China heute 214 Chronik zu Religion und Kirche in China 30. März bis 5. Juli 2022

Die „Chronik zu Religion und Kirche in China“ erscheint seit Anfang 2010 regelmäßig in den Informationen von China heute. Da manche Nachrichten (der Redaktion) erst später bekannt werden, kann es zu Überschneidungen zwischen den Chroniken kommen, wobei jeweils in der vorangegangenen Nummer bereits erwähnte Ereignisse nicht noch einmal aufgeführt werden. Alle Chroniken finden sich auch online auf der Website des China-Zentrums (www.china-zentrum.de).
Der Berichtszeitraum der letzten Chronik (2022, Nr. 1, S. 15-21) reichte bis einschließlich 27. März 2022.

Varia

7. Mai 2022:
Chinesische Universitäten ziehen sich aus internationalen Rankings zurück
Wie chinesische Staatsmedien berichteten − laut BBC Monitoring vom 7. Mai 2022 −, haben die Renmin University, die Nanjing University und die Lanzhou University beschlossen, sich aus internationalen Hochschulrankings zurückzuziehen. Laut dem BBC-Bericht unterstützen die chinesischen Medien weitgehend den Rückzug und argumentieren, dass China seine eigenen Bewertungsstandards auf der Grundlage „chinesischer Merkmale“ festlegen sollte. Medien- und Bildungsexperten hätten erklärt, dass die Abschaffung ausländischer Ranking-Standards eine „Rückkehr der Bildungssouveränität Chinas“ bedeuten würde. In dem Bericht wird auch die South China Morning Post zitiert, die berichtete, dass die Renmin Universität 2020 ein eigenes Zentrum zur Bewertung der Hochschulbildung in China eingerichtet habe, das „die Hochschulbildung mit chinesischen Merkmalen und einer internationalen Perspektive bewerten soll“. Am 16. Mai wies die Beijing-nahe Hongkonger Nachrichtenwebsite HK01 darauf hin, dass die Nachricht über den Rückzug chinesischer Universitäten aus internationalen Rankings inmitten allgemeiner Spekulationen über eine Isolierung Chinas von der Welt stehe. Der Artikel kommt jedoch zu dem Schluss, dass „die Tür der Reform und Öffnung Chinas geöffnet wurde und nicht einfach wieder geschlossen werden kann“. kf

Religionen allgemein

Frühjahr 2022:
Corona-Infektionswellen und Lockdowns – fortgesetzte Schließung der religiösen Stätten und Hilfsaktionen der Religionen
Am 18. April 2022 meldete das Nachrichtenportal Caixin, dass mindestens 22 Städte mit fast 30 Mio. Menschen noch im Lockdown seien. Nach Angaben von China Table war zeitweise sogar ein Drittel der Chinesen von Ausgangssperren betroffen. Oft dauerten die strengen Ausgangssperren viele Wochen, in Shanghai beispielsweise vom 28. März bis Anfang Juni. Es gibt Berichte darüber, wie Organisationen, Gemeinden und Gläubige der fünf anerkannten Religionen die Behörden im „Kampf“ gegen das Virus unterstützten – sehr häufig durch Spenden von Hilfsgütern oder durch Einsatz als Freiwillige. In den betroffenen Gebieten mussten die religiösen Stätten geschlossen und religiöse Aktivitäten eingestellt werden. Laut einem Beitrag von China Christian Daily vom 6. Juni waren offizielle protestantische Kirchen in manchen Gegenden seit Anfang 2020 pandemiebedingt oft an mehr Tagen geschlossen, als sie geöffnet waren. So sei eine Kirche in Heilongjiang von den letzten 828 Tagen nur 157 Tage normal geöffnet gewesen (siehe hierzu die Beiträge in den Informationen und den Themen).
Zu den durch Lockdowns in Not geratenen buddhistischen Klöstern siehe den Eintrag von Um den 1. Juni 2022 in der Rubrik „Buddhismus“. kwt

Religionspolitik

April 2022:
Erste religiöse Einrichtungen erwerben eine „Lizenz für religiöse Informationsdienste im Internet“
Bisher gab es nur wenige Meldungen über erfolgreich erworbene „Lizenzen für religiöse Informationsdienste im Internet“. Zu den ersten gehörte die Xin’en-Kirche in der Stadt Yiwu (Zhejiang), die am 18. April die Lizenz erwarb. Die Lizenzen werden jeweils von den Provinzen ausgestellt. In der Provinz Guangdong war „Katholizismus von Guangdong“ (Guangdong tianzhujiao), also die offiziellen katholischen „zwei Vereinigungen“ der Provinz Guangdong – die Patriotische Vereinigung und die Kommission für kirchliche Angelegenheiten – die erste erfolgreiche religiöse Formation, sie erhielt die Lizenz am 28. April, gefolgt vom protestantischen Guangdong Union Theo­logical Seminary, das die Lizenz am 29. April erhielt. Auf der Website des Seminars, www.gduts.org, ist unten im Impressum die neue Lizenz mit Lizenznummer angegeben.
Derweil laufen weiter Kurse und Examina für angehendes „Personal für die Überprüfung religiöser Informationen im Internet“ – die eine Lizenz beantragende Organisation muss nachweisen, dass sie über solche qualifizierten Prüfer verfügt. Nach Angaben von China Christian Daily (CCD, 28. Juni) veröffentlichte die Kommission für ethnische und religiöse Angelegenheiten der Provinz Guangdong die Namen von 127 Personen, die das Informationsprüfer-Examen bestanden hatten. In Shanghai gab die Religionsbehörde laut CCD am 23. Juni bekannt, dass die Examina etappenweise in verschiedenen Gruppen und Zeiten je nach Corona-Lage durchgeführt würden (ccctspm.org 9.05.; chinachristiandaily.com 28.,29.06.; gospeltimes.cn [bei Redaktionsschluss gesperrt]; xinde.org 11.05.)
Die am 1. März 2022 in Kraft getretenen „Maßnahmen für religiöse Informationsdienste im Internet“ (siehe Dokumentation) sehen vor, dass für das Anbieten solcher Informationsdienste eine Lizenz zu erwerben und dafür wiederum das Vorhandensein qualifizierter Informationsprüfer nachzuweisen ist – siehe hierzu auch den Beitrag in den Informationen. kwt

1. Juni 2022:
„Maßnahmen für die Verwaltung der Finanzen von Stätten für religiöse Aktivitäten“ treten in Kraft
Die neue Verwaltungsrechtsnorm wurde am 11. Februar 2022 vom Nationalen Büro für religiöse Angelegenheiten (NBRA) und vom Finanzministerium promulgiert, aber erst am 8. April der Öffentlichkeit bekanntgegeben. Sie gilt für registrierte buddhistische und daoistische Tempel und Klöster, Moscheen, Kirchen und sonstige feste Orte für religiöse Aktivitäten (§ 2) und ersetzt die bisher geltenden „Maßnahmen für die Aufsicht über und Verwaltung von Finanzen religiöser Versammlungsstätten (zur probeweisen Durchführung)“, die 2010 vom NBRA – damals ohne das Finanzministerium – erlassen wurden. Die neuen „Maßnahmen“ sind mit 55 Paragraphen etwas länger als die „Maßnahmen“ von 2010, die 40 Paragraphen hatten. Ein neues Kapitel, „Struktur und Personal der Finanzverwaltung“, wurde eingefügt. Ansonsten wurde die Einteilung beibehalten, nämlich in die Kapitel „Allgemeine Bestimmungen“, „Verwaltung von Buchführung und Rechnungswesen“, „Verwaltung des Haushalts“, „Verwaltung der Einnahmen“, „Verwaltung der Ausgaben“, „Vermögensverwaltung“, „Aufsichtsverwaltung“, „Rechtliche Verantwortung“.
Der Text der neuen „Maßnahmen für die Verwaltung von Stätten für religiöse Angelegenheiten (宗教活动场所财务管理办法)“ findet sich unter www.gov.cn/gongbao/content/2022/content_5696255.htm, eine deutsche Übersetzung der „Maßnahmen“ von 2010 in China heute 2012, Nr. 4, Dokumentation und unter www.china-zentrum.de „Dokumente zu Religion und Politik“. kwt

