Hier informiert Sie das China-Zentrum zur Situation der Religionen und der christlichen Kirchen in China.
ca. Mai 2017:
Video „Was wenn Atheismus eine Religion wäre?“ der Kommunistischen Jugendliga
Laut The Diplomat ist die Chinesische kommunistische Jugendliga zunehmend aktiv in dem Versuch, die Meinung von Jugendlichen zu beeinflussen. Dabei postete sie nach Angaben des Diplomat auf ihrem Weibo ein Video, das den Atheismus propagiert, mit dem Titel: „Was wenn Atheismus eine Religion wäre?“ (如果无神也是一种宗教). Offenbar dasselbe Video wurde am 5. Mai bei Youtube eingestellt; der Abspann gibt die Propagandaabteilung der Jugendliga als Produzenten an. In dem satirisch-witzig gemachten Video stößt ein junger Mann auf eine Gruppe in weiße Roben gehüllte Atheisten, deren „Pastor“ ihn in die „atheistische Religion“ einführt, deren Anhänger Naturwissenschaftler und Philosophen als Heilige verehren, physikalische Gesetze rezitieren und um Nahrung zum „allmächtigen Selbst“ beten. Im 2. Teil des Videos erklären Professoren chinesischer Spitzenuniversitäten und andere Persönlichkeiten ihre atheistische Überzeugung (The Diplomat 13.05.; Video bei www.youtube.com/watch?v=t0kPxXhd6w4.).
Ende Juni 2017:
Nationale Ausbildungsstätten der Religionen feiern die Absolventen des Jahres 2017
43 Absolventen der Chinesischen buddhistischen Akademie in Beijing erhielten am 25. Juni ihr Bachelor-Zeugnis. Am 27. Juni wurde 29 Absolventen des ebenfalls in Beijing angesiedelten Chinesischen Koraninstituts nach vierjährigem Studium das Bachelor-Zeugnis verliehen. Sie gehören drei Ethnien an – Hui, Uiguren und Kasachen. Vom protestantischen Nanjing Union Theological Seminary absolvierten am 30. Juni 109 Frauen und Männer, davon erreichten 92 einen Bachelor- und 17 einen Master-Abschluss. Am Nationalen katholischen Priesterseminar in Beijing schlossen 24 Seminaristen aus 16 Diözesen am 29. Juni das siebenjährige Theologiestudium mit einem Bachelorgrad ab. Die Absolventen dieser beiden christlichen Seminare wurden jeweils einige Tage vor ihrer Graduierungsfeier im Staatlichen Büro für religiöse Angelegenheiten (BRA) empfangen. Beiden Gruppen gab BRA-Vizedirektor Zhang Yantong Glückwünsche und politische Ermahnungen mit auf den Weg, er überreichte allen Absolventen ein Geldgeschenk. Bereits am 4. April bestanden 10 Mönche der Gelug-Schule im Jokhang-Tempel in Lhasa die Prüfung für den höchsten Studiengrad des tibetischen Buddhismus, den Geshe Lharangba, wie chinesische Staatsmedien meldeten (chinacatholic.cn 5.07.; chinaislam.net.cn 28.06.; njuts.cn 4.07.; Renminwang 7.04.; sara.gov.cn 19.,27.06.; zgfxy.cn 25.06.).
Jede der fünf anerkannten Religionen hat eine offizielle „nationale“ Ausbildungsstätte, die politisch vorrangig gefördert wird. Die Studienabschlüsse der nationalen und regionalen Ausbildungsstätten der Religionen sind inzwischen staatlich standardisiert, gelten aber nur innerhalb der religiösen Kreise. Ferner findet auch inoffizielle religiöse Ausbildung im „Untergrund“ statt.
8. April 2017:
Dalai Lama äußert sich in Tawang zur Frage seiner Reinkarnation
Der 14. Dalai Lama war vom 8.–10. April in Tawang im indischen Bundesstaat Arunachal Pradesh unweit der Grenze zu Bhutan und zur VR China, um Unterweisungen zu geben. In einem Pressegespräch am 8. April bezeichnete er den Anspruch der chinesischen Regierung, über seine Reinkarnation zu entscheiden, als „Unsinn“. Niemand wisse, wo seine Reinkarnation geboren werde; „manchmal zweifle ich sogar daran, ob ich die Reinkarnation des 13. Dalai Lama bin“. Es sei am tibetischen Volk zu entscheiden, ob es einen nächsten Dalai Lama geben werde. Er werde später in diesem Jahr möglicherweise Diskussionen über das weitere Vorgehen (hinsichtlich seiner Reinkarnation) mit prominenten tibetischen spirituellen Führern aufnehmen.
Im Vorfeld der Reise hatte China Indien mit ernsten Konsequenzen gedroht, wenn es die Reise des Dalai Lama nach Tawang erlaube, das China als Teil seines Territoriums betrachtet. Tawang ist außerdem der Geburtsort des 6. Dalai Lama. Robert J. Barnett, Tibet-Historiker an der Columbia University, sagte gegenüber der New York Times, dass alternde tibetische Lamas in manchen Fällen Orte besucht hätten, in denen sie später wiedergeboren worden seien; die Besuche des Dalai Lama in Tawang und in der Mongolei (im November 2016, vgl. China heute 2016, Nr. 4, Chronik, 19.-23. November 2016) schienen Barnett in dieses Muster zu fallen. Damit wolle der Dalai Lama die Chinesen daran erinnern, dass sie keine Kontrolle über den Ort seiner Wiedergeburt hätten, so Barnett (dalailama.com 8.04.; New York Times 7.04.; Voice of America 9.04.).
9. April 2017:
„Zweites Theravada-Gipfelforum“ in Dehong, Provinz Yunnan
Vertreter der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften, der thailändischen Chulalongkorn University, der Theravada-Universität in Rangun (Myanmar) sowie der Chinesischen buddhistischen Vereinigung hielten Vorträge. Am folgenden Tag schloss sich eine Ordination an. Das Erste Theravada-Gipfeltreffen hatte 2016 in Xishuangbanna stattgefunden (sara.gov.cn 12.04.).
In der VR China herrscht der Mahayana-Buddhismus vor, der in Südostasien verbreitete Theravada-Buddhismus des Hinayana ist in China nur in der Provinz Yunnan beheimatet.
12. April 2017:
Neugegründete „Nanhai Buddhism Academy“ auf der südchinesischen Insel Hainan beginnt Studentenwerbung – indische Zeitung spricht von bedeutendem Sieg der „soft diplomacy“ Chinas
Die neue Nanhai Buddhism Academy (南海佛学院, übersetzt „Buddhistische Akademie des Südchinesischen Meers“) werde im September 2017 studierende Mönche und Nonnen des Theravada-, des tibetischen und des Han-chinesischen Buddhismus aus der ganzen Region des Südchinesischen Meers (Nanhai) aufnehmen, sagte Meister Yinshun, Vizevorsitzender der Chinesischen buddhistischen Vereinigung und Vorsitzender der Buddhistischen Vereinigung von Hainan, bereits auf dem Bo’ao-Forum 2016. Ihrer offiziellen Website (www.nhfxy.net) zufolge soll die vom Staatlichen Religionsbüro (BRA) genehmigte neue Akademie kulturelle Verständigung und religiösen Austausch mit den Nachbarländern fördern und der staatlichen Strategie „One Belt One Road“ (OBOR, d.h. der neuen Seidenstraßen) dienen. Sie wird den ersten 220 Studierenden (Mönche, Nonnen und Laien) ein vierjähriges Grundstudium in verschiedenen Fächern anbieten, darunter auch buddhistische Musik, Kunst und Architektur, Tempel-Management und Sozialarbeit. Der von der chinesischen Regierung eingesetzte 11. Panchen Lama ist einer der Ehrenrektoren. Der Campus, der sich in imposanter Weise an der Südküste Hainans zum Meer hin erstreckt (s. Entwürfe auf der Website), soll bis Ende 2018 fertiggebaut sein.
Der Rektor der neuen Akademie, Meister Yinshun (geb. 1974), vertritt laut einem Portrait auf der Website des BRA eine „Südchinesisches Meer-Strategie“, d.h. mehr Austausch mit den buddhistischen Kreisen Südostasiens im Dienst der Gesamtstrategie Chinas. Der promovierte Mönch, der Kontakte in viele Länder Asiens pflegt, ist Abt mehrerer Klöster – darunter seit 2011 des chinesischen Zhonghua-Tempels (中华寺) in Lumbini, dem Geburtsort des historischen Gautama Buddha in Nepal.
