Hier informiert Sie das China-Zentrum zur Situation der Religionen und der christlichen Kirchen in China.


Chronik zu Religion und Kirche in China 1. Juli bis 30. September 2011

1. Juli 2011:
90. Gründungstag der KP Chinas
Im Vorfeld der staatlichen Feiern gab es auch Veranstaltungen der offiziellen Religionsgemeinschaften aus diesem Anlass, die vielfach von den Religionsbehörden organisiert wurden (siehe Beitrag in den Informationen dieser Nummer).

1. Juli 2011:
Das neue Sozialversicherungsgesetz tritt in Kraft
In dem neuen Sozialversicherungsgesetz werden folgende fünf Versicherungen als verpflichtend festgelegt: Rentenversicherung, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Arbeitsunfallversicherung und Mutterschaftsversicherung. Arbeitgeber zahlen Beiträge für alle diese Versicherungen, wobei sämtliche Betriebsarten einschließlich der staatlichen und ausländischen Firmen in gleicher Weise erfasst werden. Arbeitnehmer müssen nur für die Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung Beiträge entrichten. Das Gesetz bezieht sich nicht nur auf die Einwohner der Städte, sondern auch auf diejenigen im ländlichen Raum und schließt ausländische Arbeitnehmer ebenfalls ein. Zwar kann die Höhe der Beitragssätze von den lokalen Behörden unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage ihres Regierungsbezirks jeweils unterschiedlich festgelegt werden, aber die in einem Gebiet geleisteten Einzahlungen zur Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung können übertragen werden und gehen somit den einzelnen Personen beim Wechsel des Arbeitsplatzes an einen anderen Ort nicht verloren. Bei Arbeitsunfällen übernimmt die Versicherung die Kosten der medizinischen Behandlung, falls diese nicht vom Arbeitgeber oder von Drittpersonen, die den Unfall verursacht haben, übernommen werden können (China Briefing 13.03.). Jan Kwee

4. Juli 2011:
Regierung kündigt Erleichterungen für Registrierung von gemeinnützigen Wohltätigkeitsorganisationen an
Nach Aussage der Beijing Review hat der Minister für zivile Angelegenheiten Li Liguo angekündigt, dass für NGOs neue Richtlinien herausgegeben werden sollen. Diese sollen neue und verbesserte Regelungen in Bezug auf Spendengelder, freiwillige Dienste und auf die Registrierung von NGOs enthalten. Es ist vorgesehen, dass NGOs, die im Bereich der gemeinnützigen Sozialdienste arbeiten, sich in Zukunft auch ohne die ansonsten notwendige Unterstützung durch eine Regierungsdienststelle offiziell registrieren lassen können. Diese Lockerung der Regelungen gilt allerdings nicht für andere Organisationen, deren Ziele z.B. im Bereich von Umweltschutz, Rechtshilfe usw. liegen, so dass die meisten der heute schon existierenden NGOs, von denen ungefähr 3 Millionen (ca. 90%) bisher nicht registriert sind, nach Einschätzung von Asia Times Online auch weiterhin illegal arbeiten müssen. Hintergrund der beabsichtigten Änderung der Richtlinien ist ein kürzlich bekannt gewordener Korruptionsskandal, in den staatlich unterstützte Hilfsorganisationen, insbesondere das chinesische Rote Kreuz, verwickelt sind und der starke öffentliche Kritik hervorrief. Hinzu kommt, dass nach Aussage von Asia Times Online im Mai für China bestimmte Gelder des UN-Hilfsfonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria im Wert von hunderten Millionen US$ eingefroren wurden wegen der ungenügenden Beteiligung von unabhängigen Organisationen bei Belangen der öffentlichen Gesundheit (Asia Times Online 3.08.; Beijing Review 4.08.). Jan Kwee

4. Juli 2011:
Erklärung des Heiligen Stuhls zur Weihe von Leshan
Priester Lei Shiyin sei ohne päpstlichen Auftrag und damit unrechtmäßig geweiht worden, er sei deshalb nicht bemächtigt, die Diözese zu leiten, heißt es in der Erklärung. Sie fährt fort: „Es gelten für ihn die Strafen im Zusammenhang mit dem Verstoß gegen Canon 1382 des Kirchenrechts.“ Eine Erläuterung der päpstlichen Kongregation für die Evangelisierung der Völker vom 12. Juli 2011 (s.u.) bestätigten ausdrücklich, dass dieser Satz besage, dass Lei Shiyin sich nun im Zustand der automatischen Exkommunikation befinde. Priester Lei Shi­yin sei vor geraumer Zeit davon in Kenntnis gesetzt worden, dass er aus erwiesenen, sehr schwerwiegenden Gründen vom Heiligen Stuhl nicht als Bischofskandidat akzeptiert werden könne, so die Erklärung. Auch die weihenden Bischöfe hätten sich den schweren Strafen ausgesetzt, die das Kirchenrecht vorsehe (siehe Wortlaut in der Dokumentation dieser Nummer).

7. Juli 2011:
Sprecher der staatlich sanktionierten katholischen Leitungsgremien bedauert die Erklärung des Vatikans
Die Erklärung des Heiligen Stuhls vom 4. Juli sei bedauerlich, sie trage nicht zur Einheit der chinesischen Kirche bei, sondern werde zu noch mehr Streit führen und die Verbreitung des Evangeliums sowie die Entwicklung der Kirche beeinträchtigen, so der Priester Yang Yu, Sprecher der Patriotischen Vereinigung der chinesischen katholischen Kirche und der offiziellen chinesischen Bischofskonferenz in seinem Statement. Lei Shiyin werde wegen seines Einsatzes für die Kirche, seines Glaubens, seiner Frömmigkeit und Aufrichtigkeit von Priestern, Schwestern, Gläubigen zutiefst geschätzt. Er sei am 18. März 2010 gemäß der Tradition der Kirche und den Bestimmungen der Bischofskonferenz zur Wahl und Weihe von Bischöfen gewählt und von der chinesischen Bischofskonferenz nach gewissenhafter Prüfung aller Umstände approbiert worden. Gegenwärtig seien die Beziehungen zwischen China und dem Vatikan noch nicht normalisiert, so sei wohl kaum etwas dagegen einzuwenden, dass die katholische Kirche Chinas aufgrund der drängenden Erfordernisse der Evangelisierung und Seelsorge in China Bischöfe wähle und weihe (Text des Statements unter www.catholicchurchinchina.org 9.07; vgl. Asianews 11.07.; UCAN 11.07.).

12. Juli 2011:
Erläuterung der Kongregation für die Evangelisierung der Völker zum „Vorfall von Leshan“ bestätigt Zustand der Exkommunikation von Priester Lei Shiyin und äußert sich zum Status der weihenden Bischöfe
„Aus pastoralen Rücksichten“ beantwortete die päpstliche Kongregation für die Evangelisierung der Völker Fragen der Gläubigen in China zur Erklärung des Heiligen Stuhls vom 4. Juli 2011 (s.o.). Frage 1, „Befindet sich Priester Lei nun im Zustand der automatischen Exkommunikation?“ wird mit „Das ist richtig!“ beantwortet. Er habe sich ohne päpstliches Mandat weihen lassen und sich somit die Exkommunikation latae sententiae zugezogen, was nachträglich vom Heiligen Stuhl in einer Erklärung publik gemacht worden sei. Sie solle Lei dazu bewegen, sich sofort in Reue an den Heiligen Stuhl zu wenden, und die Kirche in China dazu drängen, sich allen illegitimen Weihen zu widersetzen (2). Selbst im Fall einer späteren Aufhebung der Exkommunikation könne Lei aufgrund vorliegender schwerwiegender Gründe nicht vom Heiligen Stuhl zum Bischof ernannt werden (6). Bei den sieben weihenden Bischöfen werde nach Canon 1321 §3 die „Zurechenbarkeit“ ihres Verstoßes gegen das Kirchenrecht „vermutet, es sei denn, anderes ist offenkundig“. Es werde also vermutet, dass sie sich die Exkommunikation zugezogen haben, außer das Gegenteil werde bewiesen (7). Sie dürften bis dahin ihr normales Bischofsamt nicht weiter ausüben (8) und sollten sich sofort mit Bitte um Vergebung und Erklärung der Gründe für ihr Handeln an den Heiligen Stuhl wenden (9).
Das Dokument wurde in chinesischer und englischer Sprache auf einem neu eingerichteten Blog der päpstlichen Nachrichtenagentur Fides (catholicsinchina.blogspot.com) veröffentlicht (siehe Wortlaut der Erläuterungen in der Dokumentation dieser Nummer, s.o. 4. Juli und den Eintrag vom 29. Juni 2011).

