu Wei bleibt für eine zweite Amtszeit an der Spitze des Christenrates. Als Vizepräsidentin mit Residenz im nationalen Büro wurde Pastorin Lin Manhong neu gewählt. Sie löst damit Pastor Kan Baoping ab, der in den Ruhestand geht. Am 19. Dezember hatte sich bereits der ständige Ausschuss von CCC/TSPM mit 84 Personen in Beijing getroffen, um den neuen Fünfjahresplan für 2023-2027 zur Kenntnis zu nehmen und die Agenda für die Nationalversammlung zu verabschieden. Pastor Kan erläuterte dort Modifizierungen in den Verfassungen beider Dachverbände. Die Nationalversammlung stand unter dem Motto der kontinuierlichen Fortführung der Sinisierung des chinesischen Christentums und der Anpassung der Kirche an die sozialistische Gesellschaft.
Ein Treffen des neu gewählten Leitungsgremiums von CCC und TSPM mit dem Vorsitzenden des Nationalkomitees der Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes, Wang Huning, schloss sich an die Nationalversammlung an. Die Teilnehmenden wurden bei der Gelegenheit ermutigt, einen Beitrag zur großen Erneuerung der chinesischen Nation zu leisten (www.ccctspm.org/cppccinfo/10283; http://en.cppcc.gov.cn/2023-12/25/c_950286.htm).
Isabel Friemann, China InfoStelle
25. Oktober 2023:
Buch mit Zeugnissen chinesischer LGBTQ-Katholiken an Papst Franziskus übergeben
Vertreterinnen und Vertreter des Global Network of Rainbow Catholics (G.N.R.C.) hatten bei ihrem Treffen mit dem Papst im Vatikan unter anderem ein Exemplar des 2022 erschienenen Buches Blessed Are Those Who Mourn: Chinese Tongzhi Catholics’ Tales als Geschenk dabei. Es ist die englische Ausgabe von 願你的唇吻我 (veröffentlicht 2018), einer Sammlung von Zeugnissen chinesischer LGBTQ-Katholiken in Festlandchina, Hongkong, Macau, Taiwan und in der chinesischen Diaspora (Malaysia). Der Herausgeber ist Eros Shaw 愛若, ein junger homosexueller Katholik aus Festlandchina, der zusammen mit dem Seminaristen Xiao Bei 小贝 die China Catholic Rainbow Community 天主彩虹团体 ins Leben rief. In einem Text aus dem Jahr 2017 auf der Website des G.N.R.C. berichtet Eros Shaw Folgendes: Die China Catholic Rainbow Community entstand um 2013 aus der 2009 in Beijing gegründeten ökumenischen China Rainbow Witness Fellowship 彩虹见证团契. Sie bietet Beratung und geistliche Begleitung für katholische Gläubige, die LGBTQ sind. Mitglieder versammeln sich regelmäßig zu Gottesdiensten, es gibt auch eine Katechumenatsgruppe. Treffen mit bis zu 90 Mitgliedern der Community in einem von einem Pfarrer zur Verfügung gestellten Kirchenraum in Shanghai endeten nach einigen Monaten, nachdem eine katholische Gruppe in den sozialen Medien extrem negativ darauf reagiert hatte. Die Community setzte aber ihre Arbeit fort. Einige wenige Priester, Seminaristen und Ordensfrauen begleiten freiwillig die Gruppen, die es in verschiedenen chinesischen Städten gibt. Eros Shaw schätzt, dass unter den 12,5 Mio. Katholikinnen und Katholiken Festlandchinas mindestens 200.000 LGBTQ sind. „Es gibt in China viele Internetplattformen (Weibo, WeChat, QQ, Websites) für homosexuelle Christen, aber diese richten sind meistens an Protestanten, während wir eine der wenigen sind, die für homosexuelle Katholiken da sind“, schrieb er 2017. Im Oktober 2015 nahm Eros Shaw als Vertreter der China Catholic Rainbow Community an der Gründung des weltweiten Netzwerks G.N.R.C. in Rom teil (https://outreach.faith/2023/10/pope-francis-shows-support-to-lgbtq-catholic-groups-as-synod-meets/ [mit Foto des Buchs]; www.riwayat.my/chinese-tongzhi-catholics-tales-blessed-are-those-who-mourn [Buch-Information]; https://rainbowcatholics.org/gay-catholics-in-mainland-china/ [Bericht Eros Shaw 2017]; UCAN 3.11.2016; private Quelle). kwt
28. Oktober 2023:
Dating-Event für ledige junge Katholikinnen und Katholiken in Hangzhou
Im Zuge des schnellen Wachstums Hangzhous kommen auch zahlreiche junge Katholiken allein in die Stadt, um zu studieren, ein Unternehmen zu gründen oder Arbeit zu suchen – heißt es in einem Bericht auf der chinesischen katholischen Website Xinde (Faith). Ihre Eltern zu Hause machen sich Sorgen um die Verheiratung ihrer Kinder, und auch für die Kirche ist die Partnersuche der alleinstehenden katholischen jungen Frauen und Männer ein wichtiges Thema. Deshalb organisierte die Nazareth-Familie und die Jugendgruppe der Pfarrei Hangzhou auf Initiative von Pfarrer Zheng Jiamao das zweiteilige Dating-Event, an dem insgesamt 120 junge Leute teilnahmen. Auf einen Einführungstag am 10. September folgte eine Outdoor-Aktivität am 28. Oktober. Durch Austausch, Spiele und Szenarien konnten die jungen Leute sich kennenlernen. Auch über das Verständnis von Ehe und Familie wurde gesprochen. Außerdem wurde eine Datenbank mit alleinstehenden jungen Männern und Frauen in der Pfarrei angelegt, und es wurden Möglichkeiten für späteres vertieftes Kennenlernen durch Essensgutscheine, Kinogutscheine, Verabredungsgutscheine usw. geschaffen (xinde.org 30.10.). kwt
6.–15. November 2023:
Kommission für Liturgie, sakrale Musik und Kunst besucht Kirche in Hunan und Jiangxi – betreffend einheitliches Brevier und Gesangbuch