Dem New Indian Express zufolge besetzt China mit der neuen Nanhai Buddhism Academy den „vacant Buddhist diplomacy space“, der dadurch entstanden sei, dass Indien mit dem geplanten Aufbau einer neuen buddhistischen Nalanda-Universität in Bihar nur sehr langsam vorankommt. Die neue Nanhai Academy habe enge Verbindungen zu buddhistischen Zentren in Thailand, Sri Lanka, Nepal und Kambodscha, was die Zeitung als Versuch wertet, Indien im Bereich der „soft diplomacy“ kaltzustellen und „das buddhistische Erbe Indiens zu usurpieren“. Auch fördere China „aggressiv“ Lumbini als buddhistische Pilgerstätte, um es Sarnath und Bodhgaya in Indien, wo Gautama Buddha die Erleuchtung erlangt haben soll, entgegenzusetzen (nhfxy.net; The New Indian Express 5.06.; sara.gov.cn 28.03.; 6.07.).
3. Mai 2017:
Buddha in diplomatischen Diensten
Feiern zu Buddhas Geburtstag in Beijing und Hongkong
Im Beijinger Lingguang-Tempel, wo ein Zahn Buddhas als Reliquie verehrt wird (die zweite Buddha-Reliquie in China neben Buddhas Finger im Famen-Tempel in Shaanxi), lud die offizielle Chinesische buddhistische Vereinigung (CBV) zu einem Fest zu Buddhas Geburtstag ein – um seiner Geburt zu gedenken, die überragende traditionelle Kultur Chinas zu verbreiten und „für die Strategie der ‚One Belt One Road‘ [OBOR, d.h. der neuen Seidenstraßen] eine gute internationale Atmosphäre zu schaffen“, wie es auf der Website der CBV heißt. Über tausend Personen versammelten sich dem Bericht zufolge, neben Buddhisten aus ganz China auch Botschafter bzw. diplomatische Vertreter von Kambodscha, Laos, Myanmar, Nepal, Sri Lanka, Thailand und Vietnam. Drei stellvertretende Vorsitzende der CBV, die die drei Richtungen des Buddhismus in China (d.h. chinesischer, tibetischer und Theravada-Buddhismus) vertraten, leiteten gemeinsam die Sutrenrezitation und Verehrung des Buddha. Ein Vertreter des Staatlichen Büros für religiöse Angelegenheiten (BRA) verlas ein Glückwunschtelegramm.
In Hongkong – wo Buddhas Geburtstag (Vesak) gesetzlicher Feiertag ist – wurde am 3. Mai im Coliseum eine große Segenszeremonie zu Buddhas 2561. Geburtstag und zu 20 Jahren Rückkehr Hongkongs zu China abgehalten. Neben buddhistischen Würdenträgern – darunter der Präsident der Hong Kong Buddhist Association und zwei Vizepräsidenten der CBV – und Gläubigen nahmen auch politische Vertreter aus Beijing und Hongkong an dem Ereignis teil. BRA-Vizedirektor Jiang Jianyong würdigte in einer Rede die Beiträge der Buddhisten für Hongkongs Wohlfahrt und ermahnte sie, weiter den Geist der „Liebe zum Land und zu Hongkong“ (ai guo ai Gang) zu entfalten (chinabuddhism.com.cn 3.05.; sara.gov.cn 8.05.).
19. Mai 2017:
Junger tibetischer Mönch in Qinghai verbrennt sich aus Protest
150. Selbstverbrennung seit 2009, vierte im Jahr 2017
Der 22-jährige Mönch Jamyang Losel zündete sich im Kreis Jianzha (tib. Chentsa) im Autonomen tibetischen Bezirk Huangnan (tib. Malho) in der Provinz Qinghai an und starb im Krankenhaus an den Folgen der Verbrennungen. Insgesamt haben sich laut International Campaign for Tibet im Jahr 2017 bisher vier Tibeter in der VR China aus Protest selbst angezündet, darunter am 2. Mai ein 16-jähriger, der dabei nach Freiheit für Tibet und der Rückkehr des Dalai Lama rief. Insgesamt ist die Welle der Selbstverbrennungen, die 2011 ihren Anfang nahm, in den letzten Jahren zurückgegangen, auch aufgrund massiver Gegenmaßnahmen seitens der Behörden (tchrd.org 20.05.; Liste unter www.savetibet.org/resources/fact-sheets/self-immolations-by-tibetans).
26. Juni 2017:
Liuzu-Tempel unterzeichnet Absichtserklärung zur Unterstützung des Zentrums für Buddhismuskunde in Göttingen
Wie das Göttinger Tageblatt berichtete, unterschrieb Abt Dayuan vom Liuzu-Tempel in Zhaoqing, Provinz Guangdong, China, eine Absichtserklärung zur Unterstützung des neuen Zentrums für Buddhismuskunde in Göttingen. Axel Schneider, Direktor des Ostasiatischen Seminars und Vize-Direktor des Zentrums für Moderne Ostasienstudien an der Universität Göttingen, sagte, dass der Buddhismus in China seit 20 Jahren wieder auf dem Vormarsch sei und für viele Chinesen einen „stabilen Punkt“ in unruhigen Zeiten biete. Bei der Eröffnung dieses Zentrums waren internationale Einrichtungen aus 15 Ländern und lokale deutsche Würdenträger vertreten, so die Webseite des Liuzu-Tempels.
Carsten Krause von der Universität Hamburg, wo der Liuzu-Tempel auch Veranstaltungen zum Chan-Buddhismus unterstützt, sprach von dem Willen des Chan-Buddhismus, sich der Moderne anzupassen und daher auch Forschung und Praxis zu Buddhismus in Europa zu fördern. In Deutschland baut der Liuzu-Tempel daher zur Zeit auch ein Meditationszentrum des Chan-Buddhismus in Katlenburg-Lindau auf. Das Göttinger Tageblatt zitiert die Dharmameisterin Wuru damit, dass Deutsche dort Meditationstechniken erlernen könnten, um „gesünder, freier und freudiger zu leben“. Es solle der Buddhismus, so zitiert das Tageblatt weiter Wuru, „wie der Frühlingswind Glück und Freude“ nach Deutschland bringen (Göttinger Tageblatt 26.06.; hrzh.org [Webseite des Liuzu-Tempels] 29.06.).
29./30. Juni 2017:
Konferenz „Theravada- und Mahayana-Buddhismus entlang Gürtel und Straße (OBOR)“ im Hongkonger Po Lin Kloster
160 promovierte Mönche und Buddhismusforscher nahmen an der Konferenz teil, die u.a. vom Po Lin-Kloster, einschlägigen Instituten der Nanjing University, Hong Kong University, Hong Kong Chinese University und Hong Kong Baptist University sowie der thailändischen Mahachula Buddhist University organisiert wurde. Meister Xuecheng, der Vorsitzende der Chinesischen buddhistischen Vereinigung, sagte in seiner Rede, dass Theravada- und Mahayana-Buddhismus entlang der Seidenstraßen ursprünglich eine Einheit seien. Nur durch vertiefte gegenseitige Anerkennung und Zusammenarbeit (der zwei buddhistischen Hauptrichtungen) könne die buddhistische Lehre mehr Menschen erreichen und an der Geburt einer neuen Weltzivilisation mit tiefem Einheitsbewusstsein mitwirken. Auch Jiang Jianyong, Vizedirektor des Staatlichen Büros für religiöse Angelegenheiten, sprach auf der Konferenz.
Am Morgen des 29. Juni fand im Po Lin-Kloster eine große Segenszeremonie anlässlich „20 Jahre Rückkehr Hongkongs (zu China) und 25 Jahre Tian Tan-Buddha“ statt. Die 34 Meter hohe Buddhastatue steht in der Nähe des Po Lin-Klosters auf der Insel Lantau (chinabuddhism.com.cn 30.06.; sara.gov.cn 4.07.) .