12.–22. Juli 2011:
„Sommerlager“ für Seminaristen aus ganz China in Shijiazhuang
Von Frère Han-Yol (Taizé) und dem in den USA lebenden katholischen Komponisten Jerry Chu (Zhu Jianren) geleitete Gebetszeiten, das Studium von Methoden des Bibelteilens, Austausch über Musik und Evangelisierung sowie Gespräche mit „Modellevangelisten“ standen u.a. auf dem Programm.
83 Priesteramtskandidaten aus Seminaren in ganz China nahmen an dem Treffen teil, das unter der Leitung von Priester Zhang Wenxi vom Faith Institute for Cultural Studies (Shijia­zhuang) am Priesterseminar in Shijiazhuang organisiert wurde. Dem auf der Website von Xinde publizierten Bericht zufolge schätzten die Teilnehmer besonders die Möglichkeit, sich überregional austauschen zu können. Der Vorsitzende des Evangelisierungsbüros der Föderation der Asiatischen Bischofskonferenzen in Manila, Erzbischof Thomas Menamparampil, schickte ein Grußwort. Einem der Organisatoren zufolge war das Sommerlager eine Antwort auf Aufrufe des Papstes, dem die Ausbildung der Priester in China besonders am Herzen liege (Fides 1.08.; www.xinde.org 5.08.).

12./13. Juli 2011:
Katholiken in Hongkong protestieren gegen geplante illegitime Bischofs­weihe in Shantou
Die Kommission Justitia et Pax der Diözese Hongkong protestierte am 12. Juli vor dem Verbindungsbüro der Beijinger Zentralregierung gegen die bevorstehende illegitime Bischofsweihe in Shantou (s.u. 14. Juli) und den Druck der Behörden auf die als Weihende vorgesehenen Bischöfe. Bischof John Tong von Hongkong rief am 13. Juli die Hongkonger Katholiken dazu auf, für die Brüder und Schwestern auf dem Festland zu beten um die Kraft, ihren Glauben zu bewahren. Diese Bekanntmachung wurde auch an alle Hongkonger Pfarreien verteilt. Sein Vorgänger Kardinal Zen veröffentlichte als „ein betagter Bürger Hongkongs“ am gleichen Tag in der populären Hongkonger Zeitung Apple Daily einen dringenden Aufruf: „Sehr geehrter Vorsitzender Hu Jintao, lieber Ministerpräsident Wen Jiabao, bitte nehmen Sie sich etwas Zeit für unsere katholische Kirche. Sehen Sie, was einige Schurken von Staatsdienern tun. Sie verletzen die Verfassung und unterstützen mit Gewalt verkommene Elemente innerhalb der Kirche dabei, Bischöfe, Priester und Gläubige zu zwingen, gegen ihr Gewissen zu handeln. ... bitte gebieten Sie ihnen sofort Einhalt!“
Shantou liegt in Hongkongs Nachbarprovinz Guangdong und ist ein beliebter Wallfahrtsort für Hongkonger Katholiken (UCAN 12.,13.07.).

14. Juli 2011:
Bischofsweihe in Shantou (Guangdong) ohne päpstliches Mandat – acht von Rom anerkannte Bischöfe nehmen, teils unter Druck, teil
Der Priester Joseph Huang Bingzhang wurde in der Kathedrale von Shantou durch Bischof Fang Xingyao von Linyi, den Vorsitzenden der Patriotischen Vereinigung, zum Bischof geweiht. Mitkonsekratoren waren die vier Bischöfe der Provinz Guangdong – die Bischöfe Gan Junqiu von Guangzhou, Liang Jiansen von Jiangmen, Liao Hongqing von Meizhou und Su Yongda von Zhanjiang – sowie die Bischöfe He Zeqing von Wanzhou, Shen Bin von Haimen und Bischof-Koadjutor Li Suguang von Nanchang. Alle acht Bischöfe sind vom Papst und von der Regierung anerkannt. Drei der Bischöfe aus Guangdong waren bereits zwischen 9. und 10. Juli von Regierungsvertretern in Gewahrsam genommen worden – Bischof Liang Jiansen schluchzend, wie Asianews berichtete; Bischof Gan von Guangzhou war schon Tage vorher verschwunden, zwei weitere Bischöfe wurden vermutlich ebenfalls von Polizeikräften zur Kirche begleitet, wie der Sunday Examiner berichtete. Weniger als die Hälfte der Diözesanpriester von Shantou nahm an der Weihe teil; einige hatten sich versteckt, wurden aber von den Behörden gefunden und mussten teilnehmen.
Eigentlich hatten die Behörden Bischof Pei Junmin von Liaoning als Hauptweihenden vorgesehen, dies wurde jedoch von den Priestern seiner Diözese verhindert. Den Berichten von Asianews und UCAN zufolge äußerten am 7. Juli alle Priester der Diözese Liaoning, die gerade zu einer Fortbildung versammelt waren, der Bischof solle nicht an der Weihe teilnehmen, und unterschrieben eine entsprechende Erklärung. Auch der Bischof sagte vor den Priestern, dass er nicht teilnehmen werde. Die Priester blieben daraufhin in der Kathedrale um Bischof Pei versammelt, um ihn vor dem Zugriff der Behörden zu schützen, bis die Weihe in Shantou vorüber war.  Nach Angaben von Asianews war auch Bischof Cai Bingrui von Xiamen zur Teilnahme an der Weihe in Shantou vorgesehen, konnte sich aber verstecken.
Der 1967 geborene Huang Bing­zhang wurde 1991 zum Priester geweiht. Er ist Vorsitzender der Patriotischen Vereinigung der Provinz Guangdong und einer der Vizevorsitzenden der Patriotischen Vereinigung der chinesischen katholischen Kirche. Seit 1998 ist er zudem Abgeordneter des Nationalen Volkskongresses. Am 11. Mai 2011 war er unter erheblichem Druck seitens der Behörden von einem Wahlgremium aus Diözesanvertretern zum Bischof gewählt worden (Asianews 8.,11.,12.,14.07.; Sunday Examiner 24.07.; UCAN 8.,14.07.).

15.–25. Juli 2011:
5.000 tibetische Mönche, Nonnen und Laien bei Gebetsfest im Lithang Gonchen-Kloster
Wie die Tibet Post International aus Dharamsala berichtete, kamen Teilnehmer aus rund 100 Klöstern der vier Schulen des tibetischen Buddhismus und des Yungdrung Bon aus dem (traditionellen) Osttibet zu der Veranstaltung. Der Kreis Lithang liegt im Autonomen tibetischen Bezirk Kardze (Ganzi) in der Provinz Sichuan. Die chinesischen Behörden hätten zunächst versucht, die Teilnehmerzahl auf 1.000 zu beschränken, dies aber dann aufgegeben.
Bei den Zeremonien wurde dem Bericht zufolge auch ein Portrait des Dalai Lama inthronisiert. Neben religiösen Diskussionen seien auch soziale und kulturelle Themen besprochen worden, darunter die Notwendigkeit, die tibetische Sprache und die Einheit der Tibeter zu bewahren. Es habe keine Berichte über Zusammenstöße zwischen den Behörden und den Teilnehmern gegeben (www.thetibetpost.com 28.07.; Radio Free Asia nach TibetInfoNet Tibet News Digest 16.–29.07.).

16. Juli 2011:
Heiliger Stuhl gibt zum zweiten Mal Exkommunikation eines ohne päpstliche Zustimmung geweihten Bischofs bekannt
In der Erklärung zur Weihe von Shantou am 14. Juli (s.o.) heißt es fast wortgleich mit der Erklärung zur Weihe von Leshan vom 4. Juli (s.o.), Huang Bingzhang habe sich durch die unrechtmäßige Weihe die in Canon 1382 des Kirchenrechts festgeschriebenen Sanktionen [d.h. die Exkommunikation als Tatstrafe] zugezogen. Huang sei seit geraumer Zeit informiert gewesen, dass er keine Zustimmung für eine Bischofskandidatur erhalten könne, da die Diözese bereits einen rechtmäßigen Bischof habe [den vom Staat nicht anerkannten Bischof Zhuang Jianjian]. Mit Bezug auf die weihenden Bischöfe heißt es, der Heilige Stuhl habe erfahren, dass einige von ihnen gegenüber den Behörden ihren Entschluss zum Ausdruck gebracht hätten, nicht an einer unrechtmäßigen Weihe teilzunehmen, und [vergeblich] „in unterschiedlicher Form Widerstand geleistet“ hätten. Diese verdienstvolle Haltung werde von Gott belohnt und von der ganzen Kirche hoch geschätzt (siehe Wortlaut in der Dokumentation).
Asianews zufolge gaben die Pfarrer am folgenden Sonntag in Guangdongs Kirchen die Erklärung bekannt und riefen zur Treue zum Papst auf; die Gemeinden hätten applaudiert (Asianews 18.07.)