Die Kommission für Liturgie, sakrale Musik und Kunst ist eine Fachkommission der offiziellen katholischen Leitungsgremien, Chinesische katholische patriotische Vereinigung und Bischofskonferenz. Bei dem Besuch ging es um die Umsetzung eines ein Jahr alten Beschlusses der katholischen Leitungsgremien, nämlich landesweit einheitliche katholische Gesang- und Gebetbücher zu erstellen (siehe China heute 2022, Nr. 4, Chronik, Katholische Kirche, 8. November 2022). Das Forschungsteam wurde von den Bischöfen Liu Xinhong und Cui Qingqi, den Leitern der Kommission, angeführt. Das Team stellte den Kirchen in beiden Provinzen die Arbeit an der „Vereinheitlichung und Standardisierung“ des „Stundenbuchs der heiligen Kirche“ (圣教日课) vor und erläuterte die Notwendigkeit eines einheitlichen Gesangbuchs (圣歌本), da es zu viele unterschiedliche Ausgaben gebe und die liturgischen Gesänge nicht standardisiert seien. Vertreter der Kirchen von Hunan und Jiangxi berichteten über die in den lokalen Gemeinden verwendeten Gesangs- und Stundenbücher. Priester Li Rongpin, Vizedirektor des Verlags Xinde (Faith Press) in Shijiazhuang, stellte verschiedene Entwürfe für das Stundenbuch vor und erkundigte sich nach der Meinung der Teilnehmer zur Gestaltung des Einbands, zum Seitenlayout und zum Aufbau. Im Bericht auf der Website der katholischen Leitungsgremien heißt es u.a., dass das Forschungsteam in Jiangxi von Bischof Li Suguang und „Weihbischof Peng Weizhao“ (dem früheren Untergrund-Bischof von Yujiang) willkommen geheißen wurde (www.chinacatholic.cn 17.11.). kwt
7.–8. November 2023:
„Erste Konferenz über die Sinisierung des Shanghaier Katholizismus: Geschichte und Perspektiven“
Hauptveranstalter der groß angelegten Konferenz war die Diözese Shanghai, Mitveranstalter die Shanghaier katholische patriotische Vereinigung, die Shanghaier katholische Kommission für kirchliche Angelegenheiten und die Catholic Intelli-gentsia Association von Shanghai. Im Bericht auf der Website der Diözese Shanghai werden diese vier Organe summarisch „三会一区“ (Drei Vereinigungen und Eine Diözese) genannt. 20 Experten aus 10 Forschungsstätten hielten Vorträge, rund 200 Priester, Schwestern und Laienführer nahmen an der Konferenz teil. In seiner Eröffnungsrede hob der Beijinger Bischof Li Shan, Vorsitzender der Chinesischen katholischen patriotischen Vereinigung, die lange Geschichte des Katholizismus in Shanghai und seine Verdienste für die kirchliche Entwicklung nach dem Beginn der Öffnungspolitik [d.h. nach der Kulturrevolution] hervor. Er sei eine „wichtige Front“ für die Sinisierung der Kirche. Chen Chang, Leiter der Shanghaier Religionsbehörde, erklärte, seit Bischof Shen Bin in Shanghai sei, habe die katholische Gemeinschaft Shanghais sich in vielversprechender Weise verändert und eine positive, aufwärtsstrebende geistige Verfassung entwickelt. Bischof Shen Bin wiederum sagte, die Geschichte lehre, dass allein das unerschütterliche Festhalten am Weg der Sinisierung, des Patriotismus sowie der Unabhängigkeit und Autonomie der katholischen Kirche Chinas eine erfolgreiche Zukunft bringen könne. Shen Bin ist auch Vorsitzender der offiziellen Chinesischen Bischofskonferenz. Die 20 Expertenvorträge behandelten neben den politischen Folgen der Veränderung der religiösen Weltlage (Xu Yihua, Fudan University) und verschiedenen theoretischen Aspekten der Sinisierung (Zhang Zhigang, Peking University, u.a.) auch konkrete katholische Vorbilder aus Shanghais Kirchengeschichte wie Xu Guangqi, Xu Zongze und Ma Xiangbo. Liu Guopeng (CASS) berichtete über päpstliche Dokumente zur Chinamission. Priester Fang Buke (Sheshan-Seminar) sprach über die acht Ideale der katholischen Erziehung, und Priester Gao Chaopeng (Dekan des Sheshan-Seminars) stellte die Arbeit des Guangqi-Sozialzentrums der Diözese vor (catholicsh.org 8.11. [2 Berichte]). kwt
16. November 2023:
Forum „Am Meer über das Dao sprechen“ in Shanghai zum Katholizismus
„Am Meer über das Dao sprechen“ (海上论道) ist ein Motto der Shanghaier Religionspolitik, unter dem schon mehrere Foren veranstaltet wurden (u.a. im September d.J. zur Sinisierung des Daoismus, siehe China heute 2023, Nr. 3, Chronik, Daoismus, 25.-26. Juli 2023). Das Forum zum Katholizismus war das vierte in dieser Reihe. Veranstalter waren das Nationale Büro für religiöse Angelegenheiten, Religionsbehörde und Einheitsfrontabteilung von Shanghai, Mitveranstalter die Shanghaier katholische patriotische Vereinigung, die Shanghaier katholische Kommission für kirchliche Angelegenheiten, die Diözese Shanghai und die Catholic Intelligentsia Association sowie die Einheitsfrontabteilung des Bezirks Xuhui. Deren Leiterin, Qin Liping, sagte lobend, seit dem Amtsantritt von Bischof Shenbin in Shanghai sei eine neue patriotische Seite in den Shanghaier „Drei Vereinigungen und Einer Diözese“ aufgeschlagen worden. Während des Forums stellten drei Priester und drei katholische Laien aus der Patriotischen Vereinigung unter dem Thema „Land und Kirche lieben und daraus handeln“ eigene Arbeits- und Glaubenserfahrungen vor. Anschließend äußerten sich drei Wissenschaftler zu diesen Aussagen. Wang Zhen vom Zentralinstitut für Sozialismus sah in ihnen den Ausdruck eines „neuen Klimas“ im Shanghaier Katholizismus. Wang erklärte, der Kern der Sinisierung der Religionen sei die Sinisierung der Menschen, das Entscheidende sei die Sinisierung des Denkens, der religiösen Lehren und Regeln. An dem Forum nahmen 120 Personen teil, darunter Priester, Schwestern und Laien der Diözese (catholicsh.org 18.11.). kwt
26. November 2023:
83 erwachsene Katechumenen werden in der Kathedrale von Shanghai getauft und gefirmt
Bischof Shen Bin leitete die Liturgie, unterstützt von den Priestern Gu Zhangjun, Xie Huimin und Wei Panwang. Rund zweitausend Gläubige nahmen an der Messe teil. Es war das Fest Christkönig. In seiner Predigt erklärte Bischof Shen, die Erfüllung des von Christus gegebenen Gebots der Liebe führe zur Erlösung, und eine der wirksamsten Methoden zur Erlösung sei, das Königtum Christi im Glauben anzuerkennen.