10.–12. Mai 2017:
4. Internationales Daoismusforum in den Wudang-Bergen
600 Gäste aus 30 Ländern nahmen nach Angaben chinesischer Medien an dem Treffen teil, das in den Wudang-Bergen in der Provinz Hubei, einem der heiligen Orte des Daoismus, stattfand. Organisatoren waren die staatlich gestützte Chinesische daoistische Vereinigung (CDV) und die unter dem Schirm des Staatlichen Büros für religiöse Angelegenheiten (BRA) stehende China Religious Culture Communication Association (CRCCA). Damit hatte das Treffen – wie die vorangegangenen – eine sehr offizielle Note. Am Ende verabschiedeten die Teilnehmer eine Erklärung, in der sie u.a. eine zeitgemäße Interpretation und weltweite Verbreitung des Daoismus befürworteten. Das 1. Internationale Daoismusforum fand im Oktober 2011 in Nanyue in der Provinz Hunan statt (vgl. China heute 2011, Nr. 4, S. 208-209, 224). Nach einem Bericht auf der Website der Chiesa Taoista d’Italia (Daoistische Kirche Italiens) fand am 12. Mai 2017 außerdem das erste offizielle Vorbereitungstreffen für die Gründung einer World Taoist Federation (世界道教联合会) unter Leitung von Meister Li Guangfu, dem Vorsitzenden der CDV, statt – mehr hierzu in dem Beitrag in den Informationen am Anfang dieser Nummer (http://daoxie.daoisms.org/xinwenzixun/xinwenjujiao/2017-05-13/2417.html [Erklärung, zweisprachig]; http://daoxie.daoisms.org/s/4djlt/ [offizielle Website zum Forum]; www.daoitaly.org/2017.html 12.05.).
1.–7. Juli 2017:
Statue der Meeresgöttin Mazu reist auf der „Seidenstraße des Meeres“ von Meizhou nach Kuala Lumpur und Singapur
Die per Flugzeug reisende Statue der Göttin Mazu, Patronin der Fischer und Seeleute, stammt aus dem Mazu-Tempel der Insel Meizhou, die der Provinz Fujian vorgelagert ist und als Geburtsort der historischen Mazu (des Mädchens Lin Moniang) gilt. Sie wurde von den Statuen zweier Hilfsgottheiten und einer 130-köpfigen Truppe u.a. für die Vorführung von „Volkskultur“ begleitet. Wie die Singapurer Straits Times berichtete, wurde die Mazu-Statue aus Meizhou am 5. Juli in Prozession zu sieben Tempeln in Singapur getragen und dann im Mazu-Tempel Thian Hock Keng aufgestellt. Dort wurde sie am nächsten Morgen in einer feierlichen Zeremonie verehrt, wozu viele der 38 Mazu-Tempel Singapurs ihre Mazu-Statuen ebenfalls in den Thian Hock Keng gebracht hatten. Dem offiziellen chinesischen Nachrichtenportal chinanews.com zufolge stand die Tour unter dem Thema „Kultureller Austausch der Mazu-Kultur im Geist der Seidenstraße“, also im Kontext des staatlichen Großprojekts „One Belt One Road“. Fast drei Viertel der Bevölkerung Singapurs sind chinesischer Abstammung (AsiaNews 5.07.; chinanews.com 6.06.; straitstimes.com 6.07.).
April / Mai / Juni 2017:
Radio Free Asia meldet Druck auf religiöse Praxis in Xinjiang durch verschiedene Behördenmaßnahmen, u.a. durch
Stationierung von Kadern in Familien während des Ramadan
Wie der amerikanische Sender unter Berufung auf lokale Quellen berichtete, waren während des Ramadan (26. Mai bis 24. Juni) die Maßnahmen gegen das religiöse Fasten teilweise noch schärfer als in den Vorjahren. So sollen dieses Jahr in Hotan Regierungskader 15 Tage lang in den Familien in den Dörfern stationiert worden sein, u.a. um sie vom Fasten abzuhalten. Außerdem soll laut RFA die Bevölkerung in der Großgemeinde Barin, Stadt Kashgar, Mitte Januar aufgerufen worden sein, alle vor 2012 publizierten Koranausgaben – darunter auch mit staatlicher Genehmigung erschienene – abzugeben, mit der Begründung, dass sie „einige Anzeichen von Extremismus“ enthielten. RFA meldete am 1. Juni außerdem, dass nach einer Verordnung des Amts für öffentliche Sicherheit Xinjiangs uigurische Eltern aufgefordert worden sein sollen, „übermäßig religiöse“ Namen von Kindern unter 16 Jahren bei den Behörden zu ändern – etwa Namen wie Islam, Koran, Mekka, Dschihad, Imam, Saddam oder bei Zuwiderhandeln drohe der Verlust der Haushaltsregistrierung (hukou). Die parteinahe Zeitung Global Times berichtete am 11. April, dass der Parteichef eines Dorfes in Hotan, Xinjiang, degradiert worden sei, weil er „nicht gewagt“ habe, vor religiösen Persönlichkeiten zu rauchen. Ein solches Verhalten stimme mit „extremem religiösem Denken“ überein, zitierte Global Times einen anderen Beamten aus Hotan (Global Times 11.04.; RFA 25.,26.05.; 1.,8.06.).
6.–7. April 2017:
Konferenz zum Baustil von Moscheen behandelt das Problem der „Nachahmung ausländischer Vorbilder“
Moscheegebäude in China sollten an die Situation des Landes angepasst sein und einen chinesischen Stil aufweisen, forderte die Konferenz in Xi’an, die von der Chinesischen islamischen Vereinigung (CIV), dem offiziellen Dachverband des Islam, organisiert wurde. Moscheen seien außerdem zweckmäßig und sparsam zu bauen, übermäßige Größe und Pracht seien zu vermeiden. Dem Konferenzbericht zufolge, der auf den Websites des Staatlichen Büros für religiöse Angelegenheiten (BRA) und der CIV erschien, habe sich der Islam in China im Lauf der Geschichte an der traditionellen chinesischen Bauweise orientiert und einen Moscheestil mit chinesischen Besonderheiten entwickelt, der die hochgradige Identifizierung der Muslime Chinas mit der chinesischen Kultur zeige. In den letzten zehn Jahren sei in China jedoch eine Tendenz zur „Arabisierung“ im Moscheebau aufgetaucht, mit der Neigung, in Größe und Pracht zu wetteifern und größer zu bauen, als in der Baugenehmigung erlaubt. Zhang Yantong, einer der stellvertretenden BRA-Direktoren, erklärte auf der Konferenz, das Problem der blinden Nachahmung ausländischer Vorbilder im Moscheebau sei eine Frage des Bewusstseins und es sei an der Grundrichtung einer Sinisierung des Islam festzuhalten. Moscheen dürften auch nicht als Tourismusziele gebaut werden, so Zhang. An der Konferenz nahmen Vertreter der islamischen Vereinigungen und Fachleute teil (chinaislam.net.cn 8.04.; sara.gov.cn 7.04.).
12. April 2017:
„Xinjiang-Klasse“ des Chinesischen Koraninstituts erhält Besuch vom Direktor des Staatlichen Büros für religiöse Angelegenheiten (BRA)
2016 wurde nach 15 Jahren wieder eine „Xinjiang-Klasse“ im Chinesischen Koraninstitut in Beijing – der zentralen Ausbildungsstätte des offiziellen Islam in China – eingerichtet, heißt es in dem Bericht auf der BRA-Website. Für den 5-jährigen Studiengang seien 24 Studierende aus verschiedenen Bezirken des Autonomen Gebiets Xinjiang der Uiguren ausgewählt worden. BRA-Direktor Wang Zuo’an erklärte den Studierenden aus Xinjiang, dass das Zentralkomitee der Partei der Xinjiang-Arbeit, besonders der Ausbildung junger islamischer Talente, hohes Augenmerk schenke. Er ermahnte sie, gut zu studieren und „wahrhaft gute islamische Kleriker zu werden, die politisch verlässlich sind, durch Moral und Charakter überzeugen, über gute religiöse Kenntnisse verfügen und im entscheidenden Moment Wirkung entfalten“, u.a. durch einen klaren Stand gegen den religiösen Extremismus. Das Koraninstitut rief er dazu auf, sich gut um die Studierenden aus Xinjiang zu kümmern und ihren Kontakt mit den anderen Studierenden zu fördern (sara.gov.cn 13.04.).
Zu den sog. „Inlands-Klassen“ für Tibeter und Uiguren an regulären Mittelschulen als Mittel der staatlichen Minderheitenpolitik vgl. Björn Alpermann, „Tibeter und Uiguren in China: Minderheitenpolitik und Widerstand“, in: China heute 2016, Nr. 2, S. 87-97, hier S. 90.