18. Juli 2011:
Tote bei Anschlag in Hotan – Verschleierungsverbot für muslimische Frauen als ein Auslöser?
Bei einem Anschlag auf eine Polizeistation in der Stadt Hotan im Autonomen uigurischen Gebiet Xinjiang starben nach offiziellen chinesischen Angaben 18 Menschen, darunter 14 Angreifer. Der Gewaltakt sei von terroristischen Gruppen verübt worden, meldete Xinhua. Der Hongkong­er Zeitung South China Morn­ing Post zufolge soll einer der an dem Überfall beteiligten uigurischen Männer eine Parole gerufen haben, die sich auf das jüngste Verschleierungsverbot für muslimische Frauen bezog. Ein Sprecher der örtlichen Regierung bestätigte gegenüber der Zeitung, dass die Behörden in den letzten Monaten eine Kampagne gegen das Tragen von schwarzem Schleier und schwarzem bodenlangem Gewand gestartet und religiöse Führer aufgerufen hätten, die Gläubigen entsprechend zu instruieren. Diese Art der Kleidung ist dem Regierungssprecher zufolge unter uigurischen Frauen seit den schweren ethnischen Unruhen in Xinjiang im Juli 2009 populär geworden.
Bei den Unruhen vom 5. Juli 2009 starben nach offiziellen Angaben 197 Menschen, die meisten von ihnen Han-Chinesen. Laut Amnesty international wurden seither mehrere Dutzend Menschen zum Tod verurteilt oder hingerichtet, Hunderte inhaftiert und zu teils langen Haftstrafen verurteilt. Vor dem 2. Jahrestag der Unruhen wurden in Urumqi laut Berichten 8.370 Überwachungskameras neu installiert, zusätzlich zu den 47.000 bereits existierenden (Amnesty international 4.07.; Die Presse 5.07.; South China Morning Post 22.07.; Xinhua 31.07; vgl. China heute 2009, Nr. 3, S. 141-145).

22. Juli 2011:
Zhuo Xinping in China Daily: sino-vatikanische Beziehungen auf dem tiefsten Stand seit den 1950ern
Unter Berufung auf den Vizevorsitzenden der Patriotischen Vereinigung, Bischof Guo Jincai, meldete die amtliche chinesische China Daily, sieben Diözesen bereiteten derzeit die Weihe ihrer gewählten Bischofskandidaten vor. Einen Zeitplan dafür habe er nicht genannt. „Guo war der erste Bischof seit 2006, der von der [Patriotischen] Vereinigung ohne päpstliche Zustimmung ernannt wurde“, schrieb die Zeitung und bestätigte damit indirekt die Zustimmung des Heiligen Stuhls für die in den dazwischenliegenden Jahren Geweihten. Sie zitierte ferner eine Einschätzung Zhuo Xinpings, des Leiters des Instituts für Weltreligionen an der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften, zur Erklärung des Vatikans nach der Bischofsweihe von Shantou. Es habe schon andere Bischofsweihen in China ohne päpstliche Zustimmung gegeben, aber die Exkommunikation eines Bischofs sei eine Seltenheit, so Zhuo. Die sino-vatikanischen Beziehungen könnten auf den tiefsten Stand seit den 1950er Jahren gefallen sein (China Daily 22.07.).

22.–25. Juli 2011:
Chinaweit größte Messe für muslimische Lebensmittel tagt in Qinghai
Zur „Fünften chinesischen (Qinghai) internationalen Messe für halal-Lebensmittel und -Produkte“ kamen nach Angaben der Provinzregierung von Qinghai 3.000 Geschäftsleute aus China und 28 weiteren Ländern. Die Messe wird vom Chinesischen Rat für die Förderung des internationalen Handels sowie den Provinzregierungen von Qinghai, Gansu, Shaanxi und Xinjiang veranstaltet. Die Chinesische Islamische Vereinigung fungiert als eine der „unterstützenden Organisationen“. Nach Angaben der Messe-Website weist die chinesische halal-Industrie eine Wachstumsrate von jährlich 10% auf (Xinhua 22.07.; www.halalfair.org).

23. Juli 2011:
Schweres Zugunglück bei Wenzhou – Berichte über katholische und buddhistische Reaktionen
Wie die chinesische katholische Zeitung Xinde (Faith) schrieb, half ein Katholik mit einer kleinen Gruppe Freiwilliger bei der Bergung von Opfern an der Unglücksstelle. Katholiken der Diözese Wenzhou besuchten Opfer in den Krankenhäusern und spendeten Blut, heißt es in dem Bericht. Drei speziell geschulte Ordensfrauen des katholischen Sozialdiensts Jinde Char­ities beteiligten sich in Absprache mit den zuständigen Gesundheitsbehörden an der psychologischen Betreuung von Opfern und Angehörigen. UCAN zufolge rief auch der Koadjutor-Bischof von Wenzhou, Shao Zhumin, der die Gemeinschaft im Untergrund leitet, die Gläubigen zu Gebet und Hilfe auf. Buddhistische Tempel in Zhejiang, Shanghai, Hubei und Hebei hielten Gebetsversammlungen für die Opfer ab und rezitierten Sutren, „um die Seelen der Toten vom Leiden zu befreien“, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua am 29. Juli.
Bei der Kollision zweier Hochgeschwindigkeitszüge starben 40 Menschen, etwa 200 wurden verletzt. In China gab es Kritik an den Behörden, denen vorgeworfen wurde, die Unglücksursache zu verschleiern (South China Morning Post 28.,31.07.; taz 1.08.; UCAN 25.07.; Xinde 10.08.; www.xinde.org 24.07.).

23. Juli 2011:
Priester Chen Hailong (Diözese Xuanhua) wird aus der Haft entlassen
In der fast viermonatigen Haft in einem Gästehaus habe man den Priester Chen Hailong (Foto: UCAN) nach dem Aufenthaltsort des über 80-jährigen Bischofs Thomas Zhao Kexun von Xuanhua befragt, der sich im Untergrund versteckt hält, und dazu zu bewegen versucht, die Prinzipien einer (von Rom) unabhängigen Kirche und einen „Priesterausweis“ der offiziellen Kirche zu akzeptieren, berichtete UCAN unter Berufung auf örtliche Quellen. Zwei Monate der Haft habe er in Isolation verbracht. Der junge Priester war im April d.J. in Beijing verhaftet worden. Am 13. April hat die Kommission Justitia et Pax der Diözese Hongkong die Regierung von Zhangjiakou (Nord-Hebei) aufgerufen, die dauernde Verfolgung der katholischen Untergrundkirche in diesem Gebiet zu beenden, zu dem auch Xuanhua gehört (UCAN 4.08.; vgl. Einträge vom 8. und 13. April sowie vom 22. Juni 2011).

25. Juli 2011:
Entgegnung des Staatlichen Religionsbüros auf die Erklärungen des Heiligen Stuhls zu den Weihen von Leshan und Shantou
In der ersten offiziellen Entgegnung der chinesischen Regierung auf die Erklärungen des Heiligen Stuhls nach den beiden Bischofsweihen von Leshan und Shantou wird festgestellt, dass die Bedrohung der beiden Bischöfe mit der „sogenannten ‚Exkommunikation‘“ durch den Vatikan ein „äußerst unvernünftiges und brutales Verhalten“ sei, das die katholische Kirche Chinas zutiefst verletzt habe. Bereits in den 1950er Jahren habe der Vatikan schon einmal mit Exkommunikation gedroht, woraufhin sich die katholische Kirche Chinas zum Weg der Selbstwahl und -weihe von Bischöfen entschlossen habe. Der Vatikan solle die Exkommunikationen widerrufen und auf den Pfad des echten Dialogs zurückkehren (siehe Wortlaut der Entgegnung in der Dokumentation dieser Nummer; vgl. UCAN 25.07.)

