Hier informiert Sie das China-Zentrum zur Situation der Religionen und der christlichen Kirchen in China.
2.–7. Oktober 2021:
Weiträumige Überschwemmungen in Shanxi
Im Oktober ereigneten sich in der Provinz Shanxi durch extrem starke Regenfälle und einen in der Folge davon ausgelösten Dammbruch eine weiträumige Überschwemmung und Erdrutsche, die katastrophale Schäden verursachten, wobei auch kirchliche Gebäude betroffen waren. Christliche Organisationen wie Jinde Charities und die Amity Foundation beteiligten sich sehr aktiv an den Rettungs- und Hilfsmaßnahmen (amityfoundation.org 11.10.; xinde.org 10.10.).
Siehe hierzu auch den Beitrag in den Informationen.
23. Oktober 2021:
„Gesetz zur Förderung der familiären Erziehung“ (家庭教育促进法) verabschiedet
Die grundlegende Aufgabe der familiären Erziehung – gemeint ist die Erziehung Minderjähriger durch Eltern oder Vormund – ist es, „Moral zu festigen und Menschen heranzubilden [立德树人], die sozialistischen Grundwerte zu kultivieren und zu praktizieren, die hervorragende traditionelle Kultur der chinesischen Nation, die revolutionäre Kultur und die fortgeschrittene sozialistische Kultur zu verbreiten und die gesunde Entwicklung der Minderjährigen zu fördern“ – so das neue Gesetz (§ 3). Die persönliche Würde der Minderjährigen ist zu respektieren (§ 5.2). Unter den inhaltlichen Leitlinien für elterliche Erziehung (§ 16) steht an erster Stelle die Erziehung zur Liebe von Partei, Land, Volk und Sozialismus und zum „Gemeinschaftsbewusstsein der chinesischen Nation“ – noch vor der Erziehung zu Güte, Ehrlichkeit und Hilfsbereitschaft oder gesunder physischer und psychischer Entwicklung. Eigens erwähnt wird „gesunder Gebrauch des Internets“ sowie Schutz vor Mobbing und Missbrauch. Gewaltanwendung in der Familie ist verboten (§ 23). Möglicherweise mit Blick auf die vielen am Land „zurückgelassenen“ oder der Fürsorge der Großeltern überlassenen Kinder erfolgt der Hinweis, dass Eltern ihre Kinder „persönlich großziehen“ und, sofern sie andere mit der Sorge beauftragen, mit diesen und den Kindern in regelmäßigem Kontakt bleiben sollen (§§ 17.1, 21). Familiäre, schulische und gesellschaftliche Erziehung sollen eng koordiniert werden; die Erziehungsbehörden und Frauenverbände sollen in Stadt und Land ein flächendeckendes „Anleitungs- und Service-System für familiäre Erziehung“ aufbauen (§§ 5.4, 6.2). Stellen Einwohnerkomitees, Frauenverbände, Kindergärten und Schulen usw. fest, dass Eltern ihren Pflichten nicht nachkommen, sollen sie diese kritisieren und erziehen und nötigenfalls dafür sorgen, dass sie Anleitung zur familiären Erziehung erhalten (§ 48).
Der Allchinesische Frauenverband kommentierte, durch das Gesetz sei Erziehung in der Familie von einer traditionellen „Familienangelegenheit“ zur „Staatsangelegenheit“ erhoben worden.
Angesichts zunehmender Verbote der religiösen Betätigung Minderjähriger in vielen Teilen Chinas ist festzuhalten, dass das Gesetz mit keinem Wort die Trennung von Erziehung und Religion erwähnt oder religiöse Erziehung in der Familie verbietet; der Begriff „Religion“ kommt im Text nicht vor. Interessant ist zudem, dass der Staat „Unternehmen, Institutionseinheiten, gesellschaftliche Organisationen und Einzelpersonen“ ermutigt, „Aktivitäten gemeinnütziger Dienste für familiäre Erziehung“ durchzuführen (§ 10). Er ermutigt ferner natürliche Personen sowie Organisationen mit und ohne Rechtsperson-Status, für Angelegenheiten der familiären Erziehung zu spenden oder Freiwilligendienste zu leisten, sie dürfen auch Non-Profit-Serviceeinrichtungen für familiäre Erziehung gründen (§§ 12, 36.1). Es ist zu hoffen, dass dies weiter auch für religiöse Träger gilt. Beispielsweise hatte die Diözese Fenyang im Jahr 2013 eine Familienberatungsstelle gegründet (siehe China heute 2013, Nr. 3, Chronik, 1. August 2013).
Das Gesetz tritt am 1. Januar 2022 in Kraft (englische Übersetzung und chinesisches Original unter www.chinalawtranslate.com/en/family-education-law/; cnwomen.com.cn 24.10.; Reuters 18.10.).
11. November 2021:
Zentralkomitee der KPCh verabschiedet „Resolution über die wichtigsten Errungenschaften und historischen Erfahrungen der Partei im hundertjährigen Kampf“
Bisher gab es in den 100 Jahren des Bestehens der KP Chinas erst zwei solche Resolutionen zur Parteigeschichte: 1945 unter Mao Zedongs Parteivorsitz und nach dem Ende der Kulturrevolution 1981 in der Ära Deng Xiaoping. Gut die Hälfte des Textes der aktuellen Resolution ist dem „neuen Zeitalter des Sozialismus chinesischer Prägung“ ab dem 18. Parteitag 2012 (auf dem Xi Jinping die Leitung der Partei übernahm) gewidmet. Die Resolution mit dem chinesischen Titel 中共中央关于党的百年奋斗重大成就和历史经验的决议 findet sich in offizieller englischer Übersetzung unter www.chinadaily.com.cn/a/202111/16/WS6193a693a310cdd39bc75b43.html.
Xi Jinping strebt eine Wiederwahl zum Generalsekretär der Partei im Herbst 2022 an; im Frühjahr 2023 kann er aufgrund einer Verfassungsänderung auch zum dritten Mal zum Staatspräsidenten gewählt werden.
Mitte Oktober 2021:
Apple entfernt Bibel-App und Koran-App aus seinem App-Store in China
Der US-amerikanische Technologiekonzern Apple hat zwei Apps mit religiösen Inhalten in seinem in China zugänglichen App-Store aus dem Angebot genommen. Es sind die Bibel-App des in den USA ansässigen Anbieters Olive Tree und die in Pakistan produzierte Quran-Majeed-App. Hintergrund ist nach Angaben von Apple gegenüber der BBC der Vorwurf von Seite chinesischer Behörden, die herrschenden Gesetze zu verletzen und illegal religiöse Texte zu verbreiten. Der Online-Vertrieb chinesischer Bibel-Apps ist bereits seit Mitte 2019 massiv beeinträchtigt (vgl. China heute 2019, Nr. 3, Chronik, Protestantismus, Mitte Juli 2019). In den letzten Monaten mehren sich Meldungen über Verbote und Blockaden christlicher chinesischer Kommunikationsforen in dem Sozialmedium WeChat (UCAN 22.10.).