12. Juni 2017:
Hui-Muslim in Xinjiang wegen Betreiben einer WeChat-Gebetsgruppe zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt
Das Volksgericht von Yili im Autonomen Gebiet Xinjiang verurteilte am 10. März 2017 Huang Shike, einen Angehörigen der muslimischen Hui-Nationalität, wegen „illegaler Nutzung des Informationsnetzes“ in zweiter Instanz zu zwei Jahren Haft. Der Fall wurde bekannt, nachdem das Gerichtsurteil am 12. Juni auf wenshu.court.gov.cn (China Judgements Online), eine Online-Datenbank des Obersten Volksgerichtshofs, hochgeladen worden war. Wie aus dem Urteil hervorgeht, hatte Huang im Juni 2016 die WeChat-Gruppe „muslimisches Gebet“ gegründet, in der er (mittels Tonaufnahmen) gemeinsam mit den Teilnehmern betete und einmal einen Teilnehmer im Gebet unterwies; der Gruppe gehörten über 100 Personen an, hauptsächlich Familienmitglieder und Freunde. In einer anderen WeChat-Gruppe mit über 100 Mitgliedern erläuterte er – so das Gerichtsurteil – einmal, was der Koran über den Sinn des Opferfests sagt. Das Gericht argumentierte so: Huang habe gewusst, dass in der WeChat-Gruppe viele Personen sind, dass eine WeChat-Gruppe keine religiöse Stätte für religiöse Aktivitäten ist und dass man an Orten, die keine Stätten für religiöse Aktivitäten sind, keine religiösen Aktivitäten durchführen dürfe. Durch illegale religiöse Aktivitäten wie Koranrezitation und -unterweisung in der selbsterrichteten WeChat-Glaubensgruppe habe er die Verwaltungsordnung der normalen religiösen Angelegenheiten gestört (AP 12.09.; Urteil auf Chinesisch und in englischer Übersetzung: http://wenshu.court.gov.cn/content/content?DocID=6740b8cd-bad8-4fae-b59c-a78c00c7e475; https://uyghuramerican.org/article/man-jailed-providing-islamic-instruction-tencent-s-wechat-messaging-service.html).
15. Mai 2017:
Neue Onlineplattform zum Christentum in China
Gemäß einer Pressemeldung vom 15. Mai ging die „weltweit größte Online-Sammlung zum Chinesischen Christentum“ an den Start. Die „Online Chinese Christianity Collection“ OCCC wird vom Kingdom Business College in Beijing und Globethics.net in Genf betrieben. „Über 34.500 Volltexte in verschiedenen Sprachen können kostenlos von www.chinesechristianity.online heruntergeladen werden“, so die Pressemeldung. Zwei Drittel der Texte sind in Chinesisch, die restlichen u.a. in Englisch, Deutsch und Französisch. Als akademische Partner und Institute, von denen die Texte übernommen werden, werden die folgenden aufgeführt: China National Knowledge Infrastructure, Beijing; Institute of Sino-Christian Studies, Hongkong; Chung Chi College an der Chinese University of Hong Kong; Fujian Theological Seminary, Fuzhou; Hong Kong Baptist University; Nanjing Union Theological Seminary; Yale Divinity School an der Yale University; China InfoStelle, Hamburg; China-Zentrum, Sankt Augustin; Sino-Western Studies, Finnland; Foundation of Theological Education in South-East Asia und Open Access Repositories (www.globethics.net 15.05.; Hong Kong Sunday Examiner 17.05; UCAN 29.05.).
6. April und 18. Mai 2017:
Erzwungenes Verschwinden der „Untergrund“-Bischöfe Guo Xijin von Mindong und Shao Zhumin von Wenzhou
Bischof Shao wird weiter vermisst
Beide Bischöfe waren vom Vatikan jeweils zu Bischofskoadjutoren ernannt worden und hatten nach dem Tod ihrer Vorgänger – des im Untergrund tätigen Bischofs Huang Shoucheng von Mindong im Juli 2016 und des auch von der Regierung anerkannten Bischofs Zhu Weifang von Wenzhou im September 2016 – die Leitung ihrer jeweiligen Diözese übernommen. Eine weitere Gemeinsamkeit ist, dass besonders in der Diözese Mindong, aber auch in der Diözese Wenzhou die Gemeinschaft der Katholiken im Untergrund sehr stark ist. In beiden Fällen wird vermutet, dass die Behörden die Bischöfe verschleppten, um sie zum Beitritt in die Patriotische Vereinigung und die offizielle Bischofskonferenz zu bewegen.
Der 59-jährige Bischof Vincent Guo Xijin verschwand nach einem Besuch bei der Religionsbehörde in Fu’an am 6. oder 7. April und wurde am 6. Mai wieder freigelassen. Einer von UCAN zitierten kirchlichen Quelle zufolge wurde Bischof Guo an einem Ort festgehalten, der sonst dafür bestimmt ist, Kader unter shuangguai (dem parteiinternen Disziplinarverfahren) zu Geständnissen zu bewegen. Nach Guos Freilassung wurden drei leitende Priester der Diözese für drei Tage inhaftiert.
Der 54-jährige Bischof Peter Shao Zhumin wurde am 18. Mai von Polizei und Beamten der Religionsbehörde der Provinz Zhejiang weggebracht, nachdem die Behörde ihn einbestellt hatte. Es war bereits seine vierte Festnahme seit dem Tod von Bischof Zhu im September 2016. Laut AsiaNews wurde er am 16. Juni zufällig von einem Katholiken am Flughafen von Wenzhou gesehen, in Begleitung von Regierungsbeamten, die ihn an einen unbekannten Ort brachten. AsiaNews und UCAN berichteten auch, dass die Behörden angeblich von Bischof Shao verlangen, dass er den Vatikan überrede, einen Priester der offiziellen Kirche als seinen Koadjutor zu ernennen. Der deutsche Botschafter in Beijing und der Heilige Stuhl brachten jeweils ihre Sorge um Bischof Shao zum Ausdruck (siehe die Einträge vom 20. Juni 2017 und vom 26./27. Juni 2017 in der Rubrik „Sino-vatikanische Beziehungen“).
Auch „Untergrund“-Bischof Cui Tai von Xuanhua (Nord-Hebei) wurde nach Angaben von UCAN im Februar 2017 von Sicherheitsbehörden an einen unbekannten Ort mitgenommen, sein Verbleib war am 24. Mai unbekannt (AsiaNews 10.04.; 6.,17.,19.,21.06.; UCAN 11.04.; 11.05.; 22.,28.06.).
16. April 2017:
Katholische Ostertaufen: 19.087 Neugetaufte auf dem Festland
Nach einer Statistik der katholischen Wochenzeitung Xinde wurden in den verschiedenen Diözesen auf dem Festland zu Ostern 2017 insgesamt 19.087 Personen getauft. Die Statistik ist unvollständig, da einige Diözesen noch keine vollständigen Zahlen angegeben hatten. Die Zahl entspricht in etwa der Vorjahreszahl, die bei 19.615 Personen lag. Nach wie vor gibt es die meisten Neugetauften in der Provinz Hebei, nämlich 4.464 (2016 waren es 4.063). Alleine in der Diözese Xingtai betrug die Zahl 1.395. Beijing verzeichnete 444 Taufen, Shanghai 263. In Tibet soll es eine Taufe gegeben haben, in Hainan 8. „Wir haben uns bemüht, Zahlen sowohl von der offiziellen wie der Untergrundkirche zu erhalten“, so Priester Li Rongpin, Chefherausgeber von Hebei Faith Press (UCAN 8.05.; Xinde 30.04.).