7. Juni 2022:
Staatsrat gibt Ernennung von Cui Maohu zum Direktor des Nationalen Büros für religiöse Angelegenheiten (NBRA) bekannt
Cui Maohu 崔茂虎 ersetzt in dieser Funktion den bisherigen Direktor, Wang Zuo’an 王作安. Cui hat gleichzeitig auch Wangs Posten als einer der Vizevorsitzenden der Abteilung für Einheitsfrontarbeit der Kommunistischen Partei Chinas übernommen. Warum Cui Maohu für dieses Amt ausgewählt wurde, ist unklar. In seiner bisherigen Karriere war er nicht für religiöse Angelegenheiten zuständig. Cui wurde 1965 in Yunnan geboren. Er hat einen Abschluss im Fach Philosophie von der Yunnan University. 1990 trat er in die KP Chinas ein. Er bekleidete verschiedene Partei- und Regierungsämter in Yunnan, zuletzt als Vize-Gouverneur der Provinz Yunnan (ab Mai 2021) und als Generalsekretär des Parteikomitees der Provinz Yunnan (ab November 2021). Wang Zuo’an arbeitete seit 1987 im NBRA und übernahm 2009 dessen Leitung. Insgesamt fielen in seine Amtszeit als Direktor – besonders nach dem Regierungsantritt Xi Jinpings im Jahr 2013 – eine starke Verschärfung der partei-staatlichen Religionspolitik, u.a. durch eine Reihe religionspolitischer Verwaltungsrechtsnormen. 2018 wurde das NBRA in die Einheitsfrontabteilung der KP Chinas eingegliedert und Wang wurde einer der Vizevorsitzenden der Einheitsfrontabteilung (South China Morning Post 9.06.; Xinhua 7.06.).
Zum Wechsel in der Leitung des NBRA siehe auch den Beitrag in den Informationen. kwt

8. Juni 2022:
Gemeinsame Konferenz der nationalen religiösen Organisationen verabschiedet Aufruf zu Sparsamkeit und Verzicht auf Extravaganz – erster Auftritt Cui Maohus als NBRA-Direktor
Bei diesem online stattfindenden Treffen hielt Cui eine Rede vor den versammelten Leitern der offiziellen Dachverbände der fünf Religionen. Die Religionsvertreter verabschiedeten einen „Gemeinsamen Aufruf zur Förderung der Sparsamkeit und zum Verzicht auf Extravaganz“ (关于崇俭戒奢的共同倡议). Der Appell beklagt, dass Gier, Streben nach Reichtümern und Verschwendung im religiösen Bereich den religiösen Stil verdorben, das Ansehen der Religionen beschädigt und ihre Sinisierung behindert hätten. Er fordert einen sparsamen Lebensstil und ökologisches Verhalten. Als Beleg dafür, dass Sparsamkeit sowohl eine traditionell chinesische und für die Umsetzung der sozialistischen Kernwerte notwendige als auch allen Religionen gemeinsame Tugend sei, werden traditionelle Weisheiten und Schriften der Religionen zitiert. In den folgenden Wochen mussten offizielle Gremien der Religionen auf allen Ebenen den Aufruf studieren (www.zytzb.gov.cn/tzyw/372063.jhtml – gesehen am 10.06., bei Redaktionsschluss nicht zugänglich). kwt

1. Juli 2022:
Offizielle „religiöse Kreise“ begehen 101 Jahre Kommunistische Partei Chinas
Nachdem im letzten Jahr die Religionen im großen Stil das 100-jährige Bestehen der Partei feiern mussten (siehe China heute 2021, Nr. 2, Informationen), gab es auch dieses Jahr Meldungen über entsprechende Zeremonien aus einzelnen Orten – und zwar je einen Bericht auf der Website der offiziellen Leitungsgremien der fünf anerkannten Religionen (mit Ausnahme der Muslime). Ein Bericht auf der Website der Chinesischen daoistischen Vereinigung zeigt auf 21 Fotos das Hissen der Nationalflagge zur Feier von 101 Jahren Partei in verschiedenen daoistischen Stätten in den Provinzen Jiangxi, Jiangsu, Guizhou und Hunan. Teilweise wurden zusätzlich 25 Jahre „Rückkehr“ Hongkongs begangen. Dies war auch der Fall bei der Fahnenzeremonie der Buddhistischen Vereinigung von Xishuangbanna (Provinz Yunnan) am 1. Juli. Am gleichen Tag hielten die protestantischen Kirchen in allen Bezirken der Stadt Hohhot in der Inneren Mongolei Fahnenhiss-Zeremonien zur Feier des Parteigeburtstags und zum Willkommen des 20. Parteitags (auf dem im Oktober Xi Jinpings Wiederwahl zum Generalsekretär ansteht). In der katholischen Bischofskirche von Leshan (Provinz Sichuan) wurde am 29. Juni – dem Fest Peter und Paul – ein Kulturprogramm mit patriotischen Liedern zur Feier des Parteigeburtstags abgehalten, Bischof Lei Shiyin von Leshan – einer der sieben 2018 vom Papst anerkannten, vordem illegitimen Bischöfe – sang mit Priestern und Schwestern „Ich und mein Vaterland“. Am gleichen Tag weihte Bischof Lei zwei Diakone zu Priestern. Das Gruppenfoto nach der Weihe zeigt die Kirche mit vier Spruchbändern, eines davon mit dem Motto „Auf die Partei hören, der Partei danken, mit der Partei gehen“ (ccctspm.org 6.07.; chinabuddhism.com.cn 2.07.; chinacatholic.cn 8.07.; taoist.org.cn 4.07.). kwt

Daoismus

30. März 2022:
Chinesische daoistische Vereinigung (CDV) veröffentlicht Arbeitsbericht 2021 und Pläne 2022 aus ihrer Vorstands­sitzung vom 26. Januar
Li Guangfu, der Vorsitzende der CDV, trug am 26. Januar den Arbeitsbericht 2021 vor. Hier nur einige Einzelheiten daraus: Der Punkt „Selbstaufbau“ der CDV umfasste Regelungen zu Dienstfahrzeugen, jährlicher Beurteilung und Besoldung des Personals sowie Regelungen für daoistischen Klerus im Ruhestand. Erwähnt werden eine „Parteihauptzelle der CDV“ (协会党总支) und deren Aktivitäten. Unter den Punkt „religiöse Angelegenheiten“ fiel die Verstärkung der Verwaltung der daoistischen religiösen Amtsträger und Amtsträgerinnen. Der Aufbau einer entsprechenden Datenbank wurde vorangetrieben, die Eingabe der Daten der „über 30.000 gegenwärtig vorhandenen“ daoistischen religiösen Amtsträger im Prinzip abgeschlossen. Die Daten von 674 daoistischen religiösen Amtsträgern wurden 2021 nachgeprüft, 525 religiöse Amtsträgerausweise wurden ausgestellt, außerdem 1.500 chuandu 传度- und 200 guanjin 冠巾-Zertifikate (d.h. Zertifikate über die ersten Ordinationen von Zhengyi- bzw. Quanzhen-Daoisten, die nach den aktuellen Bestimmungen Voraussetzung für die Anerkennung als offizieller daoistischer religiöser Amtsträger sind). Interessant ist der Punkt „Schutz der Rechte und Interessen des Daoismus“: Dabei ging es u.a. um den Schutz daoistischen geistigen Eigentums, beispielsweise in Film und Fernsehen (die CDV machte eine entsprechende Eingabe bei der Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes), ferner um Markenschutz und um ein Vorgehen gegen die Verunglimpfung des Daoismus durch einzelne Handyspiele. Zum Punkt „Sinisierung des Daoismus“ verwies der Arbeitsbericht auf die dritte gemeinsam mit dem Zentralinstitut für Sozialismus durchgeführte Fortbildung zu diesem Thema und zahlreiche lokale Aktionen, z.B. eine von der Daoistischen Vereinigung Hunans organisierte Schriftauslegungsveranstaltung zum Thema „Das Herz treu der Partei ergeben – Sinisierung des Daoismus“. Ein Plan für daoistische Ausbildung 2022–2025 wurde verabschiedet (siehe hierzu den nächsten Eintrag). Unter dem Punkt „daoistische Wohltätigkeit“ wird u.a. aufgeführt, dass 1,1 Mio. RMB für die Instandhaltung finanzschwacher Klöster bereitgestellt und fast eine halbe Mio. RMB für die Finanzierung der Renten von 143 bedürftigen alten daoistischen Priestern verwendet wurden.
Erwähnenswert von den Plänen der CDV für 2022 sind die Vorbereitung des 5. Internationalen daoistischen Forums und der (schon länger anvisierten) Gründung eines Weltverbands des Daoismus (www.taoist.org.cn/showInfoContent.do?id=7820&p=%27p%27).
Zu den chuandu- und guanjin-Zertifikaten siehe K. Wenzel-Teuber, „Statistik zu Religionen und Kirchen“, in: China heute 2022, Nr. 1, Themen, hier S. 28. kwt