1. August 2011:
Das katholische Sozialwerk Jinde Charities wird offiziell eine Stiftung
Am 31. Mai 2011 gelang es der Organisation, sich beim Amt für Zivilangelegenheiten der Provinz Hebei als Stiftung zu registrieren – wie sie in eigener Sache in der Zeitung Xinde (Faith) berichtete. Sie führt nun den offiziellen Namen Hebei Jinde gongyi jijinhui (Hebei Jinde Charities Foundation). Seit 2006 war sie unter dem Namen Hebei Jinde gongyi shiye fuwu zhongxin (Hebei Jinde Charities Service Center) registriert – der Kurzname Jinde Charities, den sie seither benutzt, wird künftig weiter verwendet. Die Umwandlung in eine Stiftung zum 1. August 2011 ging mit der Einrichtung eines neuen Kontos und eines neuen offiziellen Stempels einher. Der größte Unterschied sei, dass Jinde nun „standardisierte Spendenquittungen ausstellen kann, die vom staatlichen Finanzamt gedruckt werden“, sagte Jindes Fundraising-Direktorin Maria Hu Limin gegenüber UCAN. In einem nächsten Schritt wolle Jinde seinen Stiftungsstatus weiter erhöhen, um künftig öffentlich für Spenden werben zu können (die staatlichen Bestimmungen unterscheiden zwischen „public fundraising foundations“ gongmu jijinhui und „non-public fund­raising foundations“ fei gongmu jijinhui).
Die Organisation wurde im Mai 1997 unter dem Namen Beifang Jinde gegründet und im August 1998 staatlich zugelassen, sie war damals die erste katholische sozial-karitative Einrichtung in der Volksrepublik China. Unter dem Motto „Nächstenliebe praktizieren – den Glauben bezeugen“ arbeitet Jinde nach eigenen Angaben in folgenden Tätigkeitsfeldern: Katastrophen- und Nothilfe, Entwicklungs- und Sozialprojekte, Aus- und Fortbildungsprojekte, Stipendien (auch für geistliche Berufe), AIDS- und Menschenhandelsprävention sowie die Sorge für alte Menschen (UCAN 9.08.; Xinde 10.08.; www.jinde.org; vgl. China heute 1998, Nr. 6, S. 15; 2001, Nr. 1, S. 11f.).

1. August 2011:
Chinesische protestantische Zeitschrift Tianfeng geht online
In einer Probephase bis 30. September konnte die Zeitschrift kostenlos online gelesen werden, ab 1. Oktober 2011 ist der Zugang kostenpflichtig. Die Druckausgabe erscheint weiterhin. Online- und Druckausgabe sind identisch. Damit habe die Medienarbeit der protestantischen Kirche(n) in China einen großen Schritt vorwärts gemacht, schrieb die Tianfeng-Redaktion. Tianfeng ist das offizielle Organ der Protestantischen Drei-Selbst-Bewegung und des Chinesischen Christenrats. Die Online-Ausgabe ist unter tianfeng.ccctspm.org/tianfeng/ zu finden.
Am 8. August ging die chinesischsprachige Website zur Bibelausstellung (http://china.bibleinchina.org) der offiziellen Leitungsgremien des Protestantismus in China ans Netz; die englischsprachige Version (www.bibleinchina.org) war schon vorher online. Die Bibelausstellung wandert seit einigen Jahren durch die Welt; 2007 war sie auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag in Köln zu sehen (www.ccctspm.org 1.,8.08.; vgl. China heute 2007, Nr. 4-5, S. 133).

8. August 2011:
KP-Chef von Xinjiang ruft nach neuen Gewaltausbrüchen zu „harter Niederschlagung religiöser Extremisten“ auf
Parteisekretär Zhang Chunxian rief die Lokalbehörden dazu auf, mit Hilfe der Öffentlichkeit illegale religiöse Aktivitäten zu unterbinden und gegen die Verwendung von Religion zur Anstiftung zu Gewalt und Terror vorzugehen. Laut Xinhua wurden auch die Imame in Xinjiang aufgerufen, illegale religiöse Versammlungen zu bekämpfen. Das Amt für Öffentliche Sicherheit von Xinjiang kündigte am 16. August ein „scharfes Vorgehen gegen gewalttätige kriminelle Aktivitäten“ an, das vom 11. August bis zum 5. Oktober dauern soll. Am 30. und 31. Juli waren in der Stadt Kashgar in zwei gewaltsamen Vorfällen nach offiziellen chinesischen Angaben 13 Menschen getötet und 44 verletzt worden; die Angreifer seien jeweils Uiguren gewesen. Am 13. September verurteilten Gerichte in Hotan und Kashgar im Zusammenhang mit den Vorfällen vier Menschen zum Tod, zwei weitere zu 19 Jahren Gefängnis.
Kommentatoren kritisierten, dass Beijing die ethnischen Spannungen in Xinjiang mit Investitionen und wirtschaftlicher Entwicklung zu lösen versuche, ohne seine Bildungs-, Sprach- und Religionspolitik in dem uigurischen Gebiet zu ändern (South China Morning Post 1.08.; Xinhua 31.07.; 8.08.; 14.09.; Zhongguo xinwen she 16.08.)

9.–21. August 2011:
Offizieller Panchen Lama besucht tibetische Klöster in der Provinz Gansu
Bei den Besuchen in fünf tibetischen Klöstern, darunter das Kloster Labrang, habe der 21-jährige Panchen Lama religiöse Rituale für über 50.000 tibetische Buddhisten durchgeführt, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua. Während eines Seminars mit Religionsvertretern in Gannan habe er sich beeindruckt von der Religionsfreiheit in der Region gezeigt.
Berichten westlicher Medien zufolge stieß der Besuch des von der chinesischen Regierung eingesetzten Panchen Lama bei den Mönchen des Klosters Labrang auf Widerstand. Im Kloster seien Flugblätter verteilt worden, auf denen es hieß, der Lama sei nicht willkommen. Polizeiliche Sicherheitsmaßnahmen seien im Vorfeld des Besuchs verschärft und Besuche ausländischer Touristen verboten worden (AFP, VOA nach TibetInfoNet Tibet News Digest 30.07.–12.08.; Xinhua 22.08.).

10. August 2011:
Parteizeitung greift Anklage des irischen Ministerpräsidenten gegen Vatikan auf
Der irische Ministerpräsident habe den Vatikan im Zusammenhang mit dem Kindesmissbrauchsskandal der Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates beschuldigt, schrieb die People’s Daily Online. Die Geschichte Europas sei ein ständiger Kampf gegen die Macht der Kirche. Dies sei die historische Last des Westens und sein eigenes Problem. Aber China habe das Recht, den Vatikan als einzige Autorität für die Ernennung von Priestern (sic) in fernen Ländern in Frage zu stellen (People’s Daily Online 10.08.).

12.–23. August 2011:
Seelsorge bei der Sommer-Universiade im südchinesischen Shenzhen
Für die über 10.000 studentischen Sportlerinnen und Sportler aus aller Welt standen im „Religious Service Center“ des Universiade-Dorfs Gebetsräume zur Verfügung: je einer für Buddhisten, Katholiken, Protestanten und Muslime sowie mehrere, die von anderen religiösen Gruppen gemeinsam genutzt werden konnten. Die Gläubigen wurden dort von den 107 Mitarbeitern des religiösen Zentrums, darunter 14 religiöse Amtsträger der vier genannten Religionen, betreut. Für die Katholiken waren dies zwei Priester und zwei Schwestern der Diözese Beijing. Katholische Pfarreien in der Stadt verstärkten das Angebot an englischsprachigen Messen.
Die alle zwei Jahre stattfindenden Weltsportspiele der Studenten werden von der International University Sports Federation veranstaltet (UCAN 9.08.; Xinde 20.08., www.fisu.net 17.08.).

15. August 2011:
Berichte über weitere Selbst­verbrennung eines tibetischen Mönchs
Der 29-jährige Mönch Tsewang Norbu vom Nyitso-Kloster in Tawu habe sich mit Benzin übergossen und angezündet und dabei „Wir Tibeter wollen Freiheit“ und „Lang lebe der Dalai Lama“ gerufen, berichtete das Free Tibet Network in London. Xinhua meldete den Tod des Mönchs auf einer Brücke in Tawu (chin. Daofu) im Autonomen tibetischen Bezirk Kardze (chin. Ganzi), Provinz Sichuan, ohne Einzelheiten zu nennen (Radio Free Asia 15.08.; TibetInfoNet Tibet News Digest 13.–26.08.).