16. April 2017:
Umstrittene Konzelebration zwischen Bischof Ma Daqin (Shanghai) und Bischof Zhan Silu (Mindong)
Der unter Hausarrest stehende Shanghaier Bischof Ma Daqin feierte seine erste öffentliche Messe seit 2012 mit dem von Rom nicht anerkannten Bischof Zhan Silu (Mindong), während gleichzeitig der von Rom anerkannte Bischof der Diözese Mindong, Guo Xijin, von den Behörden verschleppt war (s.o. Eintrag vom 6. April und 18. Mai 2017). Bischof Ma befindet sich in einer Art Hausarrest, seit er bei seiner Bischofsweihe am 7. Juli 2012 seinen Austritt aus der katholischen Patriotischen Vereinigung (PV) verkündete; sein Bischofsamt wurde ihm daraufhin von den staatlich sanktionierten Leitungsgremien der katholischen Kirche Chinas entzogen. Bischof Zhan war bei Bischof Mas Weihe 2012 anwesend gewesen (gegen den ausdrücklichen Wunsch von Bischof Jin Luxian und der Diözese), Ma ließ sich aber damals nicht die Hände von ihm auflegen. Bei der überraschenden Konzelebration am Ostersonntag 2017 in der Kathedrale von Mindong (Provinz Fujian) wurde Ma der Gemeinde als „Bischof Ma“ vorgestellt, heißt es in den Berichten. Die Konzelebration Mas mit dem illegitimen Bischof „schockierte“ (so UCAN) viele chinesische Katholiken – wie schon der Reue über den Austritt aus der PV zeigende Beitrag auf seinem Blog im Juni 2016 und seine erneute Übernahme von zwei Posten in der PV im September 2016 und Januar 2017. Dennoch scheinen diese Zugeständnisse an die Behörden Bischof Ma dem Antritt seines Amts in der Diözese Shanghai bisher nicht nähergebracht zu haben: Bei der Priesterweihe in Shanghai am 7. Juni 2017 – der ersten, die seit 2013 in der Diözese stattfand – war Bischof Ma nicht anwesend. Sie wurde durch Bischof Shen Bin von Haimen (Provinz Jiangsu) gespendet, den „derzeit einflussreichsten“ (so UCAN) Mann im offiziellen Teil der Kirche; nur ein Drittel der Shanghaier Priester nahm teil. Am 18. Mai 2017 legten 17 Ordensfrauen der Diözese zeitliche und ewige Gelübde ab; wie UCAN berichtete, hatten die Behörden seit 2013 die Ablegung der Schwesterngelübde in Shanghai gestoppt. Eine von UCAN zitierte Quelle glaubt, dass die Behörden Weihe und Gelübde in Shanghai erst erlaubten, nachdem Bischof Ma die genannten Kompromisse eingegangen war. Die Diözese Shanghai ist derzeit effektiv ohne bischöfliche Leitung und in einem instabilen Zustand (AsiaNews 16.04.; 8.06.; Hong Kong Sunday Examiner 22.04.; UCAN 17.04.; 9.06.).
20. April 2017:
Bischof Anicetus Wang Chongyi von Guizhou stirbt
Der sowohl von Rom wie auch der chinesischen Regierung anerkannte Bischof starb 97-jährig in einem Krankenhaus in Guiyang. Bischof Wang wurde am 26. Oktober 1919 in eine katholische Familie geboren und trat mit 13 Jahren ins Kleine Seminar von Guiyang ein. 1949 wurde er zum Priester geweiht und arbeitete als Pfarrer in verschiedenen Gemeinden. Während der Kulturrevolution wurde er verhaftet und zur Arbeit aufs Land geschickt. 1979 konnte er seine Pfarrtätigkeit wieder aufnehmen. Am 4. Dezember 1988 wurde Wang Chongyi zum Bischof von Guiyang geweiht. Am 8. September 2014 trat er von seinem Bischofsamt zurück, Papst Franziskus nahm den Rücktritt am 4. März 2015 an. Die Leitung der Diözese übernahm sein Koadjutor Paul Xiao Zejiang, den Bischof Wang bereits am 8. September 2007 geweiht hatte. Die Regierung schloss 1988 die Diözesen Anlong, Guiyang und Shiqian zur Diözese Guizhou zusammen. Bischof Wang galt als freundliche, großzügige Person. Die Diözese zählt neben Bischof Xiao 23 Priester, über 40 Schwestern sowie 80.-90.000 Katholiken, unter denen viele zu ethnischen Minderheiten gehören. Die Beerdigung fand am 22. April in der Kathedrale von Guiyang statt (Fides 8.05.; UCAN 20.04.).
13. Mai 2017:
Chinesische Katholiken feiern Muttergottes von Fatima und von China
Sechzehn chinesische Diözesen hielten öffentlich Feiern für die Muttergottes von Fatima und Unsere Liebe Frau von China ab, trotz früherer Probleme mit der Regierung bezüglich der Bedeutung von Fatima und dessen teils antikommunistischer Botschaft. Dieses Jahr jährten sich am 13. Mai zum 100sten Mal die ersten Erscheinungen in Fatima. Das Fest Unsere Liebe Frau von China, das auf eine Marienerscheinung in Donglü in der Provinz Hebei 1900 zurückgeht, wird traditionell am Vorabend vom Muttertag, dem zweiten Sonntag im Mai, gefeiert. So fielen dieses Jahr beide Feste auf den 13. Mai. Wie UCAN berichtete, scheint das Tabu bezüglich der Verehrung der Muttergottes von Fatima in den letzten Jahren etwas gelockert (UCAN 19.05).
9. Juni 2017:
Tod von Bischof Johannes Liu Shigong von Jining
Bischof Liu von Jining in der Inneren Mongolei, der sowohl von Rom wie auch der chinesischen Regierung anerkannt war, starb im Alter von 88 Jahren an Leberkrebs. Das Requiem fand am 15. Juni in der Ostkirche von Jining statt, ihm stand Bischof Meng Qinglu von Hohhot vor. Bischof Liu wurde auf dem kirchlichen Friedhof in Hua’ershan begraben.
Bischof Liu wurde am 18. August 1928 in Sizi Wangqi in der Inneren Mongolei geboren, trat mit 14 Jahren ins Kleine Seminar ein und studierte später im Seminar von Hohhot. 1956 wurde er zum Priester geweiht. Während der Kulturrevolution arbeitete er als Bauer und verbrachte einige Zeit im Arbeitslager. 1995 wurde er zum Bischof von Jining geweiht. Er soll ein freundlicher Mann gewesen sein, der sich wenig um Formalitäten kümmerte.
Wie UCAN schreibt, hat der Heilige Stuhl bereits 2010 den 52-jährigen Priester Anton Yao Shun, Generalvikar der Diözese, als Bischof Lius Nachfolger bestimmt, allerdings ist bisher noch nicht die von der chinesischen Regierung geforderte Wahl eines Kandidaten erfolgt. Bischof Liu habe, so eine ungenannte Quelle bei UCAN, gezögert, da er befürchtete, ein illegitimer Bischof könne bei der Bischofsweihe konzelebrieren. Yao Shun wurde 1991 zum Priester geweiht und erhielt 1996 einen Abschluss der St. John’s University in den USA. Er gilt als Liturgieexperte und unterrichtete bis zu seiner Ernennung im Nationalseminar in Beijing.
Jining zählt 30 Priester, einen Diakon, 12 Schwestern und ca. 60.000 Katholiken (Fides 8.05.; UCAN 20.04.).
17. Juni 2017:
Neue Grabstele für 1938 von Japanern ermordeten holländischen Missionar
Der 3,1 Meter hohe Grabstein für den holländischen Franziskanerpater Aemilianus van Heel (1907–1938) – entsprechend seinen 31 Lebensjahren – wurde am 17. Juni 2017 anlässlich seines 110. Geburtstages an seiner früheren Wirkungsstätte in Changzhi in der Provinz Shanxi unter Teilnahme von kirchlichen und zivilen Vertretern feierlich enthüllt. P. van Heel war von japanischen Militärs ermordet worden, nachdem er in seiner Kirche 2.000 vor Japanern flüchtenden Chinesen, insbesondere Frauen und Mädchen, Schutz geboten hatte. Er setzte sich einem Soldaten zur Wehr, der eine Chinesin in der Kirche ergreifen wollte. Am nächsten Morgen wurde er mit aufgeschlitzten Pulsadern und Schusswunden tot aufgefunden. Auf der Rückseite der Stele ist zu lesen: „Aemilianus van Heel, Franziskanermissionar, am 8. Juni 1907 in Leiden, Niederlande, geboren. 1933 kam er nach China und arbeitete ab 1937 in der Kirche von Shitou (Changzhi) in Yuanqu. Er beschützte Tausende Flüchtlinge, insbesondere Frauen, gegen japanische Militärkräfte während der japanischen Aggression und als Vergeltung wurde er am 8. Oktober 1938 ermordet.“ Während der Zeremonie, der der Bischof von Yuncheng (Xinjiang), Peter Wu Junwei, vorstand, wurden auch Briefe vom ehemaligen (1986–1992) holländischen Botschafter Roland van den Berg, der 1990 eine Anfrage aus Shanxi zu van Heel erhalten hatte, sowie dem niederländischen Franziskanerprovinzial Rob Hoogenboom verlesen (Fides 27.06.; Pressemitteilung der Msgr. Schraven Stiftung, Holland, erhalten am 26.06.)