Isabel Friemann, China InfoStelle
24. November 2021:
Provinz Yunnan verabschiedet Vorschriften für religiöse Angelegenheiten mit Paragraph zu Minderjährigen und Religion – zwei Provinzen verbieten per Rechtserlass religiöse Sommerlager für Minderjährige
Für die zunehmenden lokalen Verbote für das Betreten religiöser Stätten durch und Religionskurse für Minderjährige gibt es, soweit bekannt, keine Rechtsgrundlage in nationalen Rechtsnormen. Die nationalen Vorschriften für religiöse Angelegenheiten enthalten keine Bestimmungen zu Minderjährigen. Inzwischen wurden aber Bestimmungen dazu in den Vorschriften für religiöse Angelegenheiten (VrA) von 5 Provinzen aufgenommen, zuletzt in die der Provinz Yunnan. Darin heißt es: „Keine Organisation und keine Einzelperson darf Minderjährige organisieren, verleiten oder zwingen, an religiösen Aktivitäten teilzunehmen.“ Ganz oder nahezu wortgleich findet sich dieser Satz auch in den VrA von Qinghai (verabschiedet 2021, § 49), Shanxi (2020, § 23), Hubei (2019, § 42) und Guizhou (2019, § 40). Die VrA von Qinghai und Shanxi enthalten im gleichen Paragraphen außerdem den Satz: „Es ist verboten, durch die Veranstaltung von Studienreisen (研学旅行), Sommerlagern (夏令营), Retreats (修行营) etc. Religion unter Minderjährigen zu verbreiten.“ Diese fünf Provinz-VrAs enthalten also erstmals klare Einschränkungen für die religiöse Erziehung Minderjähriger und geben den Behörden Begründungsmöglichkeiten, gegen die Teilnahme von Kindern und Jugendlichen am gemeinschaftlichen religiösen Leben vorzugehen (alle Provinz-VrAs auf sara.gov.cn). Eine Sonderstellung hat Xinjiang, wo Kinder und Jugendliche schon seit vielen Jahren keine Moscheen, Kirchen etc. betreten dürfen. In den VrA des Autonomen Gebiets Xinjiang von 2014 (§ 37) heißt es explizit: „Minderjährige dürfen nicht an religiösen Aktivitäten teilnehmen.“
Für Hintergründe und Quellen siehe den Beitrag in den Informationen.
3.–4. Dezember 2021:
Nationale Konferenz zur Religionsarbeit mit programmatischer Rede Xi Jinpings
Ein solcher hochrangiger religionspolitischer Gipfel der Partei- und Staatsführung hatte das letzte Mal vor fünf Jahren (22.–23. April 2016) stattgefunden. Auch damals hatte KP-Generalsekretär Xi Jinping eine Rede gehalten, in der er u.a. das Festhalten an der Ausrichtung der Religionen auf Sinisierung endgültig als ein Kernkonzept der Religionspolitik der Partei etablierte (vgl. China heute 2016, Nr. 2, Informationen, Dokumentation) – mit großen Auswirkungen, wie man heute weiß. Seine Rede auf der Religionskonferenz 2021 liegt (wie schon 2016) nur in einer Zusammenfassung von Xinhua vor. Das Neue gegenüber 2016 erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Im Folgenden einige Punkte der Rede (Kommentare in eckigen Klammern). Vieles Grundsätzliche ist geblieben, wie die Forderung nach Sinisierung der Religionen, die siebenmal im Text erwähnt wird und auch von den chinesischen Staatsmedien in der Berichterstattung über die Konferenz stark hervorgehoben wurde, und die Anpassung der Religionen an die sozialistische Gesellschaft. Auch die Politik der Freiheit des religiösen Glaubens wird fortgeschrieben. Sinisierung ist eines der „Neun Muss“ (九个必须), die chinesische Medien in Xis Rede entdeckten. Ihr wird der Begriff der „Identifikation“ (认同), der in der Rede 2016 noch nicht vorkam, zugesellt: „Die Sinisierung der Religionen unseres Landes vertieft vorantreiben, [...] die Identifikation der Persönlichkeiten aus den religiösen Kreisen und der religiös gläubigen Massen mit dem großen Vaterland, der chinesischen Nation und Kultur, der KP Chinas und dem Sozialismus chinesischer Prägung erhöhen“, sagte Xi Jinping laut Xinhua. [„Identifikation“ ist hierbei eine deutlich weitergehende Forderung als „Anpassung“, da sie die innere Haltung betrifft.] „Das System und die Mechanismen der Religionsarbeit müssen vervollkommnet werden“, so dass „die Partei führt, die Regierung verwaltet, die Gesellschaft mitwirkt [协同] und die Religionen sich selbst kontrollieren [自律]“, so Xi. An anderer Stelle in Xis Rede heißt es: „Die religiösen Kreise müssen dabei unterstützt und angeleitet werden, Selbsterziehung, Selbstverwaltung und Selbstbeschränkung [自我约束] zu stärken“. Die Begriffe „sich selbst kontrollieren“ und „Selbstbeschränkung“ sind ebenfalls neu. [Dies bedeutet offensichtlich, dass die offiziellen religiösen Organisationen so aufgestellt und behördlich kontrolliert werden sollen, dass sie die Religionsgemeinschaften für die Partei im Griff haben.] Beim „Selbstaufbau“ der religiösen Organisationen muss das „System der demokratischen Beaufsichtigung“ ihres Führungspersonals verbessert werden. [Neue Bestimmungen für die Beaufsichtigung und regelmäßige Überprüfung der religiösen Amtsträger durch die religiösen Organisationen finden sich u.a. in den „Maßnahmen für die Verwaltung religiöser Amtsträger“ von 2021]. Das alte „Prinzip der Unabhängigkeit“ der Religionen [von ausländischen Kräften] wird in Xis Rede von 2021 direkt mit der Frage der nationalen Sicherheit verknüpft: „Wir müssen am Gesamtkonzept der nationalen Sicherheit [总体国家安全观] festhalten, am Prinzip der Unabhängigkeit, Autonomie und Selbstverwaltung festhalten und die damit verbundenen Arbeiten auf integrierte Weise fördern.“ Neu ist 2021 auch, dass bei Xis Forderung der Heranbildung von zuverlässigem Personal nicht nur Partei- und Regierungskader sowie Religionsvertreter, sondern als dritte Gruppe auch die Religionswissenschaftler erwähnt werden: „Wir müssen ein Team von Religionswissenschaftlern heranbilden, die in Ideologie und Politik gefestigt sind, an der marxistischen Religionssicht festhalten, einen ausgezeichneten akademischen Stil haben und gut in der Innovation sind, um den Aufbau des Fachs der marxistischen Religionswissenschaft zu stärken.“ [Die Religionswissenschaften an staatlichen Forschungseinrichtungen haben in China die Rolle eines Think Tanks für die Politik, gleichzeitig pflegen oder pflegten sie teilweise auch gute Beziehungen zu den von ihnen erforschten Religionen.]
Welche langfristigen Auswirkungen die diesmalige nationale Konferenz zur Religionsarbeit haben wird, muss die Zukunft zeigen, zumal unbekannt bleibt, welche konkreten Beschlüsse in den zwei Sitzungstagen intern gefasst wurden.
Die Xinhua-Wiedergabe der Rede Xis findet sich u.a. am 4.12. bei Renmin ribao unter http://politics.people.com.cn/n1/2021/1204/c1024-32299688.html, eine aufbereitete Kurzfassung von Xinhua unter www.sara.gov.cn/zsjyw/363970.jhtml.
3. November 2021:
Bitter Winter: In den ersten drei Quartalen von 2021 wurden 600 Mitglieder der Kirche des Allmächtigen Gottes zu Gefängnisstrafen verurteilt
Bitter Winter, das Nachrichtenportal für Religionsfreiheit und Menschenrechte von CESNUR (Studienzentrum für neue Religionen) in Turin, berichtet häufig über die in der VR China als „Kult“ (xiejiao 邪教) verbotene und unterdrückte „Kirche des Allmächtigen Gottes“, die inzwischen auch international operiert. Laut einem Bericht der Website vom 3. November d.J. wurden in ganz China im Jahr 2021 bis September 600 Mitglieder der Gruppe zu Haftstrafen verurteilt, davon 237 allein in der Provinz Shandong. Dabei berief sich Bitter Winter auf eigene Quellen in China und auf Gerichtsurteile. So habe der Volksgerichtshof von Zhangqiu in Shandong am 25. September 2021 einen Prozess gegen 48 Mitglieder der Kirche eröffnet, die bereits 2019 verhaftet worden seien; sie seien zu Gefängnisstrafen von zwei, drei oder mehr Jahren verurteilt worden. Bitter Winter berichtete auch von Fällen, in denen sogar einfache Mitglieder zu Strafen von sieben und mehr Jahren verurteilt worden seien. Dem Portal zufolge hat die Zentrale Kommission für politische und rechtliche Angelegenheiten im September 2020 eine dreijährige landesweite Niederschlagungskampagne gegen die Kirche des Allmächtigen Gottes angeordnet (bitterwinter.org 30.12.2020; 3.11.).