16.–21. August 2011
Weltjugendtag in Madrid mit begrenzter chinesischer Teilnahme
Am katholischen Weltjugendtag nahmen 800 Delegierte aus Hongkong teil – die größte Gruppe, die die Diözese jemals zu einem Weltjugendtag schickte. Mehr als 550 Teilnehmer kamen aus Taiwan, mindestens 300 Jugendliche aus Singapur. Wie Teilnehmer berichteten, waren auch Katholiken aus beiden Teilen der festlandchinesischen Kirche anwesend, aufgrund der spezifischen Ausreiseproblematik jedoch nur in inoffiziellen, kleineren Gruppen (UCAN 29.07.; 2.08.; Vatican Radio 17.08.; private Berichte).

18. August 2011:
Einheitsfrontvertreter: Über 75% der chinesischen Intellektuellen sind nicht Mitglied der KP Chinas
Laut Chen Xiping, Vizeminister der Einheitsfrontabteilung der KP Chinas, sind rund 90 Mio. der 120 Mio. Chinesen mit Hochschulabschluss keine Parteimitglieder. Sie seien dennoch ein wichtiger Teil der „Einheitsfront“ des Landes, äußerte Chen auf einem von Einheitsfrontabteilung und Bildungsministerium veranstalteten Seminar (Xinhua 18.08.).

20./21. August 2011:
Untergrundführer der Diözese Tian­shui (Provinz Gansu) festgenommen
Der Diözesanadministrator Priester Wang Ruohan, der emeritierte Bischof Wang Milu und der Priester Wang Ruowang (drei leibliche Brüder), mehrere andere Priester und etwa zwanzig Gemeindeleiter wurden den Berichten zufolge mehrere Tage festgehalten, befragt und mussten an Studiensitzungen teilnehmen. Am 25. August wurden sie freigelassen. Die Untergrundgemeinschaft von Tianshui habe bisher ein entspanntes Verhältnis zu den Behörden gehabt; es werde vermutet, dass man sie nun dazu bringen wollte, den offiziellen Bischofskandidaten zu akzeptieren, hieß es bei Asianews. Seit dem Rücktritt von Bischof Wang Milu 2003 und dem Tod des offiziellen Bischofs Zhao Jinglong 2004 ist der Diözesansitz vakant. Administrator und Bischofskandidat der offiziellen Seite ist der Priester Zhao Jianzhang, eine Neffe von Bischof Zhao. Die Diözese Tianshui mit insgesamt 20.000 Katholiken hat 27 Priester, von denen 15 dem Untergrund angehören (Asianews 24.,26.08.; UCAN 23.08.).

21. August 2011:
Erste Frau erhält den Geshe-Titel des tibetischen Buddhismus
Das Institute of Buddhist Dialectics im indischen Dharamsala verlieh den Titel an Kelsang Wangmo, eine aus Deutschland stammende buddhistische Nonne. Der Geshe-Titel ist der höchste akademische Grad des tibetischen Buddhismus. Bisher hat in der Geschichte des tibetischen Buddhismus noch nie eine Frau diesen Titel erlangt, da im traditionellen Tibet Nonnen keine akademischen Studien betrieben (tibetconnections.org nach TibetInfoNet Tibet News Digest 13.–26.08.)

23. August 2011:
Friedensgebet der Religionen in Taiwan am Jahrestag des Bombardements von Jinmen und zur Hundertjahrfeier der Republik
30.000 Gläubige und religiöse Führer der Buddhisten, Katholiken, Protestanten, Daoisten, von Yiguandao, Tiandijiao und anderen religiösen Gruppen in Taiwan beteten gemeinsam für Liebe und Frieden im Land und in der Welt. Als Teilnehmer namentlich genannt werden in den Berichten Meister Xingyun vom buddhistischen Foguangshan-Kloster, Kardinal Shan SJ und Erzbischof Peter Liu Cheng-chung von Gaoxiong sowie Taiwans Präsident Ma Yingjiu. Zum interreligiösen Friedensgebet auf dem Gelände des Fo Guang Shan Buddha Memorial Center in Gaoxiong hatte die Buddha’s Light International Association eingeladen. Zum Programm gehörten auch religiöse Lieder und Tänze der verschiedenen Religionsgruppen. Am 23. August 1958 begannen Truppen der Volksrepublik China ein 44-tägiges Bombardement der vor der festlandchinesischen Küste gelegenen, aber zu Taiwan gehörigen Insel Jinmen (Kinmen, Quemoy) (UCAN 25.08.; www.kwongwah.com.my 24.08.; www.bltv.tv).

bis 23. August 2011:
Studienreise für Führer der offiziellen katholischen Kirche führt nach Harbin
An der von der Einheitsfrontabteilung der KP Chinas und dem Staatlichen Religionsbüro gemeinsam organisierten einwöchigen Tour nahmen 16 Bischöfe, einige Priester, Laien und eine Schwester teil. Die meisten Tourteilnehmer sollen an den beiden ohne päpstliche Zustimmung erfolgten Weihen von Leshan und Shantou beteiligt gewesen sein. Zunächst hatte das Reiseziel Harbin laut Quellen aus der chinesischen Kirche die Besorgnis ausgelöst, dort würde eine weitere illegitime Weihe vorgenommen. Priester Yue Fusheng von der Diözese Harbin soll Gerüchten zufolge in den nächsten Monaten zum Bischof geweiht werden (ein Anzeichen dafür ist, dass er wie Lei Shiyin und Huang Bingzhang im letzten Dezember zu einem der Vizevorsitzenden der Patriotischen Vereinigung ernannt wurde), hat aber keine päpstliche Ernennung. Die Priester der Diözese Harbin widersetzen sich bislang dieser Weihe, meldete Asianews (18.07.; UCAN 22.08.).

25. August 2011:
Diözesanadministrator von Heze (Shandong) zu drei Jahren Arbeitslager verurteilt
Der 48-jährige Priester Wang Chengli, Administrator der Diözese Heze im Untergrund, wurde am 3. August in Luquan (Kreis Dongming) im Haus eines Laien verhaftet. Die mit ihm festgenommenen Priester Zhao Wuji, Li Xianyang und Sun Guicun wurden am 7. bzw. 8. August freigelassen (Sun allerdings nur vorübergehend). Die Priester sollten entweder zum Beitritt zur Patriotischen Vereinigung gezwungen werden, oder die Verhaftungen stünden in Zusammenhang mit der im offiziellen Teil der Diözese geplanten Bischofsweihe, vermuteten Quellen von UCAN. Asianews zufolge wurde Wang Chengli am 25. August zu drei Jahren Umerziehung durch Arbeit verurteilt. Die Diözese Heze hat laut UCAN „eine Handvoll“ Untergrundpriester und vier offizielle Priester; ihr letzter Bischof Wang Dianduo starb bereits 2004 (Asianews 6.,26.08.; UCAN 12.08.).

25./28. August 2011:
Zhang Qingli, Parteisekretär des Autonomen Gebiets Tibet, wechselt in die Provinz Hebei
Zhang war Parteisekretär in Tibet seit Mai 2006. In seine Amtszeit fielen die Unruhen in Tibet im Frühjahr 2008 und deren Niederschlagung. Am 28. August wurde seine Ernennung zum Parteisekretär der Provinz Hebei bekanntgegeben. Die Nachrichtenagentur Reuters spekulierte über Hintergründe und Folgen seines Wechsels vom „heavily Buddhist Tibet“ ins „heavily Catholic Hebei“. In Hebei lebt rund ein Viertel der 8–12 Mio. Katholiken Chinas mit einem starken Anteil an Gemeinden im Untergrund. Unter den 70 Mio. Einwohnern der Provinz sind die Katholiken aber nur eine Minderheit von schätzungsweise 4% der Bevölkerung. Der Nachfolger Zhang Qinglis in Tibet ist Chen Quanguo – er war zuletzt Provinzgouverneur von Hebei (Reuters 29.08.; Xinhua 25.,28.08.).