31. März 2022:
Chinesische daoistische Vereinigung (CDV) veröffentlicht Ausbildungsplan 2022–2025 aus ihrer Vorstandssitzung vom 26. Januar
Der Vorstand der CDV verabschiedete am 26. Januar d.J. einen Erziehungs-Rahmenplan des chinesischen Daoismus für die Jahre 2022 bis 2025 (中国道教教育规划纲要 [2022-2025年]). Geplant sind Maßnahmen in verschiedenen Bereichen. An erster Stelle steht die Hebung des ideologischen Bewusstseins. Geleitet von den Xi-Jinping-Gedanken für einen Sozialismus chinesischer Prägung im neuen Zeitalter soll die politisch-ideologische Erziehung weiter „in Hirne und Herzen eindringen“, der Parteiaufbau (!) und die politisch-ideologische Arbeit [an den daoistischen Ausbildungsstätten] soll von „weichen Vorgaben“ zu „harter Zügelung“ vorangetrieben werden. Ein weiterer Punkt sind Straffung des Ausbildungssystems und die Erhöhung der Finanzmittel – u.a. durch anwendungsorientierte, spezialisierte Talentausbildung und Bemühung um mehr staatliche Mittel. Die Lehrpläne sollen optimiert werden, u.a. unter Nutzung der Lehrpläne allgemeiner Hochschulen und moderner Bildungskonzepte. Für den daoistischen Fachunterricht soll eine Reihe von „Markenkursen“ (品牌课程) geschaffen werden. Daoistische Ausbildungsstätten werden ermutigt, Lehr- und Lerngemeinschaften zu bilden, Lehrpläne zu koordinieren und Ressourcen rational zu verteilen. Für die Erhöhung der Lehrkapazitäten werden u.a. der Aufbau eines Fachbereichs für Daoismuslehrer-Ausbildung und die Anwerbung hochqualifizierter Dozenten aus der Gesellschaft, die im Daoismus bewandert sind und über Lehrerfahrung verfügen, vorgeschlagen. Außerdem sollen daoistische religiöse Amtsträger, die hauptberuflich als Dozenten tätig sind, ermutigt werden, Studienabschlüsse allgemeiner Hochschulen zu erwerben (www.taoist.org.cn/showInfoByCategory.do?page=3). kwt

Buddhismus

20. April 2022:
International Campaign for Tibet (ICT) berichtet über Hintergründe der Zerstörung von drei riesigen Buddha-Statuen im Kreis Draggo
Im Kreis Draggo (chin. Luhuo), der zum Autonomen Bezirk Kardze der Tibeter in der Provinz Sichuan gehört, war laut ICT am 31. Oktober 2021 zunächst die Schule des Klosters Gaden Namgyal Ling zerstört worden – auf Anordnung der Behörden von der tibetischen Bevölkerung selbst, die so die Baumaterialen behalten durften. Ab 12. Dezember wurde eine 99 Fuß (etwa 30 Meter) hohe Buddhastatue abgerissen, dann eine 45 Fuß hohe Statue des Guru Padmasambhava und ab 21. Dezember eine dreistöckige (etwa 40 Fuß hohe) Statue des Buddha Maitreya. Viele Tibeter, die gegen die Zerstörungen protestierten, seien festgenommen worden. ICT nannte die Namen von elf Tibetern – darunter vier Mönche und eine Nonne –, die inhaftiert wurden, u.a. weil sie über die Zerstörungen ins Ausland berichtet oder Fotos der Statuen als Profilbilder in WeChat benutzt hatten. Zwei der Festgenommenen waren inzwischen freigelassen worden. ICT zufolge kommt es im Kreis Draggo häufig zu Erdbeben; die lokale Bevölkerung habe für den Bau der Statuen gespendet in der religiösen Überzeugung, dass sie vor Katastrophen schützen.
Laut ICT begannen die Zerstörungen kurz nachdem Wang Dongsheng, ein tibetischer Kader, am 13. Oktober 2021 zum Parteisekretär des Kreises Draggo ernannt wurde. Er soll früher als stellvertretender Parteisekretär des Kreises Serthar bereits den Abriss großer Teile der Buddhistischen Akademie Larung Gar beaufsichtigt haben. ICT bringt die Abrisse der Buddhastatuen in Verbindung mit Wangs offensichtlichen (u.a. aus dem Jahresbericht 2021 des Kreises Draggo hervorgehenden) Bemühungen, die von der Zentralregierung geforderte „Gesetzesherrschaft“ zu stärken. ICT hält dem entgegen, dass die zerstörten Statuen im Jahr 2015 mit Genehmigung der Lokalbehörden gebaut wurden, was nach den damals gültigen „Vorschriften für religiöse Angelegenheiten“ von 2005 noch erlaubt war; erst die 2018 in Kraft getretenen revidierten „Vorschriften für religiöse Angelegenheiten“ verbieten den „Bau großer religiöser Statuen im Freien außerhalb [des Geländes] von Tempeln oder Kirchen“ (§ 30) (savetibet.org 20.04.). kwt

Um den 1. Juni 2022:
Donglin-Kloster am Lushan-Gebirge in Jiangxi verteilt 500.000 Pfund Lebensmittel an durch Corona in Not geratene Klöster in 22 Provinzen
Das Projekt „Ernährung des Sangha in kleinen Klöstern“ startete am 27. Mai mit einer Bekanntmachung des Donglin-Klosters. Wie es in einem Bericht auf dem öffentlichen WeChat-Konto des Klosters heißt, wurde das Projektteam mit Anträgen überschüttet und erfuhr dabei, dass die Lage mancher Klöster noch weitaus schwieriger ist als vermutet. In wenigen Tagen wurde die erste Charge der Lebensmittelhilfen – 41.550 (chinesische) Pfund Reis, 971 Fässer Speiseöl sowie Trockengemüse – an 248 bedürftige Klöster mit insgesamt 1.100 Mönchen und Nonnen verteilt. Das Projekt soll weitergeführt werden. Woher die Mittel für das Projekt kommen, wird nicht gesagt, in der Bekanntmachung ist aber von Spenden der Öffentlichkeit die Rede. Zu den Hintergründen des Projekts heißt es dort: „Die Pandemie befindet sich nun im dritten Jahr, und zur Prävention und zum Schutz des Lebens und der Gesundheit der Gläubigen wurden die religiösen Stätten überall wiederholt und immer wieder unter ‚doppelte Suspendierung‘ gestellt, wobei Tempel und Klöster für lange Zeiträume geschlossen wurden und keinerlei Einnahmen hatten. Einige kleine Klöster an abgelegenen, verkehrsmäßig schwer zugänglichen und dünn besiedelten Orten, die sowieso schon wirtschaftlich benachteiligt sind und entbehrungsreich leben, konnten ihren Weihrauchumsatz noch nicht vollständig wiederherstellen. Heute, wo die Versorgung erst recht schwierig ist und Lebensmittel knapp sind, müssen die Mönche und Nonnen darum kämpfen, über die Runden zu kommen, bei einem Teil der kleinen Klöster ist sogar erneut der Notstand ausgebrochen [...].“
Das Projekt ist nicht die erste solche Aktion des Klosters. Bereits seit Mai 2020, also bald nach Ausbruch der Pandemie, organisierte das Donglin-Kloster „Hilfe für Klöster in Not“. Laut einem weiteren Bericht hat das Donglin-Kloster seit Beginn der Aktion vor zwei Jahren bis zum 27. Mai dieses Jahres 1.850 bedürftigen Klöstern Hilfe zukommen lassen, 74 bedürftige schwerkranke Mönche und Nonnen mit medizinischer Hilfe versorgt und insgesamt 54.276.000 RMB für die Hilfe gespendet (WeChat-Konto jxlsdonglinsi 27.05.; 1.06. – https://mp.weixin.qq.com/s/JT-XX-dvww3R9DLoRTW6IA; https://mp.weixin.qq.com/s/eqGUYryrLHDbRRZNk41cLg). kwt