Ab Dezember 2021:
Neue Corona-Ausbrüche in China: Religionen beteiligen sich an Hilfsmaßnahmen
Gegen Jahresende stieg die Zahl der Corona-Infektionen in verschiedenen Regionen Chinas. Ab 23. Dezember 2021 wurde über Xi’an ein einmonatiger strikter Lockdown verhängt. Weitere Städte und Regionen wurden ab Mitte März 2022 unter Lockdown gestellt, wie Changchun in der Provinz Jilin, Shenzhen und ab 28. März auch die Metropole Shanghai. Die Religionsgemeinschaften beteiligten sich wie schon 2020 an den Hilfsmaßnahmen, u.a. indem sie bei der Durchführung der Coronatests halfen oder Hilfsgüter beschafften und verteilten. Die religiösen Stätten in vielen Orten mussten zur Corona-Prävention geschlossen bleiben (siehe auch den Eintrag vom 20. März 2022 in der Rubrik „Katholische Kirche“). kwt
20. Oktober 2021:
Guangming ribao veröffentlicht Beitrag „Dialog der Kulturen – 200 Jahre deutsche Übersetzungen des Daodejing“
Jeder vierte Deutsche besitzt ein Exemplar des Laozi (Daodejing) – schreibt Zhu Yubo in der parteinahen Zeitung Guangming ribao. Zhu zufolge, der sich dabei auf Knut Walfs Bibliography of Western Taoism (2010) beruft, gibt es 104 deutsche Übersetzungen des Laozi – nur ins Englische wurde er häufiger übersetzt. Eine erste deutsche Teilübersetzung aus dem Französischen erstellte 1827 der Philosoph Carl J.H. Windischmann, die erste vollständige deutsche Übersetzung stammt von Viktor Strauß (1870). Zhu beschreibt Strategien der Anpassung an den lokalen deutschen (und christlichen) Kontext bei den Übersetzern Strauß und Richard Wilhelm sowie den Einfluss der philosophischen Ideen des Laozi auf deutsche Schriftsteller wie Alfred Döblin, Bertolt Brecht oder Hermann Hesse. Noch mehr habe sich die deutsche Philosophie mit dem Laozi auseinandergesetzt. Zhu spricht von einer ablehnenden Haltung Kants, einer kritischen Aufnahme durch Hegel, Schelling und Martin Buber bis hin zu großer Wertschätzung des Laozi durch Heidegger und Jaspers. „Die chinesischen Klassiker als repräsentatives Symbol der chinesischen Zivilisation sind ein wichtiges Instrument, um der Welt gegenüber ‚das Narrativ Chinas gut zu erzählen‘“, so Zhu Yubo am Schluss seines langen Beitrags. Die Geschichte der deutschen Laozi-Übersetzung weise viele Erfolge auf, aber auch noch viele Unstimmigkeiten mit dem Original-Laozi. Angesichts dessen müsse die chinesische akademische Welt erstens das Diskursrecht an sich ziehen, selbst die Stimme erheben und aktiv das „Narrativ Chinas“ erzählen; zweitens müssten die ausländischen Übersetzungen gut erforscht werden, um daraus theoretische und praktische Lehren für Neuübersetzungen und Revisionen zu ziehen.
Zhu Yubo ist Dozent der PLA Information Engineering University und Postdoktorand der Fremdsprachenuniversität Shanghai. Er leitet das Projekt „Übersetzung und Verbreitung des Laozi in Deutschland und sein Echo im Dialog mit der deutschen Philosophie“ des National Social Science Fund (Guangming Daily 20.10. nach www.taoist.org.cn/showInfoContent.do?id=7326&p=%27p%27).
12. Oktober 2021:
Buddhisten in Xishuangbanna veranstalten „vernünftiges Freilassen von Lebewesen“ im Langcangjiang/Mekong, um der UN-Biodiversitätskonferenz gute Wünsche zu übermitteln
Unter Aufsicht der örtlichen Fischereibehörde, die die Qualität der Jungfische prüfte, wurden 100.000 Karpfen, eine einheimische Fischart, im Fluss ausgesetzt. Damit sollte das Ökosystem des Langcang-Flusses verbessert und die Bevölkerung angeregt werden, sich aktiv am Schutz des Flusses zu beteiligen – so ein Bericht über die Aktion. Das Freilassen von Lebewesen ist eine buddhistische Tradition. Die Aktion wurde von der Buddhistischen Vereinigung von Xishuangbanna zusammen mit lokalen Tempeln und der örtlichen Stiftung für Kulturaustausch des Theravada-Buddhismus durchgeführt (chinabuddhism.com.cn 14.10.).
Der Autonome Bezirk Xishuangbanna der Dai-Nationalität in der Provinz Yunnan grenzt an Myanmar und Laos. Südostasiatische Anrainerstaaten am Unterlauf des Stroms befürchten, dass Chinas Dammbauten am Oberlauf des Langcangjiang/Mekong in Yunnan schwerwiegende ökologische Folgen für das gesamte Einzugsgebiet des Mekong nach sich ziehen werden. Die letzte UN-Biodiversitätskonferenz fand vom 11. bis 15. Oktober 2021 online statt, die nächste soll im April 2022 in Kunming stattfinden.
29. Oktober 2021:
Chinesische buddhistische Vereinigung veröffentlicht „Verhaltenskodex für buddhistische religiöse Amtsträger“
Das Dokument wurde am 14. September 2021 vom Vorstand der Chinesischen buddhistischen Vereinigung verabschiedet. Es soll – wie es in dem Dokument heißt – das Verhalten der buddhistischen religiösen Amtsträger normieren und basiert u.a. auf der Grundlage der staatlichen „Vorschriften für religiöse Angelegenheiten“ und „Maßnahmen für die Verwaltung religiöser Amtsträger“ [Letztere bestimmen in § 37, dass die religiösen Organisationen Verhaltensregeln für ihre religiösen Amtsträger festlegen müssen]. Der neue offizielle Verhaltenskodex für buddhistische Mönche und Nonnen umfasst 5 Punkte: Erstens, Patriotismus, Einhaltung der Gesetze, Unterstützung der Führung der KP Chinas und des sozialistischen Systems etc., auch Sinisierung und Anpassung an die sozialistische Gesellschaft [also politisch korrektes Verhalten]. Zweitens, „die Gelübde als Lehrmeister nehmen“. Hier wird u.a. auch zur Vermeidung von Personenkult und spiritueller Kontrolle sowie von einer Kommerzialisierung des Buddhismus aufgefordert. Einweihungsrituale für nicht-religiöse Stätten und Objekte sowie Geltungsdrang und Prunksucht sind zu unterlassen. Drittens, Morgen- und Abendrezitation, Fasten und Studium der Schriften sollen gepflegt werden. Die Auslegung der Letztgenannten soll mit den sozialistischen Kernwerten als Richtschnur in Übereinstimmung mit dem Fortschritt der Zeit und der vorzüglichen Kultur Chinas erfolgen. Viertens, Förderung der Einheit und der Einfügung des/der Einzelnen in die klösterliche Gemeinschaft. Fünftens, der Gesellschaft dienen und allen fühlenden Wesen nützen, den Geist des humanistischen Buddhismus praktizieren.
Der Text des „Verhaltenskodexes für buddhistische religiöse Amtsträger“ 佛教教职人员行为守则 findet sich unter www.chinabuddhism.com.cn/e/action/ShowInfo.php?classid=509&id=44078, eine Comic-Version unter https://mp.weixin.qq.com/s?__biz=MzI5MzA1MjI0Ng==&mid=2651588959&idx=1&sn=4b6afe02f714718c310f4aacb6505c8b&chksm=f780a366c0f72a70d6b0e7eb3b1805e9c1b55baa2f0c699411b90383323727b9ff05bc0a1f48&token=1650.
Der Verhaltenskodex ist einerseits stark von Forderungen seitens der Politik geprägt, andere Punkte, wie Personenkult und spirituelle Kontrolle, dürften auch auf innerbuddhistische Erfahrungen zurückgehen. Verhaltensregeln für ihre religiösen Amtsträger haben bisher die offiziellen Dachverbände der Muslime (7.01./12.06.2019), Protestanten (23.09.2019, dt. in China heute 2019, Nr. 4, Dokumentation) und Daoisten (27.11.2020) veröffentlicht; die der Katholiken stehen noch aus.