Die seit dem Amtsantritt von Shen Bin als Ortsbischof von Shanghai – von offizieller Seite eingesetzt am 4. April 2023, nachträgliche päpstliche Ernennung am 15. Juli 2023 – wieder aktivere Website des Bistums Shanghai hat in den letzten Monaten wiederholt größere Taufereignisse mit Firmung gemeldet: 34 Taufen am 2. Juli, 36 Taufen am 27. August (beide Male in der Kathedrale in Xujiahui) und 6 Taufen in der Pfarrei Datianlu am 1. Oktober (catholicsh.org nach xinde.org 4.07.; 29.08.; 7.10.; 28.11.). kwt
16., 24. Dezember 2023 / 2. Januar 2024:
Bishop Shao von Wenzhou wiederholt verschleppt
Wie auch schon in früheren Jahren im Umfeld von katholischen Festtagen wurde der 61-jährige Untergrundbischof Peter Shao Zhumin von Wenzhou, Provinz Zhejiang, kurz vor Weihnachten und dann erneut über die Weihnachtstage von den Behörden an einen anderen Ort gebracht, um zu verhindern, dass er die Weihnachtsliturgie feierte. Am 2. Januar wurde er erneut mitgenommen, nachdem er am 31. Dezember in einem offenen Brief dagegen protestiert hatte, dass im offiziellen Teil der Diözese ohne seine Zustimmung Pfarrer versetzt worden waren. Er wurde kurz danach wieder freigelassen. Bischof Shao wurde 2011 mit päpstlichem Mandat zum Koordjutorbischof von Wenzhou geweiht. 2016 trat er nach dem Tod des offiziellen Bischofs Vincent Zhu Weifang aus Sicht des Vatikans dessen Nachfolge an. Da er sich weigert, sich den offiziellen katholischen Gremien anzuschließen, wurde er bislang nicht von der Regierung anerkannt. Die Regierung betrachtet so weiterhin den Bischofssitz als vakant und hat Priester Ma Xianshi, Mitglied der Patriotischen Vereinigung, als Verwalter der Diözese eingesetzt. Zwischen ihm und Bischof Shao kommt es immer wieder zu Unstimmigkeiten (AsiaNews 3.01.2024, siehe auch China heute 2023, Nr. 1, Chronik, Katholische Kirche, 31. Januar 2023). kf
18. Dezember 2023:
Katholiken spenden für Erdbebenopfer in Gansu
Bei dem schweren Erdbeben in der Provinz Gansu am 18. Dezember 2023 mit der Stärke 6,2 starben 148 Menschen. Das Beben verursachte Schäden an Häusern, Straßen und anderer Infrastruktur. Die offizielle chinesische Bischofskonferenz und die nationale Patriotische Vereinigung beauftragten die katholische Hilfsorganisation Jinde Charities in Shijiazhuang/Hebei, im Namen der beiden Gremien die katholische Katastrophenhilfe zu organisieren. Bei den Gremien wurde ein Sonderspendenkonto eingerichtet. Viele chinesische Diözesen beteiligten sich mit Spenden für die erdbebengeschädigten Gebiete. Gemeindemitglieder der Kirche im Erdbebengebiet kamen nicht zu Schaden (Xinde 19.,22.,24.,27.12.2023; 5.01.2024). kf
28. Dezember 2023:
Erste „Null-Brautpreis“-Hochzeit in der Diözese Baoding
Bischof An Shuxin selbst traute das erste „Null-Brautpreis“ (零彩礼)-Paar der Diözese, hieß es ein einem auf Xinde veröffentlichten Bericht. Dem zuständigen Pfarrer zufolge beträgt der Brautpreis (彩礼) nach den örtlichen Gepflogenheiten in der Regel 180.000 Yuan (ca. 23.000 Euro), er kann aber auch 200.000 bis 300.000 Yuan erreichen. Die beiden katholisch erzogenen Brautleute erklärten, Glaubenserziehung und Ehevorbereitung hätten ihnen gezeigt, dass die Ehe kein Handel sei und dass Liebe nicht in Geld gemessen werden könne, sondern dass es wichtiger sei, den sakramentalen Charakter der Ehe zu leben. Die Entscheidung der beiden wurde dem Bericht zufolge von Klerus und Gläubigen der Diözese als vorbildlich begrüßt: „Dies ist ein Zeugnis des Glaubens. ... Und falls wir nicht die Möglichkeit haben, wie dieses junge Brautpaar zu handeln, so können wir doch wenigstens einen Brautpreis wählen, der unter dem üblichen liegt.“
In der Politik gibt es regelmäßig Bemühungen, gegen exorbitante Brautpreise vorzugehen. Das Problem wurde auch im „Dokument Nr. 1“ der chinesischen Führung vom 1. Januar 2024 erneut angesprochen. Die parteinahe Global Times (GT) berichtete 2023 mehrfach über die Brautpreisfrage und Pilotprojekte, dagegen vorzugehen. Besonders in armen ländlichen Gebieten sei der Brautpreis in die Höhe geschossen; ein von GT zitierter Wissenschaftler führte dies auf „übermäßigen Materialismus“, die extreme Kluft zwischen Arm und Reich und den Männerüberschuss vor allem auf dem Land zurück. Der ständig steigende Brautpreis lässt Männern aus ärmeren Regionen kaum eine Chance auf dem Heiratsmarkt. Eine jüngst von Sixth Tone zitierte Umfrage der Central China Normal University in 119 Dörfern in 26 Provinzen ergab, dass über 40% der älteren Junggesellen (ab 30 Jahre) Probleme haben, eine Frau zu finden; in den zentralchinesischen Provinzen sei dieses Problem besonders ausgeprägt (58%) (xinde.org 2.01.2024; GT 14.,27.02.2023; Sixth Tone 4.04.2024; Xinhua 3.02.2024). kwt
4.–29. Oktober 2023:
Bischofssynode im Vatikan: Chinesische Bischöfe reisen vorzeitig ab