20.–23. Juni 2017:
Neuer Studienkurs zum „Geist der Nationalen Religionskonferenz“ für Katholiken – BRA-Vertreterin zur „korrekten Sicht der sino-vatikanischen Beziehungen“, Bischof Ma Yinglin zum Unterschied zwischen „Inkulturation“ und „Sinisierung“
150 Katholiken – Bischöfe, Priester, Schwestern und Laien aus ganz China – nahmen nach einem Bericht der katholischen Leitungsgremien auf dem vom Staatlichen Büro für religiöse Angelegenheiten (BRA) organisierten viertägigen Kurs in Beijing teil. Dai Chenjing, die Leiterin der für die christlichen Kirchen zuständigen 2. Abteilung des BRA, forderte in ihrer Lektion die Katholiken zu einer „besonnenen und korrekten Sicht der Beziehungen zwischen China und dem Vatikan“ auf. Das Prinzip der Unabhängigkeit, Autonomie und Selbstverwaltung sei eine Forderung der Verfassung an alle Religionen. Für die katholische Kirche Chinas bedeute dies Unabhängigkeit und Autonomie „in politischen, wirtschaftlichen und kirchlichen Angelegenheiten“. Dieses Prinzip „wird und kann sich nicht ändern“. In kirchlicher Lehre und kirchlichen Regeln unterscheide sich die katholische Kirche Chinas nicht von den anderen Kirchen der Welt, sie bete täglich für den Papst. Vor einer Verbesserung der sino-vatikanischen Beziehungen müsse an der Selbstwahl und -weihe festgehalten werden, sagte Dai laut Bericht.
Bischof Ma Yinglin, der von Rom nicht anerkannte Vorsitzende der Bischofskonferenz, erläuterte erstmals den Unterschied zwischen „Inkulturation“ (bendihua 本地化) und „Sinisierung“ (Zhongguohua 中国化). „Inkulturation“ bezeichne die Wechselbeziehung zwischen Lokalkirche und einheimischer Kultur. „Sinisierung“ sei eine Forderung von Partei und Staat an alle Religionen, die Betonung liege dabei auf politischer, gesellschaftlicher und kultureller Anpassung. Beides seien dringende Aufgaben für die chinesische Kirche, zitiert der Bericht den Bischof.
Bei der ersten Fortbildung zum „Geist der Nationalen Religionskonferenz“ im Juni 2016 hatte Bischof Ma noch die Ansicht vertreten, dass für die katholische Kirche in China Inkulturation [ein theologisches Konzept] und Sinisierung das Gleiche seien, wofür ihn katholische Kommentatoren laut UCAN kritisiert hatten. Die „Sinisierung“ der Religionen ist eine Forderung der Nationalen Konferenz zur Religionsarbeit im April 2016 (vgl. China heute 2016, Nr. 2, Chronik, Mai/Juni 2016 und 72-74, 83-86).
Ähnliche Kurse zum „Geist der Nationalen Religionskonferenz“ organisierte das BRA auch für die islamischen (17.–24. April 2017) und die protestantischen Kreise (22.–27. Mai 2017). Zumindest bei Protestanten wie Katholiken war auch die Revision der „Vorschriften für religiöse Angelegenheiten“ ein Thema (chinacatholic.cn 26.06.; EDA 28.06.; sara.gov.cn 25.04.; 31.05.; 27.06.; UCAN 10.07.).
21.–25. Juni 2017:
Ordensoberinnenkonferenz organisiert „ersten Evangelisierungsworkshop“ am Nationalen Seminar in Beijing
51 in der Evangelisierung tätige Ordensfrauen aus 19 Kongregationen, 17 Priester und 20 Laien nahmen an dem Workshop teil, den die Oberinnenkonferenz mit Unterstützung der beiden offiziellen katholischen Leitungsgremien und des Nationalen Seminars durchführte. Bischof Shen Bin, Vizevorsitzender beider Leitungsgremien, Sr. Wang Haiqin, Oberin der Schwestern von der Mutter Gottes aus Daming in Hebei und Vizevorsitzende der Oberinnenkonferenz, und der Vizerektor des Seminars, Li Shuxing, eröffneten die Konferenz. Der Priester John Baptist Zhang sprach angesichts der in den letzten Jahren stagnierenden Taufen in der katholischen Kirche Chinas davon, dass alle ein „Gefühl der Krise“ befallen sollte; die Kirche China müsse sich neu in Bewegung setzen. Auch andere sprachen von einer Krise. Konkret wurden folgende Faktoren genannt: zurückgehende Taufbewerberzahlen, mangelndes Evangelisierungsbewusstsein bei Klerus und Laien und der Anprall der Urbanisierung, aber auch homosexuelle Beziehungen und vorehelicher Sex unter jungen Leuten. Es gab Erfahrungsaustausch zu den Themen Evangelisierung in der Stadt und auf dem Land, Evangelisierung durch „Jünger“-Kurse, durch Medien und durch Jugendseelsorge; in diesen Bereichen Tätige trugen jeweils ihre Erfahrungen vor, darunter auch ein Pastor und zwei Gläubige der evangelischen Kirche. Die zunehmend aktive und initiative Rolle der Laien in der Evangelisierung wurde gewürdigt; „heute gehen viele Laien den Priestern und Schwestern voraus“, wie ein Teilnehmer sagte. Ein Laienvertreter schlug vor, einen landesweiten Ausbildungskurs für Katecheten zu gründen und dafür aus den vom Ausland mit kirchlichen Hochschulabschlüssen zurückgekehrten Priestern, Schwestern und Laien einen Dozentenpool zu organisieren (nach dem Konferenzbericht auf chinacatholic.org 26.06., dort findet sich auch ein 45-minütiges Video).
21. Mai / 24. Mai 2017:
Gebetstag für die Kirche in China
Aufruf des Papstes und Pilgerzahlen aus Shanghai
Papst Franziskus sagte am 21. Mai nach dem Regina Caeli-Gebet auf dem Petersplatz: „Am kommenden 24. Mai werden wir uns im Geist den katholischen Gläubigen in China anschließen, am Tag des Gedächtnisses Unserer Lieben Frau ‚Hilfe der Christen‘, die im Heiligtum von Sheshan in Shanghai verehrt wird. Den chinesischen Katholiken sage ich: Wir wollen den Blick zu Maria erheben, dass sie uns helfe, den Willen Gottes in Bezug auf den konkreten Weg der Kirche in China zu unterscheiden, und dass sie uns helfe, großherzig seinen Plan der Liebe anzunehmen. Maria ermutige uns, unseren persönlichen Beitrag zur Gemeinschaft unter den Gläubigen und zur Eintracht der ganzen Gesellschaft zu leisten. Wir wollen nicht vergessen, den Glauben mit Gebet und Liebe zu bezeugen und immer für die Begegnung und den Dialog offen zu sein.“
Dieses Jahr veröffentlichte die Diözese Shanghai eine Liste der Pilgergruppen, die für die Zeit zwischen 29. April und 29. Mai 2017 zur Wallfahrt zum Marienheiligtum am Sheshan angemeldet waren. Gezählt wurden dort insgesamt über 19.300 Pilger nicht nur aus Shanghai, sondern auch aus den Provinzen Zhejiang, Jiangsu, Guizhou, Shanxi, Hebei, aus Tianjin und Beijing (AsiaNews 24.05.; catholicsh.org 27.05.; w2.vatican.va/content/francesco/it/angelus/2017/documents/papa-francesco_regina-coeli_20170521.html).
Siehe auch den Eintrag vom 30. Juni 2017 in dieser Rubrik.