5. November 2021:
Radio Free Asia (RFA) berichtet über Ausweisung minderjähriger Mönche aus tibetischen Klöstern in Qinghai
Laut RFA geschah dies infolge der Vorschriften für religiöse Angelegenheiten der Provinz Qinghai, die am 1. Oktober 2021 in Kraft traten (siehe Eintrag vom 24. November 2021 in der Rubrik „Religionspolitik“). Im Anschluss daran seien Mönche im Alter von 11 bis 15 Jahren aus dem Kloster Dhitsa ausgewiesen worden, so eine von RFA zitierte lokale Quelle. Auch junge Mönche aus dem Kloster Jakhung und anderen Klöstern in Qinghai seien nach Hause geschickt worden. Beamte würden nun die Klöster kontrollieren, um sicherzustellen, dass die Vorschriften umgesetzt werden, so die Quelle. Die Zahl der insgesamt ausgewiesenen jugendlichen Mönche sei noch unbekannt. Der RFA-Bericht verwies darauf, dass die Behörden in der Provinz Sichuan schon vor drei Jahren begonnen hätten, jugendliche Mönche aus Klöstern des tibetischen Buddhismus auszuweisen, damit sie Regierungsschulen besuchen (rfa.org/english 5.11.; rfa.org/mandarin 12.11.).
19. November 2021:
10 Jahre Tibetische buddhistische Akademie in Lhasa – ein „Beitrag zur Sinisierung des tibetischen Buddhismus“
Die staatliche Nachrichtenagentur China News Service (CNS) berichtete über das zehnjährige Bestehen der Tibetischen buddhistischen Akademie 西藏佛学院 in Lhasa. Der Leiter der Akademie, der 7. Drukhang Rinpoche Thubten Khedrup, einer der Vizevorsitzenden der Chinesischen buddhistischen Vereinigung, berichtete CNS, die Akademie habe in den vergangenen 10 Jahren für die Klöster des Autonomen Gebiets Tibet über 1.300 Absolventen hervorgebracht und 2.640 Mönche und Nonnen fortgebildet. Die Akademie folge „integrativem Denken“ und habe Studierende wie Lehrer aus den verschiedenen Schulen des tibetischen Buddhismus. Mönche und Nonnen würden gemeinsam unterrichtet. In einer eigenen Klasse werde eine „innovative Ausbildung“ für junge Lebende Buddhas praktiziert, die buddhistische Erziehung mit dem neunjährigen Pflichtschulunterricht verbinde. Dabei betrage das Verhältnis von allgemeinbildenden zu buddhistischen Lehrinhalten 8:2 oder 7:3. Im Jahr 2020 hätten die ersten 6 Lebenden Buddhas die Untere Mittelstufe absolviert, zurzeit seien 9 Schüler in der Klasse für junge Lebende Buddhas. Dan Ke, der Vorsitzende der Einheitsfrontabteilung des Autonomen Gebiets Tibet, lobte CNS zufolge in seiner Ansprache auf der Jubiläumsfeier den „großen Beitrag zur Sinisierung des tibetischen Buddhismus“, den die Akademie leiste (chinanews.com.cn 19.11.).
Die Reinkarnationen tibetischer religiöser Lehrer (tibet. tulku, chin. huofo 活佛, „Lebender Buddha“) werden in der Regel bereits als Kleinkinder identifiziert und inthronisiert. Das Staatliche Büro für religiöse Angelegenheiten hat zur Kontrolle dieses Prozesses im Jahr 2007 „Verwaltungsmaßnahmen für die Reinkarnation Lebender Buddhas“ erlassen (vgl. China heute 2007, Nr. 6, Dokumentation, Themen).
1./2. Dezember 2021:
Buddhisten auf beiden Seiten der Taiwanstraße halten „Online-Konferenz 2021 über die Entwicklung des humanistischen Buddhismus“
Die Konferenz stand unter dem Thema „Neue Tendenzen zur Verbreitung des Dharma in der Post-Pandemie-Ära“. Veranstalter waren die Chinesische buddhistische Vereinigung (CBV) und die taiwanische United Association of Humanistic Buddhism, Chunghua (中華人間佛教聯合總會). Meister Zongxing, Vizevorsitzender der CBV, sagte bei der Eröffnung, die Corona-Pandemie sei eine Herausforderung für die Verbreitung des Buddhismus und die Interaktion untereinander. Sie habe bei den Menschen Sorgen ausgelöst, deshalb müssten die Inhalte der Dharma-Verbreitung an den Bedürfnissen der Zeit ausgerichtet werden; das sei auch die Grundbedeutung der Idee des humanistischen Buddhismus. Nach einem Online-Gruppenfoto diskutierten die Teilnehmer in vier Foren das Thema: 1. Wohin soll sich der Buddhismus in der Post-Pandemie-Ära entwickeln? 2. Neue Trends für die Verbreitung des Dharma (I): Online- und Offline-Verbreitung; 3. Neue Trends (II): Für Buddhismus-Studierende – wie kann man weiter lernen, wenn der Unterricht aufhört? 4. Neue Trends (IV): Kenne dich selbst und den anderen – die Denkmuster der e-Generation verstehen. Den Teilnehmern zufolge war der Austausch diesmal besonders intensiv und praxisnah, weil es aufgrund der Pandemie viel gemeinsamen Gesprächsstoff gab; sie wünschten sich mehr solche Online-Treffen zu konkreten Themen – heißt es in dem Bericht auf der Website der CBV (chinabuddhism.com 3.12.2021). kwt
27. Dezember 2021:
Konferenz „Humanistischer Buddhismus und die Sinisierung des Buddhismus“ in Beijing
Die Konferenz wurde von dem am Sitz der Chinesischen buddhistischen Vereinigung (CBV) angesiedelten Institut für buddhistische Kultur Chinas in Zusammenarbeit mit der 2020 gegründeten „Forschungsbasis für das Denken des humanistischen Buddhismus“ der CBV organisiert. Rund 30 Experten verschiedener Forschungseinrichtungen aus ganz China nahmen daran teil. In seiner Ansprache bei der Eröffnung der Konferenz erklärte Meister Yizang, Vizepräsident der CBV und Leiter der Forschungsbasis, dass verstärkte Forschung zum humanistischen Buddhismus im Wesentlichen dasselbe sei wie die Förderung der Sinisierung des Buddhismus. Ähnlich setzten auch viele andere Teilnehmer den humanistischen Buddhismus gleich mit der Sinisierung des Buddhismus. Wei Daoru vom Institut für Weltreligionen der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften sagte, die traditionelle chinesische Kultur sei das historische Fundament der sozialistischen Kultur chinesischer Prägung im Neuen Zeitalter, zur traditionellen chinesischen Kultur gehöre auch der Buddhismus, dies werde aber in Publikationen über die „vorzügliche traditionelle Kultur Chinas“ zu wenig berücksichtigt. Für die künftige Entwicklung des humanistischen Buddhismus sah Hong Xiuping, Direktor des Forschungszentrums für östliche Philosophie und religiöse Kultur der Nanjing University, zwei Richtungen: erstens als Religion, mit der Mission für die Weitergabe der Weisheitslehre des Buddha; zweitens als Kultur, um der ganzen Gesellschaft spirituell-kulturelle Nahrung zu bieten. Eine Übersicht über alle gehaltenen Vorträge bieten die Konferenzberichte auf chinabuddhism.com.cn (29.12.2021; 10.01.2022).
Der Reformgedanke des „humanistischen Buddhismus“ (人间佛教) geht zurück auf den Mönch Taixu 太虚 (1890–1947), der sich für eine stärkere Diesseitsorientierung des Buddhismus und eine Anpassung an die Moderne einsetzte. Das Konzept wird in der VR China bei der religionspolitisch geforderten „Sinisierung“ des Buddhismus in den Vordergrund gestellt und dient als Projektionsfläche für verschiedene Inhalte (vgl. Carsten Krause, „Zur ‚Sinisierung‘ der Religionen: Was heißt das für Buddhisten?“, in: China heute 2021, Nr. 1, Themen, hier S. 39, 42-43.). kwt
15.–19. Oktober 2021:
Islamische Vereinigung von Guangzhou bietet Dienstleistungen auf der Kanton-Messe an
Während der 130. Kanton-Messe bot eine Dienstleistungsgruppe der Islamischen Vereinigung von Guangzhou unter Leitung von Imam Wang Wenjie, dem Vorsitzenden der Vereinigung, den 500 muslimischen Ausstellern aus aller Welt religiöse Dienste an und regelte die Versorgung der Messegäste mit halal-Speisen und -Getränken. Dies wurde von den muslimischen Gästen gelobt, es vermittelte ein gutes Image Chinas und trug zur Sicherheit und Stabilität der Messe bei – so der Bericht der Islamischen Vereinigung von Guangdong auf der Website chinaislam.net. cn (4.11.)