27. Juni 2022:
Sixth Tone berichtet über den prekären Aufenthaltsstatus von Mönchen aus Myanmar und Laos in Yunnan
Yunnan ist die einzige Provinz Chinas, in der der Theravada-Buddhismus verbreitet ist. Ein Bericht der Anthropologin Ma Zhen auf Sixth Tone, einem Portal der staatsfinanzierten Shanghai United Media Group, spricht von einem Mangel an ausgebildeten Mönchen in der südwestchinesischen Region. Im Autonomen Bezirk Xishuangbanna der Dai residierten nach einer Feldstudie von Ma im Jahr 2018 in 296 der 589 buddhistischen Tempel von Xishuangbanna Mönche aus Myanmar und Laos, 100 Tempel waren ohne residierenden Mönch. Diese – offenbar oft gut ausgebildeten – „Migranten-Mönche“ hätten aber aufgrund schärferer Grenzkontrollbestimmungen seit Ende 2018 Probleme mit dem Aufenthaltsstatus. Die chinesischen Behörden forderten die Vorlage ihrer Ordinationsurkunde, ihres Reisepasses, ihres Personalausweises und anderer Dokumente, andernfalls würden sie ausgewiesen, schreibt Ma. In anderen Orten Yunnans ist laut Ma der Mönchsmangel noch größer; so hätten im Jahr 2010 86% der Tempel im Autonomen Bezirk Dehong der Dai und Jingpo, 40% der Tempel in der Stadt Licang und 25% der Tempel in der Stadt Pu’er keine residierenden Mönche gehabt (sixthtone.com 27.06.). kwt

Islam

31. März 2022:
Islamische Vereinigung von Qinghai meldet Ausgabe einer neuen Version des Ausweises für islamische religiöse Amtsträger
Eine erste Gruppe von 2.618 islamischen Geistlichen der Provinz Qinghai erhielt bereits den neuen Ausweis. Er enthält ein fälschungssicheres QR-Code-Logo, das mit WeChat gescannt werden kann, um die persönlichen Daten, Fotos und andere Informationen der islamischen religiösen Amtsträger anzuzeigen. Vorher wurden die Daten der Betreffenden „stufenweise überprüft“, zunächst von der Islamischen Vereinigung des Kreises, dann der Stadt bzw. des Bezirks und schließlich der Provinz. Die neuen Ausweise sollen der besseren Verwaltung des muslimischen Klerus dienen (chinaislam.net.cn 31.03.). kwt

16. Mai 2022:
Chinesische islamische Vereinigung (CIV) sagt den Hadsch für 2022 erneut ab
Obwohl Saudi-Arabien erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie zum Hadsch 2022 (7.–12. Juli) wieder ausländische Pilger ins Land ließ, sagte die CIV die Pilgerfahrt erneut ab. In ihrer „Bekanntmachung über die Aussetzung des Hadsch 2022“ heißt es, China habe große strategische Erfolge im Kampf gegen die Pandemie errungen, doch sie sei auf der ganzen Welt virulent. An den heiligen Stätten in Saudi-Arabien bestehe wegen der großen Zahl der Pilger auf engem Raum ein hohes Risiko der Ansteckung mit dem Corona-Virus. In China habe es in letzter Zeit eine Häufung von Ausbrüchen gegeben und die Präventionsmaßnahmen seien immer noch streng, daher setze man die Gesundheit der Bevölkerung an die erste Stelle und setze den Hadsch aus (sxyslj.com 16.05.).
Die CIV ist der einzige vom chinesischen Staat zugelassene Organisator für Wallfahrten von Bürgern der VR China nach Mekka. Zu den neuen staatlichen Bestimmungen für den Hadsch chinesischer Muslime aus dem Jahr 2020 siehe China heute 2020, Nr. 4, Informationen. kwt

24. Mai 2022:
Bisher umfangreichstes Datenleck zu Internierungslagern in Xinjiang enthält auch Polizeifotos von 330 wegen Religion inhaftierten Personen
Die sogenannten „Xinjiang Police Files“ – eine große Menge von zehntausenden Dateien mit vertraulichen oder internen Daten aus dem Polizeinetz des Autonomen Gebiets Xinjiang, darunter Fotos aus Umerziehungslagern, interne Reden und Behördenanweisungen aus der Zeit von den 2000er Jahren bis zum Ende des Jahres 2018 – wurden dem Xinjiang-Forscher Adrian Zenz nach eigenen Angaben von einem Hacker zugespielt. Ein Konsortium 14 internationaler Medien, darunter der Bayerische Rundfunk und das Magazin Der Spiegel, stellten sie am 24. Mai der Öffentlichkeit vor (siehe dw.com 24.05.). Nach Zenz’ Beschreibung der Files enthalten diese auch eine Tabelle mit der Überschrift „Personen, die wegen Religion dem Hart-Zuschlagen unterzogen werden“. Sie listet Zenz zufolge 330 Personen mit Foto auf, die wegen illegaler religiöser Aktivitäten wie dem Studium des Koran verurteilt wurden. Für Zenz’ Beschreibung und Analyse der Daten siehe ders., „The Xinjiang Police Files: Re-Education Camp Security and Political Paranoia in the Xinjiang Uyghur Autonomous Region“, in: Journal of the European Association for Chinese Studies 2022, Nr. 3, S. 1–56 (Online First), DOI: https://doi.org/10.25365/jeacs.2022.3.zenz, hier S. 33. kwt

Protestantische Kirchen

12. April 2022:
Chinesische Christen eröffnen ihr erstes theologisches Seminar in Italien
Laut einer Meldung der Italienischen Evangelischen Allianz vom 25. April wurde in Rom von einer Gruppe von 55 Kirchen das Italienische Chinesische Theologische Seminar eröffnet. Es wird Pastoren für chinesischsprachige Gemeinden in Italien und anderen europäischen Ländern ausbilden. Das Seminar wurde am 12. April eingeweiht. An der Einweihung nahmen ca. 300 Personen teil, darunter viele Vertreter chinesischer Kirchen in Italien und einige aus anderen europäischen Ländern sowie etwa 30 italienische Gäste. Die neue Einrichtung wird ihre Tätigkeit in einem renovierten Hotel ausüben, das von der Chinesischen Christlichen Kirche in Italien, einem Zusammenschluss von 55 chinesischen Kirchen, erworben wurde. Das Gebäude befindet sich auf dem Gelände der Universität Tor Vergata. Laut der Website des Instituts (www.itcts.org, ausschließlich in chinesischer Sprache) sollen die Grade des „Bachelor of Theology“ und „Master of Divinity“ verliehen werden. Auf der Website ist folgende Begründung für die Einrichtung des Seminars zu lesen: „Außer in Italien sind chinesische Kirchen […] auch in Spanien, Frankreich und vielen anderen Ländern in Europa verbreitet. Viele ihrer Führungspersönlichkeiten haben erkannt, dass das Kirchenmodell, das in der Vergangenheit so gut funktioniert hat, in einer pluralen Welt zunehmend unhaltbar wird. Es genügt nicht, dass die Gläubigen einfach nur Versammlungen besuchen und Predigten hören; sie brauchen systematische biblische Lehre und ganzheitliche Seelsorge für ihr Leben. Die Komplexität der Familien- und Jugendfragen macht eine spezialisierte und professionelle Evangelisation und Seelsorge erforderlich“ (evangelicalfocus.com 25.04.; Webseite des Seminars unter www.itcts.org). kf