An der Weltsynode „Für eine synodale Kirche – Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung“ im Vatikan vom 4.–29. Oktober 2023 nahmen zwei Bischöfe aus Festlandchina teil, die allerdings nach 12-tägiger Teilnahme vorzeitig wieder nach Beijing zurückreisten. Der vatikanische Kommunikationschef Paolo Ruffini bestätigte am 16. Oktober, dass die Bischöfe wegen „seelsorgerlicher Erfordernisse“ in ihren Bistümern nach China zurückkehrten. Die Abreise erfolgte offensichtlich einen Tag später. Am 21. September hatte der Vatikan bei einer Pressekonferenz am Vorabend des fünften Jahrestages der Unterzeichnung des sino-vatikanischen Abkommens über die Bischofsernennungen vom 22. September 2018 überraschend verlauten lassen, dass zwei Bischöfe aus China als offizielle Delegierte an der bevorstehenden Weltsynode teilnehmen würden: Bischof Anton Yao Shun von Jining, Innere Mongolei, und Bischof Joseph Yang Yongqiang von Zhoucun, Shandong. Bischof Yang wurde, so CNA, 2010 mit Zustimmung des Vatikans zum Bischof geweiht und ist seit 2013 Bischof von Zhoucun. Bischof Yao Shun wurde am 26. August 2019 als erster Bischof im Rahmen des sino-vatikanischen Abkommens geweiht. Aus dem chinesischsprachigen Raum nahmen an der Synode auch der taiwanische Bischof Norbert Pu von Chiayi und Kardinal Stephen Chow SJ, Bischof von Hongkong, teil.
Eine vorzeitige Abreise von einer Synode gab es bereits 2018: Bischof Joseph Guo Jincai von Chengde und Bischof Yang Xiaoting von Yan’an hatten an der ersten Hälfte der Jugendsynode 2018 teilgenommen, bevor sie die Synode ebenfalls vorzeitig verließen. The Pillar schreibt am 19. Oktober mit Berufung auf chinesische kirchliche Quellen, dass die chinesische Regierung Bischof Yao und Bischof Yang nur für eine kurze Zeit eine Ausreisegenehmigung erteilt hatte (Catholic News Agency 24.09., 16,10.; Domradio 16.10.; The Pillar 19.10.). kf
13./14. November 2023:
Kardinal Joseph Zen bittet auf seinem Blog die Brüder im Untergrund, keine illegitimen Bischofsweihen durchzuführen
Der emeritierte Hongkonger Bischof, ein Fürsprecher der Katholiken im Untergrund und Kritiker des sino-vatikanischen Abkommens, schreibt in seinem Blog: „[...] Ich habe schon einmal gesagt: Ihr dürft nicht ‚rebellieren‘, ihr dürft keine ‚illegalen Dinge‘ tun. Der Papst gibt euch im Untergrund keine Bischöfe mehr, es wird dann auch keine Priester, keine Sakramente mehr geben? Aber Gott kann euren Glauben immer noch stützen! Ihr dürft auf keinen Fall eigenmächtig Bischöfe weihen. Ihr könnt die Sakramente opfern, aber nicht euren Glauben! Denkt daran! Denkt daran! Der alte Joseph, der jeden Tag euren Schmerz mit euch teilt.“
Zehn Tage vorher, am 3. November, war auf The Remnant, einer Website, die das Vatikanum II. und seine Folgen ablehnt, anonym ein „Offener Brief chinesischer Gläubiger“ an Papst Franziskus erschienen. Er beginnt mit den Worten: „Lieber Papst Franziskus, wir, die erwachenden Katholiken in der Untergrundkirche und der offiziellen Kirche in China, schreiben Ihnen diesen offenen Brief, um Ihren Verrat an unserer Kirche und Ihre Zerstörung unserer Nation zu beklagen.“ Die erste der aufgelisteten Anschuldigungen lautet: „Sie [i.e., Papst Franziskus] weihen keine neuen Bischöfe für die Gemeinschaft im Untergrund. Sie arbeiten mit der KPCh zusammen, um die treuen Katholiken in die Auslöschung zu treiben. Einige haben begonnen, ‚Bischöfe‘ ohne Ihre Zustimmung zu weihen.“ Neben Klagen in Zusammenhang mit der Chinapolitik des Vatikans beschuldigt der Brief den Papst, gegenüber Kardinal Zen angesichts von dessen Verhaftung keine öffentliche Solidarität gezeigt sowie zu den Menschenrechtsverletzungen in China geschwiegen zu haben, und beklagt die „lautstarke Förderung der sexuellen Unmoral“ (LGBTQ). Es ist unklar, wer hinter dem drastisch formulierten Papier steckt und wie groß der Kreis der Personen ist, die es repräsentiert (https://oldyosef.hkdavc.com/?p=1960 13./14.11.; https://remnantnewspaper.com/web/index.php/headline-news-around-the-world/item/6880-open-letter-to-pope-francis-from-chinese-faithful). kwt
Juli/Oktober 2023:
Hongkonger Muslime empört über das Hissen der chinesischen Nationalflagge an Moschee in Kowloon
Muslime in Hongkongs größter Moschee in Kowloon hissten im Juli und Oktober in feierlichen Zeremonien die chinesische Nationalflagge, um die Übergabe der Stadt an China am 1. Juli 1997 und den chinesischen Nationalfeiertag am 1. Oktober zu feiern, so Radio Free Asia (RFA). Bei einigen Gläubigen habe dies einen Schock und Enttäuschung ausgelöst, da sie es als „Herausforderung der islamischen Lehre von der Vorherrschaft Gottes“ betrachteten. Muslimische Führer in Hongkong hätten gegenüber RFA von einer „sich entwickelnden Beziehung“ mit chinesischen Beamten in den letzten 18 Monaten gesprochen, die ihnen „vorschlugen“, mit zeremoniellen Darbietungen des Patriotismus wie dem Hissen der Flagge zu beginnen. „Die Zeremonien waren ziemlich öffentlichkeitswirksam und wurden von Gemeindeleitern und Imamen, Beamten des zentralen Verbindungsbüros Beijings in Hongkong sowie hochrangigen Polizei- und Kommunalbeamten besucht“, so RFA. Die Organisatoren hätten erklärt, dass die Veranstaltungen, die nach einer Reihe von Treffen zwischen führenden Vertretern der muslimischen Gemeinschaft und chinesischen Beamten stattfanden, in der Tat eine Anspielung auf Beijings Programm zur „Sinisierung von Religion“ seien und wahrscheinlich fortgesetzt würden. Hongkongs Leiter der muslimischen Gemeinschaft, Saeed Uddin, sieht das Hissen der Flagge nicht als Problem: „Ich denke, das ist keine schlechte Idee, damit die Menschen patriotischer gegenüber China sind.