Wegen der Corona-Pandemie fand die Messe als hybride Veranstaltung online und offline im Messezentrum Pazhou in Guangzhou statt. Die seit 1957 bestehende Kanton-Messe ist Chinas größte Import- und Exportwarenmesse.
13. November 2021:
Konzert in Shanghai zum Gedenken an die jüdischen Flüchtlinge im Zweiten Weltkrieg
Das Konzert, das an das Leben der jüdischen Flüchtlinge in Shanghai während des Zweiten Weltkriegs erinnerte, fand in der Shanghai Concert Hall statt und umfasste Lieder, Klaviervorträge und Darstellungen aus dem Roman Song of Survivors der chinesisch-kanadischen Schriftstellerin Bei La. Das Buch basiert auf der wahren Liebesgeschichte eines jungen jüdischen Paares, das vor dem Holocaust floh und in Shanghai landete. Deren Sohn Mike Medavoy ist ein preisgekrönter amerikanischer Filmproduzent. Bei La recherchiert und schreibt seit Jahren über die jüdische Gemeinde in China und Shanghai. Song of Survivors wurde von dem jüdischen Sinologen und Übersetzer Howard Goldblatt aus dem Chinesischen ins Englische übertragen und 2020 bei der Shanghai Foreign Language Education Press veröffentlicht. Eine Verfilmung soll im kommenden Frühjahr in China und den USA in die Kinos kommen (Sixth Tone 16.11.2021). kf
Zwischen dem 17. und 19. November 2021:
Gemeindeleiter und Mitglieder der Qingcaodi Reformed Church festgenommen
Mehrere Gemeindemitglieder der nicht registrierten Qingcaodi Reformed Church (青草地归正教会) wurden in der Stadt Deyang, Provinz Sichuan, festgenommen und befragt. Dabei handelte es sich um den ehemaligen Gemeindeleiter Hao Ming, den gegenwärtigen Gemeindeleiter Wu Jiannan und einige weitere Aktive, darunter auch die Ehefrauen der beiden sowie die Schwester von Ältestem Hao Ming. Während die meisten der Befragten noch am selben Tag wieder entlassen wurden, erging gegen Hao Ming und Wu Jiannan nach 48 Stunden in Haft eine Anklage wegen Betrugs (诈骗罪). 2018 hatte der frühere Gemeindeälteste im Namen der Qingcaodi Reformed Church die gemeinsame offene Erklärung unterzeichnet, in der mehrere Hundert nicht registrierte Kirchen gegen die Verschärfung der Religionsgesetzgebung protestierten und ihre Existenz als legal verteidigten (im Wortlaut nachzulesen in China heute 2018, Nr. 3, Dokumentation). Es wird vermutet, dass Hao Mings Nähe zum Verfasser der Erklärung, Pfarrer Wang Yi, und seinem Engagement in der regierungskritischen Early Rainbow Covenant Church im Hintergrund der Maßnahmen gegen die Gemeindemitglieder stehen. Beide Gemeinden wurden bereits im März 2021 von der zuständigen Behörde der Provinz Sichuan als illegale Organisationen eingestuft (chinaaid.net 30.11.).
Isabel Friemann, China Infostelle
21. November 2021:
Festnahme wegen „illegaler Grenzüberschreitung“ von Hauskirchenangehörigen in Shanxi
Unter dem Vorwurf der illegalen Grenzüberschreitung wurde Prediger An Yankui und Herr Zhang Chenghao am 21. November von der lokalen Polizei der Stadt Fenyang, Provinz Shanxi, festgenommen. Sie gehören beide der Reformed Church of Zion (郇诚归正教会) an, die nach Berichten von China Aid bereits mehrfach von Festnahmen und Hausdurchsuchungen durch die Behörden betroffen war. Als die beiden Männer nach der Feier des Gottesdienstes in ihre Wohnungen kamen, fanden sie dort Beamte vor, die ihre persönlichen Unterlagen durchsuchten sowie Handys, Computer und andere elektronische Geräte beschlagnahmten. Am 1.Dezember sprachen die Frauen der Festgenommenen bei der Polizeistation vor, um ihre Männer zu besuchen und die beschlagnahmten Gegenstände zurückzuerhalten, beides wurde abgelehnt. Auch Prediger Ans Anwalt erhielt keinen Zugang zu seinem Klienten – alles begründet mit noch laufenden Untersuchungen. An Yankui und Zhang Chenghao waren nach Malaysia gereist, wo sie an einer christlichen Versammlung teilnahmen. Nach Auskunft ihrer Angehörigen taten sie dies mit regulären Pässen und Visa (chinaaid.org 1.12.; cncivilrights.com 28.11.).
Isabel Friemann, China Infostelle
Anfang Dezember 2021:
Gemeinde deutscher Sprache in Beijing vor den olympischen Winterspielen
Auf die weltweit anhaltende Corona-Pandemie reagieren die chinesischen Behörden im Vorfeld der olympischen Winterspiele, die Anfang Februar in Beijing und Umgebung stattfinden werden, mit verschärften Einschränkungen der Bewegungs- und Reisefreiheit im Land. Firmen schicken ihre Mitarbeitenden kaum noch auf Dienstreisen, nach Beijing kann man nur noch reisen, wenn man einen maximal 48 Stunden alten PCR-Test vorlegen kann. „Größere Veranstaltungen wie Konzerte und der Deutsche Ball wurden abgesagt“, berichtet Lorenz Bührmann, Pfarrer der Evangelischen Gemeinde deutscher Sprache in Beijing. Nach langer Vorbereitung wurde am 19. November relativ kurzfristig auch der Deutsche Charity Weihnachtsbasar abgesagt. Es herrscht eine große Verunsicherung, welche Veranstaltungen in Beijing überhaupt noch stattfinden dürfen.
Isabel Friemann, China Infostelle
7. Dezember 2021:
Studientag über die Nationale Konferenz zur Religionsarbeit
Am 7. Dezember 2021 versammelte sich die Führungsriege der beiden protestantischen Dachorganisationen in China, um die Rede von Xi Jingping bei der Nationalen Konferenz zur Religionsarbeit, die vom 3. bis 4. Dezember 2021 in Beijing stattfand (vgl. China heute 2021, Nr. 4, Chronik, Religionspolitik, 24. November 2021), zu studieren. Pastor Xu Xiaohong, Vorsitzender der beiden nationalen christlichen Vereinigungen, Pastor Wu Wei, Präsident der beiden christlichen Vereinigungen, Pastor Shan Weixiang, Vizepräsident und Generaldirektor, Pastor Shen Xuebin, Vizepräsident des Nationalen Christenrates, und Gu Mengfei, Generalsekretär, nahmen an dem Treffen in Shanghai teil. Sie begrüßten die richtungsweisende Rede von Generalsekretär Xi Jinping als wichtig und weitsichtig und erklärten sich konform mit der leitenden Ideologie und den neuen Strategien der religiösen Arbeit sowie den politischen Maßnahmen zur Intensivierung der Sinisierung. Xu Xiaohong sagte, die neun Imperative der Rede müssten in den kommenden Wochen und Monaten zum Pflichtprogramm jeder Gemeinde und jeder Gemeindeleitung werden. Das bedeutet, die marxistische Religionstheorie muss verinnerlicht und praktisch umgesetzt werden; politische Slogans und Begriffe sollen Eingang in die Predigten finden; Nationalgefühl und Identifizierung mit der kommunistischen Staatsführung müssen gestärkt werden (ccctspm.org 8.12.2021).