10. Mai 2022:
Maßnahmen gegen größte Hauskirche in Xiamen, Provinz Fujian – Prediger und seine Frau vor Gericht einbestellt
Mit einer Geschichte von über 100 Jahren gehört die Xunsiding-Kirche (巡司顶教会) in Xiamen zu den traditionsreichen Hauskirchen. Sie ist die größte Hauskirche in der Stadt. Prediger Yang Xibo 杨希伯 leitet die Gemeinde in vierter Generation. Sein Vater und seine Tante wurden in früheren Zeiten zu langen Haftstrafen von 5 und 15 Jahren verurteilt, weil sie sich einem Beitritt der Kirche zur Patriotischen Drei-Selbst-Bewegung widersetzt hatten. Am 19. Mai 2019 wurde die Kirche verboten. 30 Tage lang bewachte die Polizei den Standort in der Xunsiding-Straße 5, um eventuelle weitere Aktivitäten zu verhindern. Eine Geldstrafe von 25.000 RMB wurde verhängt. Zusammenkünfte, Gottesdienste und Versammlungen in kleineren Gruppen fanden an wechselnden Orten weiterhin statt: in privaten Wohnungen, unter der Yanwu-Brücke am Meer oder in Hotels. Die Behörden störten und beendeten die Zusammenkünfte immer wieder. Es kam auch zu Hausdurchsuchungen und zum Konfiszieren religiöser Materialien. Am 29. Juli 2021 verurteilte das Volksgericht des Bezirks Siming in Xiamen Yang Xibo und seine Frau Wang Xiaofei 王晓飞 zu einer Geldstrafe von jeweils 100.000 RMB wegen der Organisation illegaler Versammlungen. Der von dem Ehepaar eingelegte Widerspruch wurde am 25. November 2021 mit der Begründung abgelehnt, dass beide weiterhin an illegalen religiösen Aktivitäten teilgenommen und organisatorisches Verhalten an den Tag gelegt hätten. Für den 10. Mai 2022 wurden Yang und Wang zu einer weiteren Anhörung in dem Fall ins Gericht einberufen (UCAN 3.05.; https://ipkmedia.com/137215/).
Isabel Friemann, China Infostelle

Juni 2022:
Studienabschlussfeiern an Theologischen Seminaren
Im Juni fanden an den theologischen Seminaren in der Volksrepublik China Abschlussfeiern der Absolventinnen und Absolventen theologischer Studien mit verschiedenen Ausbildungsgraden statt. Am nationalen Nanjing Theological Semi­nary waren es in diesem Jahr insgesamt 162 Personen, die graduierten: 137 erhielten ihre Abschlusszeugnisse im vierjährigen Grundstudium als Bachelor, 25 hatten noch drei weitere Jahre studiert und einen Master erlangt. Obwohl ein großer Teil des Unterrichts nach den Neujahrsferien online stattfand, wurde die Abschlussfeier am 20. Juni in der Kirche des Seminars auf dem Campus durchgeführt. Grußworte vom ehemaligen Präsidenten des Chinesischen Christenrates (CCC), Pastor Dr. Gao Feng, vom amtierenden Präsidenten des CCC, Pastor Wu Wei, und vom Vorsitzenden der Patriotischen Drei-Selbst-Bewegung, Ältester Xu Xiaohong, wurden über einen großen Bildschirm aus Shanghai online übertragen. Das Yanjing Theological Seminary in Beijing feierte den Abschluss von 16 Theologiestudierenden im Grundstudium am 12. Juni. Unterricht und Leben auf dem Campus waren an manchen Orten in China in diesem Jahr von der Pandemie nicht beeinflusst. So zum Beispiel an der Bibelschule der Provinz Guangxi in Nanning. Am 11. Juni wurden dort die Abschlüsse in drei möglichen Studiengängen gefeiert: zum 8. Mal im Grundkurs Theologie (zwei Jahre Ausbildung), zum 26. Mal in Bibelkenntnissen (ein Jahr Ausbildung) und zum 10. Mal in Kirchenmusik (ein Jahr Ausbildung). Der Bibelschule ist es gelungen, die akademische Qualität der Ausbildung zu verbessern und die Anzahl an Studierenden zu erhöhen. Sie hofft darauf, bald von der Religionsbehörde in den Rang eines theologischen Seminars aufgewertet zu werden und die Genehmigung zum Angebot eines dreijährigen Grundstudiums in Theologie zu erhalten (ccctspm.org 14.06.; gxcctspm.cn 14.06.).
Isabel Friemann, China Infostelle

Katholische Kirche

29. April 2022:
Vier Priester der Diözese Baoding im Untergrund verschwinden – lautAsiaNews sind insgesamt 10 Priester von Baoding seit Januar verschwunden
Die vier Priester Yang Jianwei 杨建伟, Zhang Chunguang 张春光, Zhang Zhenquan 张振全 und Yin Shuangxi 尹双喜 verschwanden am Nachmittag des 29. April in Xushui, Stadt Baoding. In den sozialen Netzen kursierten Vermisstenanzeigen und ein Suchaufruf der Angehörigen. Laut einem Beitrag von Wang Zhicheng in AsiaNews verschwand außer diesen vieren am 30. April in Baoding noch der Priester Zhang Shouxin 张守欣. Wang nannte außerdem die Namen von fünf weiteren Untergrundpriestern von Baoding, die zwischen Januar und April 2022 von den Behörden verschleppt worden seien, nämlich die Priester Chen Hechao 陈合超, Ji Fuhou 姬福厚, Ma Ligang 马里刚, Yang Guanglin 杨广林 und Shang Mancang 商满仓. Wang Zhicheng zufolge sind die Priester guanzhi 管制 (wörtlich „Kontrolle“) unterworfen, was kein physisches Gefängnis sei, sondern Einschränkung der Bewegungsfreiheit und erzwungene Teilnahme an politischen Schulungen mit dem Ziel, sie zum Beitritt zur offiziellen Kirche zu zwingen. Wang erinnert daran, dass von der Diözese Baoding im Untergrund Bischof Su Zhimin 苏志民 bereits seit 1997 verschwunden und der Priester Liu Honggeng 刘红更 seit sieben Jahren im Gefängnis ist. Die nicht-offizielle Gemeinschaft von Baoding ist gespalten, seit sich Bischof Su Zhimins früherer Weihbischof An Shuxin 安树新 nach seiner Entlassung aus zehnjähriger Haft 2006 entschloss, öffentlich zu arbeiteten, und 2010 offiziell als Bischof von Baoding installiert wurde (AsiaNews 3.05.; UCAN 9.08.2010). kwt

10. Mai 2022:
Bischof Peter Wu Junwei von Xinjiang in der Provinz Shanxi verstorben
Völlig unerwartet verstarb Bischof Peter Wu Junwei 武俊维 im Alter von 58 Jahren an den Folgen eines Herzinfarkts. Er stand seit 2009 der Diözese Xinjiang/Yuncheng im Süden der Provinz Shanxi vor. Bischof Wu wurde am 27. Juni 1963 geboren. 1985 trat er ins Priesterseminar in Taiyuan ein und wurde am 9. Dezember 1990 zum Priester geweiht. Zunächst als Gemeindepfarrer tätig, war er von 1996 bis 2001 Diözesandirektor für kirchliche Angelegenheiten und Leiter des propädeutischen Seminars der Diözese Taiyuan. Von 2001 bis 2009 stand er als Rektor dem Priesterseminar von Shanxi in Taiyuan vor. Am 21. September 2010 wurde er mit Zustimmung von Papst Benedikt XVI. und den chinesischen Behörden zum Bischof von Xinjiang/Yuncheng geweiht. Eines der zentralen Anliegen von Bischof Wu war das soziale Wirken der Kirche, dabei vor allem die Hilfe für bedürftige, ältere Menschen. Auch lagen ihm die Sorgen und Nöte der ländlichen Bevölkerung in besonderer Weise am Herzen. Aber auch die Zukunft der Kirche bewegte Bischof Wu: so war ihm die Vermittlung der Inhalte des Apostolischen Schreibens Evangelii Gaudium wie auch der Enzyklika Laudato Si’ von Papst Franziskus in seiner Diözese wichtiges Anliegen, auch um die Verbundenheit seiner Gläubigen mit Rom und der Weltkirche aufzuzeigen (siehe auch den Nachruf in den Informationen).
Michael Kropp