“ Auch meinte er laut RFA: „Ich sehe hier keinen Konflikt, ich bete fünfmal am Tag. Ich hisse die Flagge zu anderen Zeitpunkten am Tag“, und weiter: „Ich verstehe nicht, warum ich als Patriot ein schlechter Muslim sein soll“ (RFA Cantonese 29.10.). kf
3. Oktober 2023:
AsiaNews berichtet: Akkreditierungsrat von Hongkong gibt grünes Licht für katholische Universität
Das Caritas Institute of Higher Education (CIHE) erfülle die Kriterien, um eine private Universität zu werden, berichtet AsiaNews am 3. Oktober. Nun müsse die Regierung von Hongkong die neue Einrichtung, die den Namen Saint Francis University tragen soll, offiziell genehmigen. Hongkongs Kardinal Stephen Chow hat sich wiederholt öffentlich stark für dieses Projekt eingesetzt, das von der Diözese Hongkong gefördert wird. Nach Aussagen der Headline Daily, einer chinesischsprachigen Zeitung, erhielt das CIHE, eine postsekundäre Hochschule mit einem starken Zweig in Pflegewissenschaften, bereits grünes Licht vom Hongkonger Rat für die Akkreditierung akademischer und beruflicher Qualifikationen (Hong Kong Council for Accreditation of Academic and Vocational Qualifications HKCAAVQ), so AsiaNews. Für das CIHE sei die letzte, politische Hürde die formelle Anerkennung seitens der Regierung unter Chief Executive John Lee. „Falls dies geschieht, wird Hongkong eine neue private Universität bekommen, die dritte neben der Hong Kong Shue Yan University (HKSYU bzw. SYU) und der Hang Seng University of Hong Kong (HSUHK)“, schreibt AsiaNews. Bereits in den 1970er Jahren, so AsiaNews, hatte sich der damalige Bischof Francis Hsu für eine solche Einrichtung eingesetzt. Heute biete das CIHE zusammen mit dem Caritas Bianchi College of Careers postsekundäre Studiengänge in 35 verschiedenen Disziplinen an, die von Sozialwissenschaften bis hin zu Technik und Wirtschaft reichten und rund 2.500 Studierende umfassten. Kardinal Chow fördere die Idee einer katholischen Universität in Hongkong seit seiner Zeit als Provinzoberer der Jesuiten – bevor er Bischof wurde. Zunächst wurde ein völlig neuer Universitätskomplex in Fanling in der Nähe der Grenze zu Festlandchina ins Auge gefasst, die Behörden hätten dies allerdings aus städtebaulichen Gründen abgelehnt. Als Kardinal Chow Bischof wurde, habe er, so AsiaNews, das Projekt wieder aufgenommen und vorgeschlagen, dass das CIHE als Universität anerkannt werden sollte (AsiaNews 3.10.). kf
11. Oktober 2023:
Synodenväter sollen sich für Freilassung des Hongkonger Verlegers Jimmy Lai einsetzen
Nach einem Bericht vom 11. Oktober der chinesischsprachigen Zhuixinbao (Chaser News), die seit 2022 als unabhängiges Nachrichtenportal von London aus agiert, hat sich Lai Chong En, Sohn des 73-jährigen Apple Daily-Gründers Jimmy Lai (die Zeitung wurde 2021 geschlossen), zusammen mit amerikanischen katholischen Wissenschaftlern an die Bischofssysnode im Vatikan gewandt und die Bischöfe aufgefordert, zum Fall Jimmy Lai Stellung zu nehmen. Jimmy Lai, Katholik, ist seit 2020 im Rahmen des nationalen Sicherheitsgesetzes in Hongkong in Haft. Lai sagte, sein Vater sei von Gott inspiriert worden, nach der Einführung des Gesetzes über die nationale Sicherheit in Hongkong zu bleiben, und sei schließlich aus diesem Grund inhaftiert worden. Er forderte die katholische Kirche auf, öffentlich seine sofortige Freilassung zu fordern. Sein Vater sei für viele Dinge bekannt: „Er ist ein Zeitungsverleger, ein Unternehmer, ein Verfechter der Demokratie, ein Gefangener aus Gewissensgründen, und zusätzlich zu all diesen Dingen ist mein Vater seit 1997 ein gläubiger Katholik.“ Lai beschreibt seinen Vater als den gelebten Geist des Katholizismus: „Er war bereit, alles aufzugeben, um für seinen Glauben einzustehen und seine Religionsfreiheit zu verteidigen“ (Zhuixinbao 11.10.). Auch Kardinal Zen, emeritierter Bischof von Hongkong, hat sich mehrfach für die Freilassung von Jimmy Lai eingesetzt. kf
4. November 2023:
Kardinal Chow SJ in Hongkong: Dankmesse nach der Kardinalserhebung