Isabel Friemann, China InfoStelle
13. Oktober 2021:
Tod von Bischof em. Yang Xiangtai 杨祥太 von Handan
Der emeritierte Bischof von Handan, Provinz Hebei, Stephan Yang Xiangtai, verstarb im Alter von 98 Jahren. Bischof Yang wurde am 3. Januar 1923 im Dorf Gaocun, Kreis Wu’an, Provinz Henan (heute Provinz Hebei) geboren. 1935 trat er ins Kleine Seminar der Diözese Weihui ein und begann 1940 das Studium am Regionalen Priesterseminar in Kaifeng, Provinz Henan. Am 27. August 1949 wurde er in Kaifeng zum Priester geweiht. 1954 wurde er erstmals verhaftet. Im Juli 1966 wurde er erneut verhaftet und im Oktober 1970 als Konterrevolutionär zu 15 Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Nach seiner Entlassung und Rehabilitierung im März 1980 arbeitete Yang als Seelsorger in den Kreisen Handan, Cixian, Shexian und Wu’an, die mit der neuen Verwaltungsgliederung Teil der Provinz Hebei und der offiziellen Diözese Handan geworden waren. Bischof Chen Bailu ernannte ihn 1988 zum Generalvikar und weihte ihn am 30. November 1996 zum Koadjutor-Bischof der Diözese Handan. Am 17. September 1999 wurde Bischof Yang ordentlicher Bischof der Diözese Handan. Am 21. Juni 2011 weihte er Bischof Joseph Sun Jigen zu seinem Koadjutor-Bischof. Dies geschah im Geheimen, einige Tage vor dem offiziellen Termin: So sollte verhindert werden, dass die Weihezeremonie, die bereits vom Heiligen Stuhl und den chinesischen Behörden genehmigt worden war, von einem illegitimen Bischof geleitet wurde.
Bischof Yang wird als ruhige, zurückhaltende Person mit einer tiefen Menschenliebe und als Garant von Einheit beschrieben. Viele Seminaristen und Ordensschwestern hat er in ihrer Berufung gefördert. Bischof Yang hat auch viele Kirchenlieder komponiert und geschrieben.
Handan ist eine sehr aktive Diözese mit 180.000 Katholiken. Ein Teil der Katholiken lebt im Untergrund (AsiaNews 13.10.; LICAS 15.10.; UCAN 18.10.; Todesanzeige der Diözese [auf WeChat]; www.chinacatholic.cn 15.10.; www.xinde.org 17.,18.10.). Siehe auch die Informationen dieser Nummer.
25. Oktober 2021:
Untergrundbischof Shao Zhumin zum wiederholten Male verschwunden
Der 58-jährige Bischof Peter Shao Zhumin von Wenzhou wurde am 25. Oktober von Beamten an einen unbekannten Ort gebracht. Lokalbeamten sollen mitgeteilt haben, dies sei aus „touristischen“ Gründen geschehen. Laut UCAN ist dies das sechste Mal seit dem Tod seines Vorgängers Bischof Vincent Zhu Weifang im Jahr 2016, dass Bischof Shao von den Behörden verschleppt wurde. In einer Nachricht, so AsiaNews, baten die Katholiken um das Gebet für den Bischof: „Betet, dass der Herr ihm Zuversicht und Mut gibt, dass er sich nicht demoralisiert fühlt von dem, was geschieht; betet auch, dass er gesund und heil bleibt, unter der Führung Christi, so dass er so bald wie möglich zu uns zurückkehrt als Hirt seiner Herde.“ Laut AsiaNews geschehen die Verhaftungen von Bischof Shao stets vor wichtigen katholischen Festen: Weihnachten, Ostern, Himmelfahrt und nun Allerheiligen und Allerseelen.
Bischof Shao war vom Vatikan als Bischofskoadjutor ernannt worden und hatte nach dem Tod von Bischof Zhu die Leitung der Diözese übernommen. Bislang wurde er nicht von der chinesischen Regierung als Bischof anerkannt. Zuletzt war er im Mai 2018 verhaftet worden und für sieben Monate inhaftiert. Der deutsche Botschafter in Beijing und der Heilige Stuhl brachten damals ihre Sorge um Bischof Shao zum Ausdruck. Es wird vermutet, dass auch diesmal die Behörden versuchen werden, Bischof Shao zum Beitritt in die Patriotische Vereinigung und die offizielle Bischofskonferenz zu bewegen. Die Gemeinschaft der Katholiken im Untergrund ist in der Diözese Wenzhou sehr stark.
Am 27. Juli wurde indessen Priester Joseph Liu von der Diözese Mindong in der Provinz Fujian von der Polizei festgesetzt. Laut einem Bericht von AsiaNews soll er zehn Stunden lang misshandelt und dann von sechs Polizeibeamten gezwungen worden sein, seinen Beitritt zur „unabhängigen Kirche“ zu unterschreiben (AsiaNews 28.07; 26.10.; UCAN 27.10.; siehe China heute 2017, Nr. 2, Chronik, Katholische Kirche, 6. April und 18. Mai 2017).
26. Oktober 2021:
Fünfzehnte Veranstaltung in der Aktionsreihe „100 Predigten“ zur Sinisierung in Shandong
Wie aus einer Reihe von Berichten hervorgeht, wurde und wird offensichtlich weiterhin im Zuge einer verstärkten Sinisierung der katholischen Kirche an verschiedenen Orten in der Provinz Shandong von den offiziellen kirchlichen Stellen eine Aktion mit dem Namen „100 Predigten“ durchgeführt. Auftakt war bereits am 28. Mai im Vorfeld des 100. Gründungstages der Kommunistischen Partei am 1. Juli 2021, und zwar im Hof der Tuyu-Kirche im Bezirk Zichuan, Stadt Zibo, Diözese Zhoucun. Wie damals auf der offiziellen Webseite chinacatholic.cn zu lesen war, geht es darum, den „Prozess der Sinisierung des Katholizismus in unserer Provinz aktiv zu fördern und die große Begeisterung des Großteils der Priester und Gläubigen für die Liebe zur Partei, zum Land und zum Sozialismus [weiter] zu inspirieren“. Ortsbischof Yang Yongqiang, Vizepräsident der Chinesischen katholischen Bischofskonferenz und Vorsitzender der Katholischen Kommission für kirchliche Angelegenheiten der Provinz, stand der Veranstaltung vor. Etwa 50 Personen nahmen teil, darunter die Mitglieder der „Zwei Vereinigungen“ der Provinz (Patriotische Vereinigung und Kommission für kirchliche Angelegenheiten) und Gemeindevorsteher. Wie Bischof Yang betonte, habe er in den letzten Jahren Predigtwettbewerbe, Symposien, Seminare, Studienkurse, Aufsätze, Malerei- und Kalligraphieausstellungen für Priester, Schwestern und Laien organisiert. Heute nun starte die Aktion „Predigten im Sinne der Sinisierung“. Die Schaffung einer sinisierten Theologie sei dabei eine langfristige Aufgabe.
Seither hat es eine ganze Reihe ähnlicher Veranstaltungen gegeben. Laut einem Bericht der Bischofskonferenz – so UCAN vom 5. Oktober – ist Ziel der Veranstaltungen, „die Anweisungen von Präsident Xi zu religiösen Aktivitäten, zur Förderung der Sinisierung der Kirche und zur Anpassung an die sozialistische Gesellschaft zu erläutern“.
Am 25. August fand die Aktion „100 Predigten“ in der Stadt Liaocheng statt, wiederum mit Bischof Yang, und am 24. September in der Stadt Zibo, diesmal in zwei Kirchen. Etwa 30 Kirchenmitglieder und Priester sollen an dem Programm in der Zhangdian-Kirche von Zibo teilgenommen haben, bei dem u.a. wieder Bischof Yang eine Rede hielt.