Ende Mai / Anfang Juni 2017:
Der Jesuit Guo You Jiang ruft in der Zeitschrift La Civiltà Cattolica nach einer „chinesischen katholischen Kirche mit chinesischen Charakteristika“ und einer Neudefinierung ihres Verhältnisses zur Partei
Guo You Jiang (Jiang Youguo), ein am Boston College tätiger chinesischer Jesuit, legt in seinem Artikel „Catholicism in 21st Century China“ dar, welche Wege der Evangelisierung die katholische Kirche Chinas seiner Meinung nach einschlagen sollte. Unter dem Punkt „Dialog mit der einheimischen Kultur“ schreibt Jiang u.a.: „Da China so anders ist als der Rest der Welt, muss die chinesische katholische Kirche lernen, wie sie mit der einheimischen Kultur und der politischen Autorität umgehen soll.“ Sie müsse „unter Beibehaltung ihrer katholischen Identität eine ‚chinesische katholische Kirche mit chinesischen Charakteristika‘ aufbauen“, um das Evangelium zu inkulturieren. Dabei werde, so Jiang, solange die Kommunistische Partei Chinas die einzige regierende Partei bleibe, der Marxismus weiter die ideologische Richtschnur sein. „Daher wird die chinesische katholische Kirche ihre Rolle und ihr Verhältnis zur Partei und ihren ideologischen Theorien neu definieren müssen.“ Das bedeute nicht notwendig komplette Zustimmung, aber die Kirche müsse „flexible und effektive Methoden finden“, ihren Dienst in China fortzuführen. In seinem Ruf nach Dialog und Begegnung berief sich Jiang auf verschiedene Äußerungen von Papst Franziskus.
Die Zeitschrift La Civiltà Cattolica wird von italienischen Jesuiten mit Approbation des vatikanischen Staatssekretariats herausgegeben, weshalb Michael Sainsbury von UCAN die Publikation des Artikels als „starkes Statement zur Akzeptanz der chinesischen Kultur, eingeschlossen die der herrschenden Kommunistischen Partei“ von Seiten „einflussreicher, dem Vatikan nahestehender Quellen“ bezeichnete (englische Version des Artikels von Jiang unter https://laciviltacattolica.com/may-2017/catholicism-in-21st-century-china; UCAN 2.,7.06.; L’Espresso – La Repubblica 22.06.).
20. Juni 2017:
Deutscher Botschafter in Beijing äußert Sorge um verschwundenen Bischof Shao Zhumin von Wenzhou
Auf der Startseite der Website der Deutschen Botschaft veröffentlichte Botschafter Michael Clauss folgendes Statement (in englischer Sprache): „Ich begrüße Chinas erklärte Absicht, hinsichtlich der katholischen Kirche einen Fortschritt zu erreichen. Jedoch sehen wir, trotz Fortschritts in dieser Richtung, auch Rückschläge, was die Garantie der Religionsfreiheit betrifft. Ein Fall zunehmender Sorge ist die Behandlung von Bischof Shao Zhumin durch die Behörden. Seit Herbst letzten Jahres scheint er nicht weniger als viermal gezwungen worden zu sein, sich an unbekannte Orte zu begeben, und jetzt scheint er seit seiner Rückkehr zu Hause festgehalten zu werden. Seine volle Bewegungsfreiheit sollte wiederhergestellt werden. Ich bin auch besorgt hinsichtlich einer Anzahl neuer Bestimmungen in einem Entwurf der Vorschriften für religiöse Angelegenheiten. Wenn sie nicht geändert werden, könnten sie das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit weiter einschränken.“
AsiaNews bezeichnete die öffentliche Stellungnahme des deutschen Botschafters als etwas Neues in der diplomatischen Welt; nachdem früher die EU und US-Präsident George W. Bush für einige inhaftierte Bischöfe und Religionsfreiheit eingetreten seien, herrsche seit mindestens zehn Jahren Schweigen. Die Erklärung des Botschafters wurde auch auf Chinesisch von internationalen Medien und auf der chinesischen katholischen Website tianzhujiao.online gemeldet und diskutiert (Original der Erklärung unter www.china.diplo.de/Vertretung/china/de/__pr/Kopie_20von_202016/politik/190620Statement-pm.html; AsiaNews 21.06.).
26. / 27. Juni 2017:
Erklärung des Presseamts des Heiligen Stuhls zum Fall von Bischof Peter Shao Zhumin
China weist Einmischung „von welchem Land auch immer“ zurück
Die vatikanische Nachrichtenagentur Fides veröffentlichte am 26. Juni folgende Stellungnahme des Direktors des Presseamts des Heiligen Stuhls, Greg Burke, zum Fall von Bischof Shao Zhumin: „Der Heilige Stuhl verfolgt die persönliche Situation von Bischof Peter Shao Zhumin von Wenzhou mit großer Sorge, der seit nunmehr langer Zeit gezwungen wurde, seinen Bischofssitz zu verlassen. Die katholische Glaubensgemeinschaft der Diözese und die Angehörigen kennen weder die Gründe für die Entfernung noch den Ort, an dem er festgehalten wird. Diesbezüglich wünscht der Heilige Stuhl, mit großem Schmerz über diese und ähnliche Episoden, die den Weg der Verständigung leider nicht begünstigen, dass Bischof Peter Shao Zhumin so bald wie möglich in die Diözese zurückkehren kann und Garantien dafür, dass er sein Bischofsamt sorglos ausüben kann. Wir sind alle eingeladen, für Bischof Shao Zhumin und den Weg der Kirche in China zu beten.“
Am 27. Juni erklärte Lu Kang, Sprecher des chinesischen Außenministeriums, laut AFP: „China lehnt es ab, dass welches Land auch immer sich in welcher Hinsicht auch immer unter Benutzung von Einzelfällen in Chinas innere Angelegenheiten einmischt.“ Er sagte, China schütze nach dem Gesetz das Recht seiner Bürger auf Glaubensfreiheit, normale religiöse Aktivitäten und die legitimen Rechte der religiösen Kreise, aber gleichzeitig verstärke es, ebenso wie andere Länder, nach dem Gesetz die Verwaltung der religiösen Angelegenheiten. Auch die chinesische katholische Kirche entfalte entsprechend der Geschichte und Tradition und gemäß den einschlägigen Gesetzen und Vorschriften religiöse Aktivitäten, so Lu (Fides 26.06.; AFP nach cn.rfi.fr 27.06.).
27. Juni 2017:
Global Times analysiert verlangsamte sino-vatikanische Verhandlungen
Die unter dem Dach der Parteizeitung Renmin ribao erscheinende englischsprachige Zeitung zitiert zunächst aus dem Artikel von Guo You Jiang in La Civiltà Cattolica (siehe den Eintrag von Ende Mai / Anfang Juni 2017 in dieser Rubrik), den sie als „Signal des guten Willens“ in den laufenden sino-vatikanischen Verhandlungen bezeichnete, da er „mit Billigung des vatikanischen Staatssekretariats“ erschienen sei. Der Journalist Francesco Sisci sagte der Global Times, der Artikel signalisiere ein neues Denken in der katholischen Lehre, das eine Möglichkeit der Zusammenarbeit mit der Kommunistischen Partei eröffne. Laut Global Times hat es in den letzten Monaten keinen Fortschritt in den Verhandlungen gegeben. Das Blatt zitiert die Christentumsforscherin Wang Meixiu (Chinesische Akademie der Sozialwissenschaften), der zufolge ein Konsens bezüglich der Ernennung künftiger Bischöfe fast erreicht sei, man sich aber hinsichtlich des Umgangs mit den existierenden Bischöfen nicht einig sei. China misstraue offensichtlich einigen Untergrundbischöfen, so Global Times, und Chinas Behandlung einiger Bischöfe, wie des Untergrundbischofs von Wenzhou, führe oft zu katholischem Widerstand. Ferner geht die Zeitung auf die chinesische Forderung nach der Sinisierung der Religionen ein. Sie zitiert Wang Meixiu, der zufolge das Christentum sich immer Inkulturation zu eigen gemacht habe, wohingegen die politisch klingende Idee der Sinisierung Alarmglocken bei manchen Katholiken auslöse; viele Katholiken befürchteten, dass dies ihre Beziehung zum Heiligen Stuhl untergraben könne (Global Times 27.06.).
30. Juni 2017:
10. Jahrestag der Veröffentlichung des Briefs von Papst Benedikt XVI. an die Kirche in China – „heute so wichtig wie vor 10 Jahren“
Die einzige offene Anweisung, die Papst Franziskus der chinesischen Kirche bisher gegeben habe, sei die, den Brief von Papst Benedikt XVI. noch einmal zu lesen – sagte Anthony Lam vom Holy Spirit Study Centre der Diözese Hongkong. Seine Äußerung fiel auf einer Konferenz, die am 7. Mai in Hongkong zum Thema Papstbrief abgehalten wurde und deren Sprecher den Brief als „heute so wichtig wie vor 10 Jahren“ bezeichneten. Benedikt XVI. beabsichtigte mit dem Schreiben, „Orientierungen in Bezug auf das Leben der Kirche und das Werk der Evangelisierung in China zu geben“, darunter auch zum Thema der Versöhnung innerhalb der Kirche und des Verhältnisses zwischen der Kirche und den staatlichen Organen. Der seit 2008 jährlich stattfindende Weltgebetstag für die Kirche in China am 24. Mai geht ebenfalls auf den Brief zurück. Dessen Verbreitung in China war damals von den chinesischen Behörden verboten worden. AsiaNews berichtete, dass im Mai 2017 viele Katholiken Papst Benedikts Gebet zu Unserer Lieben Frau vom Sheshan und den Text seines Briefes auf WeChat posteten mit dem Aufruf, den Brief neu zu lesen (AsiaNews 24.05.; UCAN 11.05.).