29./30. August 2011:
Drei Mönche des Klosters Kirti wegen Selbstverbrennung eines Mitmönchs zu hohen Haftstrafen verurteilt
Im Fall des Mönches Rigzin Phuntsog, der sich am 16. März 2011 offenbar aus Protest gegen die chinesische Regierung selbst verbrannt hatte, wurde Drongdru (Lobsang Tsondru), ebenfalls ein Mönch des Klosters Kirti und Onkel und Lehrer des Toten, laut Xinhua am 29. August vom Kreisgericht Ma᾽erkang (Barkham) wegen Mordes zu 11 Jahren Gefängnis verurteilt, weil er den verletzten Mönch versteckt und so die Notfallbehandlung verhindert habe, woraufhin dieser gestorben sei. Zwei andere Mönche des Klosters, Tsering Tenzin und Tenchum, wurden am 30. August zu 13 und 10 Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie die Selbstverbrennung ihres Mitmönchs Rigzin Phun­tsog geplant, angestiftet und dabei assistiert hätten. Beide hätten sich vor Gericht schuldig bekannt und Reue gezeigt. Dem Xinhua-Bericht zufolge begrüßten einige tibetische Mönche das Urteil, da die Verurteilten „gegen das Dharma und gegen das Gesetz“ gehandelt hätten.
Zwei im Mai 2011 verhaftete Mönche des Klosters Kirti, Lobsang Khedup und Lobsang Gyatso, wurden nach Angaben des TCHRD in Dharamsala im Juli 2011 zu drei Jahren Gefängnis verurteilt, die Anklage sei nicht bekannt. Phayul meldete Ende Juli die Verurteilung eines weiteren Mönchs des Klosters zu drei Jahren; die „Belagerung“ des Klosters durch Staatsbeamte und Polizei halte weiter an (English.news.cn 31.08.; TibetInfoNet Tibet News Digest 2.–15.07.; 16.–29.07.; 27.08.–9.09.; vgl. Einträge vom 16. März 2011 und 21./22. April 2011).

30. August bis 10. September 2011:
Anglikanische Kirchenführer aus Afrika, Lateinamerika und Südostasien besuchen China
Die 11 Primasse der Global South Anglican Communion folgten einer Einladung von Wang Zuo’an, Direktor des Staatlichen Büros für religiöse Angelegenheiten (BRA), der im Mai 2011 einige anglikanische Kirchenprovinzen in Afrika besucht hatte. Erzbischof John Dew von Singapur leitete die Delegation. In einem am Ende der Reise verfassten Statement zeigten sich die Kirchenführer beeindruckt vom Wachstum und den Aktivitäten der Kirche in China, der Amity-Druckerei, die auch viele Bibeln für Afrika druckt, und der Amity Foundation. Man sei begeistert von der Einladung der chinesischen Kirche, mit der Unterstützung des BRA langfristige Beziehungen zum Globalen Süden der anglikanischen Gemeinschaft aufzunehmen. Die Mehrheit der Anglikaner finde sich nicht mehr im Westen, sondern in den Kirchen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas. Man sei tief betrübt über die Erosion der Orthodoxie in vielen anglikanischen Kirchen des Westens, die bis hin zu Ordination aktiv homosexueller Geistlicher und Bischöfe reiche, heißt es in dem Statement.
Am 2. September besuchte die Delegation das Büro der Patriotischen Vereinigung und der offiziellen Bischofskonferenz der katholischen Kirche und traf den Vorsitzenden der Letzteren, Bischof Ma Yinglin.
Eine ungenannte anglikanische Quelle in Hongkong sagte zu UCAN, die anglikanische Kirche in Hongkong habe nichts mit der Delegation zu tun (UCAN 7.09.; www.sara.gov.cn 31.08.; Statement unter www.globalsouthanglican.org 14.09.).

31. August 2011:
Muslime feiern Ende des Ramadan – Einschränkungen des Fastens in Xinjiang
Millionen Muslime in China feierten das Fest des Fastenbrechens, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua. Die Regierung von Xinjiang habe den 31. August zum öffentlichen Feiertag erklärt, um den Gläubigen Zeit für Gottesdienste und Feiern zu geben. Zehntausende Muslime hätten die Morgengottesdienste in Urumqi besucht, es habe keine Zwischenfälle gegeben, erklärte der Parteisekretär der Stadt. Pakistans Präsident Asif Ali Zardari, der zur Eröffnung der China-Eurasia-Expo gekommen war, betete laut Xinhua an dem Festtag in einer provisorischen Moschee in einem Hotel in Urumqi.
Die Regierungspolitik gegenüber dem Ramadan werde in Xinjiang seit 1993 jährlich strikter, meldete hingegen die Los Angeles Times. Normale Menschen könnten beten und fasten, doch wer zur Schule gehe, studiere oder für die Regierung arbeite, dürfe nicht religiös leben. So begleiteten dem Bericht zufolge während des Ramadan Dozenten in Kashgar ihre Studenten mittags zur Mensa, um sicherzugehen, dass sie nicht fasten. Restaurants sei verboten worden, während des Ramadan tagsüber zu schließen. Das Vorgehen der Behörden gegen Religion in Xinjiang ist nach Meinung von Dru Gladney vom Pomona College in Kalifornien jedoch kontraproduktiv. Es bewirke, dass immer mehr Menschen Religion eher als Form des Widerstands denn der persönlichen Frömmigkeit betrachten (Los Angeles Times 11.09.; Xinhua 31.08.).

31. August 2011:
Hauskirchenführer Zhang Rongliang aus Haft entlassen
Zhang Rongliang wurde neun Monate vor Ende seiner Haftstrafe vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen, meldete die China Aid Association. Der in den USA angesiedelten Organisation zufolge war Zhang 2004 verhaftet und wegen „Passerwerbs durch Betrug“ und „illegalen Grenzübertritts“ im Juli 2006 zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Zhang Rongliang ist der Führer der protestantischen Fangcheng-Hauskirchenbewegung in Henan und des Hauskirchennetzwerks „China for Christ Church“, das nach Angaben von China Aid geschätzte 10 Mio. Mitglieder hat (www.chinaaid.org 15.09.; zu Zhang Rongliang siehe auch China heute 2005, Nr. 4-5, S. 150f.).

31. August 2011:
Katholische Kirche gegen Einführung des Fachs „moralische und nationale Erziehung“ an Hongkongs Schulen
Zu einem Papier über die Einführung eines neuen Pflichtschulfachs „moralische und nationale Erziehung“, das das Erziehungsbüro der Hongkonger Regierung am 13. Mai 2011 zur öffentlichen Konsultation vorgelegt hatte, nahm das Katholische Erziehungsbüro der Diözese Hongkong am letzten Tag der Konsultationsfrist ablehnend Stellung. Der Plan sei ein Rückschritt. Die dort angestrebte „Bürgerqualität“ scheine blinde und absolute Unterstützung des Staates zu involvieren. Die katholische Kirche halte Achtung der Menschenwürde, Streben nach einem sinnvollen Lebens, Heiligkeit und Transzendenz für grundlegendere Werte als Patriotismus, heißt es UCAN zufolge in der schriftlichen Stellungnahme. Laut UCAN fürchtet das Katholische Erziehungsbüro auch, dass das neue Fach eine Reduzierung des Religionsunterrichts nötig machen könnte. 111 der 572 Primarschulen und 87 der 533 Sekundarschulen Hongkongs sind in katholischer Trägerschaft.
Generell ist das geplante Schulfach in Hongkong offenbar umstritten. Viele fragten sich, ob Propaganda im Stile Bei­jings über das öffentliche Bildungssystem in Hongkong eingeführt werden solle, schrieb etwa die South China Morning Post (Hong Kong Sunday Examiner 9.09.; South China Morning Post 5.09.; UCAN 21.09.).

September 2011:
Auseinandersetzungen zwischen Bischöfen und Behörden um Absetzung des Rektors verhindert Studienbeginn am Priesterseminar in Taiyuan
Der 45-jährige Priester Chang Tongxi, Rektor des Montecorvino-Seminars in Taiyuan seit 2009, war vom Vorstand des Seminars – vertreten durch den Vorsitzenden Bischof Huo Cheng von Fenyang, zwei weitere Bischöfe und zwei Diözesanadministratoren – am 18. Juni entlassen worden. Grund für die Absetzung sollen die Unterschlagung von Geldern des Seminars und Probleme im persönlichen Verhalten Changs gewesen sein. Asianews zufolge wandte sich Chang an das Religionsbüro der Provinz, das im August die Wiedereinsetzung des Rektors forderte und damit drohte, das Seminar andernfalls für unbestimmte Zeit zu schließen. Laut UCAN argumentierten die Behörden, der Seminarvorstand habe ohne offizielle Erlaubnis gehandelt und gegen die Vorschriften für religiöse Angelegenheiten verstoßen. Die Einmischung der Regierung habe die Situation verkompliziert, erklärten kirchliche Stimmen gegenüber UCAN; die Leitung des Seminars sei eine rein innerkirchliche Angelegenheit. Das neue Studienjahr hätte Anfang September beginnen sollen.