Am 4. November feierte Kardinal Stephen Chow Sau-yan SJ aus Anlass seiner Kardinalserhebung in Rom am 30. September 2023 in der katholischen Kathedrale von der Unbefleckten Empfängnis in Hongkong eine Dankmesse. An der Messe nahmen die Kardinäle John Tong und Joseph Zen sowie Weihbischof Ha von Hongkong, mehr als 100 Priester aus den Pfarreien und Orden, 30 Ständige Diakone, Vertreter der orthodoxen und protestantischen Kirchen Hongkongs wie auch viele Laien – darunter Jugendgruppen und Freunde und Verwandte von Kardinal Chow – teil. Die früheren Regierungschefs Donald Tsang und Carrie Lam sowie die amtierende Sekretärin für den öffentlichen Dienst der Regierung der Sonderverwaltungszone Hongkong, Yeung Ho Poi-ya, waren ebenfalls unter den Gottesdienstbesuchern (Sunday Examiner 4.11.; Xinde 5.11.). kf
9. November 2023:
Hongkonger Regierung: Appell von 10 katholischen Bischöfen für Jimmy Lai ist „Missachtung des Gerichts“
Nach einem Bericht von AsiaNews vom 11. November hat die Regierung von Hongkong eine Petition scharf zurückgewiesen, mit der zehn katholische Bischöfe aus allen Kontinenten die Regierung der Sonderverwaltungsregion Hongkong aufgefordert hatten, den bekannten Demokratiebefürworter und Katholiken Jimmy Lai freizulassen, der mit 75 Jahren seit über 1.000 Tagen im Gefängnis sitze. Der Gründer von Apply Daily (die Zeitung wurde 2021 geschlossen) ist seit 2020 im Rahmen des nationalen Sicherheitsgesetzes in Hongkong in Haft. In der Petition forderten die katholischen Bischöfe „die Regierung der Sonderverwaltungszone Hongkong auf, Jimmy Lai sofort und bedingungslos freizulassen, der“ – wie sie schreiben – „strafverfolgt wird, weil er sich durch seine Zeitung und verschiedene öffentliche Interventionen für die Demokratie eingesetzt hat. Es gibt keinen Platz für solche Grausamkeit und Unterdrückung in einem Gebiet, das behauptet, die Rechtsstaatlichkeit zu wahren und das Recht auf freie Meinungsäußerung zu respektieren.“ Die Regierung von Hongkong widersprach dem Aufruf der Bischöfe am 9. November offiziell durch eine Erklärung eines Sprechers: „Wir weisen die verzerrten Worte zu den Fakten zurück, die von ausländischen katholischen Führern unterzeichnet wurden, die sich in die inneren Angelegenheiten Hongkongs und in die unabhängige Ausübung der richterlichen Gewalt seiner Gerichte einmischen wollen.“ In dem Vermerk wird behauptet, der Text enthalte sogar Begriffe, die das „Verbrechen der Missachtung des Gerichts“ darstellen. kf
13.–15. November 2023:
Beijinger Bischof Li Shan besucht Hongkong
Bischof Li war auf Einladung von Kardinal Stephen Chow SJ, Bischof von Hongkong, nach Hongkong gereist, als Gegenbesuch nach Chows Beijingreise im April dieses Jahres. Die Delegation bestand neben Bischof Li Shan aus vier weiteren Personen, darunter Priester Matthew Zhen Xuebin, der Kanzler der Diözese Beijing. Wie Vatican News am 18. November berichtete, begann der Besuch am 13. November mit der gemeinsamen Feier der Vesper in der Kapelle der Diözesankurie. Anschließend fand im Büro des Kardinals der Austausch von Geschenken statt. Am 14. November besuchte die Delegation nach der heiligen Messe in der Kapelle der Kurie die Kathedrale und die Kapelle der chinesischen Märtyrer. Es erfolgte zudem ein Besuch im Diözesanzentrum und ein Treffen mit Vertretern der Kathedralpfarrei. Am Nachmittag erfolgte ein Besuch im diözesanen Holy Spirit Seminary und ein Treffen mit den Seminaristen. Kardinal John Tong empfing sodann die Besucher im Holy Spirit Study Centre. Am 15. November fand eine Messe in der Kathedrale statt. Der Besuch endete mit der Teilnahme an dem theologischen Symposium „Der synodale Geist und die Kirche in China: Gemeinschaft, Teilhabe, Auftrag“ (siehe Eintrag vom 15.–16. November 2023). Die ursprünglich auf fünf Tage angesetzte Reise – so lange hatte auch Kardinal Chows Besuch in Beijing gedauert – wurde letztlich auf drei Tage verkürzt (AsiaNews 13.11.; Fides 17.11.; Sunday Examiner, 13.,17.11.; Vatican News 18.11.; news.mingpao.com 19.11.; https://catholic.org.hk/en/press-release/; www.chinacatholic.cn 21.11.). kf
13.–17. November 2023:
Dritte Weltkonferenz für chinesische Ständige Diakone in Hongkong
Thema der Konferenz war „Die Neuevangelisierung und das Ständige Diakonat“. Im Mittelpunkt standen die verschiedenen Dienste der chinesischen Ständigen Diakone sowie Pläne für die kommenden fünf Jahre. Fr. Dominic Chan Chi-ming, Vorsitzender der Hongkonger Diözesankommission für das Ständige Diakonat, äußerte im Vorfeld, dass es darum gehe, wie die Ständigen Diakone ihren Evangelisierungsauftrag fortsetzen könnten und was dieser Auftrag in der modernen Welt bedeute, so der Sunday Examiner am 10. November. Laut Fr. Chan engagierten sich die Ständigen Diakone in Hongkong vor allem im karitativen Bereich im Dienst an bedürftigen Menschen und in der Neuevangelisierung, seit Kardinal John Baptist Wu Cheng-chung vor drei Jahrzehnten das Ständige Diakonat eingeführt habe. So würden die Ständigen Diakone zum Beispiel regelmäßig Insassen der 20 Gefängnisse in Hongkong besuchen. Ein Augenmerk liege auch auf Familien mit geringem Einkommen, Arbeitern und Patienten in Krankenhäusern.