10. Mai 2022:
AsiaNews: Bischof Shao Zhumin von Wenzhou wurde in Beijing gesehen – Untergrundbischöfe Zhang Weizhu und Cui Tai sind weiter inhaftiert
Katholische Quellen berichteten Asia­News im Mai, dass der Bischof von Wenzhou (Zhejiang), Shao Zhumin 邵祝民, in Beijing gesehen wurde. Er sei kürzlich operiert worden und befinde sich derzeit in einem Pflegeheim, wo er Tag und Nacht von Polizisten überwacht werde. Bischof Shao Zhumin ist von der Regierung nicht als Bischof anerkannt und wurde bereits mehrfach inhaftiert und verschleppt, zuletzt am 25. Oktober 2021; im November war er wieder freigelassen worden (vgl. China heute 2017, Nr. 2, Chronik, Katholische Kirche, 6. April und 18. Mai 2017 sowie 2021, Nr. 3, Chronik, Katholische Kirche, 25. Oktober 2021; Nr. 4, Chronik, Katholische Kirche, 11. November 2021).
Laut UCAN vom 24. Mai war Untergrundbischof Zhang Weizhu 张维柱 von Xinxiang in der Provinz Henan ein Jahr nach seiner Festnahme am 21. Mai 2021 (vgl. China heute 2021, Nr. 2, Chronik, Katholische Kirche, 20. und 21. Mai 2021) immer noch in Haft. Bitter Winter gab am 22. Juni an, dass auch Untergrund-Koadjutorbischof Cui Tai 崔太 von Xuanhua in Nord-Hebei weiter inhaftiert sei. Cui Tai wurde seit 2007 immer wieder von den Behörden inhaftiert, zuletzt im Juni 2020 (vgl. China heute 2020, Nr. 2-3, Chronik, Katholische Kirche, 19. Juni 2020) (AsiaNews 10.05.; Bitter Winter 22.06.; UCAN 24.05.). kwt

13. und 29. Juni 2022:
Priesterweihen in den Diözesen Yuncheng, Fuzhou, Wanzhou und Leshan
In der Diözese Xinjiang/Yuncheng, Provinz Shanxi, wurde am 13. Juni der Diakon Jia Hongwei zum Priester geweiht. Die Weihe nahm (Erz-)Bischof Meng Ningyou von Taiyuan vor, da der Ortsbischof Wu Junwei kurz zuvor, am 10. Mai (siehe Eintrag dort), plötzlich verstorben war. Die anderen Neupriester – zwei in Fuzhou (Fujian), einer in Wan­zhou (Chongqing) und zwei in Leshan (Sichuan) − wurden am 29. Juni von den jeweiligen Ortsbischöfen geweiht. Diese sechs Priesterweihen sind die ersten, die im Jahr 2022 für Festlandchina in katholischen Medien gemeldet wurden (Fides 1.07.; xinde.org 30.06.; 8.07.). kwt

29. Juni 2022:
40 Menschen werden in der Kathedrale von Wenzhou getauft
Von den 52 Teilnehmerinnen und Teilnehmern des 21. Katechumenatskurses der Kathedrale wurden in der Abendmesse am Patronatsfest Peter und Paul vierzig getauft und zwölf gefirmt. Der Kurs hatte am 16. Oktober 2021 mit dem Taufunterricht begonnen. Diesmal seien mehr junge Leute unter den Taufbewerbern gewesen als in früheren Kursen, heißt es in dem Bericht auf dem Portal von Xinde (Faith). Es soll nun ein Folgekurs zur Katechumenats-Bekräftigung für die Neugetauften organisiert werden (xinde.org 4.07.). kwt

Sino-vatikanische Beziehungen

11. April 2022:
Kardinalstaatssekretär Parolin äußert im Interview die Hoffnung, dass das Abkommen noch angepasst werden kann
Andrea Gagliarducci von Catholic News Agency (CNA) veröffentlichte am 11. April in Zusammenfassung den 3. Teil eines Interviews mit Kardinal Pietro Parolin, der als Leiter des vatikanischen Staatssekretariats auch für die Verhandlungen mit China verantwortlich ist. Mit Blick auf das herannahende Ablaufdatum [22. Oktober 2022] des vorläufigen sino-vatikanischen Abkommens über Bischofsernennungen sagte Parolin laut Interview: „Wir denken darüber nach, was zu tun ist. COVID hat uns nicht geholfen, weil es den laufenden Dialog unterbrochen hat. Wir versuchen, den Dialog konkret wieder aufzunehmen, mit Treffen, die hoffentlich bald stattfinden werden. Wir werden über die Ergebnisse des Abkommens nachdenken und möglicherweise über die Notwendigkeit, Klarstellungen vorzunehmen oder einige Punkte zu überprüfen.“ Auf die Frage, ob er das Abkommen anpassen („tweak“) wolle, sagte Parolin: „Ich hoffe es.“ Gagliarducci schrieb, Kardinal Parolin habe nicht gesagt, welche Aspekte des Abkommens – dessen Inhalt nie enthüllt wurde – er zu ändern wünsche.
Einen Monat später sagte Kardinal Parolin laut Vatican News, die Verhaftung von Kardinal Zen (am 11. Mai 2022, siehe Eintrag in der Rubrik „Hongkong“) solle nicht als „Desavouierung“ des Abkommens gelesen werden. Doch hoffe er, „dass solche Initiativen nicht den jetzt schon komplexen, nicht einfachen Weg des Dialogs zwischen dem Heiligen Stuhl und China noch komplizierter machen“.
Lucia Cheung, die früher das Hongkonger Chinabüro von UCAN leitete, erläuterte in einem Beitrag auf ihrem Blog zum Parolin-Interview der CNA, dass es die Praxis des Heiligen Stuhls sei zu schweigen, wenn Verhandlungen gut laufen; hingegen hätten sich im Vorfeld der ersten Verlängerung des Abkommens im Jahr 2020 – die, wie nachträglich bekannt wurde, nicht ohne Probleme abgegangen sei – eine Reihe wichtiger Kirchenvertreter in Interviews geäußert. So sei Kardinal Parolins Äußerung im CNA-Interview vielleicht für Beijings Ohren bestimmt und der Beginn von Aktivitäten, um im Vorfeld des dritten Abkommens ein Momentum aufzubauen. Cheung stellt außerdem folgende Gegenrechnungen auf: Von den 6 seit September 2018 geweihten Bischöfen waren 3 (Yao Shun, Xu Hongwei und Liu Genzhu) schon lange vor dem Abkommen vom Papst ernannt, während, laut Cheung, die 3 anderen (Cui Qingqi, Li Hui und wahrscheinlich auch Chen Tianhao) nach dem offiziellen chinesischen Prozedere gewählt und dann erst vom Papst ernannt worden seien – also Gleichstand zwischen Rom und Beijing. Mit der Unterzeichnung des Abkommens im September 2018 wurden 8 (einer davon posthum) aus Sicht Roms illegitime Bischöfe vom Papst anerkannt, während seither 6 aus Sicht Roms legitime (aus Regierungssicht illegale) Bischöfe von der Regierung anerkannt wurden – also Vorsprung für Beijing. Der Vatikan verhandle mit einem säkularen, atheistischen Regime, das Bischofsernennungen in den Kategorien von Win und Lose betrachte, schreibt Lucia Cheung. Sie geht davon aus, dass es vor dem Ablauf des Abkommens im Oktober zu einer neuen „Spielrunde“ zwischen beiden Seiten kommen werde, denn im März sei der Priester Wang Yaosheng in der Diözese Zheng­zhou in Henan einstimmig zum Bischofskandidaten gewählt worden, und Wang werde dem Vernehmen nach vom Vatikan sehr negativ beurteilt (catholicnewsagency.com 11.04.; Vatican News 13.05.; luciacheungoffice.medium.com 18.04.). kwt