6.–10. September 2011:
Fortbildung des Staatlichen Religionsbüros für kirchliches Personal der protestantischen Gremien auf Lokalebene
150 Teilnehmer aus ganz China kamen zum „2. Fortbildungskurs für christliche patriotische Persönlichkeiten im Jahr 2011“ nach Beijing. Es sei um „heiße Fragen“ gegangen, wie die Leitlinie der Partei für die Religionsarbeit und die Verstärkung des Rechtsbewusstseins in den religiösen Kreisen – explizit erwähnt werden in der Meldung des Religionsbüros die staatlichen Vorschriften zur Akteneintragung religiöser Amtsträger und zur Überwachung der Finanzen religiöser Versammlungsstätten (www.sara.gov.cn 7.09.).
Ähnliche Fortbildungen führt das Religionsbüro regelmäßig auch für religiöse Amtsträger anderer Religionen durch.

12. September 2011:
Xinhua: 990 Mio. Yuan Regierungs­gelder für den Wiederaufbau von 87 tibetischen Klöstern in Yushu
63 Prozent der bei dem Erdbeben im Autonomen tibetischen Bezirk Yushu (Provinz Qinghai) beschädigten 87 Klöster seien inzwischen wiederhergestellt, meldete die staatliche Nachrichtenagentur. Die Ruinen des fast völlig zerstörten Kloster Trangu sollen als Gedenkstätte erhalten werden, ein neues Kloster werde gebaut, heißt es in der Nachricht. 23 Mönche des Klosters Trangu starben bei dem Beben am 13. April 2010. Insgesamt tötete das Erdbeben 2.700 Menschen.
 
13.–15. September 2011:
9. Nationalversammlung der Vertreter des chinesischen Islam tagt in Beijing
354 muslimische Abgeordnete der verschiedenen Nationalitäten kamen zu dem Treffen. An der Eröffnungssitzung nahmen Vertreter von Partei und Staat teil, darunter der Direktor des Büros für religiöse Angelegenheiten (BRA), Wang Zuo’an. Stellvertretend für die offiziellen Vertreter der übrigen vier Religionen sprach Bischof Ma Yinglin, neuer Vorsitzender der offiziellen katholischen Bischofskonferenz, ein Grußwort. Der offiziellen Website der Chinesischen islamischen Vereinigung (CIV) zufolge verabschiedete die Versammlung (wie üblich) einen Bericht über die Arbeit der letzten 5 Jahre und eine Revision der Statuten der CIV, sie beschloss ein Logo der CIV und wählte eine neue Führungsriege. Großimam Chen Guangyuan wurde als Vorsitzender der CIV wiedergewählt, zu den 18 neuen Vizevorsitzenden gehört Guo Chengzhen, der gleichzeitig Generalsekretär ist. Er sagte in der Abschlussrede u.a., die neue Führungsriege werde ohne Wanken Partei und Regierung bei der Durchführung der Religionsarbeit unterstützen, die Anpassung des Islam an den Sozialismus vorantreiben, die Koranauslegungsarbeit weiter vertiefen und die Hadsch-Organisation verstärken (www.chinaislam.net.cn 13.,15.09.).

14. September 2011:
ENI berichtet über Beteiligung chinesischer Firmen am Kirchenbau in Afrika
Chinesische Baufirmen, die afrikaweit im Straßen- und Brückenbau sehr einflussreich sind, haben in den letzten Jahren auch viele Ausschreibungen für kirchliche Gebäude gewonnen. Das stellt ein Bericht der Ecumenical News International (ENI) am Beispiel Kenias fest. So baut ENI zufolge die Firma China Zhongxing Construction einen neuen Bürokomplex für die katholische Erzdiözese Nairobi, in deren Auftrag sie bereits Wohngebäude für Diözesanmitarbeiter errichtet hat. Das Unternehmen hat auch eine Kirche für die Faith Evangelistic Ministries, eine kenianische Pfingstgemeinde, gebaut. Eine andere Baufirma, China Fushin (Fubeco Ltd.), hat die Zentrale der Kenianischen Evangelisch-Lutherischen Kirche errichtet und baut derzeit eine katholische Kirche in Kiambu bei Nairobi. Kirchenvertreter äußerten gegenüber ENI, die chinesischen Bauunternehmen seien zuverlässig und schnell; ihre Angebote seien preisgünstiger als die anderer Firmen.

15. September 2011:
Beijing Review: Studenten vom Land fallen zurück
Immer weniger Studenten aus ländlichen Regionen schaffen den Zugang auf eine der führenden Universitäten Chinas. Einer Studie zufolge kamen 2010 nur 17% der Studienanfänger an der Qinghua (Tsinghua)-Universität in Beijing vom Land, obwohl die ländlichen Studenten 62% der registrierten Teilnehmer an der landesweiten Hochschulaufnahmeprüfung ausmachten. 2011 kamen sogar weniger als 15% der Studienanfänger der Qinghua-Universität vom Land. An der Beijing-Universität sank die Zahl der vom Land stammenden Studenten von 30% zwischen 1978 und 1998 auf rund 10% in den letzten zehn Jahren. Insgesamt sei die Zahl ländlicher Studenten an führenden Universitäten in alarmierender Weise auf unter 20% gesunken. Einer der wichtigsten Gründe ist dem Artikel zufolge die unfaire Verteilung der Bildungsressourcen zwischen Stadt und Land (Beijing Review 15.09.).

16. September 2011:
Generalsekretäre der offiziellen Organisationen der „fünf großen Religionen“ weisen US-Kritik an Religionsfreiheit in China zurück
Die Kritik an China im „July–December, 2010 International Religious Freedom Report“, den das US Department of State am 13. September veröffentlichte, sei ungerechtfertigt. Die Vereinigten Staaten sollten aufhören, die Religion zur Einmischung in Chinas innere Angelegenheiten zu benutzen, äußerten die Religionsvertreter bei einem gemeinsamen Treffen in Beijing. In einer ähnlichen Stellungnahme hatten sie im Mai 2011 den Jahresbericht der United States Commission on International Religious Freedom zurückgewiesen (Xinhua 16.09.; www.state.gov/g/drl/irf/; vgl. Eintrag vom 5. Mai 2011).

24. September 2011:
Statement des Dalai Lama zur Frage seiner Reinkarnation
Solange er körperlich und geistig fit sei, wolle er klare Richtlinien zur Anerkennung des nächsten Dalai Lama aufstellen, so dass kein Raum für Zweifel oder Betrug bleibe, schreibt der 14. Dalai Lama Tenzin Gyatso in seinem fast 4.000 Wörter langen Statement. Der Hauptteil des Statements enthält eine Erklärung des Tulku-Systems und der Methoden der Anerkennung von Reinkarnationen in der Geschichte des tibetischen Buddhismus. Abschließend erklärt der Dalai Lama, dass, da eine Reinkarnation entweder aufgrund einer freiwilligen Wahl der betroffenen Person oder zumindest aufgrund ihres Karma und ihrer Gebete stattfinde, die Person, die sich reinkarniere, die einzige legitime Autorität darüber habe, wo oder wie sie wiedergeboren werde. Niemand anders könne dies manipulieren. Wenn er um die 90 sei, werde er die hohen Lamas des tibetischen Buddhismus, die tibetische Öffentlichkeit und andere, die dem tibetischen Buddhismus anhängen, konsultieren, ob die Institution des Dalai Lama fortgesetzt werden solle oder nicht. Falls Ersteres beschlossen werde, liege die Verantwortung für die Anerkennung des nächsten Dalai Lama in erster Linie bei den zuständigen Beamten des Gaden Phodrang Trust des Dalai Lama. Er [der Dalai Lama] werde klare schriftliche Instruktionen dafür hinterlassen. Außer der durch diese legitimen Methoden anerkannten Reinkarnation solle kein Kandidat anerkannt werden, den irgendjemand, etwa in der Volksrepublik China, aus politischen Gründen auswähle (www.dalailama.com/messages/tibet/reincarnation-statement).