An der Konferenz nahmen 96 Personen teil, darunter chinesischstämmige Ständige Diakone mit ihren Frauen aus den USA, Kanada, Australien, Singapur und Hongkong wie auch Vertreter der Diözesen Taipei, Beijing und Macau, die mehr über das Ständige Diakonat erfahren wollten. Kardinal Stephan Chow SJ hielt am ersten Tag der Konferenz eine Rede und stand einer Dankmesse vor. Er sagte in seiner Eröffnungsrede, so der Sunday Examiner vom 17. November, dass die Diakonenweihe von Frauen eins der Themen während der jüngsten Weltsynode in Rom gewesen sei und dass die Kirche dieses Thema weiterhin aus theologischer und funktionaler Sicht prüfe. Er betonte die wichtige Rolle der Diakone: „Wie unterstützt unsere Kirche die Armen, die Waisen, die Obdachlosen, die Gefängnisinsassen und die Kranken? Es ist die Art und Weise, wie wir sie begleiten und unterstützen, die die Herzen der Menschen berühren kann. Die Rolle des Ständigen Diakons sollte darin bestehen, das Evangelium zu leben und Veränderungen in der Gesellschaft herbeizuführen“, so der Kardinal. Dabei dankte er den Diakonen und ihren Frauen.
Erzbischof Thomas Chung An-zu von Taipei feierte am zweiten Tag die Messe, Weihbischof Joseph Ha Chi-shing von Hongkong am letzten Tag. Die Konferenz fand im Caritas Oswald Cheung International House und dem Caritas Community Centre in Aberdeen statt. Das fünftägige Programm umfasste Vorträge, Gruppenarbeit, Besuch bei verschiedenen karitativen Einrichtungen in Hongkong und Wallfahrten. Die erste und zweite Weltkonferenz für chinesische Ständige Diakone fanden 2013 in Hongkong und 2018 in Toronto, Kanada, statt (Sunday Examiner 10.,17.11.). kf
15.–16. November 2023:
Drittes Symposium von Holy Spirit Study Centre und offiziellen katholischen Gremien der VR China
Am 15. und 16. November fand in Hongkong das dritte gemeinsame Symposium des Holy Spirit Study Centre und der Kommission für theologische Forschung von offizieller Chinesischer Bischofskonferenz und Patriotischer Vereinigung statt. Thema war „Der synodale Geist und die Kirche in China: Gemeinschaft, Teilhabe, Auftrag“, wobei es sich laut Bericht auf der offiziellen Website der beiden VR-Gremien um das „Dritte theologische Symposium zur Sinisierung der katholischen Kirche“ handelte. An dem Symposium nahmen 50 „Experten und Kleriker“ aus der Kirche vom Festland und Hongkong teil, so der Bericht. Kardinal John Tong, emeritierter Bischof von Hongkong, hielt das Eröffnungsgebet, während Kardinal Chow, Bischof von Hongkong, und Bischof Li Shan, „Präsident der Chinesischen katholischen patriotischen Vereinigung, Vizepräsident der Bischofskonferenz und Bischof von Beijiing“, Reden hielten. Es gab insgesamt neun Vorträge. Die Abschlussreden hielten der Generalvikar von Hongkong, Peter Choy, sowie Bischof Yang Yongqiang, stellvertretender Vorsitzender der Chinesischen Bischofskonferenz (der zeitweise auch an der Weltsynode in Rom teilnahm). Kardinal Chow habe u.a. betont, dass die Kirche durch Dialog und Austausch ihr Wissen über Synodalität weiter vertiefen und den Prozess der Sinisierung der Kirche fördern könne. Bischof Li Shan wird zitiert, er hoffe, dass gemeinsam die missionarische und pastorale Arbeit im Sinne der Sinisierung gefördert werde und das Studium des theologischen Denkens und das gesunde Erbe des Katholizismus in China an beiden Orten gemeinsam vorangetrieben werde. Unter den weiteren Referenten waren Prof. You Bin, Direktor des Instituts für Religionswissenschaften der Minzu University of China, Liu Guopeng, Direktor der Abteilung für Christentumsforschung am Institut für Weltreligionen der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften, Zhou Tailiang, stellvertretender Generalsekretär der Chinesischen katholischen patriotischen Vereinigung, Priester Li Jingxi, stellvertretender Leiter der Kommission für theologische Forschung von Bischofskonferenz und Patriotischer Vereinigung, Prof. Zheng Xiaohui, Prof. Geng Zhanhe sowie weitere Professoren vom Holy Spirit Study Seminary in Hongkong. Die Teilnehmer waren sich einig, so der Bericht, „dass das Seminar insofern sehr effektiv war, als die beiden Orte die Früchte und Erfahrungen des Katholizismus im Bereich der Sinisierung miteinander teilten und die Zusammenarbeit zwischen den Kirchen des Festlandes und Hongkongs in der theologischen Forschung verbesserten“ (www.chinacatholic.cn/html/report/23110477-1.htm; zu den ersten beiden Symposien siehe China heute 2022, Nr. 1, Chronik, Hongkong, 30. Dezember 2021, und Nr. 4, Chronik, Hongkong, 15.-16. November 2022). kf
3. Dezember 2023:
Aktivistin Agnes Chow bleibt im kanadischen Exil