Nach einem Bericht von Xinde hielten die „Zwei Vereinigungen“ der Provinz Shandong am 26. Oktober im Konferenzraum des Bischofshauses von Qingdao die fünfzehnte Veranstaltung zum Thema „100 Predigten“ zur Sinisierung in diesem Jahr ab. Veranstaltet wurde dieses Treffen von Bischof Chen Tianhao von Qingdao. Der stellvertretende Vorsitzende der Patriotischen Vereinigung der Stadt Qingdao, Feng Shijie, hielt einen Vortrag zum Thema „Mit den Früchten des Heiligen Geistes die sozialistischen Kernwerte verwirklichen“. „Für einen Christen ergänzen sich das Praktizieren der sozialistischen Kernwerte und das Befolgen der Zehn Gebote Gottes, das Umsetzen der Früchte des Heiligen Geistes und das Praktizieren der acht Seligkeiten“, so der Bericht. (UCAN 5.10.; www.chinacatholic.cn 31.5.; www.xinde.org 27.08.; 27.09.; 29.10.).
11. November 2021:
Bischof Shao Zhumin von Wenzhou, Zhejiang, freigelassen
Der 58-jährige Bischof Peter Shao Zhumin war am 25. Oktober d.J. von Beamten an einen unbekannten Ort gebracht worden. Lokalbeamte sollen damals mitgeteilt haben, dies sei aus „touristischen“ Gründen geschehen. Laut UCAN war dies das sechste Mal seit dem Tod seines Vorgängers Bischof Vincent Zhu Weifang im Jahr 2016, dass Bischof Shao von den Behörden verschleppt wurde. Bischof Shao war vom Vatikan als Bischofskoadjutor ernannt worden und hatte nach dem Tod von Bischof Zhu die Leitung der Diözese übernommen. Bislang ist er von der chinesischen Regierung nicht als Bischof anerkannt. An welchem Tag genau Bischof Shao freigelassen wurde, ist nach einem Bericht von AsiaNews vom 11. November nicht ganz klar (AsiaNews 11.11.; UCAN 27.10., 12.11.; siehe auch China heute 2017, Nr. 2, Chronik, Katholische Kirche, 6. April und 18. Mai 2017 sowie 2021, Nr. 3, Chronik, Katholische Kirche, 25. Oktober 2021).
5. Dezember 2022:
Bistum Guangzhou beendet das von Papst Franziskus ausgerufene „Josefs-Jahr“ – Josefs-Aktion in der Diözese Ningbo
Zum Ende des Josef-Jahrs hielt Bischof Gan Junqiu eine feierliche Messe in der Kathedrale von Guangzhou. In seiner Predigt rief der Bischof besonders die jungen Ehepaare dazu auf, dem Beispiel des heiligen Josef zu folgen und die Verantwortung für ihre Familien wahrzunehmen. Alle Gläubigen ermutigte der Bischof, wie der heilige Josef fleißig, mutig und kreativ, liebevoll, tolerant, ehrlich und freundlich zu sein und mit allen Nationalitäten gemeinsam ein modernes sozialistisches Land aufzubauen.
Am gleichen Tag fand in der Pfarrei Xushan in der Diözese Ningbo in Zhejiang eine Zeugnis-Versammlung der Teilnehmer einer Josefs-Aktion statt. 17 Vertreter der 148 Familien, die daran teilgenommen hatten, legten Zeugnis ab. Sie berichteten, wie durch die Aktion „Der heilige Josef kommt in meine Familie“, verbunden mit den sieben von Papst Franziskus [im Schreiben Patris corde] aufgelisteten Tugenden des Heiligen, ihr persönliches Leben, aber auch das Leben der Familie und der Gemeinde neu belebt worden seien (xinde.org 6.,17.12.2021).
Papst Franziskus hatte die Zeit vom 8. Dezember 2020 bis 8. Dezember 2021 zum Jahr des heiligen Josef erklärt. Frühere von den Päpsten ausgerufene besondere Jahre hat die chinesische Kirche intensiv begangen, wie das Heilige Jahr 2000, das Paulusjahr 2008/2009, das Jahr des Glaubens 2012/2013 und das Heilige Jahr der Barmherzigkeit 2015/2016. Das Josefs-Jahr hingegen hat, zumindest in den katholischen Medien, weniger Spuren hinterlassen. Dabei sind Josef und Maria die beliebtesten Heiligen und Namenspatrone der chinesischen Katholiken. kwt
24. Oktober 2021:
Corriere della Sera zitiert anonymen Vatikanvertreter zur Frage Taiwans in den sino-vatikanischen Verhandlungen
In einem Bericht von Corriere della Sera wird ein anonymer Vertreter „aus den höchsten Rängen der Diplomatie des Heiligen Stuhls“ zur Taiwan-Frage mit folgenden Worten zitiert: „China möchte, dass wir die diplomatischen Beziehungen zu Taiwan abbrechen, und verspricht im Gegenzug, diplomatische Beziehungen zu uns aufzunehmen. Aber wir haben immer geantwortet, dass Peking uns erst erlauben muss, eine apostolische Nuntiatur in der Hauptstadt zu eröffnen. Erst dann können wir unsere Beziehungen zur Regierung in Taipeh überprüfen. Da dieser Schritt nie unternommen wurde, bleibt alles beim Alten. Und hoffen wir, dass sich die Situation nicht verschlimmert ...“. In dem Bericht der Zeitung heißt es weiter: „Dies ist das erste Mal, dass die Frage der Beziehungen zwischen China und dem Vatikan und Taiwan aus den höchsten Rängen der Diplomatie des Heiligen Stuhls klar formuliert wurde. Und die Anonymität schmälert nicht das Gewicht oder die Autorität dessen, was durchsickert“ (Corriere della Sera 24.10.).
25. Oktober 2021:
Amnesty International schließt Büros in Hongkong
Wie Amnesty International auf seiner Website mitteilt, schließt die Menschenrechtsorganisation bis Ende des Jahres seine beiden Büros in Hongkong. „Grund dafür sind das erlassene nationale Sicherheitsgesetz und das harte Vorgehen der chinesischen Behörden gegenüber Menschenrechtsorganisationen, welche die Arbeit vor Ort verunmöglichen.“ Amnesty weiter: „Das Büro der lokalen Sektion von Amnesty Hongkong, das sich vornehmlich mit Menschenrechtsbildung befasst, wird seine Tätigkeit am 31. Oktober einstellen. Das Regionalbüro, das Teil des internationalen Sekretariats von Amnesty International ist, soll bis Ende 2021 geschlossen werden. Die regionalen Aktivitäten werden in die anderen Büros der Menschenrechtsorganisation im asiatisch-pazifischen Raum verlagert.“ Das Sicherheitsgesetz mache es Menschenrechtsorganisationen in Hongkong praktisch unmöglich, frei und ohne Angst vor ernsthaften Vergeltungsmaßnahmen der Regierung zu arbeiten, so Anjhula Mya Singh Bais, Vorsitzende des internationalen Vorstands von Amnesty International. „Die jüngsten Angriffe auf lokale Menschenrechts- und Gewerkschaftsgruppen zeugen davon, wie die Behörden ihr Vorgehen gegen alle abweichenden Stimmen in der Stadt intensiviert haben. Es wird immer schwieriger für uns, in einem solch instabilen Umfeld weiter zu arbeiten.“ Amnesty habe in einem Briefing vom Juni 2021 die rapide Verschlechterung der Menschenrechtslage in Hongkong ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes zur nationalen Sicherheit dokumentiert. Die Razzien, Verhaftungen und die strafrechtliche Verfolgung von vermeintlichen Kritiker/innen hätten deutlich gemacht, wie das Gesetz manipuliert werden könne, um gegen alle vorzugehen, die sich kritisch gegenüber den Behörden äußerten. Mindestens 35 Gruppierungen der Zivilgesellschaft hätten sich seit Inkrafttreten des Gesetzes aufgelöst, darunter einige der größten Gewerkschaften und Aktivist/innengruppen der Stadt (www.amnesty.de/informieren/aktuell/hongkong-amnesty-international-schliesst-bueros 25.10.).
25. November 2021:
Hongkonger Büchereien entfernen regierungskritische Bücher
Nach einem Bericht von Radio Free Asia haben öffentliche Büchereien in Hongkong „still und leise“ Bücher aus den Regalen genommen, die sie als politisch sensibel unter dem nationalen Sicherheitsgesetz beurteilen. So sollen seit 1. Juli 2020 aus dem Netzwerk der Bibliotheken mehr als 100 Titel aussortiert worden sein, darunter viele mit Bezug auf das Massaker am Platz des Himmlischen Friedens in Beijing 1989. Auch Bücher des Oppositionellen Joshua Wong sollen nicht mehr vertreten sein wie auch Publikationen über Apple Daily und deren Begründer Jimmy Lai. Einige Bücher mussten auf Druck der Regierung entfernt werden (LICAS 25.11.).