25.–26. September 2011:
Pastoralkommission der offiziellen katholischen Gremien tagt – ungewöhnlich hochrangige Teilnahme aus der Parteiführung
In Ningde (Diözese Mindong, Provinz Fujian) traf sich zum ersten Mal die neu eingerichtete Kommission für Pastoral und Evangelisierung der staatlich sanktionierten katholischen Leitungsgremien – der Patriotischen Vereinigung und der offiziellen Bischofskonferenz. 10 Bischöfe (3 davon nicht von Rom anerkannt, darunter der Kommissionsvorsitzende Zhan Silu), 13 Priester, eine Schwester und 8 Laien nahmen teil. Spekulationen löste die Anwesenheit eines hochrangigen Kaders der zentralen Parteiführung aus, der dazu eigens aus Beijing anreiste: Zhu Weiqun, Vizedirektor der Einheitsfrontabteilung der KP Chinas, erklärte dem UCAN-Bericht zufolge den Kommissionsmitgliedern wiederholt, dass es die Hauptaufgabe der Kirche sei, am Patriotismus festzuhalten. Die zwei Leitungsgremien müssten „nicht zweideutig, sondern fest zum Prinzip der unabhängigen Kirche“ stehen. Zhus Teilnahme wurde in dem Bericht als mögliches Anzeichen für stärkere Kontrolle Beijings und demonstrative Aufmerksamkeit gegenüber den katholischen Gremien gewertet, aber auch als Stärkung von Bischof Zhan Silu, in dessen Diözese Mindong 90% der Katholiken zum Untergrund gehören. Die Kommission verabschiedete auch ein Dokument. Der immer wieder Papst Benedikt XVI. zitierende Text spricht u.a. von der Notwendigkeit, das Bewusstsein für Evangelisierung bei allen Mitgliedern der Kirche zu wecken, die Anpassung der Kirche an die örtliche Gesellschaft und eine indigenisierte Theologie voranzutreiben. Er betont die wichtige Rolle der Medien bei der Evangelisierung und fordert eine verstärkte Kontrolle (guanli) der kirchlichen Websites in China, die teilweise „chaotisch“ berichteten und dadurch Einheit und Stabilität der Kirche schadeten (UCAN 12.10.; www.catholicchurchinchina.org 5.10.; 7.11. [Text des Kommissionspapiers]; siehe auch den Beitrag in den Informationen zu den religiösen Medien und in den Themen zur Kirche in Fujian).

26. September 2011:
Entgegnung eines Regierungssprechers auf das Statement des Dalai Lama
Der Titel des Dalai Lama müsse von der Zentralregierung verliehen werden, sonst sei er nicht legal, erklärte Hong Lei, Sprecher des Außenministeriums der VR China, in einem Pressegespräch. „Dem 14. Dalai Lama selbst ist der Titel von der Regierung der Republik China verliehen worden. Es gab nie die Praxis, dass der vorangegangene Dalai Lama seinen Nachfolger bestimmt.“ Zudem habe die chinesische Regierung bereits Verwaltungsmaßnahmen für die Reinkarnation Lebender Buddhas des tibetischen Buddhismus erlassen. Die Politik der Freiheit des religiösen Glaubens in China schließe natürlich die Respektierung dieser speziellen Form der Nachfolge mit ein. Alle Reinkarnationen Lebender Buddhas, der Dalai Lama eingeschlossen, sollten jedoch die religiösen Regeln, die geschichtlichen Normen und die staatlichen Gesetze respektieren, sagte Hong Lei (nach South China Morning Post 27.09.)

26. September 2011:
Erneuter Selbstverbrennungsversuch zweier tibetischer Mönche des Klosters Kirti
Die Mönche Lobsang Kalsang und Lobsang Konchok, beide 18 oder 19 Jahre alt, forderten Religionsfreiheit und riefen „Lang lebe der Dalai Lama“, bevor sie sich anzündeten, meldete die Free Tibet Campaign in London. Der Nachrichtenagentur Xinhua zufolge wurden sie von der Polizei gerettet und sofort ärztlich behandelt. Einer der Mönche war laut Free Tibet Campaign ein Bruder von Rigzin Phuntsog, ebenfalls Mönch des Klosters Kirti, der sich am 16. März aus Protest verbrannt hatte. Drei weitere Mönche des Klosters, darunter ein Onkel der beiden Brüder, wurden am 29. und 30. August (s.o.) in Zusammenhang mit Rigzin Phuntsogs Tod zu hohen Haftstrafen verurteilt. Das Kloster Kirti im Bezirk Ngawa (Aba) in der Provinz Sichuan, in dem rund 2.500 Mönche leben, steht seit Phuntsogs Selbstverbrennung im März unter sehr starkem Druck durch die Behörden. Ein tibetischer Mönch aus einem anderen Kloster im Kreis Tawu starb durch Selbstverbrennung am 15. August (s.o.) (The Guardian 26.09.; Xinhua 26.09.; www.freetibet.org 26.09.; vgl. Einträge vom 16. März 2011 und 21./22. April 2011).

26. September 2011:
Xinhua: 8–10 Mio. Abtreibungen jährlich in China
47% der abtreibenden Frauen sind unverheiratet und unter 25, erklärte Cheng Linan von der China Medical Association. Diese Daten basieren auf einer neueren landesweiten Erhebung des Verbands. Besonders hoch sei die Zahl der Abtreibungen bei Migrantinnen, da diese meist wenig Wissen über und Zugang zu Verhütungsmitteln hätten (Xinhua und English.news.cn 26.09.).

26. September 2011:
Caritas Macau übernimmt Lebensmittelbank im Auftrag der Regierung
Die Lebensmittelbank war 2009 nach dem starken Ansteigen der Inflation von der Regierung Macaus gegründet worden. Diese beschloss, den Dienst nun an eine lokale NGO auszulagern, um über die NGO-Netzwerke mehr bedürftige Menschen erreichen zu können, besonders solche, die aus verschiedenen Gründen den staatlichen Sozialämtern nicht bekannt werden. In den kommenden zwei Jahren fließen 10 Mio. Patacas (ca. 930.000 Euro) Regierungsgelder in das Projekt, 6.000 Menschen sollen erreicht werden (Fides 27.09.; UCAN 23.09.).

28. September 2011:
Wang Zuo’an: China will auf Grundlage der „zwei Prinzipien“ seine Beziehungen zum Vatikan verbessern
China wolle auf der Basis der „zwei Prinzipien“ einen ehrlichen Dialog mit dem Vatikan führen, um gemeinsam nach Lösungen für die beidseitigen Probleme zu suchen, erklärte der Direktor des Staatlichen Büros für religiöse Angelegenheiten bei einem Pressegespräch in Washington, wo er sich zur Eröffnung der Bibelausstellung der protestantischen Kirche Chinas aufhielt. Die [bereits wiederholt von chinesischer Seite geäußerten] zwei Prinzipien seien: 1. Der Vatikan müsse seine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan abbrechen; 2. Der Vatikan dürfe sich nicht im Namen religiöser Angelegenheiten in innere Angelegenheiten Chinas einmischen (nach www.china.com.cn 29.09.)

30. September 2011:
Hongkong: Philippinische Hausangestellte gewinnt Modellprozess um Aufenthaltsrecht
Das Hongkonger Einwanderungsgesetz legt fest, dass Ausländer, die mehr als sieben Jahre ununterbrochen in Hongkong arbeiten, ständiges Aufenthaltsrecht beantragen können, es schließt aber bisher ausländische Hausangestellte aus dieser Regelung aus. Das erklärte ein Hongkonger Gericht jetzt als verfassungswidrig. Die Hongkonger Regierung will Revision gegen das Urteil einlegen. Laut Reuters gibt es in Hongkong 146.000 indonesische und 139.000 philippinische Hausangestellte, von denen 117.000 länger als 7 Jahre in Hongkong arbeiten. Hausangestellte müssen bei ihren Arbeitgebern wohnen, dürfen nur als Haushaltshilfen arbeiten und müssen – wenn sie keine ständige Aufenthaltserlaubnis haben – Hongkong verlassen, sobald sie arbeitslos werden und nicht innerhalb von zwei Wochen einen neuen Job im Haushalt finden, heißt es in einem BBC-Bericht. Gegner des Urteils warnen vor zusätzlichen staatlichen Sozialausgaben, einige Politiker befürchten zudem, dass das Urteil die Hongkonger Regierung zwingen könnte, Beijing um eine Interpretation des Hongkonger Grundgesetzes zu bitten (BBC News 30.09.; Reuters 30.09.).

Katharina Wenzel-Teuber unter Mitwirkung von Jan Kwee (gezeichnete Beiträge)

Alle Quellenangaben in der Chronik beziehen sich, wenn nicht anders an­-
gegeben, auf das Jahr 2011.

Aus: China heute 2011, Nr. 3, S. 152-160, und Nr. 4, S. 217f.

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