Agnes Chow, eine von Hongkongs prominentesten Demokratieaktivisten, postete am 3. Dezember – so u.a. The Pillar –, ihrem 27. Geburtstag, auf Instagram, dass sie beschlossen habe, in Kanada zu bleiben, wo sie im September ein Studium aufgenommen hat. Sie werde sich nicht an die Kautionsbedingungen halten und nicht nach Hongkong zurückkehren. Die Katholikin wurde 2020 verhaftet und im Juni 2021 freigelassen, nachdem sie mehr als sechs Monate Haft wegen der Teilnahme an einer „ungesetzlichen“ Versammlung im Jahr 2019 verbüßt hatte. Sie war unter der Bedingung freigelassen worden, dass sie ihren Pass abgibt und regelmäßig bei der Polizei vorstellig wird. „Diesen bekam sie Anfang Juli zurück, um unter Begleitung der Polizei aufs chinesische Festland zu reisen“, schreibt der Spiegel. Auch war Chow separat wegen „Zusammenarbeit mit ausländischen Kräften“ und anderer Vergehen im Rahmen des nationalen Sicherheitsgesetzes angeklagt. Chow sagte in ihrem Statement, dass sie ihre Entscheidung angesichts der Situation in Hongkong, ihrer persönlichen Sicherheit sowie ihrer körperlichen und geistigen Gesundheit getroffen habe. Die nationalen Sicherheitsbehörden Hongkongs reagierten unmittelbar auf Chows Erklärung und forderten sie auf, diese „zurückzuziehen, bevor es zu spät ist“, da sie ansonsten „einen Weg ohne Rückkehr einschlägt und für den Rest ihres Lebens die Identität einer ‚Flüchtigen‘“ trage, so The Pillar. „Chow ist eine von mehreren prominenten Katholiken, darunter der milliardenschwere Geschäftsmann und Verleger Jimmy Lai, die wegen ihrer Teilnahme an pro-demokratischen Demonstrationen in Hongkong festgenommen und inhaftiert wurden“, schreibt The Pillar weiter (Der Spiegel 4.12.2023; The Pillar 4.12.2023). kf
6. Oktober 2023:
Größerer Zulauf an katholischen Schulen
Laut einem Bericht von O’Clarim, der katholischen Diözesanzeitung von Macau, ziehen die 26 katholischen Schulen und Colleges in Macau immer mehr Schüler an, so Stephan Chan Teng-fong, Vorsitzender der diözesanen Bildungskommission. In einem ausführlichen Interview spricht Chan über die Werte und den Auftrag der lokalen katholischen Schulen sowie über die Herausforderungen, denen sie sich stellen müssen. In den letzten Jahren sei die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die sich in katholisch orientierten Bildungseinrichtungen einschreiben, kontinuierlich gestiegen. Dabei sei nur ein kleiner Teil der Schülerschaft katholisch. Im Schuljahr 2022/2023 entfielen auf die katholischen Schulen und Kindergärten 31.004 der insgesamt 87.184 Schulkinder in Macau. Viele der Lehrkräfte hätten selbst katholische Schulen absolviert und würden sich mit den Grundwerten und Überzeugungen identifizieren. In den letzten Jahren gebe es auch eine Zunahme an Taufen unter den Lehrerinnen und Lehrern. Auf die Frage, wie die patriotische Erziehung in den katholischen Schulen von Macau umgesetzt werde, sagte Chan, dass die katholischen Schulen wie andere Schulen auch das Lehrbuch „Moral and Civic Education“ verwendeten. Die Schulen lehrten die Schüler zudem, die Nationalflagge zu hissen und die Nationalhymne zu singen. Die katholischen Schulen in Macau seien Privatschulen, die in der S.A.R. Macau im Rahmen des Gesetzes tätig seien, so dass sie die Verantwortung hätten, die patriotische Erziehung zu fördern. Die größte Herausforderung, der sich auch die katholischen Schulen stellen müssten, seien Veränderungen in den Familienstrukturen, wie z.B. Doppelverdiener- und Alleinerzieherhaushalte, die dazu führen könnten, dass es den Schülern an elterlicher Unterstützung und Begleitung fehle. Die Schulen müssten hier der emotionalen Seite mehr Aufmerksamkeit widmen (O’Clarim 6.10.). kf
5. Oktober 2023:
Taiwans Vatikanbotschafter: Besser einen Krieg vermeiden als ihn später stoppen
Bei einem Empfang mit beim Vatikan akkreditierten Diplomaten sagte Taiwans Botschafter beim Heiligen Stuhl, Matthew Lee: „Taiwan wird alles unternehmen, um auf dem Weg des Friedens zu bleiben.“ „Es ist meine feste Überzeugung, dass es wesentlich entscheidender ist, einen Krieg im Vorhinein zu vermeiden, als ihn später zu stoppen“, so der Botschafter. Der Vatikan ist der einzige Staat in Europa, der weiterhin diplomatische Beziehungen zu Taiwan unterhält. Bischof Norbert Pu von Chiayi, Taiwan, der sich als Delegierter der Bischofssysnode in Rom aufhielt, sagte während des Empfangs gegenüber CNA, dass die diplomatische Anerkennung Taiwans seitens des Heiligen Stuhls wichtig sei nicht nur für die taiwanischen Katholiken, sondern für das gesamte taiwanische Volk.
„Taiwan und der Heilige Stuhl haben herzliche und freundschaftliche Beziehungen, die seit über 81 Jahren kontinuierlich gewachsen sind“, so Botschafter Lee bei dem Empfang. „Wir sind sehr stolz auf das, was wir gemeinsam erreichen konnten, um zur konsequenten Förderung von Frieden, Gerechtigkeit, Evangelisierung und humanitären Bemühungen auf der ganzen Welt beizutragen.“ Der Empfang bei der Taiwan-Botschaft war die vorgezogene Feier zu Taiwans Nationalfeiertag am 10. Oktober. Taiwan feiert an diesem Tag traditionell den Beginn des Wuchang-Aufstandes im Jahr 1911, der zum Sturz des chinesischen Kaiserreichs und zur Gründung der Republik China führte. Weltweit unterhalten nur 14 Staaten volle diplomatische Beziehungen zu Taiwan (Licas / Catholic News Agency 6.10.). kf
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