2. Juli 2022:
Papst hofft auf Erneuerung des China-Abkommens
In einem 90-minütigen Exklusivinterview, das Papst Franziskus am 2. Juli dem Reuters-Korrespondenten Philip Pullella gab, ging es auch um das sino-vatikanische Abkommen über die Ernennung von Bischöfen, das am 22. Oktober 2022 zum zweiten Mal zur Verlängerung ansteht. Vatican News veröffentlichte eine Zusammenfassung einiger Aussagen. Papst Franziskus verteidigte in dem Interview die Politik der kleinen Schritte: „Viele haben so viele Dinge gegen Johannes XXIII., gegen Paul VI. und gegen Casaroli gesagt“, „aber so ist das mit der Diplomatie. In einer blockierten Situation muss man nach dem möglichen Ausweg suchen, nicht nach dem idealen“. Weiter sagte der Papst: „Diplomatie ist die Kunst des Möglichen und heißt, Dinge zu tun, die das Mögliche Realität werden lassen.“ Bei der Ernennung von Bischöfen sieht der Papst Ergebnisse: „Es geht langsam voran, aber einige (Bischöfe) wurden bereits ernannt.“ Der Papst sprach in dem Interview auch von eigenen Herausforderungen in China: „Sie haben auch ihre eigenen Probleme“, so Franziskus mit Verweis auf die unterschiedlichen Haltungen der lokalen Behörden in China. „Die Situation ist nicht in jeder Region des Landes gleich. Auch die Art und Weise der Beziehungen (zur katholischen Kirche, Anm. d. Red. [von Vatican News]) hängt von den Herrschern ab.“ Als Fazit meint der Papst: „Die Vereinbarung geht gut voran, und ich hoffe, dass sie im Oktober verlängert werden kann.“ In dem Interview würdigte Papst Franziskus besonders die diplomatischen Fähigkeiten von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin: „Das Abkommen setzt Kardinal Parolin um, der beste Diplomat des Heiligen Stuhls, der hohes diplomatisches Ansehen genießt. Er weiß, wie man sich bewegt, er ist ein Mann des Dialogs und er führt Gespräche mit den chinesischen Behörden. Ich glaube, dass die Kommission, der er vorsteht, alles getan hat, um voranzukommen und einen Ausweg zu suchen, und sie haben ihn gefunden“, so der Papst (Vatican News [deutsch] 5.07.; Reuters 5.07.; siehe auch den Beitrag in den Informationen). kf

Hongkong

21. April 2022:
Hongkonger Priester kritisiert chinesische Regierung
In einer Sendung von EWTN beteuerte der Hongkonger Priester Vincent Woo öffentlich, dass die Kommunistische Partei Chinas alle Bereiche in der Gesellschaft kontrollieren wolle, was auch die Religionsausübung einschließe. Kürzlich sei ein protestantischer Pastor wegen eines Kommentares gegen die Regierung auf seinem YouTube-Kanal verhaftet worden. „Als Priester und Bischöfe sind wir dazu berufen, Propheten zu sein und uns gegen Ungerechtigkeit in unserer Gesellschaft auszusprechen“, sagte er. „Aber das Beispiel des protestantischen Pastors zeigt den Priestern und Bischöfen in Hongkong, dass es enorme Konsequenzen hat, wenn man etwas gegen die Regierung predigt, und deshalb gibt es in den letzten zwei Jahren kaum einen Priester oder Bischof in Hongkong, der öffentlich etwas gegen die Hongkonger Regierung oder die KPCh gesagt hat.“ Woo kritisierte auch die Politik der Sinisierung, wonach alles in der christlichen Lehre, was nicht mit der sozialistischen Lehre übereinstimme, „ausgetrieben“ werden müsse. Der Partei gehe es auch um die Kontrolle der Schulen in Hongkong, viele Lehrkräfte seien in der letzten Zeit aus dem Schulbetrieb ausgestiegen. Priester Woo ging auch kritisch auf viele weitere Themen bezüglich Hongkong und der Situation der Kirche in China ein. Auf die Frage, ob er sich keine Sorgen um seine eigene Sicherheit mache, nachdem er jetzt in der Öffentlichkeit spreche, sagte Woo: „Ich bin die einzige Person in meiner Diözese, die das im Moment tun kann.“
Er absolviert derzeit ein Promotionsstudium in Kirchenrecht in den USA (LiCAS / Catholic News Agency 27.04.; das Interview ist nachzuhören unter www.youtube.com/watch?v=f8DWZlKcQAQ&t=145s). kf

11./24. Mai 2022:
Verhaftung von Kardinal Zen in Hongkong und erster Gerichtstermin
Am 11. Mai 2022 wurde Kardinal Joseph Zen Ze-kiun zusammen mit weiteren Mitgliedern eines Treuhandfonds zur Unterstützung von Demokratieaktivisten verhaftet und einige Stunden später gegen Kaution wieder auf freien Fuß gesetzt. Beim ersten Gerichtstermin am 24. Mai wurde Anklage wegen fehlerhafter Registrierung des Fonds erhoben. Die Verhaftung löste weltweite Empörung und Verurteilung aus.
Die Diözese Hongkong reagierte mit zwei Pressestatements vom 12. und 24. Mai sowie einem persönlichen Facebook-Eintrag des amtierenden Bischofs Stephen Chow. Kardinal Zen wünschte laut Bischof Chow, dass seine Angelegenheit „low profile“ gehandhabt wird. Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums Zhao Lijian kommentierte am 12. Mai bei einer regulären Pressekonferenz die Nachfrage über die Verhaftung von Kardinal Zen mit einem Verweis auf die Rechtsstaatlichkeit Hongkongs und verbat sich die Einmischung in die Angelegenheiten Hongkongs. Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin bekundete am 13. Mai seine Sorge über die Verhaftung, gleichzeitig jedoch auch die Überzeugung, dass das sino-vatikanische Abkommen über die Bischofsernennungen dadurch nicht in Gefahr gerate. Am 14. Mai stellte sich Kardinal Charles Bo, der Erzbischof von Yangon, Myanmar, und Präsident der Föderation der asiatischen Bischofskonferenzen, in einem kritischen Statement auf die Seite von Kardinal Zen und prangerte den zunehmenden Verlust von bürgerlichen und politischen Freiheiten in Hongkong an (siehe Statements mit Quellen in der Dokumentation und den Beitrag in den Informationen dieser Nummer). kf

Anfang Juni 2022:
Neue Version der Geschichte: „Hongkong war gar nicht britische Kolonie“
In neuen Hongkonger Lehrbüchern für Schüler der Sekundarstufe II lernen die Schülerinnen und Schüler, dass die Stadt ein besetztes Gebiet und nicht eine britische Kolonie gewesen sei. Die neuen Lehrbücher wurden Anfang Juni im Rahmen des überarbeiteten Kurses für „Liberal Studies“ veröffentlicht, der in Staatsbürgerkunde und soziale Entwicklung umbenannt und im vergangenen September eingeführt wurde. Im Mittelpunkt des neuen Lehrplans stehen die Themen nationale Sicherheit, Identität, Patriotismus und Rechtmäßigkeit. Wie die South China Morning Post schreibt, werde in den überarbeiteten Lehrplänen darauf hingewiesen, dass die chinesische Regierung den Vertrag von Nanking nie anerkannt habe. Der Vertrag wurde nach dem ersten Opiumkrieg 1842 unterzeichnet und zwang die letzte kaiserliche Dynastie des Landes, die Insel Hongkong an die Briten abzutreten. In den Schulbüchern werde darauf verzichtet, Hongkong als Kolonie zu bezeichnen, stattdessen heiße es, die Stadt habe unter der „Kolonialverwaltung Großbritanniens“ gestanden. „Die chinesischen Nachfolgeregierungen der Qing-Dynastie haben die ungleichen Verträge nie anerkannt und die Souveränität über Hongkong nie aufgegeben. Daher ist Hongkong keine Kolonie“, zitiert die Zeitung aus einem Buch. „In den 1960er Jahren richteten die Vereinten Nationen den Sonderausschuss für Entkolonialisierung ein, um Kolonien dabei zu helfen, das Recht auf Selbstbestimmung und Unabhängigkeit zu erlangen. Um seine Souveränität über Hongkong und Macau zu wahren, forderte China 1972 den Ausschuss auf, Hongkong und Macau von seiner Liste der Kolonien zu streichen“, so ein weiteres Zitat. Das Lehrbuch führt aus, dass der Antrag mit einer Mehrheit angenommen wurde (South China Morning Post 24.06.). kf