Der Text des Papstbriefes unter w2.vatican.va/content/benedict-xvi/de/letters/2007/documents/hf_ben-xvi_let_20070527_china.html, Materialien und Kommentare dazu in China heute 2007, Nr. 4-5, S. 136-152, hier S. 150-152; S. 153-158; S. 159-183.
Ende Juni 2017:
Neue Runde in den sino-vatikanischen Verhandlungen mit neuen Unterhändlern – warum so langsame Fortschritte?
Ende Juni hielt sich eine chinesische Delegation zu einer neuen Verhandlungsrunde in Rom auf (EDA meldete am 28. Juni, dass sie vor einigen Tagen abgereist sei) – also zeitnah zum Schlagabtausch zwischen China und dem Vatikan bezüglich Bischof Shao (s.o.), woraus ein von UCAN zitierter chinesischer Kommentator schloss, dass die jüngste Verhandlungsrunde „nicht so glatt wie erwartet“ verlaufen sei. UCAN hatte am 15. Juni berichtet, dass nach der letzten Gesprächsrunde im März d.J. auf beiden Seiten je ein Delegationsmitglied ausgetauscht worden sei. Auf chinesischer Seite gehört nun Dai Chenjing, die Leiterin der für die christlichen Kirchen zuständigen 2. Abteilung des Staatlichen Büros für religiöse Angelegenheiten (zu ihr siehe den Eintrag vom 20.–23. Juni 2017 in der Rubrik „Katholische Kirche“), dem Verhandlungsteam an. P. Jeroom Heyndricks CICM weist in Verbiest Update darauf hin, dass die Gerüchte, Rom habe – wie von China gewünscht – die sieben ohne päpstliche Ernennung geweihten Bischöfe bereits anerkannt, offenkundig unbegründet seien. Laut UCAN hegt man auf chinesischer Seite außerdem den Verdacht, dass der Vatikan trotz laufender Verhandlungen weiter heimlich Bischöfe ernenne; in seinem Artikel vom Februar 2017 (vgl. China heute 2017, Nr. 1, S. 19-23) habe Kardinal John Tong von „über 30“ Untergrundbischöfen gesprochen, im März 2017 in einem Interview mit dem Catholic National Reporter von „fast 40“, schreibt UCAN. Auch müsse offengelegt werden, ob Regierung und Vatikan bezüglich der 40 vakanten Diözesen jeweils insgeheim schon eigene Bischofskandidaten vorbereitet bzw. ernannt hätten, so Heyndricks. Es ist ferner anzunehmen, dass die jüngsten Versuche der chinesischen Regierung, ihre Kontrolle über die chinesischen Bischöfe auszuweiten (vgl. die Fälle der Bischöfe Guo Xijin, Shao Zhumin, Ma Daqin etc.), nicht zur Vertrauensbildung beigetragen haben (EDA 28.06.; UCAN 15.06.; 10.07.; Verbiest Update Nr. 38, Juni 2017).
4. Juni 2017:
Hongkong: Gedenken an die Opfer des Tian’anmen-Massakers
Rund 110.000 Menschen nahmen dieses Jahr an der traditionellen jährlichen Gedenkfeier für die Opfer des 4. Juni 1989 im Hongkonger Victoria-Park teil. Laut Medienberichten war es die niedrigste Zahl seit 2008. Wie im vergangenen Jahr wurde die Feier von Studentengruppen boykottiert, die die Veranstaltung als irrelevant bezeichneten. Sie befürworten stattdessen „Lokalismus“. Vor der Feier gab es wieder eine ökumenische Gebetsvigil, an der ca. 900 Personen teilnahmen (UCAN 5.06.).
1. Juli 2017:
20 Jahre Rückgabe Hongkongs an China
300 Christen nahmen an einem Gebetstreffen am 1. Juli teil, das von der katholischen Kommission Justitia et Pax, der Hongkonger Föderation katholischer Studenten und vier weiteren christlichen Organisationen organisiert wurde. Anschließend schlossen sie sich den geschätzten 60.000 Teilnehmern der jährlichen prodemokratischen Kundgebung an. Die Zahl lag wesentlich niedriger als im vergangenen Jahr, als sich 110.000 Menschen versammelten. Bei dem Gebetstreffen rief Weihbischof Joseph Ha Chi-sing dazu auf, trotz vieler Rückschläge die Hoffnung nicht zu verlieren. Keine Verbesserungen gebe es in den Bereichen der Demokratisierung, der Kluft zwischen Arm und Reich, der Wohnsituation oder der Arbeiterrechte. „Das Gerede von ‚ein Land, zwei Systeme‘ und einem ‚hohen Grad‘ an Autonomie sind leere Worte“, so Bischof Ha. An dem Treffen und der anschließenden Kundgebung nahm auch der emeritierte Bischof von Hongkong, Kardinal Zen, teil.
Zu den Feierlichkeiten anlässlich der Rückgabe Hongkongs am 1. Juli 1997 kam Staats- und Parteichef Xi Jinping zu seinem ersten Besuch nach Hongkong. Bei der Gelegenheit wurde auch die neue Regierungschefin Hongkongs, Carrie Lam Cheng Yuet-ngor, offiziell in ihr Amt eingeführt. Der Staatschef sagte, Hongkong genieße heute „weitreichendere demokratische Rechte und Freiheiten als jemals in seiner Geschichte“. „Zugleich warnte Xi davor, die Autorität der kommunistischen Zentralregierung in Peking infrage zu stellen. Dies sei ‚absolut unzulässig‘ und käme der Überschreitung einer roten Linie gleich. Er rief Lam dazu auf, die Sicherheit und die ‚patriotische Erziehung‘ in der Stadt zu stärken“, so Spiegel online. In der Nähe des Veranstaltungsorts der Amtseinführung kam es zu pro-demokratischen Protesten und Zusammenstoß mit Beijing-Befürwortern. Die Polizei nahm einige Demonstranten fest, darunter Joshua Wong, einen der Anführer der Regenschirm-Revolution von 2014 (South China Morning Post 1.07.; spiegel.de 1.07.; UCAN 5.07.).
Siehe den Beitrag von Anthony Lam „Eine einmalige Situation: Die katholische Diözese Hongkong zwanzig Jahre nach der Rückgabe Hongkongs an China“ in den Themen dieser Nummer.
25. Juni 2017:
Taiwans Präsidentin dankt indonesischen Muslimen
Anlässlich des muslimischen Festes des Fastenbrechens Eid al-Fitr dankte Präsidentin Tsai Ing-wen den Wanderarbeitern und Wanderarbeiterinnen aus Indonesien für ihren namhaften wirtschaftlichen Beitrag und die kulturelle Bereicherung der Gesellschaft Taiwans. In einem Video hob sie die grundsätzliche Offenheit in Taiwan für andere Kulturen und das Engagement bezüglich der Gleichberechtigung aller ethnischen Gruppen hervor. Schon seit längerer Zeit bemüht sich die Regierung, mit der halal-Zertifikation für Restaurants und der Einrichtung von Gebetsräumen sowie Bereitstellung von Plätzen für Feste der Muslime eine freundlichere Umgebung zu schaffen. Gleichzeitig lud die Stadt zu einem eigenen Fest ein, bei dem Taipeis Bürgermeister Ko Wen-je 600 grüne Umschläge mit Geld als Glücksbringer an die Teilnehmenden verteilte.
Laut Statistik von Ende Juni 2017 stellt unter den insgesamt 653.804 Wanderarbeiterinnen und Wandarbeitern neben den Philippinen, Thailand und Vietnam Indonesien mit 192.809 Frauen und 60.188 Männern das weitaus größte Kontingent. Willi Boehi
Katharina Wenzel-Teuber
Katharina Feith
Alle Quellenangaben in der „Chronik“ beziehen sich, wenn nicht anders angegeben, auf das Jahr 2017.
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