4. Dezember 2021:
Stephen Chow zum neuen Bischof von Hongkong geweiht
Am 4. Dezember fand in der Kathedrale von Hongkong die Weihe von Stephen Chow Sau-yan SJ 周守仁 zum Bischof der Diözese Hongkong statt. Mit der Weihe des 62-Jährigen geht eine fast dreijährige Sedisvakanz zu Ende. Der bisherige Administrator der Diözese, Kardinal John Tong, war der Hauptweihende, Mitweihende waren Kardinal Joseph Zen SDB und Weihbischof Joseph Ha OFM. In der Kathedrale waren 550 Personen versammelt, darunter sehr viele Priester. Anwesend war auch Hongkongs Regierungschefin Carry Lam.
Bischof Chow betonte in seiner Rede am Ende der Liturgiefeier, dass es sein Wunsch sei, „eine Brücke zwischen der Regierung und der Kirche in Hongkong sowie zwischen der katholischen Kirche, anderen christlichen Konfessionen und anderen Religionen zu bilden“. Auf dem bischöflichen Wappen ist u.a. eine Giraffe abgebildet. Laut der Webseite der Diözese Hongkong ermögliche der lange Hals der Giraffe einen Blick mit einem weiten Horizont und eine weitreichende Vision (China heute 2021, Nr. 2, Informationen; LICAS / Catholic News Agency 27.10.; Sunday Examiner 13.10.; 3.12; UCAN 6.12.; https://catholic.org.hk/en/media-20211204/; https://catholic.org.hk/en/the-episcopal-coat-of-arms/; siehe auch die Informationen dieser Nummer).
4. Dezember 2021:
Bischof Overbeck von Hongkongs Partnerbistum Essen gratuliert Bischof Chow zur Weihe
In seinem Glückwunschschreiben verwies Bischof Overbeck, der wegen der Pandemie nicht persönlich bei der Weihe dabei sein konnte, auf die besondere Funktion Hongkongs im Verhältnis zwischen China und der katholischen Kirche. Mit der Weihe „werden nicht nur viele seelsorgliche Aufgaben einhergehen, die Deine konkrete Diözese betreffen, sondern vor allem auch Dein Blick auf China gerichtet sein“. Bischof Overbeck betonte: „Wie bereits Deine Vorgänger es getan haben, so wirst auch Du Verantwortung für diese besondere Beziehung zwischen China und dem Heiligen Stuhl, vermittelt durch das Bistum Hongkong, tragen.“ Er verwies auf „den Willen von Papst Franziskus, die Präsenz der katholischen Kirche in ganz China zu stärken“, und wünschte Chow hierfür „eine glückliche Hand und in allem Gottes reichen Segen“. Die Partnerschaft zwischen den Diözesen Essen und Hongkong besteht seit 1961, anfangs war es vor allem eine finanzielle Unterstützung der Diözese Hongkong, in den letzten Jahren gab es immer wieder wechselseitige Besuche und Begegnungen von Jugendlichen beider Diözesen (www.bistum-essen.de/pressemenue/artikel/overbeck-gratuliert-hongkonger-bischof-stephen-chow-zur-weihe; siehe auch die Informationen dieser Nummer)
30. Dezember 2021:
Reuters: Chinesische Bischöfe tauschten sich im Oktober mit HongkongerKlerikern zum Thema Sinisierung aus
Nach einem Bericht von Reuters vom 30. Dezember 2021 haben am 31. Oktober 2021 in einem eintägigen, nicht öffentlichen, formellen Online-Treffen chinesische Bischöfe und Priester hochrangige Geistliche in Hongkong über Xi Jinpings Vision einer Religion mit „chinesischen Charakteristika“ informiert. Das Hongkonger Verbindungsbüro der Zentralregierung sowie Beamte des Nationalen Büros für religiöse Angelegenheiten sollen die Zoom-Sitzung mitverfolgt haben, an der drei führende Bischöfe und etwa 15 religiöse Persönlichkeiten der offiziellen katholischen Kirche des chinesischen Festlandes sowie etwa 15 hochrangige Geistliche aus Hongkong teilgenommen haben sollen. Namen der Teilnehmer vom Festland werden in dem Bericht nicht genannt. Die Redner vom Festland hätten beschrieben, wie Xis Politik der „Sinisierung“ mit der langjährigen vatikanischen Politik der Inkulturation übereinstimme – „ohne Xi zu erwähnen“, heißt es in dem Bericht. Aber Xi sei der Elefant im Raum gewesen, so einer der befragten Hongkonger Geistlichen. „Wir alle wissen, dass hinter dem Wort Sinisierung eine politische Agenda steckt, und das mussten sie gar nicht aussprechen“, so ein anderer Geistlicher.
Die Hongkonger Seite wurde von Reverend Peter Choy angeführt, der von den örtlichen Katholiken als beijingnah angesehen und früher die bevorzugte Wahl Beijings für das Bischofsamt gewesen sei, meint Reuters. Bischof Chow (der damals noch vor seiner Bischofsweihe am 4. Dezember stand) nahm nur kurz nach der Eröffnung an der Veranstaltung teil, „was ihm in Zukunft einen gewissen Handlungsspielraum geben könnte“, so drei der Geistlichen. Kardinal John Tong eröffnete und schloss die Veranstaltung, sagten sie. Das Treffen im Oktober endete mit einer losen Übereinkunft beider Seiten, dass künftig weitere Sitzungen abgehalten werden sollten, aber es wurden keine Termine festgelegt, so die Geistlichen. „Der Druck auf uns in Hongkong wird immer größer. Einige von uns sehen (Sinisierung) als Code für die Xi-Nifizierung“, sagte einer von ihnen. „Wir müssen clever sein, um uns zu wehren“ (Reuters 30.12.2021). kf
November 2021:
Priester Stephen Tong von Macau neuer Provinzial der chinesischen Provinz der Jesuiten
Der 58-jährige Stephen Tong folgt in diesem Amt auf Stephen Chow, der am 17. Mai von Papst Franziskus zum neuen Bischof von Hongkong ernannt und am 4. Dezember in Hongkong die Bischofsweihe empfing (siehe die Einträge vom 4. Dezember in der Rubrik „Hongkong“). Die Provinz umfasst Hongkong, Macau, Taiwan und Festlandchina. Pater Tong wurde 1963 in Macau geboren und wuchs dort in einer nichtkatholischen Familie als jüngster Sohn von fünf Geschwistern auf. Er schloss seine Grund- und Sekundarschulausbildung in Macau ab und ließ sich taufen, bevor er 1981 zum Studium des Bauingenieurwesens nach Taiwan flog. Dem Beispiel seiner ältesten Schwester folgend, begann er über das Ordensleben nachzudenken und entschied sich 1990 für den Eintritt in die Gesellschaft Jesu. Er trat in Singapur in das Noviziat ein und studierte in Manila Philosophie. Sein Theologiestudium absolvierte er am Holy Spirit Seminary College in Hongkong. Zwei Jahre verbrachte er in Boston, um ein Lizentiat in Theologie zu erwerben. Am 24. Juni 2000 wurde er in Macau zum Priester geweiht. Er arbeitete anschließend vor allem im Ausbildungs- und Bildungsbereich der Jesuiten, zunächst in Manila, dann in Hongkong. Seit 2012 ist Pater Tong Oberer der Hongkonger Jesuitengemeinschaft. „Der neue Leiter der Region ist eine lokale Persönlichkeit, die mit der Politik und der Kultur der Region vertraut ist“, so UCAN (America Magazine 4.10; UCAN 6.10.).
Katharina Feith
Isabel Friemann, China InfoStelle
Katharina Wenzel-Teuber
Alle Quellenangaben in der „Chronik“ beziehen sich, wenn nicht anders angegeben, auf das Jahr 2021.
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