4. Juni 2022:
Verbot von Gedenkfeiern zum Tianan’men-Massaker von 1989
Das dritte Jahr in Folge verboten die Hongkonger Behörden die jährliche Vigil zum Gedenken an die Opfer des Tianan’men-Massakers. Gründe waren die COVID-Pandemie und das nationale Sicherheitsgesetz. Die Hong Kong Alliance in Support of Patriotic Democratic Movements of China, die traditionell das Gedenken im Victoria Park organisierte, wurde im September vergangenen Jahres aufgelöst. Zum ersten Mal sagte die katholische Kirche aufgrund von Bedenken wegen des nationalen Sicherheitsgesetzes die Gedenkgottesdienste ab, obgleich in den katholischen Kirchen heilige Messen stattfanden. In einer Messe im Vorfeld – so AsiaNews – erwähnte Kardinal Joseph Zen die „Brüder und Schwestern“, die ihr Leben „für unsere Demokratie und unsere Freiheit“ geopfert hätten. In der Ward Memorial Methodist Church in Yau Ma Tei wurde am 31. Mai ein Gebetstreffen abgehalten. Rev. Yuen Tian-yau, Präsident der Methodistischen Kirche, sagte gegenüber der South China Morning Post: „Für die chinesische Kirche und das Land zu beten ist völlig gerechtfertigt, wie sollten wir durch das Gebet für das Land das nationale Sicherheitsgesetz übertreten?“ An dem Treffen nahmen einige Dutzend Personen teil. Trotz Warnungen posteten mehrere ausländische Vertretungen Bilder und Hinweise auf 1989 in den sozialen Medien, das US-Konsulat und die Vertretung der EU stellten brennende Kerzen in die Fenster. Das chinesische Außenministerium drückte im Nachgang in einem Schreiben an verschiedene ausländische Konsulate in Hongkong „starke Missbilligung und entschiedene Ablehnung“ ihres Gedenkens an den Jahrestag aus. Unter hoher Polizeipräsenz in der Stadt am 4. Juni kam es zu Verhaftungen von sechs Personen, die andere zur Teilnahme an illegalen Versammlungen angestachelt hätten (AsiaNews 2.,4.06.; BBC 6.,7.06.; South China Morning Post 31.05.). kf

1. Juli 2022:
Chief Executive John Lee wird in sein Amt eingeführt
Am 25. Jahrestag der Übergabe Hongkongs an die Volksrepublik China wurde der neue Regierungschef der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong in sein Amt eingeführt. Der frühere Sicherheitsminister John Lee Ka-chiu übernimmt das Amt von Carrie Lam, die seit 1. Juli 2017 Chief Executive war. Sie strebte keine zweite Amtszeit mehr an. „Der 64-Jährige Lee gilt als politischer Hardliner und ist berüchtigt für seine absolute Loyalität gegenüber der chinesischen Zentralregierung“, so die Tagesschau vom 8. Mai. Bei der scheindemokratischen Wahl hatte es nur einen Kandidaten gegeben, mehr als 99 Prozent der etwa 1.500 Mitglieder des wahlberechtigten Komitees stimmten für Lee.
Zur 25-Jahr-Feier und der Amtseinführung von Lee war eigens Chinas Staatspräsident Xi Jinping angereist. Während des zweitägigen Besuchs von Xi wurden massiv Polizeikräfte eingesetzt, ganze Stadtteile abgeriegelt und die Berichterstattung in- und ausländischer Medien stark eingeschränkt. In seiner Rede sagte Xi, die „wahre Demokratie“ in Hongkong habe mit der Rückkehr nach China im Jahr 1997 begonnen. Aber nur „Patrioten“ dürften Hongkong regieren.
Wie Carrie Lam gehört auch John Lee der katholischen Kirche an. Seine Lebensphilosophie sei es, „der Gesellschaft als ganzer zu helfen“, zitiert ihn die South China Morning Post aus einem Pressegespräch (AsiaNews 1.07.; Tagesschau, 8.05; South China Morning Post 3.05.; Süddeutsche Zeitung 8.05.). kf

5. Juli 2022:
Reuters berichtet: Inoffizieller Vertreter des Heiligen Stuhls warnt Ordens­gemeinschaften in Hongkong vor schwierigen Zeiten
Nach einem Bericht von Reuters vom 5. Juli 2022 hat sich Msgr. Javier Herrera Corona, der inoffizielle Vertreter des Heiligen Stuhls in Hongkong, viermal mit den ca. 50 Ordensgemeinschaften in Hongkong getroffen, um sie vor verschärftem Vorgehen seitens Chinas zu warnen. Msgr. Herrera Corona war bis März dieses Jahres Leiter der China Study Mission des Vatikans in Hongkong und bekam eine neue Aufgabe als Apostolischer Nuntius für die Republik Kongo sowie Gabun. Er hatte sechs Jahre lang die Studienmission geleitet. Die Treffen hätten ab Oktober letzten Jahres stattgefunden, so Reuters. Herrera Corona habe die Missionare aufgefordert, sich für schwierigere Zeiten vorzubereiten, da China die Kontrolle über die Stadt verstärken werde. Er drängte dazu, das Eigentum, die Dokumente und die Gelder entsprechend zu schützen. Reuters stützt sich auf Aussagen von vier Personen, die mit den privaten Treffen vertraut seien, aber nicht namentlich genannt werden wollten. Hongkong sei nicht mehr der große Brückenkopf, der es einmal war, so Msgr. Herrera Corona. Der Monsignore hat nach Aussagen der anonymen Quellen die Teilnehmer der Treffen auch darauf hingewiesen, dass die Rechte religiöser Einrichtungen, die im Grundgesetz von Hongkong verankert sind, angesichts des zunehmenden Drucks aus Beijing nicht als verlässlich gelten könnten. Die Orden sollten auf mögliche Einschränkungen von langjährigen Programmen vorbereitet sein, wie z.B. dem Einsatz ausländischer Missionare als Pfarrer in lokalen Gemeinden, so die Kontaktpersonen.
Dem Bericht zufolge hat die Studienmission selbst bereits 2019, vor Inkrafttreten des nationalen Sicherheitsgesetzes 2020, diskret Archivmaterialien verschiffen lassen, da „sie befürchteten, dass ihre Mission von Chinas staatlichem Sicherheitsapparat genauestens überwacht wurde“. Drei Orden hätten nach den Warnungen von Msgr. Herrera Corona ihre Dokumente ebenfalls außer Landes gebracht.
Nach dem offiziellen Direktorium der Diözese gibt es in Hongkong derzeit etwa 50 katholische Missionsgesellschaften und Ordensgemeinschaften mit über 600 Priestern, Ordensbrüdern und Schwestern (Reuters 5.07.). kf

Singapur

29. Mai 2022:
Erzbischof William Goh zum Kardinal ernannt
Papst Franziskus hat für den 27. August 2022 ein Konsistorium angekündigt, bei dem er 21 neue Kardinäle kreieren wird. Darunter ist auch William Goh Seng Chye, der Erzbischof von Singapur. Er wurde am 25. Juni 1957 in Singapur geboren und ist erst der zweite einheimische Bischof der Diözese. Seit 2013 ist er Erzbischof in Singapur. Unter den 5,6 Millionen Einwohnern Singapurs sind 300.000 Katholiken. Der Anteil der Christen ist von 12,7% im Jahr 1990 auf 19% im Jahr 2015 gestiegen. Singapurs Katholiken, zumeist chinesischer und indischer Herkunft, sind von 4% 1990 auf 5,35% 2015 gestiegen (UCAN 30.05.; Vatican News 29.05.). kf

Katharina Feith (kf)
Isabel Friemann, China InfoStelle
Katharina Wenzel-Teuber (kwt)

Alle Quellenangaben in der „Chronik“ beziehen sich, wenn nicht anders angegeben, auf das Jahr 2022.

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